Filmclips
„Wir sind das Volk!“
Von Peter Kleinert und Marianne Tralau
Ein dokumentarisches Porträt der Leipziger Fotografin und Künstlerin Karin Wieckhorst, die wir ein paar Jahre vor der “Wende“ kennengelernt hatten, beginnt mit einer der Montags-Demos im Herbst 1989. Der Grund: Motto der DemonstrantInnen, die wie sie selbst schon länger für Veränderung in der DDR demonstriert hatten, war bis dahin „Wir sind das Volk". Als diesmal auf einmal einige und dann immer mehr „Wir sind ein Volk" brüllten, wurde sie beim Fotografieren der Menschenmassen etwas ratlos. Wir als Filmteam hinter unserer Kamera auch.
Karins Freund war wohl vor Jahren daran zugrunde gegangen, dass die Staatsorgane ihm eine Entfaltung in seinem Beruf versagt hatten, und sie hätte noch einen zweiten Grund gehabt, "wegzugehen": Das war 1968 bei der Sprengung der Leipziger Uni-Kirche, die sie als engagierte Christin „tief gekränkt" hatte. Sie wehrte sich, indem sie die Sprengung heimlich fotografierte: „Ich hab mit der Verbreitung der Fotos meine Wut, meine Empörung anderen mitgeteilt."
Ein paar Monate nach der "Wende", für die sie in Leipzig mit demonstriert hatte, stellte sie bestürzt fest: „... daß wir, die mit den wilden Gärten, wieder als Störenfriede gelten, während die mit kurzgeschorenen Rasen heute wie früher mit den HERRschenden Verhältnissen zufrieden sind."
Wir haben diesen Filmausschnitt in die aktuelle NRhZ-Ausgabe gestellt, weil er uns sehr gut zu dem Artikel über den "Unrechtsstaat DDR“ von Sabine Schiffer zu passen scheint – nicht nur hier am Filmanfang. (PK)
“Fotografin in Leipzig - Karin Wieckhorst“ - Dokumentarfilm von Peter Kleinert und Marianne Tralau, Produktion: KAOS Film- und Video-Team Köln, Auftraggeber: WDR, Produktionsjahr: 1989/90, 44 min. Mehr Informationen dazu unter www.kaos-archiv.de
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