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Inland
Greenpeace-Studie über ein weiteres unzureichendes Sicherheitskonzept:
Nebel soll AKWs vor Terror schützen
Von Christel Mertens

Künstliche Vernebelung von Atomkraftwerken bietet keinen ausreichenden Schutz vor Terrorangriffen aus der Luft. Das Risiko für die Bevölkerung wird dadurch bei einem Anschlag nicht verringert. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie im Auftrag der Umweltorganisation Greenpeace, die am Freitag veröffentlicht wurde. In Kürze soll am AKW Grohnde des Energieversorgers E.ON eine Pilotanlage mit Nebelgranaten bestückt werden. Damit geben die Betreiber nun die bisher verschwiegene Terrorgefahr offiziell zu, während sie nach wie vor von der Betriebssicherheit ihrer AKWs schwärmen.   
Vernebelungskonzept bietet nur Scheinsicherheit
 
"Das Vernebelungskonzept der Kraftwerksbetreiber erhöht nicht die Sicherheit, sondern ist nur der Versuch, eine Scheinsicherheit aufzubauen, die die Akzeptanz der Atomenergie in der Bevölkerung erhöhen soll", sagt Heinz Smital, Atomexperte von Greenpeace. "Die Verantwortlichen gestehen mit der Installation der Anlagen das große Terrorrisiko von
Atomkraftwerken ein, ohne eine ernsthafte Lösung anzubieten." Ein Alternativkonzept sehe beispielsweise Schutzstrukturen rund um das Atomkraftwerk aus drei bis fünf Meter dicken Stahlbetonwänden und einem zusätzlichen Stahlnetz über der Kuppel vor. Trotz dieser möglichen höheren Sicherheit favorisieren die Betreiber aber das billigere Vernebelungskonzept. Smital: "Der Angriff auf einen Reaktor stellt damit weiterhin ein ernstes Problem dar. Die einzig richtige Antwort auf diese Bedrohung kann nur das Abschalten und die Stilllegung der Anlagen sein."


Greenpeace-Demo zum 20sten Jahrestag von Tschernobyl
Quelle: gruppen.greenpeace.de

Pilotanlage für Grohnde

Alle 17 in Deutschland betriebenen Atomkraftwerke sind nicht gegen einen bewusst herbeigeführten Absturz eines Verkehrsflugzeuges geschützt. Eine nachträgliche Verstärkung der Reaktorhülle ist nicht möglich. Die Kraftwerke Biblis A, Brunsbüttel und Philippsburg 1 sind sogar nur für den Absturz eines Sportflugzeuges ausgelegt. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 wurde zwar im Juni 2003 von den Betreibern der deutschen AKWs ein Konzept zur künstlichen Vernebelung der Anlagen bei einem Terrorangriff vorgelegt. Dies wurde jedoch im Frühjahr 2004 vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit als "nicht ausreichend" zurückgewiesen, und die Betreiber wurden zu Nachbesserungen aufgefordert. Im niedersächsischen Grohnde soll nun eine Pilotanlage in Betrieb gehen.

Auch Umweltministerium skeptisch

Die Greenpeace-Studie führt mehrere Kritikpunkte an dem Sicherheitskonzept auf. So wird die aus dem militärischen Bereich stammende Vernebelungstaktik dort ursprünglich nur für bewegliche Ziele verwendet. Auch könnte die bewusste Auslösung der Einnebelung sogar von Terroristen genutzt werden, um die entstehende unübersichtliche Situation für einen gezielten Angriff vom Boden aus zu nutzen. Skeptisch beurteilt auch das Bundesumweltministerium die neuen Pläne von E.ON. Bisher sei kein Nachweis erbracht, dass diese Vernebelungsanlagen die Atomanlagen vor Terrorangriffen besser schützten, zitiert die Frankfurter Rundschau eine Ministeriumssprecherin.

Nach Darstellung von Greenpeace kann ein Terrorangriff mit dem Flugzeug auf ein Atomkraftwerk eine nationale Katastrophe auslösen. Die freigesetzte Menge radioaktiver Schadstoffe könnte durch den Qualm des brennenden Kerosin weit verbreitet werden. Rund 100.000 Quadratkilometer Fläche könnte langfristig so stark verseucht werden, dass die Bevölkerung umgesiedelt werden müsste. (PK)

Online-Flyer Nr. 107  vom 08.08.2007

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