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Medien
Protest vor RBB-Rundfunkratssitzung - 31 000 Unterschriften übergeben
„Radio multikulti muss bleiben!“
Von Peter Kleinert

Gegen die von der Intendantin des ARD-Senders Rundfunk Berlin-Brandburg (RBB) Dagmar Reim zum Jahresende angekündigte Schließung des Programms Radio multikulti protestierten vergangenen Donnerstag in Berlin anlässlich einer Rundfunkratssitzung etwa 150 Mitarbeiter und Hörer und übergaben einen Koffer mit mehr als 31.000 Solidaritätsunterschriften. Nach Mitteilung der Gewerkschaft ver.di fordern auch die ARD-Personalratsvorsitzenden vom RBB, „Migranten nicht als Gebührenzahler zweiter Klasse zu behandeln“.



Dagmar Reim – freundlich für die Kameras

Nikolaus Huss, Sprecher des Freundeskreises von Radio multikulti, erklärte bei der Übergabe der Unterschriften in Form einer Urkunde an die freundlich in die Kameras lächelnde Intendantin, dass sich neben den inhaltlichen Argumenten für einen Weiterbetrieb auch die finanziellen Eckdaten verändert haben. Immerhin hätten die übrigen ARD-Anstalten dem vor einem Haushaltsdefizit stehenden RBB laut Presseberichten einen zusätzlichen Zuschuss von 20 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Der Freundeskreis fordere deshalb Intendantin und  Rundfunkrat auf, sich den Forderungen nach einem Moratorium für die Schließung von Radio multikulti anzuschließen.

Die Intendantin lächelt, aber…
 
Intendantin Reim, geschmückt mit einem orangenen Schal, nahm die  Unterschriften vor Beginn der Rundfunkratssitzung in Hör- und Sichtweite der Multikulti-Redaktion entgegen. In der Sitzung selbst erklärte sie stolz, sie sei beeindruckt, dass so viele Hörer an der Welle hingen und sie retten wollten, blieb jedoch bei ihrem Aus für das Hörfunkprogramm, dem sich der Rundfunkrat schon vor Monaten angeschlossen hatte. 


Freundeskreis von Radio multikulti übergibt 31.000 Unterschriften

„Nur Radio multikulti bildet die Vielfalt unserer multikulturellen Gesellschaft ab. Unterstützen Sie radiomultikulti!“ fordern dagegen die MitarbeiterInnen von dessen Redaktion. „Radio multikulti ist ein einmaliges Programm.“ Darin sind sie sich mit der Gewerkschaft ver.di, der Deutschen Journalisten-Union, dem Deutschen Journalistenverband und den ARD-Personalratsvorsitzenden einig. Diese hatten schon nach den ersten Informationen über die zum Jahresende drohende Schließung von Radio multikulti unter anderem erklärt:

„Als erstes multikulturelles Vollprogramm in Deutschland, seit 1994 auf Sendung, spielt radiomultikulti für die Integration ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger eine außerordentlich wichtige Rolle. Das Aus für radiomultikulti steht in deutlichem Widerspruch zur Selbstverpflichtung der ARD, einen Beitrag zur Integration zu leisten. Alle darin aufgeführten Ziele sind bei radiomultikulti seit 1994 Programm. Dass ausgerechnet jetzt diese Welle dem Rotstift zum Opfer fallen soll, stellt die Glaubwürdigkeit der ARD in Frage. Dabei sind Integration und Vielfalt, wie sie radiomultikulti repräsentiert, auch eine Legitimation für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Mit der Einstellung von radiomultikulti würde ein wichtiger Bestandteil der Programmvielfalt verloren gehen.

Gebührenzahler zweiter Klasse?

Darüber hinaus hat radiomultikulti vielen jungen Journalistinnen und Journalisten mit Migrationshintergrund den Einstieg in das Berufsleben ermöglicht, Brücken zwischen den Kulturen geschlagen und damit vorbildlich eingelöst, was in den ARD-Leitlinien 2007/2008 festgeschrieben ist: „Die ARD wird Bewerber mit Migrationshintergrund gezielt bei der Ausbildung für programmprägende Berufe fördern und zum Beispiel als Moderatoren einsetzen.“ Angesichts rasanter demographischer Veränderungen hängt die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland auch davon ab, ob es uns gelingt, Mitbürgerinnen und Mitbürger mit Migrationshintergrund an unsere Programme zu binden und in unsere Sendeanstalten zu integrieren. Sie dürfen nicht als Gebührenzahler zweiter Klasse behandelt werden...“

Beeindruckt von den Protesten zeigten sich – im Gegensatz zur RBB-Intendantin und zum RBB-Rundfunkrat – auch Teile des Berliner Abgeordnetenhauses. Dort hatten am Morgen im Integrationsausschuss SPD, LINKE und Grüne Intendantin Reim in einem politischen Appell aufgefordert, mit der Schließung von Radio multikulti zumindest noch ein Jahr zu warten.
 
Solidaritäts-Mails
 
Ausschnitt aus einer der zahlreichen solidarischen Hörer-Mails an die Intendantin: „…Ich finde es besonders für eine Hauptstadt wichtig, ein nationalitätenübergreifendes Programm anzubieten. Die Außenwirkung dieses Schrittes ist sehr negativ. Nachdem unser Ansehen außerhalb der bundesdeutschen Grenzen durch die WM sich verbessert hatte, wird dieses durch die Abschalt-Meldung im Einklang mit einigen Berichten über Rechtsradikalismus wieder abgeschwächt. Die Innenwirkung ist ebenfalls verheerend, weil sich all die xenophoben Bürger erneut bestätigt fühlen…“ (PK)
 
Die Mitarbeiter von Radio multikulti würden sich freuen, wenn sie Unterstützung von NRhZ-LeserInnen erhielten. Schicken Sie deshalb eine Mail mit Ihrem Namen versehen an vielfalt.bewahren@googlemail.com


















Alle Fotos: Gabriele Senft


 


Online-Flyer Nr. 172  vom 12.11.2008

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