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Lokales
Wie Kölns Polizei und die DuMont-Presse mit einem linken Ratsmitglied umgehen
„Nach Brühl verfrachtet“
Von Peter Kleinert

Pünktlich zur hundertsten Ausgabe der NRhZ beweist das Kölner Pressemonopol, dass einige Kölner Journalisten und für Pressefreiheit im Sinne des Grundgesetzes engagierte BürgerInnen mit dem Start dieses von Konzernen und ihren Politikern unabhängigen online-Projektes vor zwei Jahren eine richtige Entscheidung getroffen haben: Zeitungsberichte über die Festnahme des Mitglieds der Kölner Ratsfraktion DIE LINKE Claus Ludwig, der sich seit seiner Wahl gegen die Machenschaften lokaler Konzerne, korrupter Lokalpolitiker und rechtsradikaler Migrantenhasser öffentlich einsetzt, bestätigen einmal mehr: Wir müssen weiter Gegenöffentlichkeit schaffen.

Claus Ludwig in der Antifa-Demo - kurz vor seiner Festnahme
Foto: Hans-Dieter Hey

Claus Ludwigs Festnahme kam den seit der 1970 - aufgrund einer Intervention der Anzeigen gebenden Industrie - erfolgten Entlassung von Chefredakteur Dr. Joachim Besser nach und nach auf Kölner Konzern- und Politik-Klüngel-Kurs gebrachten Redakteuren von M. DuMont Schauberg (MDS) am 16.Juni gerade recht - gingen doch letzten Samstag gleich drei Demonstrationen auf die Straße. Alle drei im Zusammenhang mit dem geplanten Moschee-Bau in Ehrenfeld, der auch dem Haus MDS offenbar missfällt. Gegen die Moschee aufgerufen hatte die rechtsradikale „Bürgerbewegung pro Köln“ - mit einem öffentlichen Dankeschön für publizistische Unterstützung des Kölner Stadt-Anzeiger, dessen Chefredakteur Franz Sommerfeld durch ein spektakuläres Interview mit dem erklärten Moschee-Gegner Ralph Giordano für bundesweite Schlagzeilen und Steigerung der in den vergangenen Jahren gesunkenen Auflagezahlen gesorgt hatte.


OB Fritz Schramma und PP Klaus Steffenhagen – denunzieren unbequemen Ratsherren | Foto: Arbeiterfotografie

Für den Moschee-Bau und gegen Rechts demonstrierte ein von DGB, Kirchen, Initiativen  und Parteien (mit Ausnahme der CDU!) aufgerufenes Bündnis auf einer Kundgebung. Verhindern wollte den Aufmarsch der von NPD und anderen Rechtsradikalen aus Belgien und Österreich unterstützten Moschee-Gegner ein Bündnis antifaschistischer Gruppen. Hier mit dabei Claus Ludwig. Dass diese Antifa in Wahrheit nicht antifaschistisch, sondern antisemitisch sei, versuchten anschließend DuMont-Redakteure den Kölner Zeitungslesern beizubringen. Beispiel EXPRESS: Als einige von der Polizei festgenommene Rechtsradikale „Juden raus!“ brüllten, habe Claus Ludwig, der das Giordano-Interview im Stadt-Anzeiger öffentlich kritisiert hatte (siehe NRhZ 97), diese „mit linken Demonstranten verwechselt“ und ihre „Festnahme mit Gewalt zu verhindern“ versucht. Deshalb „machte die Polizei (mit ihm) kurzen Prozess: Die Beamten verfrachteten ihn nach Brühl in eine Gewahrsamszelle.“

neven
Alfred Neven DuMont - trauert um seinen Bankier Baron von Oppenheim
Foto: Arbeiterfotografie


Ähnlich berichtete auch der Stadt-Anzeiger. Im Gegensatz zum EXPRESS, der als Informanten „Polizeisprecher Bernd Kraushaar“ angab, der mit Vornamen tatsächlich Georg heißt, berief sich das Schwesterblatt für seine Darstellung auf OB Schrammas Pressesprecherin Inge Schürmann. Dass man Ludwig nach seiner Freilassung nicht fragte, ob er tatsächlich eine „Gefangenenbefreiung“ von Rechtsradikalen versucht habe, entspricht durchaus der Verlagshaltung gegenüber Kritikern des Kölner Bankhauses Oppenheim und der in der Kölner Lokalpolitik höchst einflussreichen Oppenheim-Esch-Holding. Bei der waren nämlich schon Mitte der 90er Jahre Verleger Alfred Neven DuMont, sein Sohn und MDS-Geschäftsführer Christian Schütte-DuMont und der in Clan und Verlag eingeheiratete Dieter Schütte als Kommanditisten des die Stadt Köln seither Millionen Steuergelder kostenden Projektes Köln-Arena/Neues Rathaus eingestiegen (siehe NRhZ 01).

Und weil im Dezember 2003 CDU, FDP, SPD und Grüne im Rat auch noch für das Köln-Messe-Geschäft gestimmt haben, das Oppenheim-Esch nach Auffassung der zuständigen EU-Kommission widerrechtlich weitere Millionengewinne bringen soll, versuchen Claus Ludwig, seine LINKS-Fraktion im Stadtrat und die von ihm unterstützte Initiative „Bürgerinnen gegen Oppenheim-Esch“, die Stadt und ihre Bürger durch ständige öffentliche Kritik vor weiteren Millionenverlusten zu retten. Über das Ergebnis dieser Aufklärungsarbeit - einen nun möglicherweise gegen Oppenheim-Esch anstehenden Prozess, den die LINKS-Fraktion schon lange gefordert hatte - musste der Kölner Stadt-Anzeiger seine Leser jetzt informieren. Ludwig selbst aber, dem dies nicht zuletzt zu verdanken ist, wurde nun von Nevens Redakteuren im Gegenzug als offenbar nicht ganz zurechnungsfähig dargestellt.

Claus Ludwig vor der Oppenheim-Esch Bank
Ludwig auf einer Oppenheim-Esch-Demonstration vor der Oppenheim-Bank
Foto: H-D Hey/
Arbeiterfotografie

Erst nachdem sein Fraktionsvorsitzender Jörg Detjen am Sonntag per Pressemitteilung und Ankündigung möglicher gerichtlicher Schritte eine Richtigstellung forderte, lenkte man in den Redaktionen ein. Beim online-Stadt-Anzeiger bereits am Sonntag, beim EXPRESS erst Montagvormittag, wo der ursprüngliche Text noch morgens um 9.34 Uhr online stand. Die „Richtigstellung“ sah hier dann unter dem offenbar falschen Datum 17.6. so aus: „Wirrwarr um Ludwig – Wollte er die Festnahme von Neonazis verhindern?“ Im Text durfte der Ratsherr diese Frage zwar als „Blödsinn“ bezeichnen, doch der Express-Autor hielt dagegen: „Ein Polizeisprecher teilte am Sonntag mit, man bleibe bei der Darstellung, Ludwig habe die Festnahme von Rechtsradikalen verhindern wollen. Gleichwohl wird der Vorgang nochmals geprüft.“

Fragen muss man sich, wenn das korrekt ist, allerdings auch, warum die Kölner Polizei oder deren Präsident Klaus Steffenhagen Oberbürgermeister Fritz Schramma mit einer laut Zeugen offensichtlich falschen Mitteilung über die Gründe zur Verhaftung des linken Ratsmitglieds bedient hat und ob die Polizei das überhaupt darf. Fragen muß man auch, warum der OB dann über seine Pressestelle die Kölner DuMont-Redaktionen damit erfreute. Wollte Schramma seinem Ehrenbürger mit diesem Knüller nur die Auflage steigern helfen, oder wollte er es dem hartnäckigen Oppenheim-Esch-Verfolger Claus Ludwig endlich mal heimzahlen, weil dieser den längst fälligen Prozess in Sachen Messe-Hallen-Vertrag in greifbare Nähe gebracht hat? Die nächsten Tage werden vielleicht Antworten bringen. Auch der Polizeipräsident dürfte ja inzwischen die Ankündigung von Jörg Detjen kennen, man könne gegen seine  Mitteilung „gerichtlich vorgehen“.

Online-Flyer Nr. 100  vom 20.06.2007

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