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Aktueller Online-Flyer vom 20. April 2024  

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Medien
... restlos vermiest dank eines ZDF-Interviews mit dem Dalai Lama
Laubenpiepers Fernseh-Abend
Von Volker Bräutigam

An diesem trockenen und wohltemperierten Sommerabend – es ist der letzte im Juli – sitze ich noch in meinem Gärtchen, ganz provinzieller Laubenpieper. Doch statt weiter dem Gesang der Amseln und einer Nachtigall zu lauschen, bin ich leichtsinnig genug, zurück ins Haus zu wechseln, um eine Nachrichtensendung im Fernsehen zu verfolgen: Macht der Gewohnheit und jahrzehntelanger Arbeit als Tagesschau-Redakteur. Im heute-journal, der allabendlichen zweiten Hauptnachrichtensendung des ZDF, sehe ich den Dalai Lama, interviewt von der Moderatorin Marietta Slomka.

Dalai Lama
Suchte mal wieder Deutchland heim 
- der „Ozean der Weisheit“
Foto: Hans-Dieter Hey
Wir äußern unser großes Bedauern, weil wir die düstere, von grausamer Unterdrückung des einfachen Volkes geprägte Geschichte der tibetischen Theokratie nicht ignorieren können und weil wir der Ansicht sind, dass der von der Volksrepublik China im zurückliegenden Vierteljahrhundert geleistete, notwendige soziale Aufbau im Gebiet der tibetischen Ethnien weit mehr zu würdigen wäre, als dies bisher bei uns in Deutschland geschieht. Wir übersehen dabei keineswegs Verstöße früherer Regierungen in Beijing gegen die in der International Bill of Human Rights verbrieften Rechte der Bevölkerung in der Provinz Tibet.
 
Wieder einmal suchte der Tibeter Deutschland heim. Kollegin Marietta Slomka säuselt sich für dieses Interview – Teil einer Nachrichtensendung! – in eine devot-ehrfürchtige Tonlage. Nach einer kurzen und oberflächlichen Andeutung von Gesellschaftskritik geht sie zur Vorstellung ihres Gesprächspartners über:
 
„... Der gewissermaßen personifizierte Gegensatz zu all dem, zu Gier, zu kurzfristigem Denken, zum Fehlen eines moralischen Kompasses, für das genaue Gegenteil von all dem also steht ein Mann, der für Millionen Menschen ein Vorbild und spirituelle Autorität ist ...“
Für mich und Millionen andere, um Objektivität bemühte Mitmenschen ist der „Ozean der Weisheit“ (das bedeutet der Titel Dalai Lama) ein von der CIA geschmierter reicher Machtmensch. Ein Potentat im Exil, der nicht einmal davor zurückschreckt, Mönche als mordenden und brandschatzenden Lynchmob auf Tibets chinesische Bevölkerungsminderheit zu hetzen. Ein Friedensnobelpreisträger – aber was für einer! (Idee: vom gleichen Schlag wie Menachem Begin, Yasser Arafat, Frederik Willem de Klerk, Schimon Peres, Henry Kissinger und andere Mordverantwortliche)
 
„... Er ist Geistlicher und Weltenbetrachter zugleich, für die gläubigen Tibeter sogar der Gottkönig, der Dalai Lama. Eure Heiligkeit: Herzlich willkommen in Deutschland und im heute-journal!“
Einen Kniefall kann sie nicht machen, die Gute, sonst schlüge Marietta Slomka mit dem Kinn auf der Nachrichtentheke auf. Der Umbau des heute-Studios kostete 30 Millionen Euro. Mit unseren Gebühren finanziert. Da korrespondieren doch Form und Inhalt mal wieder aufs schönste miteinander.
 
„... In vielen Bankhäusern geht es offenbar wieder jetzt so weiter, als sei die Krise nur ein Phantom gewesen. Es werden auch wieder Millionen-Boni bezahlt, ja, es scheint fast so, als hätten die Menschen aus der Finanzkrise überhaupt nichts gelernt. Befürchten Sie auch, daß das so ist?“
Der Dalai Lama als Finanzkrisenkenner. Der liebe Gottkönig muss eben alles wissen. Aber dass „die Menschen“ aus der Finanzkrise nichts gelernt hätten, stimmt nicht. Die Frage ist nur, was sie mit ihren Erkenntnissen anfangen. Ich zum Beispiel habe niemandem schon wieder Millionen-Boni gezahlt und gedenke auch nicht, es künftig zu tun.
 
„Diese Krise ist menschen-..., also von Menschen geschaffen. Also, theoretisch gesprochen, alle vom Menschen geschaffenen Probleme, weil das von uns geschaffen worden ist, sollten wir auch das Potential und die Fähigkeit haben, diese vom Menschen geschaffenen Probleme zu überwinden.“
So antwortet ein Gott. Die Qualität der Übersetzung entspricht der Qualität des Gesagten. Informationsschrott – von meinen Gebühren! Nicht mal die Übersinnlichen geben heutzutage noch was auf ein anständiges Preis-Leistungsverhältnis.
 
Und Frau Slomka fragt weiter: „Sie selbst leben als Mönch natürlich äußerst bescheiden ...“
Natüüüürlich! Die Kollegin meint offenbar, daß ihr Interviewpartner nur in der Touristenklasse um die Welt fliegt, in Jugendherbergen nächtigt und sich sein täglich trocken Brot mit schwerer Feldarbeit verdient. Die Dokumente Colin Goldners und anderer Tibet-Kenner, wonach zum finsteren Dämonenkult dieses Dalai Lama auch der sexuelle Missbrauch kleiner Mädchen gehört, hat sie sicher nicht gelesen – oder sie sind ihr egal.
 
„Aber den meisten Menschen scheint Bescheidenheit sehr schwer zu fallen. Man nimmt lieber, was man kriegen kann, und das ist ja nicht nur als Phänomen bei Bankmanagern... Sind die meisten Menschen vielleicht so und können oft auch gar nicht anders?“
Tiefer, noch tiefer bitte, Frau Slomka, noch gottesfürchtiger! Die Schleimspuren beseitigt nachher eine bescheidene Putzfrau. Ich dagegen war schon immer unbescheiden, ganz besonders hinsichtlich der Qualität von TV-Nachrichtensendungen. Wie Millionen Mitbürger muss ich allerdings leider nehmen, was ich kriegen kann, manchmal sogar das heute-journal, Ich würde mich zwar nicht von Ihnen interviewen lassen, aber dafür lassen Sie ja den Lama zu Wort kommen, der sich nun folgendermaßen äußert:
 
„Also ich sage, diese Krise muss uns daran erinnern, die gesamte Menschheit: Jetzt müssen wir ernsthaft nachdenken über die Kluft zwischen Arm und Reich. Also, es ist eine Weltkrise, es war ein Schock für jene reicheren Menschen in der Gemeinschaft. Wir als Menschen haben diesen Körper und diesen Geist. Also Geld jedenfalls gibt uns etwas im Physischen, aber nicht im Geistigen. Das kann man nicht kaufen. Man kann nicht Seelenfrieden durch Geldspritzen kaufen ...“
Wahrlich, der fromme Mann aus dem fernen Asien sagt es uns: Die Krise war ein Schock für die reicheren Menschen unter uns, für die 143 (Multi-)Milliardäre und 810.000 (Multi-)Millionäre in Deutschland, denen zusammen 60 Prozent des Volksvermögens gehören – aber nicht für dich und mich. Wir können folglich unbesorgt sein. Und unsere führenden Politiker brauchen sich nur weiterhin um jene kleine Minderheit zu kümmern. Wie sie es seit Jahren voll soviel Hingabe tun, dass ein Manager pro Stunde 1000 Euro bekommt, der Postbote aber nur 5.
 
Genug der Lama-Weisheiten! Genug! Das ist nicht meine Welt.
Aber in dieser Welt genießen Kanzlerin Merkel und der Dalai Lama das höchste Ansehen unter den weltlichen und geistlichen „Führern” unserer Zeit. Und das vermelden „unsere“ Massenmedien unüberhörbar – damit sich daran nur ja nichts ändert.
Wir müssen uns ihre „Informationen“ auf dem Trommelfell zergehen lassen.
Und unsere Geld- und Machtelitären springen täglich vor Freude im Rhombus über uns Irregeleitete, Fehl- und Falschinformierte. (PK) 
 
(Mit freundlicher Genehmigung der Politikzeitschrift Ossietzky)

Online-Flyer Nr. 210  vom 12.08.2009

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