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Der würgende Tod - Teil II
Von Peter Kleinert



Der würgende TodEin Jahr nach unserer einiges Aufsehen erregenden 1982er MONITOR-Sendung „Der würgende Tod“ über die bis dahin geheim gehaltenen chemischen Kampfstoffe der US-Armee in der Pfalz konnten wir der Redaktion eine Fortsetzung anbieten. Wir wußten nun, daß die Massenvernichtungswaffen VX und VE ihren Ursprung in den Labors der BAYER AG hatten. Indizien dafür hatten bereits Ende der 60er Jahre Günter Wallraff und der Umweltschützer und Diplomchemiker Dr. Jörg Heimbrecht in der Zeitschrift KONKRET veröffentlicht. BAYER-Vorstandsvorsitzender Kurt Hansen dementierte damals im ZDF-Magazin, drohte mit Klage, klagte aber nie.


Anläßlich der BAYER-Hauptversammlung 1983 befaßte Heimbrecht (hier mit

Diplomchemiker Dr. Jörg Heimbrecht
im Interview mit Peter Kleinert vor dem
Gebäude der BAYER AG am Rhein
in Leverkusen | Quelle: KAOS-Archiv
  mir bei einem Interview vor dem Konzerngebäude Leverkusen im Bild) sich erneut intensiv mit dem Thema und wurde fündig. Er entdeckte, daß die BAYER AG und deren Chemiker Schegk, Schlör und Schrader 1958 in den USA eine Patentschrift für Insektizide hinterlegt hatten, die angeblich sehr effektvoll Milben und Blattläuse töten sollten. 1961 bekamen sie dafür ihr US-Patent. Schrader, das wußte Heimbrecht, hatte für die Nazis - damals bei den IG Farben - die chemischen Kampfstoffe Sarin, Soman und Tabun entwickelt. Deshalb ging Heimbrecht nach Genf, durchforschte die Akten der Chemiewaffen-Abrüstungskonferenz und stellte fest, daß die dort 1972 von den USA hinterlegten Formeln für die geheimen Kampfstoffe VE und VX in dem UNO-Dokument CCD 365 mit den Formeln des 1961er BAYER-Patents für "Insektizide" identisch waren. Die heimlich gelagerten mörderischen Kampfstoffe in Fischbach hatten ihren Ursprung also bei BAYER und wir hatten eine Fortsetzung unserer ersten MONITOR-Sendung zu dem Thema, der wir den Titel “Der würgende Tod – Teil II“ gaben.

Zwei Chemie-Professoren und ein Patentanwalt bestätigten uns Jörg Heimbrechts Recherchen. Der damalige MONITOR-Chef Gerd Ruge war, als er am Freitag vor dem nächsten Sendetermin unseren Rohschnitt sah, begeistert, hatte aber einen Einwand: Er fände es - obwohl dies in unserem Exposé ausdrücklich nicht vorgesehen war - doch besser, wenn auch eine Stellungnahme der BAYER AG für unsere Reportage eingeholt würde. Wir hielten dagegen: Dann würde die Sendung gefährdet. Ruge schien das einzusehen und gab sein OK für die Fertigstellung des Films in der ihm vorliegenden Rohfassung.

Im WDR kamen ihm offenbar erneut Bedenken. Er rief bei der BAYER-Pressestelle an, informierte sie über die geplante Sendung am kommenden Dienstag und kündigte an, daß der Autor am Montag zum Interview kommen und ein paar Fragen stellen werde. Am Montag rief Ruge mich beim KAOS-Team an und teilte mit, der Beitrag könne "leider nicht gesendet werden". Die BAYER AG habe "im Hause interveniert". Dem müsse er sich beugen.

Wir bekamen das vertraglich vereinbarte Honorar und schnitten nun aus dem MONITOR-Material einen 28-Minuten-Film, der auf verschiedenen Filmfestivals, u.a. in Duisburg und in Leipzig sowie auf zahlreichen Veranstaltungen von Umweltschutzorganisationen gezeigt wurde. Die BAYER AG hat dagegen nie interveniert, rühmte sich aber in einer Werkszeitschrift für die leitenden Mitarbeiter, die MONITOR-Sendung verhindert zu haben. In der gleichen Hauszeitschrift "BAYER intern" räumte der Chemie-Multi schließlich auch ein, daß es "innerhalb dieses BAYER-Patentes...eine Übereinstimmung von Formeln mit einigen US-Kampfstoffen gibt".

Einige Jahrzehnte früher hatten sich der damalige BAYER-Chef Carl Duisberg und der IG Farben-Chef Carl von Krauch hinsichtlich der für den Ersten Weltkrieg entwickelten Kampfstoffe Chlorgas, Phosgen und Senfgas noch ehrlicher geäußert. Eine besonders giftige Mischung bezeichnete Krauch als "am köstlichsten". Und über den Tod durch Dimelylsulfat meinte er begeistert: "Die Gegner merken und wissen gar nicht, wenn Gelände damit bespritzt ist, in welcher Gefahr sie sich befinden und bleiben ruhig liegen, bis die Folgen eintreten." (PK)
 
Filmclip aus "Der würgende Tod - Teil II", produziert im Auftrag des WDR von KAOS Film- und Video-Team Köln, 10 Minuten nicht vom WDR gesendet, 28 Minuten auf mehreren Festivals wie der Duisburger Filmwoche und der Dokumentar- und Kurzfilmwoche in Leipzig.

Autoren:
Jörg Heimbrecht und Peter Kleinert
Auftraggeber:
MONITOR/WDR
KAOS Film- und Video-Team Köln
Produktionsjahr:
1983
Länge:
10 und 28 Minuten
Kamera:
Dieter Oeckl
Ton:
Peter Kleinert
Stephan Thonett
Schnitt:
Peter Kleinert
Produktionsleitung: Peter Kleinert
 
Bestellungen unter info@KAOS-archiv.de
Weitere Infos: www.kaos-archiv.de/
 
Zum Thema „Zensur zugunsten von BAYER“ finden Sie einen aktuellen Artikel in dieser Ausgabe.
 
 


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