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Aktueller Online-Flyer vom 29. März 2024  

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Kultur und Wissen
Interview mit Guns N’ Roses-Keyborder und Songwriter Chris Pitman
„Die Stimme als ausdrucksstärkstes Instrument“
Von Gerrit Wustmann

Als Keyboarder und Songwriter von Guns N’ Roses war er maßgeblich an der Entstehung des neuen Albums „Chinese Democracy“ beteiligt. Als Sänger und Gitarrist seiner Band SexTapes arbeitet er derzeit intensiv an einem weiteren Projekt. Der NRhZ gab Chris Pitman, der das Rampenlicht eher scheut und sich sonst lieber im Hintergrund hält, ein Interview.
Chris, wenn du mit Guns N’ Roses auf Tour bist, stehst du gemeinsam mit Dizzy Reed an den Keyboards. Bei deiner Band SexTapes singst du und spielst eine ziemlich harte Gitarre. Was ist dein liebster Platz auf der Bühne und im Studio?

Pitman: Am liebsten singe ich – wie schon bei LUSK, Zaum und einigen anderen Bands. Die Stimme ist das ausdrucksstärkste Instrument, das es gibt, und dabei völlig anders als das Spielen eines Instruments. Ich habe keine Ahnung wieso, aber das ist, als wäre man in einer völlig anderen Welt.

Chris Pitman am Mikro bei einem Auftritt von Sexy Tapes Quelle: chrispitman.com 
Chris Pitman am Mikro bei einem Auftritt von „SexTapes“ | Quelle

Wirst Du mit SexTapes auch live auftreten?

Ja, wir haben kürzlich mit Auftritten in L.A. begonnen, und es läuft gut, besser als ich gedacht hätte. Natürlich gibt es da viele Möglichkeiten, obwohl die Wirtschaftskrise zur Zeit sämtliche Zukunftspläne beeinflusst.

SexTapes
Das Projekt SexTapes im Airbrush-Style
Deine Projekte, ob nun GN’R, LUSK oder SexTapes, loten sehr unterschiedliche musikalische Richtungen aus. Offenbar gibt es eine große Spannweite von Dingen, die dich interessieren und die du ausprobierst. Was treibt dich an?

All das reflektiert, was in der entsprechenden Zeit in meinem Leben los ist; Musik ist der einzige Weg für mich, diese Dinge künstlerisch umzusetzen. Ich war immer in der glücklichen Situation, tolle Menschen um mich zu haben, mit denen ich zusammenarbeiten kann, und die haben dieselbe Entschlossenheit, nicht die Vergangenheit zu wiederholen, sondern der eigenen Neugier zu folgen.

Axl Rose ist ein wunderbares Beispiel dafür, er sucht immer nach neuen Grenzen, die er überschreiten kann, und er ist zugleich gut auf die daraus entstehenden Konsequenzen vorbereitet. Insbesondere da er sich unter diesem von Markt und Medien getriebenen Mikroskop teils scharfer Kritik befindet. Es geht darum, was man bei seiner Arbeit fühlt, das kann niemand nachvollziehen, was das bedeutet. 
 
„chinese democracy“ Cover
Endlich erschienen:                                 
„Chinese Democracy“
Du bist jetzt seit zehn Jahren bei Guns N’ Roses. Vor drei Wochen ist „Chinese Democracy“ erschienen, das Album, an dem du in all diesen Jahren gearbeitet hast. Wie fühlt sich das an?

Das Produkt ist nur eine Formalität. Ich denke nach über die Reise, die hinter mir liegt, und ich lausche den Erinnerungen.




Thema Songwriting: Du hast die Gitarrenmelodie für „If The World” geschrieben, den Guns N’ Roses-Song, der auch im Abspann von Ridley Scotts Film „Der Mann, der niemals lebte“ läuft. Woher kam die Inspiration dazu und wie sind die Aufnahmen abgelaufen?

Wie bei vielen Songs, die ich schreibe, begann alles mit meiner alten 12-Saiten-Gitarre, die neben meinem Sofa steht. Die habe ich vor Jahren für 50 Dollar bei einem Pfandleiher gekauft und die Saiten seitdem nie gewechselt. Dadurch bekam sie einen ziemlich basslastigen Sound. Ich begann einfach mit diesem Riff, das einen ziemlich coolen Gesang ermöglicht. Verrückt wie ich bin, habe ich das direkt auf einen Drum-Machine Sampler, MPC2000, aufgenommen und so bearbeitet, dass es fast mechanisch klang.

Danach schrieb ich die Drums mit einem Dub/Reggae-Beat, wobei ich den zweiten und vierten Beat wirklich heftig anschlage. Danach ging ich in mein Studio und fügte Strings, Piano, Bass, Echo-Gitarre, Synth und Sub-Bass hinzu. Ich gab Axl die Aufnahmen, und er fügte seinen Teil hinzu, indem er in einer einzigen Nacht den Gesang aufnahm. Als ich hörte, was er mit dem Material gemacht hatte, war ich völlig überwältigt. Noch nie zuvor habe ich solch einen Song gehört – das ist bis heute so. Später haben wir noch Gitarrensoli eingebaut, als „Würze obendrauf“ sozusagen.
 
Guns-Fans kennen dich in erster Linie als Keyboarder und „Techniker“. Welches Equipment benutzt du?
 
Chris Pitman
Pitman: wesentlich vielseitiger als „nur“ ein
Keyboarder | Quelle: chrispitman.com
Die Fans halten einen „nur“ für den Keyboard-Spieler, weil sie uns nur live gesehen haben und darüber hinaus nicht wissen, wer was macht. Ich bekomme zahlreiche Anfragen bezüglich der Instrumente und der Technik, die ich benutze. Ich stelle das momentan zusammen und werde demnächst eine Liste auf meiner Website veröffentlichen. Es waren zehn Jahre mit verschiedensten Instrumenten, Aufnahmegeräten, das muss ich erst aus dem Bierdunst meiner Erinnerung herauskramen.
 
Letzte Frage: Wann werden deutsche oder sogar Fans aus Köln wieder Gelegenheit haben, euch auf der Bühne zu sehen?

Ich liebe Deutschland, viele meiner bevorzugten Künstler kommen da her – Joseph Beuys, Immendorff, Baselitz, Richter, die Liste geht weiter und weiter. Und das ist lediglich die visuelle Kunst. Conny Plank fällt mir noch ein, KlingKlang, DAF, Can, etc. Ich kann es kaum erwarten, zurückzukommen. (CH)

Zur Webseite von Chris Pitman

Online-Flyer Nr. 177  vom 17.12.2008

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