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Aktueller Online-Flyer vom 19. April 2024  

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Medien
Unser erstes Geburtstagsgeschenk zum 50sten des WDR
"Hinter diesen Mauern - Mumia Abu-Jamal"
Von Peter Kleinert

Natürlich ist WDR-Intendant Fritz Pleitgen nicht auf unseren Vorschlag im nrhz-Flyer 24 eingegangen, die "Programmhöhepunkte aus den vergangenen 50 Jahren" anlässlich des Jubiläums durch einige Filme zu ergänzen, die den Fernsehzuschauern in Nordrhein-Westfalen von "seinem Sender" bislang vorenthalten wurden. Deshalb versuchen wir in dieser und den folgenden Ausgaben unseres Online-Projekts, das zu tun, was Pleitgen den WDR-ZuschauerInnen versprochen hat: "Ein guter, verlässlicher, aber auch attraktiver Partner für die Menschen in Nordrhein-Westfalen" zu sein. Wir beginnen unsere "WDR-Serie" mit einem Film über den in den USA zum Tode verurteilten schwarzen Journalisten Mumia Abu-Jamal, dessen Haft jetzt ins 25ste Jahr geht. 1995, dem Jahr, in dem Pleitgen zum Intendanten gewählt wurde, durfte dieser Film nicht ins WDR-Programm. Fünf Jahre später sendete ihn 3sat - unter dem Beifall der Presse von FAZ bis FR.

Mumia Abu-Jamal in der TodeszelleAusschnitte aus der Ankündigung der "Frankfurter Rundschau": "Kleffner und Buerjes haben einen brisanten Dokumentarfilm gedreht, in dem sie die Polizei- und Justizmethoden beleuchten, die Abu-Jamal in die Todeszelle brachten... Der Report ordnet Abu-Jamals Lebensgeschichte in die Zeitgeschichte ein und zeigt die Wut der Schwarzen Befreiungsbewegung über einen korrupten und rassistischen Polizeiapparat, der 1981 als "Schlägerbande mit Weltklasseformat" Schlagzeilen machte... Voraussichtlich wird Abu-Jamals Fall im Mai auf Bundesgerichtsebene verhandelt."

In der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" konnte man u.a. lesen: "Der Film "Hinter diesen Mauern" kritisiert den Prozeß von damals, bei dem, wie der Strafverteidiger Leonard Weinglass sagt, Zeugen bestochen und andere gar nicht zur Aussage gebeten worden seien. Damit stehen die Dokumentaristen Jule Buerjes und Heike Kleffner in einer Reihe mit internationalen Schauspielern, Autoren und Intellektuellen, etwa Jacques Derrida, die bereits gegen das Verfahren protestiert haben und damit schließlich Abu-Jamals Hinrichtung im August 1995 verhindert haben. Es scheint, angesichts der Unglaubwürdigkeiten und Lücken im Prozeß, auf die die Dokumentation hinweist, kaum möglich, daß das Urteil doch noch vollstreckt wird."

Karikatur: Kostas Koufogiorgos
Karikatur: Kostas Koufogiorgos


Als Vorwand, den Film - nach positiven Verhandlungen mit dem verantwortlichen Redakteur - nicht ins Programm zu nehmen, diente dem WDR ein Artikel der "Süddeutschen Zeitung". Kurz vor einem wieder einmal angesetzten Hinrichtungstermin im Frühjahr 1995 nannte SZ-Autor Burkhard Müller-Ulrich Prozess und Todesurteil aus dem Jahr 1982 "rechtsstaatlich", wusste von einem angeblichen Geständnis Mumias ("I shot the motherfucker and hope he dies."), unterschlug die zu diesem Zeitpunkt bekannten Entlastungszeugen Mumias, die Polizei und Staatsanwaltschaft entweder vor dem Prozess unter Druck gesetzt oder an der Prozessteilnahme gehindert hatten. Menschen, die sich für einen neuen, fairen Prozess einsetzten, nannten er und die SZ in der Überschrift "Solidaritäter". Und "Solidaritätern" konnte der WDR natürlich keinen Sendeplatz geben.

Angela Davis
Angela Davis
Foto: Die weiblice Stimme



Mumia Abu-Jamal war 1981 Mord an einem Polizisten vorgeworfen worden, nachdem der Bürgermeister von Philadelphia dem unbequemen Journalisten wegen seiner Berichte über brutales Verhalten der Polizei gegen Schwarze öffentlich gedroht hatte: "Warte nur, Dich kriegen wir noch." Er durfte zwar inzwischen die Todeszelle verlassen, wartet aber seit Jahren auf ein faires Wiederaufnahmeverfahren. Immerhin darf er in der Zelle für Zeitungen und Bücher schreiben. Abu-Jamals Bücher, für die er mehrfach ausgezeichnet wurde - in Deutschland 2001 mit dem Erich Mühsam-Preis - sind im Atlantik-Verlag erschienen. Die Stadt Paris hat ihn zu ihrem Ehrenbürger ernannt. Angela Davis und der legendäre afroamerikanische Schauspieler Ossie Davis, der kurz danach starb, haben einen dringenden Spendenaufruf zur Prozesskostenhilfe für Mumia Abu-Jamal gestartet. Spenden unter dem Stichwort »Verteidigung« kommen garantiert in voller Höhe Mumia Abu-Jamals juristischer Verteidigung zugute:

Archiv 92/Sonderkonto Jamal
S.E.B. Bank Bremen
Konto-Nr. 100 8738 701
BLZ 290 101 11
(Für Überweisungen aus dem europäischen Ausland:
IBAN DE78 2901 0111 1008 7387 01 - BIC: ESSEDDE5F290)

'...aus der Todeszelle' - Essays


"...aus der Todeszelle" - Essays
Foto: Atlantik Verlag






Der Film wurde vor der 3sat-Sendung und danach in Deutschland bisher in weit über vierhundert "Solidaritäter"-Veranstaltungen gezeigt, lief in englischer, französischer und spanischer Übersetzung auf zahlreichen Festivals, mit türkischen Untertiteln sogar als Plädoyer gegen die Todesstrafe in Istanbul. Vielleicht kommen wir ja mit Pleitgens Nachfolger ins Gespräch, wenn Mumia Abu-Jamals immer wieder verschobener Berufungsprozess im Jahr 2006 endlich stattfindet. Wir zeigen diesen Film ausnahmsweise in voller Länge. Das verlangt ein bisschen Geduld wegen der Ladezeiten. Und in der nächsten NRhZ gibt´s dann einen Film, den der WDR nicht senden mochte, weil der Kölner Polizeipräsident dagegen war.

Bücher von und mehr Informationen über Mumia Abu-Jamal finden Sie unter: www.atlantik-verlag.de

Der aktuelle Filmclip:
"Hinter diesen Mauern - Mumia Abu-Jamal und der lange Kampf um Freiheit",
von Jule Buerjes und Heike Kleffner.


GEGENDARSTELLUNG ZU DIESEM BEITRAG
VON JULE BUERJES


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Anmerkung der Redaktion:
Liebe Jule Buerjes, Ich bin einigermaßen betroffen, dass Du als Autorin diese Gegendarstellung geschrieben hast und nicht "der WDR". Den Verantwortlichen im WDR, den ich mit meinem Artikel angegriffen habe, hätte ich gern ausführlich geantwortet. Als Produzent des Films, habe ich ihn mit KAOS-Film- und Video-Team ja dann trotzdem auf eigene Kosten für die Solidaritätsbewegung gemacht. Dich und interessierte NRhZ-LeserInnen weise ich deshalb nur auf die Internetseite www.kaos-archiv.de hin, wo seit einigen Jahren knapp zusammengefasst zu lesen ist, warum die WDR-Zuschauer "Mumia Abu Jamal" 1995 nicht sehen durften - und heute auch noch nicht, obwohl ich ihn Intendant Fritz Pleitgen inzwischen als mein Geschenk zum 50sten Geburtstag des Senders angeboten habe.
Gruß, Peter Kleinert


Online-Flyer Nr. 25  vom 04.01.2006

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