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Aktueller Online-Flyer vom 23. April 2024  

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Lokales
Neue StA-Ermittlungen gegen Ex-OB Fritz Schramma wegen EuGH-Urteil?
Auch Kölns neuer OB Roters ist gefordert
Von Prof. Dr. h.c. Klaus Feinen

Kölns Ex-Oberbürgermeister Fritz Schramma ist, wie in NRhZ 224 gemeldet, tatsächlich von der CDU-Fraktion zum stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden der Köln-Messe ernannt worden. Über diesen Skandal im Zusammenhang mit seiner Rolle in dem vom EuGH gerügten KölnMesse-Klüngel mit dem Esch-Oppenheim-Fonds waren sogar Parteifreunde des CDU-Mannes so empört, dass er Dienstagmittag seinen "Verzicht" bekannt gab. Der Kölner Immobilienexperte Prof. Feinen, ohne den es nicht zu diesem EuGH-Urteil gekommen wäre, begründet, warum die Empörung der Bürger berechtigt war. – Die Redaktion

2004: OB Fritz Schramma mit Esch-Oppenheim-Fonds-Chef Josef Esch (rechts) – demnächst vor Gericht anstatt im Köln-Messe-Aufsichtsrat?
NRhZ-Archiv
 
Das EuGH-Urteil in Sachen "KölnMesse-Geschäft" lautet wie folgt: "Die Bundesrepublik Deutschland hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 7 Abs. 4 und Art. 11 der Richtlinie 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge verstoßen, dass die Stadt Köln mit der Grundstücksgesellschaft Köln Messe 15 bis 18 GbR, jetzt Grundstücksgesellschaft Köln Messe 8-11 GbR, den Vertrag vom 6. August 2004 geschlossen hat, ohne ein Vergabeverfahren nach den genannten Bedingungen durchzuführen. Die Bundesrepublik Deutschland trägt die Kosten."

Dazu muss der Leser natürlich wissen, "dass unter gemeinschaftsrechtlichen Aspekten das entsprechende Vertragsverletzungsverfahren - wie alle anderen Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland auch - von hier aus (Bundeswirtschaftsministerium, Berlin) betreut wird. Für die fachlich-sachlichen Aspekte dieser Sache liegt die Verantwortung jedoch allein bei der insoweit eigenverantwortlich handelnden Stadt Köln bzw. bei dem Land Nordrhein-Westfalen. Das Land führt die Kommunalaufsicht und muss insoweit auch für die Beachtung der einschlägigen Bestimmungen des deutschen und des europäischen Vergaberechts Sorge tragen." - So der damalige Bundeswirtschaftsminister Michael Glos in einem Brief vom 12.12.2007 an den Autor.
 
Köln und NRW drohen hohe Strafgelder der EU

Es sind also ganz klar die Stadt Köln und das Land NRW wegen einer eindeutigen Gesetzesverletzung verurteilt worden. Wenn dann noch die EU-Kommission, weil man die Vertragsverletzung vielleicht nicht durch Aufhebung des rechtswidrigen Vertrages mit dem Esch-Oppenheim-Fonds beendet, beim Europäischen Gerichtshof hohe Strafgelder einklagen sollte, holt sich diese der Bund unmittelbar beim Land NRW wieder ein. In einem ähnlichen Fall, wo Niedersachsen das Strafgeld zahlen sollte, hat man dort die Landesverfassung geändert, um die entsprechende Kommune, hier war es die Stadt Braunschweig, die einen Gesetzesbruch begangen hatte, mit diesem Strafgeld weiter belasten zu können.

Es kann also diesbezüglich auch noch spannend in Nordrhein-Westfalen und Köln werden, wenn das "kriminelle" Geschäft nicht in Kürze aufgelöst wird.

Minutiös wird in dem Urteil des EuGH nämlich nachgewiesen, warum hier die Stadt Köln als öffentlicher Auftraggeber tätig wurde und europaweit hätte ausschreiben müssen. Schlimm ist es, dass viermal(!) von der Bundesrepublik = Stadt Köln und Land NRW - da ja das Bundeswirtschaftsministerium nur als deren "Bote" alles weiter leiten musste - gegenüber der Europäischen Kommission auf deren intensive Nachfragen immer behauptet wurde, "dass das streitige Geschäft nicht dem gemeinschaftlichen Vergaberecht unterliege".
 
Ein Blick in den GWB-Kommentar hätte genügt

Dabei hätte schon ein Blick in den Kommentar zum Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen  (GWB - aus dem Jahre 2002 - Verfasser Rainer Bechtold, Verlag C.H. Beck, München, zu § 99, Seite 690) genügt, um zur gleichen Rechtsauffassung zu gelangen wie die Europäische Kommission. Hier heißt es: "Das Vergaberecht soll die Auftragsvergabe durch die öffentliche Hand regeln. Eine Ausweitung auf Private erfolgt u.a., wenn aus Gründen der Finanzierung zwar nicht für Rechnung des öffentlichen Auftraggebers, wohl aber nach dessen Erfordernissen ein Bauwerk errichtet wird."

Genau dies beinhaltete der Mietvertrag der Stadt Köln mit der oben genannten Grundstücksgesellschaft GKM-GbR. Man hatte den Mietvertrag als Finanzierungsalternative zum Kommunalkredit gewählt, weil man meinte, dann die Kommunalaufsicht nicht informieren zu müssen. Eine bewusste Fehlentscheidung, weil zahlreiche Erlasse und die Gemeindeordnung NRW das Anzeigen dieses Vertrages, wo es um indexierte Mieten und um ein Rückkaufsrecht ging, an die Aufsichtsbehörde vorschreiben. Übrigens gibt es einen Erlass, aus dem zu entnehmen ist, dass indexierte Mietverträge überhaupt nicht abgeschlossen werden.
 
Dem Kämmerer Soénius mehr als bekannt

Man hat - da die Ausschreibungsproblematik insbesondere dem damals amtierenden Kämmerer Peter-Michael Soénius mehr als bekannt war - mit dem "Rückkaufsrecht" getrickst und gemeint, wenn man das nicht notariell beurkunde, sich an einer Ausschreibung vorbei mogeln zu können. Aber die zweite betroffene Variante, dass man ja kein Bestandsobjekt angemietet hatte, sondern ein Investor erst exakt nach den Wünschen und Vorgaben der Stadt die Messehallen bauen musste und diese über den Mietvertrag finanziert wurden, hat man bewusst oder aus Dummheit "übersehen".
 

Ex-Kämmerer Peter-Michael Soénius – 
demnächst auch ein Fall für den Staatsanwalt?

NRhZ-Archiv
Das ist schon ein trauriges Kapitel, und man muss es allen Bürgern immer wieder in Erinnerung rufen, dass der jeweilige Bürgermeister/ Oberbürgermeister der gesetzliche Vertreter der Gemeinde in allen Rechts- und Verwaltungsgeschäften ist, Fritz Schramma deswegen hier persönlich für den Gesetzesbruch beim "KölnMesse-Geschäft zuständig war und entsprechend zur Verantwortung zu ziehen ist.

Auch wenn das erste Ermittlungsverfahren vor zwei Jahren gegen den Ex-OB eingestellt wurde, ist jetzt nach dem klaren Urteil und den vom Gericht gewürdigten Beweisen, was die Stadt Köln alles gegenüber der Europäischen Kommission und später auch gegenüber dem EuGH an Unkorrektheiten, Unwahrheiten, um nicht zu sagen Lügen, vorgebracht hat, sicherlich erneut von der Staatsanwaltschaft zu prüfen, ob nicht wegen nachgewiesener Untreue neue Ermittlungen einzuleiten sind.
 
Lüge des Oberbürgermeisters

Beispielhaft sei hier auf den Unsinn verwiesen, dass nach Behauptung der Stadt Köln bei "funktionaler Gesamtbetrachtung des Vorhabens KölnMesse der eigentliche Vertragspartner die GKM-GbR und infolge des Untermietvertrags der wahre Mieter" sei. Dabei hatte der damalige Hauptgeschäftsführer der KölnMesse GmbH, Herr Witt, eindeutig vor Vertragsabschluss dem Herrn Oberbürgermeister, der ja auch sein Aufsichtsrats-Vorsitzender war, mitgeteilt, dass diese gewaltig hohen Untermieten gar nicht von der Messegesellschaft zu
erwirtschaften seien, und letztendlich hat die Geschäftsführung der KölnMesse GmbH  den Untermietvertrag nur akzeptiert, weil ihr die Stadt Köln als Hauptmieter zugesichert hatte, bei entsprechender Wirtschaftslage die Untermietzahlungen zu erlassen.

Das hat man natürlich bei der Schilderung "der funktionalen Gesamtbetrachtung" so gegenüber dem Gericht nicht erwähnt, und damit wichtige Tatsachen bewusst verschwiegen, was ich ganz klar in dem beschriebenen Zusammenhang als Lüge seitens des Oberbürgermeisters bezeichne, der ja für die Eingaben bei Gericht als Vertreter der Stadt Köln verantwortlich ist.

Letztendlich hat das höchste Europäische Gericht alle Argumente der Stadt Köln "zerpflückt", was ein bezeichnendes Licht auf die fachliche Kompetenz unseres Alt-Oberbürgermeisters, seiner Verwaltungsmitarbeiter und seiner "Berater" wirft.
 
Wird auch OB Roters Untreue begehen?

Eine schlimmere Blamage gibt es nicht. Wenn der neue SPD-Oberbürgermeister Jürgen Roters jetzt nicht unverzüglich das gesetzwidrige Geschäft beendet und die Kölner BürgerInnen vor einem Millionenschaden bewahrt (http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=14491), ist auch hier zu prüfen, ob nicht die Staatsanwaltschaft wegen Untreue nach § 266 Strafgesetzbuch tätig werden muss.
 

Wie entscheidet er sich? - Schramma-
Nachfolger Jürgen Roters
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Ein noch nicht abgeschlossenes Kapitel in der Geschichte des bundesweit so nur einmalig existierenden Kölner Klüngels, worunter wir alle als Bürger zu leiden haben. Und jetzt soll auch noch der Alt-OB als stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrates der durch ihn in den faktischen Ruin getriebenen Köln-Messe GmbH, als "externer Fachmann" - tätig werden natürlich bei Zahlung einer schönen erfolgsunabhängigen Tantieme - und so bei der Aufarbeitung seiner eigenen "Sünden" mitwirken. "Dat jitt et nur in Kölle". (PK)





Prof. Dr. h.c. Klaus Feinen (69), der diesen Beitrag ein paar Tage vor Schrammas "Verzicht" für die NRhZ schrieb, ist seit 48 Jahren Mitglied der  
 
CDU, war viele Jahre Kreisvor-sitzender der Jungen Union im Altkreis Schleiden und hat, wie er sagt, „dort schon als junger Mann für Klarheit und Wahrheit gekämpft“. Beruflicher Werdegang: Diplom-Kaufmann bei der Deutschen Bank AG von der er den Auftrag erhielt, eine Immobilien-Leasingfirma zu gründen, die er bis zu seiner Pensionierung als Chef managte. 14 Jahre Präsident des Deutschen und später auch des Europäischen Leasingverbandes, Brüssel, als dessen Vertreter er 16 Jahre ehrenamtlich im EU-Ausschuss "Handel, Dienstleistungen und Mittelstand" mitgearbeitet hat und nach dem Mauerfall u.a. die Regierungen der osteuropäischen Länder zur Einführung moderner Finanzierungsinstrumente beriet.
Vor 25 Jahren wurde, wesentlich von ihm initiiert, das Forschungsinstitut für Leasing an der Universität zu Köln gegründet – das einzige Institut dieser Art in Europa.
Schreibt seit fast 40 Jahren Artikel und Bücher zum Thema Leasing und gibt seit über 30 Jahren die Fachzeitschrift "Immobilien & Finanzierung" heraus.
War 15 Jahre lang Dozent an der EBS-European Business School-Immobilienakademie und unterrichtet seit sieben Jahren an einer staatlichen russischen Universität als Honorarprofessor.  


Online-Flyer Nr. 225  vom 25.11.2009

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