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Lokales
„Informationsreisen“ der Stadtsparkasse KölnBonn beschäftigen Staatsanwaltschaft
Auch wieder Ermittlungen gegen Kölns OB
Von Fred Schierlinge

Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt nach Medienberichten wegen des Verdachts der Untreue gegen die Teilnehmer an Reisen des Verwaltungsrates der Sparkasse KölnBonn nach Istanbul und Moskau. Neben den Vorstandsvorsitzenden des Geldinstitutes sollen sich die Ermittlungen auch gegen Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma und andere Funktionsträger aus der Politik richten.
Im Visier der Ermittler stehen demnach neben den etwa 20 Beschuldigten auch der frühere Vorstandsvorsitzende der Sparkasse KölnBonn, Gustav Adolf Schröder, und sein Nachfolger und jetzt amtierender Sparkassen-Chef, Dietmar Binkowska. Doch auch Mitglieder des Verwaltungsrats, deren eigentliche Aufgabe es ist, die Richtlinien der Geschäftspolitik zu bestimmen und die Geschäftsführung - also den Vorstand - zu überwachen, haben sich offenbar ohne große Bedenken an den fraglichen Reisen beteiligt. Konkret geht es um Reisen in den Jahren 2002 und 2003 nach Moskau und Istanbul, die rund 130.000 Euro gekostet haben sollen, und deren dienstliche Notwendigkeit von der Staatsanwaltschaft bezweifelt wird.
 
OB Schramma mit von der Partie
 
Für den Kölner OB Schramma kommt es derzeit knüppeldick. Erst Ende Juni 2007 war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft wegen einer „Luxusreise“ nach St. Petersburg gegen ihn Ermittlungen aufgenommen hat. Danach soll der reiselustige OB im Jahr 2002 an einer 72.000 Euro teuren Fahrt der KölnMusik GmbH teilgenommen haben. Schramma ging in die Verteidigung und wies einen „Reisemissbrauch“ zurück. Die Reise habe der Förderung konkreter Projekte gedient, so seine Stellungnahme. Und jetzt? Schon wieder Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen weiterer Reisetätigkeiten. Doch nicht nur gegen Schramma wird ermittelt, auch der SPD-Landtagsabgeordnete Martin Börschel soll den Ermittlern durch Mitreisen aufgefallen sein. Prominente Namen sollten nicht davon ablenken, dass auch andere Mitglieder des Verwaltungsrates unterwegs waren, und dass gegen sie ermittelt wird.    
 

Braucht inzwischen selbst wirksamere Überwachung - Kölns OB Fritz Schramma
Foto: Arbeiterfotografie


Lästige Medienanfragen
 
Im Januar 2006 gab die Sparkasse KölnBonn eine „Medieninformation“ heraus. Hintergrund war eine Anfrage des WDR bei Sparkassen zu „Informationsreisen von Unternehmen“. Die Sparkasse KölnBonn antwortete formell über drei Seiten und beschrieb auch die Reisen, die jetzt im Fokus der Staatsanwaltschaft stehen. So steht in der „Medieninformation
zur Reise zwischen dem 29.08. bis 01.09.2002 nach Moskau zu lesen: „Die Stadtsparkasse Köln ist Kooperationspartner der Sberbank Moskau, so dass intensive Kontakte zur Sberbank, zum Beispiel hinsichtlich von Ausbildungsaktivitäten darüber hinaus zu einem Ausbau der geschäftlichen Beziehungen führten, die in der Unterzeichnung eines Firmenkundenabkommens mündeten, das während der Aufenthaltes des Verwaltungsrates in Moskau unterzeichnet wurde.“ Zur Reise nach Istanbul vom 09.10. – 11.10.2003 heißt es: „Istanbul ist Partnerstadt von Köln. Die türkische Bevölkerung hat im Stadtgebiet einen hohen Anteil. Darin begründet sich die geschäftspolitische Intention zu dieser Reise. Vor diesem Hintergrund standen Kontaktgespräche mit Vertretern aus Wissenschaft und Wirtschaft auf dem Programm.“ Am 25. Juni 2007 war offenbar eine erweiterte „Medieninformation“ zu den Reisen der Unternehmensvertretern notwenig geworden, und so veröffentlichte die Sparkasse KölnBonn auch Informationen über eine Reise am 07.11. bis 08.11.2006 nach Brüssel.
Vorauseilender Gehorsam? Denn diese Reise fand statt, obwohl in der ersten Mitteilung ausdrücklich vermerkt war, dass für „das Jahr 2006 keine Reise“ geplant sei.
 
Aufgaben des Verwaltungsrates?
 
Die Staatsanwaltschaft wird sich sicherlich gefragt haben, ob die angegebenen Reisezwecke in den Aufgabenbereich des Verwaltungsrates fallen. Müssen Verwaltungsratsmitglieder in Moskau anwesend sein, wenn ein Firmenkundenabkommen unterzeichnet wird? Müssen Verwaltungsratmitglieder in Istanbul sein, wenn ein Kooperationsabkommen mit der Oyak-Bank geschlossen wird? Oder handelt es sich dabei nicht eher um das laufende Geschäft der Geschäftsführung? 

Wenn die Überwachungsaufgabe des Verwaltungsrates allerdings so weit gefasst sein sollte, dann stellt sich die Frage, ob die Aufmerksamkeit des Verwaltungsrates nicht bei Geschäften der Sparkasse KölnBonn unter den Fernreisen gelitten hat. Denn wie sonst ließe sich die Medieninformation  der Sparkasse KölnBonn vom 13.09.2005 erklären, die als Fazit hat:

„– RTL bleibt am Standort Köln

– Köln bleibt Medienstadt Nr. 1 in Deutschland
– Koelnmesse bietet das modernste und attraktivste Messegelände Europas
– Koelnmesse hat erhebliches Zukunftspotenzial bereits jetzt zur Verfügung
– Sparkasse KölnBonn hat sich erheblich bei beiden Projekten zum Wohle der regionalen Entwicklung und Erhalt der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit engagiert.“

Dieses Geschäft nämlich steht nach wie vor in der Kritik und wird seitens des EU-Gerichtshofs immer noch darauf überprüft wird, ob es nicht rechtswidrig war, wie der zuständige EU-Kommissar meint. (PK)

Online-Flyer Nr. 106  vom 01.08.2007

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