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Lokales
OB Schramma: „Ich bin ein Anhänger von Bürgerbegehren“
Bürgerbegehren gegen Hafenausbau abgebügelt
Von Fred Schierlinge

Der Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma ergriff zum Tagesordnungspunkt 4.3.1. in der Ratssitzung am vergangenen Dienstag gleich höchstpersönlich das Wort: „Ich bin ein Anhänger von Bürgerbegehren“, so einer seiner ersten Sätze. Um dann festzustellen, dass das zur Abstimmung vorliegende Begehren, den Ausbau des Godorfer Hafens im Kölner Süden zu stoppen, seiner Auffassung nach nicht rechtmäßig sei. Vor der Ratssitzung hatten gut zwei Dutzend Ausbaugegner vor dem Rathaus Proteststellung bezogen und ihren Willen bekräftigt, weiter gegen die Hafenerweiterung kämpfen zu wollen.

Grüne und Linke solidarisch mit den Ausbaugegnern 

Die Protestaktion der Ausbaugegner vor der Ratssitzung war gezeichnet von viel gutem Willen, hatte aber wenig Aussicht auf Erfolg. Letzteres schien selbst bei den Initiativen, die sich seit Monaten gegen die gefassten Ausbaupläne der Häfen und Güterverkehr Köln AG, HGK, richten, angekommen zu sein. Die mehr als 20 Unermüdlichen reckten ihre Schilder empor, strafften das Transparent und präsentierten ihre neue „Spenden-Aktie“ – die „Sürther Aue Aktie“. Politiker der Grünen, der FDP und der LINKEN reihten sich auf ihrem Weg zur Ratssitzung freundschaftlich solidarisch bei den Demonstranten ein. Oberbürgermeister Schramma zog es allerdings vor, kein Bad im Halbkreis der Kritiker zu nehmen und verschwand schnurstracks in einem Seiteneingang des Rathauses. Er sollte seinen Auftritt später haben.
 
Schramma’s Bekenntnis
 
„Ich bin ein Anhänger von Bürgerbegehren“, mit diesem Bekenntnis eröffnete er die Diskussion über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens. Allerdings nicht ohne Einschränkung. Denn seiner Auffassung nach ist der durch mehr als 30.000 Unterschriften dokumentierte Bürgerwille in diesem Fall rechtswidrig. Das hätten Rechtsgutachten ergeben. Angesichts der vom Kölner Stadt-Anzeiger in der Mittwochsausgabe darauf zusammengestellten Bürgerbegehren, die erfolgreich verlaufen sind - wie in Berlin, München oder Düsseldorf - nimmt sich diese Äußerung recht eigenwillig aus. Denn in Köln ist noch kein Bürgerbegehren erfolgreich gewesen – weder das gegen die später von Korruptionsvorwürfen überschattete Müllverbrennungsanlage noch das gegen den Verkauf der städtischen Wohnungsbausgesellschaft GAG. Und das könnte ein Hinweis sein, dass ein „Anhänger“ weniger ein Befürworter ist, sondern die Geschwindigkeit verringert und bremst. 


Stadtdirektor Guido Kahlen (links) erklärt die Rechtsauffassung der Stadt
 
Eiertanzende SPD und CDU 
 
Die SPD gibt sich klar: „Sie habe seit Jahrzehnten den Ausbau des Hafens befürwortet“. Das habe ihr Stimmen im Kölner Süden gekostet, wie der Fraktionsvorsitzende Martin Börschel weiß. Doch über das Bürgerbegehren zu entscheiden, „sei keine politische Entscheidung, sondern eine Rechtsentscheidung“, so Börschel, der sich damit auf die von der SPD beauftragten Gutachter zurückzieht, die das Bürgerbegehren – genau wie Schrammas Gutachter - ebenfalls als unzulässig eingestuft hatten. Doch warum musste die Sozialdemokratie eigene Gutachter beauftragen? Schenken sie der Rechtsauffassung von Schramma keinen Glauben? Suchen sie den Mittelweg zwischen Volkspartei für alle - dann auch im Kölner Süden - und „Arbeitsplatzbeschaffern“? Oder wollten sie sich einfach nur hinter anderen Autoritäten (Gutachter) verstecken, um so dagegen sein zu können, wie sie eigentlich dafür sind? 
 
Die CDU fährt einen anderen Kurs: Die Partei ist dafür, erlaubt aber vier Fraktionsmitgliedern sich zu enthalten. Eine strenge Dramaturgie. Diese vier werden ihr Gesicht im Kölner Süden nicht verlieren und der SPD mit diesem Thema weiterhin Stimmen abjagen können. Und das, ohne die Zustimmung für die HGK und deren Ausbau zu riskieren. Da hat der Fraktionsvorsitzende Winrich Granitzka Feingefühl bewiesen – zumindest aus parteipolitischen Gesichtspunkten. Ob die Wählerschaft diese gewiss austarierten Absprachen – auch mit dem „politischen Gegner“ – honoriert, werden die Kommunalwahlen 2009 zeigen. 


Den Weckruf hat OB Schramma dann doch verpennt 
Fotos: NRhZ-Archiv

Und die anderen?   
 
Die Grünen sind begeistert dabei, ein Projekt ablehnen zu können, das sie seit langem als umweltunverträglich und zudem unwirtschaftlich begreifen. Entsprechend der Fraktionsvize, Jörg Frank: „Wir werden die Bürgerinitiativen vollumfänglich unterstützen, wenn sie weitere Schritte unternehmen wollen“. Gemeint sind rechtliche Schritte der Initiativen gegen die Ablehnung des Bürgerbegehrens. Die ebenfalls ausbauablehnende FDP klagte: „Wir halten es nicht für richtig, das Bürgerbegehren abzulehnen“. Die LINKE wies darauf hin, dass erneut ein Bürgerbegehren abgelehnt werde und mehrere zehntausend Bürger frustriert werden. „Wenn Sie das ablehnen, dann ist das ein Schlag ins Gesicht.“ – Nun werden die Bürger zurückschlagen – vor Gericht. (PK)
 

Online-Flyer Nr. 131  vom 30.01.2008

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