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Aktueller Online-Flyer vom 20. April 2024  

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Aktuelles
„Eine Tasse Blut von palästinensischen Kindern“ für Kanzlerin Merkel
Proteste gegen den Kotau vor Olmert
Von Peter Kleinert

„Da macht es sich Frau Merkel ein bisschen einfach, wenn sie sagt, Israel hat immer Recht“, erklärte der ehemalige Landesvorsitzende der jüdischen Gemeinschaft Schleswig Holstein, Prof. Dr. Rolf Verleger in einem Deutschlandradio-Interview. Aus demselben Grund wurde die E-Mail-Protestaktion „Eine Tasse Blut für die Bundeskanzlerin" gestartet, mit der jüdische und nicht jüdische Absender ihre Empörung über die Unterstützung der israelischen Massaker in Gaza durch die deutsche Regierung Ausdruck geben. Die Armee hat inzwischen mehr als 500 Luftangriffe auf Regierungsgebäude, viele Wohnhäuser, fünf Moscheen, Schulen, Krankenhäuser, die Universität und Einkaufszentren durchgeführt.


Ein Palästinenser trägt sein durch einen
Raketenangriff auf Beit Lahiya im nördlichen
Gaza-Streifen am 29. Dezember verwundetes
Kind in das Kamal Edwan-Krankenhaus
Angestoßen wurde die Protestaktion von dem Berliner Nahostexperten und Journalisten Jürgen Cain Külbel, nachdem Merkels stellvertretender Regierungssprecher Thomas Steg nach einem Telefongespräch der Kanzlerin mit Israels Ministerpräsident Ehud Olmert laut Nachrichtenagentur Reuters erklärt hatte, dass die Verantwortung für die Eskalation in Palästina „eindeutig und ausschließlich bei der Hamas“ liege. Inzwischen sind in Gaza mehr als 400 Menschen getötet worden, darunter 60 Kinder. In einem Offenen Brief schrieb Külbel an Angela Merkel:
 
„Etwas anderes als ein Kotau vor dem zionistischen Nationalismus der israelischen Bourgeoisie war von Ihnen selbstverständlich nicht zu erwarten. Bemerkenswert aber ist, dass Sie in einem Land, das nie Krieg geführt hat, aufwuchsen, und trotz Ihrer vorgeblich christlichen Gesinnung einen marketenderischen Hang für die völkerrechtswidrigen Vernichtungskriege der Präsidenten Bush und Olmert entwickeln konnten. Als Zeichen meiner Missachtung übersende ich Ihnen symbolisch eine Tasse, die ebenso symbolisch mit palästinensischem Kinderblut gefüllt ist.“
 

Komponist Elias Davidsson
Quelle: Tonar og Steinar
Der jetzt in Deutschland lebende isländische Komponist und Autor Elias Davidsson schrieb der Kanzlerin: „Meine verstorbenen Eltern waren anständige Juden. Sie wurden aus ihrer Heimat Deutschland von den ,christlichen' Nazis vertrieben, weil sie nicht dem ,Herrenvolk' der Stunde angehörten. Ich wurde in Palästina geboren. Unsere lieben Nachbarn in Jerusalem wurden von den ,jüdischen' Nazis aus ihrer Heimat vertrieben, weil sie auch nicht dem ,Herrenvolk' der Stunde angehörten. Der Gazastreifen, das größte Gefängnis der Welt, ist mit Stacheldraht umgeben und wird von Juden bewacht, die dafür sorgen, dass die vertriebenen Palästinenser nicht das jüdische Blut durch ihre Anwesenheit verseuchen. Das vierfüßige Zeichen von Deutschland hat sich bei den israelischen Juden zum Zionstern umgewandelt. Es bekleidet ihre Panzer und Angriffsflugzeuge und sorgt dafür, dass Palästinenser nicht zwischen jüdischen Nazis und Judentum unterscheiden können.
 
Weder Sie noch ich haben das moralische Recht, Leute, die nicht die minimalsten Menschenrechte genießen, zu kritisieren. Obwohl ich es bedauere, dass Hamas israelische Siedlungen beschießt, weil dieses Vorgehen nicht zur Befreiung von Palästina führen kann, habe ich Verständnis für die Verzweiflung der Gazaner, die ohne Hoffnung auf eine Befreiung leben müssen. Die Bewohner von Gaza brauchen unsere moralische und aktive Unterstützung, damit sie ihre Freiheit gewinnen. Wir können nur von freien Menschen verlangen, dass sie sich an ethische Maßstäbe halten sollen.
 
Sie sollten sich als deutsche Bundeskanzlerin schämen, die jüdischen Nazis gegen eine arme Bevölkerung von Flüchtlingen zu unterstützen. Sind Sie etwa ein getarnter Antisemit, der Juden ein goldenes Seil schenkt, damit sie sich aufhängen können? Als Zeichen meiner Missachtung übersende ich Ihnen symbolisch eine Tasse, die ebenso symbolisch mit Kinderblut gefüllt ist: Blut von palästinensischen Kindern, christlichen, muslimischen und jüdischen Glaubens.“
 

Schriftsteller und Friedensaktivist              
Uri Avnery | Quelle: NRhZ-Archiv
Gush Shalom (Friedensblock), eine von Uri Avnery mitbegründete Gruppe israelischer Friedensaktivisten, die sich seit vielen Jahren um die Beendigung der Besatzung und einen gerechten Frieden auf der Basis einer Zweistaatenlösung für Israel/Palästina bemüht, veröffentlichte eine große Anzeige in der Tageszeitung Haaretz mit der Überschrift „Waffenstillstand jetzt!“
 
Darin heißt es unter anderem: „Dieser Krieg ist unmenschlich, überflüssig und schädlich. Er bringt für Israel nichts Gutes mit sich. Die Tötung hunderter Palästinenser und die Zerstörung der lebenswichtigen Infrastruktur des Gazastreifens sind abscheuliche Verbrechen. Diejenigen, die sich davon Nutzen bei den Wahlen erhoffen, täuschen sich gewaltig. Eine Invasion von Bodentruppen wird noch mehr Unheil bringen, wird zerstören, was von Gaza übrig geblieben ist und viele weitere Menschenleben fordern – Israelis und Palästinenser, Soldaten und Zivilisten. Falls es der israelischen Armee gelingt, nach harten Kämpfen die Ruinen von Gaza zu erobern, wird dies höchstens dazu führen, dass Hamas in den Untergrund geht und sich ihr Einfluss im Gazastreifen wie im Westjordanland vergrößert…

Im Namen tausender Israelis, die in den Straßen Tel Avivs schon in den ersten Stunden nach Kriegsbeginn demonstriert haben, fordern wir,
- den Angriff auf Gaza sofort zu beenden!
- einen Waffenstillstand vorzuschlagen – und einzuhalten, der das Ende aller Gewaltaktionen beider Seiten, die wirkliche Öffnung der Grenzen und die Beendigung der Blockade gegen die Bevölkerung des Gazastreifens umfasst.
- in den Dialog mit Hamas einzutreten. Hamas ist ein integraler Bestandteil der palästinensischen Gesellschaft und des palästinensischen politischen Systems. Ohne ihre Beteiligung sind alle Verhandlungen und Übereinkünfte sinnlos.“
 

Professor Dr. Rolf Verleger              
Quelle: Islampress
Der eingangs erwähnte ehemalige Landesvorsitzende der jüdischen Gemeinschaft Schleswig Holstein, Prof. Dr. Rolf Verleger erklärte gegenüber der NRhZ zur Protestmail-Aktion an die Adresse der Kanzlerin, die er grundsätzlich begrüßt: „Ich teile Herrn Davidssons Empörung über das, was in Gaza passiert, und über die Äußerungen der Bundeskanzlerin, die mit ihrer Schuldzuweisung an die Hamas auch von ihrer erheblichen eigenen Mitschuld für diese Entwicklung ablenkt.

 
Dass der von Herrn Davidsson als ,Zionsstern' bezeichnete Davidsstern der historische Nachfolger des Hakenkreuzes sei, finde ich nicht richtig. Es ist besonders für Deutsche besonders naheliegend, so zu denken (,Opfer der Opfer...'), aber wenn man den Verstand walten lässt, so ist doch zu sagen: Die Taten Israels sind mit den Taten Nazideutschlands NACH 1942 nicht vergleichbar – und dafür steht ja das Hakenkreuz vor allem.

Ebenso hat die Ideologie des Zionismus mit der deutschen Nazi-Ideologie sehr wenig zu tun. Herzl und Weizman waren Bourgeois, Jabotinski war vielleicht vom italienischen Faschismus beeinflusst, darüber weiß ich zu wenig (er ist ja auch schon 1940 gestorben), aber m.E. waren diejenigen, die den Zionismus in Israel entscheidend prägten, ihrerseits vom Bolschewismus beeinflusst, mit ihrem Kibbuz-Sozialismus, ihrer Schaffung des ,neuen Menschen' und mit ihrem Macchiavellismus. Ich finde daher sowohl vom Ausmaß der Menschenrechtsverletzungen als auch von der sie beeinflussenden Ideologie den Vergleich von Ben-Gurion und Nachfolgern mit Milosevic, Mladic und Karadzic am ehesten angebracht.“
 
In seinem Deutschlandradio-Interview hatte Rolf Verleger unter anderem gesagt, er würde der Bundeskanzlerin das Problem gern anhand von vier Fragen verdeutlichen: „Erste Frage wäre: Die Tatsache, dass keiner meiner Großeltern das Dritte Reich überlebt hat, gab das 1947/48 den jüdischen Freischärlern und der israelischen Armee das Recht, hunderttausende Araber aus Israel zu vertreiben? Eine zweite Frage: Die Arisierung des Berliner Grundstücks meines Urgroßvaters unter Hitler, gab sie dem Staat Israel das Recht, Anfang der 50er-Jahre den Boden und Besitz der arabischen Vertriebenen zu konfiszieren? Drittens: Die Ermordung meiner Onkel und Tanten durch die SS, gibt sie dem Staat Israel das Recht, seit 40 Jahren die Diktatur eines Besatzungsregimes auszuüben? Oder: Die Erschießung meiner Großmutter Hannah dafür, dass sie in Berlin ohne gelben Stern zum Frisör ging, gibt sie dem Staat Israel aktuell das Recht, die Bevölkerung Gazas auszuhungern und zu bombardieren? Allgemein: Gibt die Tatsache, dass wir europäischen Juden Opfer eines großen Unrechts wurden, dem jüdischen Staat vor Gott und den Menschen das Recht, nun anderen Unrecht zu tun? Das ist doch die Frage.“

Rolf Verlegers Fazit: „Die Blockade Gazas ist das Gleiche wie die Blockade Sarajewos in den 90er-Jahren durch die jugoslawische Armee. Da kam auch keiner durch, da wurde auch niemand rein gelassen. Das geht in Gaza seit über zwei Jahren, und die führenden Leute, die das damals gemacht haben, sind in Den Haag als Kriegsverbrecher verurteilt worden.“ (PK)

 
Wenn Sie sich der Protestaktion „Eine Tasse Blut für die Bundeskanzlerin“ anschließen wollen, hier die Mail-Adresse der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel. Alle Teilnehmer an der Protestaktion, die ihre Briefe hier veröffentlicht sehen möchten: „Blut für die Bundeskanzlerin", können diese in Kopie an cainkuelbel@t-online.de schicken.




Zwei Mädchen, 4 und 11 Jahre alt, die am 30. Dezember durch einen Luftangriff auf Beit Hanun im nördlichen Gazastreifen getötet wurden


Palästinenser tragen den Leichnam der 4 Jahre alt gewordenen Lama Hamdan am 30. Dezember zur Bestattung in Beit Hanun


Palästinensische Frauen über den Leichen von drei Kindern der Familie Balosha, die zusammen mit ihren Eltern am 29. Dezember in Beit Lahiya getötet wurden


Ein am 29. Dezember getöteter 5 Jahre alter
Junge wird auf dem Friedhof von Rafah im
südlichen Gaza-Streifen beerdigt


Schlafzimmer von fünf am 29. Dezember
darin getöteten Mädchen


Samera Baalusha (34) mit ihrem überlebenden 15 Monate alten Sohn Mohamad wartet auf die Beerdigung ihreer 4 Jahre alten Tochter Jawaher, die mit ihren vier Schwestern am 29. Dezember im Flüchtlingslager Jebaliya getötet wurde.


Ein verwundeter Palästinenserjunge wird
am 28. Dezember nach einem Luftangriff
von seinem Vater zum Krankenhaus
getragen.
 
Quelle aller Palästina-Fotos: Uruknet

 

Online-Flyer Nr. 178  vom 01.01.2009

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