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Aktueller Online-Flyer vom 26. April 2024  

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Inland
Wieder ein frustrierender Reinfall – aber man sollte sie nicht unterschätzen
Wilders‘ Unterstützer unter sich
Von Jochen Hoff

Wir hatten uns hier (1) ja schon mit der für den 17.4. angekündigten Pro-Wilders-Demo beschäftigt. Die “Bürgerbewegung Pax Europa“ und das Rassistenblog PI mobilisierten wochenlang auf dieses Ereignis. Für einen Internet-Live-Stream – einen solchen hatte man auch für das erhoffte Pro-Köln-Mega-Event geschaltet – wurde richtig Geld in die Hand genommen, aber hinterher machte sich wieder mal Frust breit. Der Berliner Blogger Jochen Hoff war vor Ort. Wir bedanken uns bei ihm für die Erlaubnis zur Übernahme seines Artikels (2), den wir, da Jochen wegen der Enge nur aus einer Perspektive fotografieren konnte, mit entlarvenden Kommentaren anstelle von Fotos angereichert haben. Übrigens: wie wir aus nicht nur einer Quelle (3) wissen, mag Wilders auch keine Deutschen.


PI-Transparent im Einsatz vor Festzelt - Sonst nicht viel los
Quelle: www.duckhome.de
 
Das war sie nun also. Die große gewaltige Demonstration vor der niederländischen Botschaft in Berlin, organisiert von PI und der Bürgerbewegung Pax Europa (BPE) um den islamophoben Geert Wilders in den Niederlanden zu unterstützen. Nun ja. Kurz gesagt, es war der erwartete Witz. Man kriegt die Islamophoben eben nicht auf die Straße, die hetzen lieber hinter ihrer Tastatur und an verräucherten Stammtischen. Aber nicht in der herrlichen Sonne Berlins.
 
Es war überhaupt eine der seltsamsten Demonstrationen die ich je gesehen habe. Sie sollte eigentlich doch die niederländische Botschaft beeindrucken, aber die hatten Mühe überhaupt etwas mitzubekommen, denn die Demonstration fand auf dem, von der Botschaft durch die Stralauer Straße getrennten Teil der Klosterstraße statt, und die Stralauer Straße ist breit. Aber noch viel lustiger war, dass die Demonstranten von der Botschaft noch zusätzlich durch ein Festzelt getrennt wurden. Ein wirklich nettes Zelt. So urgemütlich. Man hätte jederzeit die Weinkönigin erwartet. Nach hinten war der Platz zwar sehr begrenzt, vermutlich weil die Organisatoren Menge wirken lassen wollten, da sie die Veranstaltung ja mit Kameras im Netz übertrugen. Aber es wirkte schon irgendwie eigenartig. Zwischen den hohen Häusern hatte man sich eine gemütliche, kuschelige Ecke geschaffen.


Wilders-Demo - aus den Niederlanden geklauter Gag: „Geert Akbar“
Quelle: www.duckhome.de
 
Vermutlich vertragen die Islamophoben einfach keine freie Sicht auf sich selbst. Allerdings hat ihnen das nichts genützt. Es waren reichlich Leute mit Fotoapparaten und Kameras da. Zeitweilig mehr als Demonstranten. Überhaupt Demonstranten. Da ruft man seit Wochen zu reger Beteiligung auf und wer kommt. So gut wie keiner. Mögen es 60 bis 80 Hanseln gewesen sein, die da mehr oder weniger intelligent herumstanden. Amerikanische, israelische Fahnen, was zu Rumoren unter den Teilnehmern führte, die aus der äußerst rechten Ecke kamen.
 
Aber dann trollte doch noch einer an. Deutsche Fahne mit in der Mitte aufgenähter israelischer Fahne. Niedlich. Aber wieder konnte man erkennen, dass die Islamophoben nicht oft draußen sind. Das Männchen latschte fröhlich immer wieder auf seine Fahne und das sah sehr gefährlich aus, wäre aber auch toll für eine Komödie gewesen. Das Gekreische der Soundanlage war grausam, aber vielleicht muss das so sein.
 
Man könnte zu dem falschen Schluss kommen, dass von diesen Komikern keine Gefahr ausgeht. Von der Bürgervereinigung Pax Europa war übrigens nichts zu sehen. Aber die paar Hanseln, die auf so einer Demonstration auftreten, das sind nur die, die nichts oder nur sehr wenig zu verlieren haben. Meist nicht unbedingt die intellektuelle Elite der Bewegung sondern eher das Fußvolk.


Merkwürdige Prozentrechnung in einem Kommentar zum Wilders-Demo-Bericht auf der PI-Seite
Quelle: PI
 
Tatsächlich sind diese Gruppierungen sehr viel größer als die öffentliche Auftritte zeigen. Rassen- und Fremdenhass ist viel tiefer in der Gesellschaft verwurzelt als man glaubt, und die üblichen Medien bedienen die Vorurteile dieser Leute immer wieder gerne. Auch dem Kapital ist dieser Bruderzwist sehr lieb. Solange sich die Bürger untereinander wegen Aussehen und Religion bekriegen, kann das Kapital weiter absahnen wie es will. Genau aus diesem Grund werden derartige Auseinandersetzungen geschürt.
 
Deutschland darf nie vergessen, dass auch die Nazis so an die Macht gebracht wurden. Das Kapital hat damals geglaubt, es könne die Nazis kontrollieren, wie sie heute glauben, die Islamophoben steuern zu können. Das funktioniert jedoch nur so lange, wie es keine Führer gibt. Hitler trat am 19. Oktober 1919 der DAP bei, war ab 1921 Parteichef der NSDAP und wurde im Januar 1933 Reichskanzler. Nur etwas mehr als 12 Jahre hat er dafür gebraucht.
Bisher war es reines Glück, dass diese Typen keinen Führer haben. Das könnte sich sehr schnell ändern, und mit den Mitteln der heutigen Medien- und Propagandamaschinen dürfte es nicht mehr 12 Jahre brauchen, um dann so einen Haufen an die Macht zu bringen. Deshalb ist es wichtig, dass man diesen Leuten entgegentritt. Die Mehrheit der Menschen will einfach nur in Ruhe leben und für gute Arbeit auch gutes Geld verdienen. Egal welcher Religion und Hautfarbe sie sind.
 
Aber viele sind dumm genug, um sich in einen Kampf untereinander hetzen zu lassen und dann darauf zu hoffen, dass sie die Gewinner sein würden. Unter Hitler gab es übrigens auch keine Gewinner, sondern nur Verlierer. Zumindest was die Bürger betrifft. Das Kapital hat sich weiter mit Geld vollgesogen und bis heute auch nur ein Bruchteil der ergaunerten Gewinne zurückgegeben. Zahlen mussten wie immer die Bürger.
 
Es gibt einen gemeinen Zusammenhang zwischen Bankenkrise, Rassenhass und Islamophobie. Um die Aufmerksamkeit von den wirklichen Problemen abzulenken, werden machtvoll und auch mit viel Geld Nebenkriegsschauplätze eröffnet, an denen sich die Menschen abarbeiten sollen. Nicht die Muslime sind der Feind, sondern das Großkapital. Aber auch denjenigen Juden in Deutschland, die sich freuen, wenn diese Leute Israel unterstützen, sei das ins Stammbuch geschrieben.


Instrumentalisierung der Juden in einem Kommentar auf der PI-Seite
Quelle: PI 
 
Diese Unterstützung Israels gibt es nur, weil Israel Muslime quält und tötet und gegen die Palästinenser einen Ausrottungskrieg führt. Wären die Israelis friedfertige und gute Nachbarn, würde gegen sie genauso gehetzt wie gegen Muslime. Dass die Juden noch nicht wieder offiziell auf der Agenda dieser Leute stehen, ist nur ein Momentum. Langfristig werden auch die Juden Opfer sein. Genau wie Homosexuelle, Sozialisten und jeder, dessen Nase ihnen nicht passt.
 
Deshalb: Seid wachsam! Alle miteinander! (PK)
  
Der gelernte Informatiker und Mathematiker Jochen Hoff betreibt das Blog: http://www.duckhome.de, das mit täglich rund 3.000 Besuchern schon zu den Größeren der linken Blogs gehört. Jochen lebt mit Frau und drei Kindern in Berlin
 
(1) http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=14972
(2) http://www.duckhome.de/tb/archives/7883-Machtvolles-Demonstratioenchen-der-Islamophoben.html
(3) http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,543577-2,00.html


Online-Flyer Nr. 246  vom 21.04.2010

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