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Lokales
Hohe Erwartungen, lange Wartezeiten bei “Mülheim 2020“
Es knistert im Gebälk
Von Rainer Kippe

Hohe Erwartungen setzen die Stadt Köln und ihr neuer Oberbürgermeister Jürgen Roters in das Mülheim-Programm. Immerhin fließen fast 40 Millionen in den arg gebeutelten Stadtteil, und das zu einer Zeit, wo überall drastisch gekürzt werden muss, um die Milliarden wieder hereinzuholen, die den Finanzjongleuren vom Staat geschenkt worden sind. Es hat den Anschein: während andere darben, darf Mülheim aus dem Vollen schöpfen.


Mülheimer Hafen in der offiziellen
Werbung für das Projekt 2020
Quelle: www.stadt-koeln.de/4/05303/
Das Programm, das bald als „Integriertes Handlungskonzept IHK“, bald als “Mülheim 2020“ firmiert und das unter http://www.stadt-koeln.de/4/05303/ herunterzuladen ist, verspricht dem Stadtteil eine Belebung der Wirtschaftskraft, Steigerung der Bildungsmöglichkeiten und eine deutliche Senkung der Arbeitslosigkeit. Als Säulen nennt es Lokale Ökonomie, Bildung und Stadtentwicklung – also alles das, was die Bürger seit Jahren für die Entwicklung des Zentrums von Mülheim Nord, des Alten Güterbahnhofes fordern und was sie in “plan04“ und mit “advocacy planning“ umsetzen wollen (mehr Informationen hierzu unter http://muelheimplant.wiwateg.org/).

Schöne Pläne, aber…

Am Anfang sah es auch gut aus für die Mülheimer Initiativen. Mit dem Institut für Neue Arbeit (INA) der Sozialistischen Selbsthilfe (SSM) Am Faulbach, dem Bauteilemarkt von SSM und Jugendhilfe und dem deutsch-türkischen Geschäftshaus der IG-Keupstraße kamen gleich drei bürgerschaftliche Projekte der Lokalen Ökonomie ins Programm, zwei davon auf dem Brachgelände des Alten Güterbahnhofes. Die Werkstätten und das Café des SSM gehörten dabei zu den Projekten, die direkt umgesetzt werden sollten. Im August 2008 war das Programm fertig, im September sollte es mit Starterprojekten losgehen. Eile war geboten, denn bereits 2014 sollte abgerechnet werden. 2020 sollten die Wirkungen zu besichtigen sein, d.h. Mülheim soll bis dahin an den städtischen Durchschnitt aufgeschlossen haben, was Wirtschaftskraft, Arbeit und Bildung betrifft. Vor allem junge Leute schienen allen Grund zu haben, optimistisch in die Zukunft zu blicken.


Mülheimer Jugendliche – blicken angeblich
optimistisch in die Zukunft von
"Mülheim 2020"
Quelle: www.stadt-koeln.de/4/05303/
Doch nun begann das Verzögerungsspiel von Politikern und Bürokraten. Vielen Mülheimer Politikern, allen voran Dr. Thomas Portz, Vorsitzender der CDU-Fraktion in der Bezirksvertretung (BV), passte das ganze Programm nicht. Es war ihnen zu alternativ und berücksichtigte zu wenig die eingesessenen Institutionen. So wurde erstmal ein halbes Jahr diskutiert, bis die Sache endlich in BV und Stadtrat durch war. Dann begannen die Mühlen der Verwaltung zu mahlen, d.h. es wurde erst mal das Programm überarbeitet. Dies dauerte bis zum März 2010. Der überarbeitete Plan blieb streng geheim, hat doch hinter den Kulissen das Tauziehen um die Gelder begonnen. Alle alteingesessenen Träger mussten angemessen bedient werden. Dieser Prozess dauert noch an. Dabei wurden alle unliebsamen Projekte, wie die der SSM, erstmal verschoben. Gruppen wie Schanzenfestival, die seit Jahren in den Hallen des Alten Güterbahnhofes arbeiten, werden ausgegrenzt. Sie bekommen keine Termine, ihre Briefe werden nicht beantwortet.

…nicht beachtet und bearbeitet

Pläne zur Entwicklung der Güterbahnhofsfläche werden von Dezernent Streitberger nicht beachtet und nicht bearbeitet. Die Gelände wurden – obwohl dringend notwendig für Mülheim 2020 – natürlich auch nicht erworben. Auf einem Workshop am 17. März machte Herr Streitberger den Initiativen klar, dass für ihn nur die Interessen des Eigentümers zählen, der heißt “aurelis“ und gehörte früher der Deutschen Bahn AG, dann der WestLB, und jetzt einem Konsortium aus dem Baukonzern Hochtief und dem US-Investor Redwood Grove. Die Bildung einer Arbeitsgruppe unter Beteiligung von Eigentümer, Verwaltung und Bürgern lehnte Streitberger natürlich ab.

Inzwischen hat Anfang des Jahres Kölns neuer OB Jürgen Roters das Stadtentwicklungsdezernat selbst übernommen. Mit anderthalb Jahren Verspätung stellte er das Programm im Februar selbst im Mülheimer Rathaus vor. Die Umsetzung bleibt aber weiterhin der Verwaltung um Amtsleiterin Kröger überlassen, die Planung des Güterbahnhofes liegt weiter in den Händen von Streitberger. Die Initiativen haben dem OB nun vorgeschlagen, eine Arbeitsgruppe zu bilden und eine Leitung einzusetzen, die die Dinge endlich voranbringt. Am 12. April konstituiert sich der Veedelsbeirat des Mülheimprogramms. Dort soll die Verwaltung ihre Pläne vorlegen, und die Initiativen sind darin vertreten. – Sie sind gespannt, wie sich Mülheim 2020 weiter entwickeln wird. (PK)

Online-Flyer Nr. 242  vom 24.03.2010

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