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Aktueller Online-Flyer vom 26. April 2024  

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Arbeit und Soziales
attac Duisburg entwickelt bedingungsloses Grundeinkommen weiter
Den Diskurs wieder bestimmen
Von Hans-Dieter Hey

Inzwischen scheinen auch die Gewerkschaften um eine Diskussion über das bedingungslosen Grundeinkommen nicht mehr herum zu kommen. Die Gewerkschaft ver.di will ab sofort einen „Denk- und Diskussionsprozess, der anhand des Themas 'Grundeinkommen' die Entwicklung eines humanen Gesellschaftsmodells zum Ziel hat", organisieren. Eine diskussionsfähige Vorlage dafür könnte die von attac Duisburg sein.

Als ver.di den Beschluss Nr. B 98 zum Grundeinkommen (BGE) auf ihrem Bundeskongress Ende Oktober fasste, stellte attac Duisburg zeitgleich ein Konzept dafür vor, an dem ein Jahr lang mit viel Engagement gearbeitet worden war. Dabei taucht zwangsläufig die Frage auf, wozu es noch ein Konzept geben müsse, wenn zurzeit schon mindestens drei öffentlich diskutiert und von der jeweiligen politischen Seite entweder verdammt oder befürwortet werden.

Karikatur: Kostas Koufogiorgos
Hartz I bis IV ist keine Lösung für Morgen
Karikatur: Kostas Koufogiorgos
www.koufogiorgos.de


Nach Mitteilung von attac Duisburg handelt es sich um ein Konzept „von ganz normalen Menschen aus der Mitte dieser Gesellschaft für ganz normale Menschen". Dabei ist dieses Konzept nicht ganz neu. Wesentliche Vorarbeit dafür hat hierfür bereits die Bundesarbeitsgemeinschaft Grundeinkommen der LINKEN geleistet, die nun durch attac Duisburg ergänzt wurde. Nach jahrelanger neoliberaler Zerstörungswut von Hartz I bis IV wollen seine Befürworter das Heft wieder in die Hand nehmen, um den Buchstaben unserer Verfassung wieder Realität zu verschaffen. Dort heißt es nämlich, dass die Bundesrepublik  ein sozialer Rechtsstaat ist. Wolfgang Brahmann, Koordinator und Mit-Autor des Duisburger Positionspapiers: "Wenn wir unsere Verfassung tatsächlich ernst nehmen, dürfen wir uns Armut  in dieser Gesellschaft schlicht nicht erlauben. Erst der gesicherte Schutz vor Armut garantiert die persönliche Freiheit einer und eines jeden Einzelnen."

Damit erteilt er dem neoliberalen Glaubenssatz „Mehr Gerechtigkeit durch mehr Freiheit" eine Abfuhr. Mit dem  Duisburger Modell des „allgemeinen, gleichen und bedingungslosen Grundeinkommens" verspricht Brahmann sich im Umkehrschluss "mehr Freiheit durch mehr Gerechtigkeit“. Nach anderen Modellen sollte ein bedingungsloses Grundeinkommen für jeden dadurch finanziert werden, dass sämtliche Steuern entfallen und das bedingungslose Grundeinkommen nur über eine einzige Umsatzsteuer finanziert wird. Der Pferdefuß: Eine gigantische Steuerentlastung der Kapitaleigner zu Lasten der Allgemeinheit. Kein Wunder, dass solche Vorschläge auf offene Ohren derjenigen treffen, die weitere Steuerentlastungen für Unternehmertum und reiche Nichtstuer fordern. Zu Befürwortern solcher Vorschläge gehört der Eigentümer der Drogeriekette DM, Götz Werner.



Möchte sich mit dem Grundeinkommen gern
selbst entlasten: DM-Chef Götz Werner


Das bedingungslose Grundeinkommen würde Deutschland monatlich die gigantische Summe von ca. 147,6 Mrd. Euro kosten. Nach Berechnungen von attac sei die Finanzierung aber möglich. Wichtig sei zunächst, dass alle in der Gesellschaft das BGE mittragen. Und zwar jeweils ca. zur Hälfte durch eine "Ressourcen- und Infrastruktur-Nutzungs- und Ausgleichsabgabe" und zur anderen Hälfte aus einer solidarischen BGE-Abgabe, die jeder zahlt, auch die BGE-Bezieher selbst. Menschen die arbeiten, würden die Abgabe nicht zusätzlich aufbringen müssen, sondern sie würde – ähnlich wie bei Steuern – verrechnet. Der Vorteil der Abgabenfinanzierung liege darin, Gelüste von Steuersparern zu bremsen. Abgaben seien zudem im Gegensatz zu Steuern zweckgebunden und damit der Jongleurskunst von Finanzministern entzogen.

Schon dieser Ausschnitt des attac-Konzeptes zeigt, wie schwierig das ganze Thema ist, über das noch viel nachgedacht werden muss. Deshalb sieht attac sein Konzept auch als Gesprächsangebot an alle, die an einer gerechteren Zukunft für unsere Gesellschaft mitwirken und den Verfassungsanspruch nach Herstellung und Schutz der Menschenwürde unterstützen wollen. „Dies ist" – so Wolfgang Brahmann – „nicht nur eine Verpflichtung, die lediglich staatlichen Institutionen auferlegt ist, diese Verpflichtung betrifft die gesamte Gesellschaft. Es gilt, die Begriffe „soziale Sicherheit“, „Freiheit“, „Gerechtigkeit“, „Schutz der Umwelt“ und „Solidarität“ endlich zusammen zu denken, und nicht andauernd gegeneinander auszuspielen. Insofern sei das BGE auch ein ganzheitlicher Ansatz. (HDH)

Wer das ganze Konzept lesen möchte:

attac Duisburg


Weitere Informationen zum Thema:

Kölner Initiative Grundeinkommen

Netzwerk Grundeinkommen

attac - genug für alle

labournet


http://perspektiven.verdi.de/mindestsicherung

ver.di-Beschluss zum Grundeinkommen



Online-Flyer Nr. 121  vom 14.11.2007

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