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Lokales
Dagmar Mühlenfeld – Mülheimer OB oder eher RWE-Aufsichtsrätin?
Will Stromkonzession vorzeitig verlängern
Von Peter Kleinert

Die MBI-Fraktion im Rat der Stadt Mülheim an der Ruhr hat am Dienstag beantragt, einen Beschluss des Rates der Stadt in der Sitzung vom 8. Juli zum Tagesordnungspunkt „Entscheidung über die Bekanntmachung zur Stromkonzession“ wieder aufzuheben und der Stadt zu untersagen, diese im Bundesanzeiger bzw. im Amtsblatt der Europäischen Union zu veröffentlichen. Gemeint ist ein bis Ende 2014 laufender Konzessionsvertrag mit dem RWE, den der Konzern vorzeitig in einen neuen 20-jährigen Vertrag umgewandelt haben will. RWE will den Vertrag zwei Jahre früher abschließen, um „Planungssicherheit für anstehende Investitionen“ zu erhalten.
 

Schutzpatronin des RWE? – Mülheims
OB Dagmar Mühlenfeld 
Cartoon: NRhZ-Archiv
Wie der Fraktionssprecher der Mülheimer Bürger-Initiativen, Lothar Reinhard, mitteilte, hatten die Fraktionen von MBI und Bündnis 90/Grüne bereits bei der Vorberatung des Punktes im Hauptausschuss der Stadt am 1. Juli Beratungsbedarf angemeldet und ein Hearing gefordert, um in der komplexen Materie sachkundiger zu werden. In der Ratssitzung am 8. Juli schloss die FDP-Fraktion sich MBI und Grünen an und formulierte ebenfalls einen Antrag in diesem Sinne. Es sollten erst einmal das Ob der um zwei Jahre vorgezogenen 20jährigen Strom-konzession und die möglichen Alternativen geklärt und untersucht werden, bevor die vorgeschriebene „Bekannt-machung“ veröffentlicht werde.
 
Die Grünen kündeten also Beratungsbedarf an und beantragten eine Auszeit. Diese dauerte fast eine Stunde und diente Überzeugungsversuchen seitens der Verwaltung. Man bot, so Lothar Reinhard, „einen Scheinkompromiss“ an, „nämlich jetzt auszuschreiben und danach das Verfahren zu dehnen, um die notwendige Aufklärung zu betreiben. Darauf ließen wir uns nicht ein, genauso wenig die FDP und die Grünen“.
 

MBI-Fraktionssprecher Reinhard - denkt
an Einstweilige Anordnung, um Schaden
von der Stadt abzuwenden
NRhZ-Archiv
Dann setzte Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld die Sitzung fort und forderte den Kämmerer auf, Abstimmungstexte zu formulieren. Reinhard hob in seiner Funktion als MBI-Frak-tionssprecher beide Hände in die Höhe, um einen Antrag zur Geschäftsordnung anzuzeigen, doch die OB erteilte ihm nicht das Wort und sagte nur „jetzt nicht“. Deshalb ließ der MBI-Frakti-onssprecher mindestens fünf Minuten beide Hände oben!
 
Der Kämmerer versuchte, seinen „Kompromiss“ als einzigen Antrag vorzustellen, was auf Protest stieß. Damit war klar, dass zwei unterschiedliche Anträge gestellt waren. Dann sollte die „Kompromiss“- Variante als angeblich weitergehende zuerst abgestimmt werden. Nach heftigem Protest ließ die SPD-Oberbürgermeisterin dann doch erst über den FDP-Antrag abstimmen, der mit 23:31 unterlag.  Danach erteilte die OB dem MBI-Fraktionssprecher das Wort. Dagmar Mühlenfeld ist pikanterweise RWE-Aufsichtsrätin. Reinhard konnte für die MBI-Fraktion Beratungsbedarf anmelden. Die Fraktion Bündnis 90/Grüne  schloß sich ihm an. Heinz Braun (SPD) hielt eine Gegenrede, dass in einem Abstimmungsverfahren kein Beratungsbedarf angemeldet werden dürfe. Daß dies bereits am 1. Juli geschehen war, interessierte ihn offenbar nicht.
 
Als die OB trotz angemeldetem Beratungsbedarf abstimmen ließ, verließ die MBI-Fraktion demonstrativ und unter Protest den Saal, um nicht an einer derartigen Abstimmung beteiligt zu sein. Die Grünen und ein Teil der Linken folgten. Reinhard: „Wir fühlten uns nämlich außerstande, nach bestem Wissen und Gewissen der Bekanntmachung der Vergabe der Stromkonzession bereits zum 15. Juli zuzustimmen oder sie begründet ablehnen zu können. Wie andere Fraktionen im Rat auch, hätten wir vorab wesentliche Informationen und Einschätzungen über Alternativen zur RWE-Option benötigt, um uns eine fundierte Meinung bilden zu können. So aber können wir nicht überblicken, ob es zum Vor- oder Nachteil der Stadt ist, egal bei welcher Option. Deshalb müssen ehrenamtliche Ratsleute von Fachleuten aufgeklärt werden, bevor sie z.B. einer vorzeitigen Verlängerung der Konzessionsverträge zustimmen können, ohne untersucht zu haben, ob dadurch nicht große Chancen für die Stadt Mülheim auf längere Zeit verschenkt würden.“ Die von der OB und ihrem Kämmerer geplante „Präjudizierung der Verlängerung der reinen RWE-Option“ müsse ja „nicht zum Vorteil von Stadt und Verbrauchern sein, zumal landauf-landab Rekommunalisierungen auf der Tagesordnung stehen“. Da die OB „bis jetzt, 13. Juli 17 Uhr“ nicht auf die Forderung der Opposition reagiert habe - nicht einmal mit einer Empfangsbestätigung – „sehen wir nur noch die Möglichkeit einer Einstweiligen Anordnung, um Schaden von unserer Stadt abzuwenden.
Hinzu kommt nämlich noch der nicht unerhebliche Gesichtspunkt, dass Frau Oberbürgermeisterin Mitglied des Aufsichtsrats der RWE ist und sich damit auch dem Wohle des Energiekonzerns verpflichtet fühlen muss. Sie war also genau genommen in der Ratssitzung befangen, so dass sie die Leitung der Sitzung für den Punkt hätte abgeben müssen.“
 
Außerdem könnte ja durchaus auch der lokale Gasversorger Medl aufgrund eines immer noch gültigen Beschlusses aus den Gründungsjahren das Stromnetz übernehmen, so Lothar Reinhard. Im Widerspruch dazu beabsichtige aber das RWE, in Kürze auch die Rhenag-Anteile der Medl „als Mutter selbst zu übernehmen. Spätestens ab dem Punkt wirft die Ratsentscheidung zum Stromnetz im Schweinsgalopp richtige Fragen auf, die eigentlich vor Abstimmungen geklärt werden müssen, nicht hinterher!“ (PK)


Online-Flyer Nr. 258  vom 14.07.2010

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