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Aktueller Online-Flyer vom 16. April 2024  

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Lokales
Schüsse an der Kölner Uni beschäftigten das Amtsgericht Leverkusen
Klage des Pro NRW-Chefs Beisicht
Von Peter Kleinert

Am Dienstag, den 8. September, fand ein Prozess von Pro NRW-Chef Markus Beisicht gegen zwei Leverkusener Antifaschisten statt. Beisicht klagte auf Zahlung von je 650 Euro netto (brutto 775 Euro) gegen die beiden Antifaschisten Fritz Kunkel und Wolfgang Stückle, die einen DGB-Flyer am Pro NRW-Infostand verteilt hatten. Solidarisch hatten sich weitere Antifaschisten im Sitzungssaal 3 des Leverkusener Amtsgerichts eingefunden.

Antifaschist Fritz Kunkel – LAUF Leverkusen
Quelle: www.lauf-leverkusen.de
Die beiden hatten einen von Gewerkschaftssekretär Willi Oberländer unterzeichneten Flyer an einem Infostand von pro NRW verteilt, in dem - gestützt u.a. auf einen SPIEGEL-Bericht und die Bonner Stadtzeitung "De Schnüss" - mitgeteilt wurde, dass Beisicht 1987 als Bundes-vorsitzender der neofaschistischen Hochschulgruppe Ring Freiheitlicher Studenten in einer Veranstaltung des RFS in der Kölner Uni festgenommen worden sei. Beisicht bestritt seine damalige Festnahme, und, es sei in seinem Auto kein Sprengstoff gefunden worden. Diese Vorwürfe ließen sich tatsächlich nicht bestätigen, was aber nicht bedeutet, dass Beisicht mit der ganzen Ausseinandersetzung nichts zu tun hatte.
 
Was ist damals an der Uni geschehen?
 
Am 30. November 1987 fand an der Kölner Uni eine „Veranstaltung“ des RFS statt. Dem sogenannten Ring freiheitlicher Studenten hatte das Amtsgericht Münster bereits 1982 neofaschistische Tendenzen bescheinigt.
 

Pro NRW-Chef Markus Beisicht
Foto: Arbeiterfotografie
Beisicht war an diesem Tag der Veranstalter für den RFS an der Kölner Uni und zu dieser Zeit deren „Bundesvorsitzender“. Er befand sich in der Veranstaltung, zusammen mit Herbert Gruhl, ehemals CDU, später Mitgründer der Grünen. Zum Zeitpunkt der RFS-Veranstaltung im November 1987 ist Gruhl seit mehreren Jahren Mitglied bei der ÖDP (Ökologisch Demokratische Partei) und wettert 1989 auf dem Saarbrücker ÖDP-Bundesparteitag gegen einen "Grundsatzbeschluß zur Abgrenzung der ÖDP von den Rechtsparteien" (Die Republikaner, DVU, NPD). Hier wird deutlich wes Geistes Kind da beim RFS sprach. Am Abend des 30. November referierte Gruhl auf der RFS-Veranstaltung natürlich lediglich zu ökologischen Fragen. (Gruhl ist 1993 verstorben)
 
Festnahmen
 
Im Zuge dieser Veranstaltung des RFS im Hörsaal der Kölner Universität entwickelte sich, wie so oft, massiver studentischer Gegenprotest, es kam vor dem Veranstaltungsraum zu Zusammenstößen zwischen RFS-Ordnern und Demonstranten. Demonstranten wollten in die RFS-Veranstaltung, wurden aber von Ordnern des RFS sowie von der anwesenden Polizei daran gehindert.
 
Im Verlauf dieser tumultartigen Vorgänge wurde der NRW-Landesvorsitzende des RFS, U.K., vorläufig festgenommen, weil er anwesende Polizeibeamte mit einer Gaspistole bedroht hatte und sich einer Festnahme entziehen wollte. Das ist einer späteren Gerichtsakte zu entnehmen. Der Kölner Stadtanzeiger berichtete am 1. Dezember 1987 von Schüssen an der Uni. Bei der Polizei bezeichnete sich U.K. nach seiner Festnahme als Generalsekretär des RFS.
 
Eine weitere dem neofaschistischen RFS zuzuordnende Person wurde an ihrem Fahrzeug auf dem Unigelände ebenfalls festgenommen. Hierbei handelte es sich um Beisichts damaligen Republikaner-Parteigenossen A.E. aus Wuppertal. Später wurde dieser zusammen mit Beisicht bei der Deutschen Liga für Volk und Heimat aktiv, und war 1994 in den DLVH-Steckbriefskandal gegen die Migrantin Pampurova verwickelt.
 
Verdämmte Kanonenschläge
 
In A.E.s Auto wurden am 30.11.1987 miteinander verdämmte Kanonenschläge sowie Glycerin und Kaliumpermanganat gefunden. Die Polizei erklärte hierzu, dieses Material sei zur Hervorbringung von Explosionen geeignet. A.E., ein Student, erklärte der Polizei, das Glycerin benötige er zur Pflege von Beinprothesen. So berichtet ebenfalls die Gerichtsakte.
 
Ein dritter an diesem Tag für den RFS aktiver Mann wurde ebenfalls festgenommen. Studenten hatten ihn als denjenigen erkannt, der bei den Asta-Wahlen an der Uni im Mai des gleichen Jahres mit einem Tisch auf einen Kritiker warf.
 
Wegen dieser Vorgänge zog der Rektor der UniversitätKonsequenzen: der RFS wurde, was studentische Verbände an der Kölner Uni schon lange forderten, aus der Matrikel der Universität gestrichen. Dies hatte zur Folge dass der RFS auf dem Uni-Gelände keine Räume mehr erhielt und nur noch ausserhalb des Unigeländes aktiv werden durfte. Im Anschluss musste sich ein Gericht mit der Angelegenheit befassen, denn der RFS klagte gegen den Ausschluss aus der Matrikel.
 
Urteil des Verwaltungsgerichts
 
Am 8. Dezember 1987 fiel das Urteil, das Kölner Verwaltungs-Gericht führte unter anderem aus: Vom Vorliegen eines wichtigen, sachlichen Grundes für eine Nichteintragung in die Matrikel bzw. eine Streichung aus der Matrikel ist nach Auffassung der Kammer jedenfalls dann auszugehen, wenn von der Hochschulgruppe bzw. ihren Mitgliedern bei ihrer Tätigkeit an der Hochschule Gefahren für Leib und Leben anderer Personen ausgehen (können). Und letzteres war beim RFS, dess Bundesvorsitzender Markus Beisicht seinerzeit war, für die Richter offenbar gegeben. Beisicht war am 30. November 1987 Veranstalter für den RFS und damals eingeschriebener Student an der Universität Köln. Das Verwaltungsgericht Köln bestätigte also den Ausschluß des RFS aus der Matrikel der Universität Köln. (AZ: GL 2136/87)
 
Zurück ins Jahr 2009
 
Beisicht erwirkte vor dem Kölner Landgericht eine einstweilige Verfügung gegen den Gewerkschaftssekretär Oberländer. Da sich dessen Behauptungen über Beisicht nicht halten ließen, unterzeichneten Stückle und Kunkel eine entsprechende Unterlassungerklärung gegenüber Beisicht. Sie weigerten sich aber, die von seiner Pro Köln-Kameradin Wolter deutlich überhöhte Anwaltsrechnung zu begleichen. Diese „Rechnung“ war nun Gegenstand des Verfahrens am 8. September 2009.
 
Der die Verhandlung am Amtsgericht leitende Richter machte zu Beginn der Verhandlung deutlich, dass er einen Zahlungsanspruch an Beisichts Anwältin Wolter für gerechtfertigt halte. Den von Wolter beantragten Streitwert von 2 x 10.000 Euro gegen Stückle und Kunkel, woraus sich die Gebühren für Beisicht / Wolter errechneten, halte er aber für überzogen. Eine Einigung kam an diesem Tage nicht zustande.
 
So wird denn am 29. September vom Amtsgericht in Leverkusen-Opladen Recht gesprochen werden. Zwar werden die beiden wahrscheinlich zahlen müssen, aber wohl weit unter den verlangten Sätzen. 
 

Antifaschist Wolfgang Stückle auf einer 
Demo in Berlin
NRhZ-Archiv
Wolfgang Stückle, einer der Beklagten anschließend zur NrhZ: „Beisicht wird mit seinem Versuch eines überhöhten Streitwertes am 29. September bei der Urteilsverkündung scheitern, wenngleich man sich schon wundert, dass man als Flugblattverteiler überhaupt in Regress genommen wird. Aber so ist, das haben wir gelernt, die deutsche Rechtslage. Interessant ist auch, dass im beklagten verdi-Flyer Pro NRW als „Rassistentruppe“ deklariert wurde. Das hatte Beisicht nicht beklagt. Durch dieses „Aktzeptieren“ seinerseits, hat er sich aus meiner Sicht selbst als Rassist geoutet.
 
Auch wenn ich und Fritz Kunkel vorraussichtlich demnächst zu deutlich weniger als der Hälfte der von Wolter eingeforderten Beträge verurteilt werde, kann sich meine persönliche Bilanz zu Pro NRW-Chef Beisicht gut sehen lassen. In den letzten Monaten hat mein Anwalt Eberhard Reinecke, mehrere einstweilige Verfügungen gegen Markus Beisischt und Pro NRW sowie gegen Jörg Uckermann erwirkt. Zusätzlich wurde Manfred Rouhs abgemahnt und unterzeichnete eine Unterlassungserklärung.
 
Es ging immer um das Gleiche: diese „Saubermänner“ hatten verschiedene Videos auf diversen Internetplattformen eingestellt und die Behauptung gegen mich aufgestellt, ich sei Mitglied der MLPD (Marxistisch Leninistische Partei Deutschlands). Dabei bin ich gar nicht MLPD – Mitglied. Es ging ihnen hierbei darum, einen Keil in den breiten, überparteilichen Leverkusener Widerstand gegen Pro NRW zu treiben. Das misslang.
 
Beisicht selbst schrieb an meinen Anwalt Reinecke, wer Mitglied beim Leverkusener überparteilichen Personenwahlbündnis LAUF sei, müsse sich eben als MLPD-Mitglied titiulieren lassen. Eine seltsam zurechtgebogene Rechtsauffassung, zumal für einen Juristen. Das Landgericht Köln sah dies logischerweise anders, erließ einstweilige Verfügungen, und flugs verschwand der erste Videobeitrag von den Plattformen.
 
Beisicht selbst hat aus unserer Sicht gegen die Auflagen des Landgerichtes bereits in einem zweiten Video verstoßen. Auch dieses ist mittlerweile dem Internet entfleucht. Das wird ihn aber möglicherweise nicht vor weiterer Strafe schützen. Wenn diese Leute so weitermachen, werden sie den fünfstelligen Euro-Bereich für Anwalts- und Gerichtskosten zu ihren Ungunsten demnächst deutlich überschreiten. Das wird auch die pro NRW-Anwältin Wolter wissen, die Beisicht, Rouhs und Uckermann vertritt." (PK)

Online-Flyer Nr. 216  vom 23.09.2009

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