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Aktueller Online-Flyer vom 28. März 2024  

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Globales
Zwanzig Gründe gegen Sanktionen und eine militärische Intervention im Iran
Gaza-Krieg – nur das erste Kapitel?
Von Ali Sotoudeh Rad

Seit dem 27. Dezember 2008 dreht es sich in der außenpolitischen Medienwelt um nichts anderes mehr als um die brutalen Angriffe der israelischen Streitkräfte auf den Gazastreifen. So wie es auch im Libanonkrieg 2006 war, entsteht hier langsam eine Nebenarena von Schuldzuweisungen, die mittlerweile die Grenzen Palästinas verlassen und sich deutlich in Richtung der iranischen Regionalmacht positionieren. Auch in dieser Krise wirft man dem Iran Paten- und Stellvertreterschaft vor und vermittelt so den unterschwelligen Eindruck die Islamische Republik hätte die Krise vorangetrieben, wenn nicht sogar initiiert.

Der Umstand aber, dass die Hamas und die Hizbollah innerhalb der wissenschaftlichen Nah-Ost-Debatte in ihrer politischen und militärischen Entscheidungsfindung längst als vom Iran unabhängig angesehen werden, lässt stark an der Zurechnungsfähigkeit derjenigen Ankläger zweifeln, die den Iran der Marionettenherrschaft bezichtigen und somit vom wahren Kern des Problems ablenken.

Mahmoud Ahmadinejad at Columbia Foto: David Shankbone
Proteste der „Pro-Israel“ Lobby in den USA anlässlich eines Besuchs von Ahmadinedschad | Foto: David Shankbone

Vielmehr zeigen diese Vorwürfe das Interesse, den Iran in genau das Licht zu rücken, in dem es im Atomkonflikt der letzten Jahre stand. Da kommt den israelischen Falken nicht nur der Gaza-Angriff gerade richtig gelegen. Auch der baldige Amtsantritt Obamas wird in diese Krisenzeit fallen, und man darf darüber besorgt sein, in wie weit die Israelis und die „Neocons“ darin ihre Gunst der Stunde sehen werden, dem neuen amerikanischen Präsidenten bezüglich seiner zukünftige Iranpolitik vollendete Tatsachen zu bescheren.
 
Dieselbe Israel-Lobby, die sich schon vehement für einen Militärschlag gegen den Irak eingesetzt hat, macht sich heute für einen Angriff gegen den Iran stark. Dieselben Vorwände, die auch die westliche Öffentlichkeit zugunsten einer Invasion des Iraks beeinflusst hatten, werden nun benutzt, um den Weg eines erneuten völkerrechtswidrigen „Präventivkrieges“, dieses Mal gegen den Iran, zu ebnen. Die durch massiven Druck der USA erwirkten Resolutionen des UN-Sicherheitsrats sollen, wie zuvor im Falle des Iraks, einem Angriff auf Iran den Anschein der Legitimität verleihen.
 
Die „Campaign Against Sanctions and Military Intervention in Iran“

Logo von CASMII
                                                  
Vor dem Hintergrund anhaltender Dämonisierungen des Iran, hat sich die Campaign Against Sanctions and Military Intervention in Iran (CASMII, deutsch: „Kampagne gegen Sanktionen und militärische Intervention im Iran“) zum Ziel gesetzt, Sanktionsdrohungen, ausländischer Einmischung und militärischen Interventionen entgegenzutreten. Gegründet am 1. Dezember 2005 in London und bestehend aus einer breit gefächerten Gruppe von iranischen und nicht-iranischen Akademikern, Studenten und Berufstätigen, fordert CASMII sofortige diplomatische Verhandlungen zwischen den USA und dem Iran – und zwar ohne jegliche vorab definierte Verhandlungsbedingungen.

Neben einem Vorstand in den USA und einem Lenkungsausschuss in Großbritannien, besteht seit 2008 auch in Deutschland ein Wissenschaftlicher Beirat. Renommierte Konfliktforscher und Wissenschaftler aus den Bereichen Politik und Wirtschaft wie beispielsweise Prof. Dr. Werner Ruf, Prof. Dr. Udo Steinbach oder Prof. Dr. Mohssen Massarrat fungieren als akademische Mittler und Friedensberater. Eine eigene Website informiert täglich in Englisch, Französisch und Deutsch über die aktuellen Geschehnisse bezüglich des Iran.

Wissenschaftlicher Beirat von CASMII
Im wissenschaftlichen Beirat: Steinbach, Ruf, Massarrat

Anlässlich der dauerhaften Bedrohung des Irans durch die USA und seinen westlichen Partnern möchte CASMII mit einer zwanzigpünktigen Erklärung sowohl auf die wahrheitsverzerrenden Vorwürfe gegen den Iran hinweisen, als auch seinen eigenen Standpunkt gegen Interventionen und Sanktionen vorstellen.
 
Von Doppelmoral und Tatsachenverdrehung

In ihrem achtseitigen Positionsschreiben geht die Kampagne insbesondere auf die Fakten und Lügen über das iranische Nuklearprogramm ein und auf die mit ihr verbundene Scheinheiligkeit der Konfliktparteien, die jegliche Verhandlungen zur Farce werden lassen. Sowohl die beunruhigenden US-Strategien als auch die Fahrlässigkeit ihrer Unterstützer werden kritisch ausgeleuchtet.

Bruno Pellaud Quelle: IAEO
Bruno Pellaud | Quelle: IAEO                               
Das Schreiben erklärt, dass dem Iran nicht nur keine illegalen Nuklearaktivitäten gemäß dem Nuklearen Nichtverbreitungsvertrag (NVV) nachzuweisen sind, sondern dass der Iran sogar einiges an Entgegenkommen geleistet hat, um bestehende Ungereimtheiten aus der Welt zu schaffen. Laut dem ehemaligen Vizegeneraldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde Bruno Pellaud hat der Iran beispielsweise der Atomagentur im Jahre 2003 sogar mehr Kontrollen zugestanden als notwendig – Pellaud zufolge ein Anzeichen für die friedlichen Absichten des Programms. Dieses Entgegenkommen bestand bis 2006, als auf US-amerikanischem Bestreben hin der Iran vom Erwerb ziviler Nukleartechnik abgehalten werden sollte – eine klare Verletzung seitens Washingtons gemäß Artikel IV (2) des Atomwaffensperrvertrags, der es allen Unterzeichnern erlaubt, am Austausch von Informationen und Technologien teilzunehmen.

Nicht nur, dass bedeutende Tatsachen anscheinend keinerlei Rolle im Verhandlungsschema der Industrienationen mehr spielen, sie bedienen sich auch einer immer grotesker werdenden Doppelmoral, die an jeglicher guter Absicht zweifeln lässt.
 
Kritisiert wird die US-Nuklearpolitik mit Atommächten wie Indien, Pakistan und Israel. Während der Iran als ein Unterzeichner des Nichtverbreitungsvertrages unbegründet am Pranger des Sicherheitsrates steht, lehnen die genannten Länder sowohl den Vertrag ab, als auch jegliche Inspektionen innerhalb ihrer Anlagen und genießen dabei das stillschweigende Einverständnis der westlichen Mächte. Der Verweis der iranischen Nuklearakte an den UN-Sicherheitsrat ist nicht nur rechtlich unbegründet, sondern untergräbt sowohl ihre eigene Autorität als auch die der IAEO.

Israelische atomwaffenfähige F-15-Bomber im Manöver
Israelische atomwaffenfähige F-15-Jagdbomber im Manöver, wie auf Kreta, wo man bereits die Bombadierung iranischer Atomanlagen trainierte

CASMII plädiert mit seinem Positionsschreiben vor allem an jene Länder, die die US-Sanktionspolitik unbedacht unterstützen. Genauso wie im Irak würden Sanktionen nämlich als Vorspiel zu einem Krieg genutzt werden. Regierungen, die sich für diese Strategie entscheiden, tun nichts weiter, als auf den Kriegszug Richtung Iran aufzuspringen. (CH)

Weitere Informationen auf der Webseite von CASMII

Online-Flyer Nr. 180  vom 14.01.2009

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