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Lokales
Internationales Kölner Festival „Sommerblut“ auch im Puff „Pascha“
Frauenvereine protestieren
Von Peter Kleinert

Mann glaubt es kaum: „Kölner CDU ist gegen Kultur-Fest im Puff“ titelte „Schnell, schneller, EXPRESS“ aus dem Verlag M.DuMont Schauberg am 6. April in seiner online-Ausgabe – zwei Tage nach der NRhZ. Gemeint waren – und Karfreitag muss Mann ja endlich ein bisschen Buße tun – das Lieblingsbordell der Redaktion, das Kölner „Pascha“ – für das sie gelegentlich in Artikeln (unbezahlte?) Werbung macht – und das von Regierungspräsident Jürgen Roters (SPD) als „Schirmherr“ und vom WDR mit Sendungen unterstützte „Sommerblut-Festival“.
Fotomontage
Werbung für „Pascha“ im EXPRESS - Der Kardinal greift ein
Fotomontage: Jan Brune und Hady Emami


Wahrscheinlich hätten weder CDU-Fraktion, noch EXPRESS, noch Kölner Stadt-Anzeiger von der erneuten Aufnahme des „Pascha“ in die Kölner Kulturszene Notiz genommen, wenn nicht Sabine Heinrichs-Knab vom Kölner ATELIER THEATER am 2. April unter der Überschrift „Bordell als hippe Kultur-Location?“ einen Offenen Protestbrief an den verantwortlichen Manager von „Sommerblut“ geschrieben hätte. Während die Proteste sich ein halbes Jahr zuvor gegen den Vorstand des Kölner Filmhaus e.V. und dessen Einbindung des "Pascha“ in das Festival-Programm „ShortCuts Cologne 2006“ richteten, muss nun „Sommerblut“-Veranstalter Rolf Emmerich für „Pascha“-Kulturskandal Nummer 2 grade stehen.

Fotomontage
Rolf Emmerich: „Intensiv im Hause recherchiert“
Foto: köln.de


Image- und PR-Arbeit für ein Bordell

Das Festival, so die Leiterin des ATELIER THEATERS, verspreche, „allen Menschen in der Stadt Köln sowie den vielen nationalen und internationalen Besuchern ein alternatives, vielfältiges, unterhaltsames und anspruchsvolles Kulturprogramm zu bieten“. Ihr Vorwurf: „Allen Menschen wollt Ihr etwas bieten? Und dafür wählt Ihr eine Adresse aus, deren Zielgruppe fast ausschließlich heterosexuelle Männer sind? Eine Adresse, die jeden Marketing-Gag nutzt, um neue Kundschaft zu ziehen! Eine Adresse, die nichts mit Kultur, aber viel mit Business und Sexismus zu tun hat! Es geht uns nicht darum, das Pro oder Contra zur Prostitution zu diskutieren. Es geht uns darum, Distanz und Kritikvermögen zu wahren gegenüber einem System, dass immer wieder mit Gewalt und mit Verzweifelung zu tun hat. Denn der größte Teil der Menschen, der sich prostituiert, tut dies nicht freiwillig, sondern aus Armut und oft auch aus Zwang... Unsensibel zu sein gegenüber sexistischen Realitäten, kostenlose Image- und PR-Arbeit für ein Bordell zu leisten und dabei in einem Atemzug die Freien Theater als unterstützende Veranstaltungsorte einzubeziehen: Dagegen verwehren wir uns, und diesen Protest bitten wir, ernsthaft zur Kenntnis zu nehmen!“

„Pascha“: Bisher immer ohne Proteste

Tags drauf konnte man im Kölner Stadt-Anzeiger zwei Halbsätze aus dem Offenen Brief lesen und dann den von Sabine Heinrichs-Knab kritisierten Rolf Emmerich: „Kultur braucht Mut, muss die Finger in die Wunden legen“, habe dieser geantwortet und: Emmerich habe „intensiv im Haus recherchiert und habe dabei nichts gefunden, das gegen eine Zusammenarbeit spreche.“ Nicht im EXPRESS, sondern im Stadt-Anzeiger kam dann auch Erika Thiel, Geschäftsführerin des „Pascha“ zu Wort. Sie habe darauf hingewiesen, „dass ihr Club schon diverse Veranstaltungen, darunter auch Benefizpartys zugunsten der Aids-Hilfe Köln, beherbergt habe – ohne Proteste“. Und, so Stadt-Anzeiger-Redakteur Piegeler: Zwar könne er dem Offenen Brief einerseits „nur beipflichten“, müsse aber „gleichzeitig bedauern, dass die ansonsten frauenbewegten Schreiberinnen nicht so konsequent sind, auf ihre Teilnahme am Festival zu verzichten“.

pascha köln
Im Auftrag der Stadt: Puff-Werbung im Internet
Foto: köln.de/Helmut Löwe


Wenn nicht Schramma der CDU folgt, dann Meisner?

Auf die Idee, statt den Kritikerinnen zum Teilnahmeverzicht zu raten, lieber „Sommerblut“-Schirmherr und Regierungspräsident Roters und Manager Emmerich den Rat zu geben, sich vom geplanten Veranstaltungsort „Pascha“ zu trennen, kommt man in den Zeitungen des Kölner Ehrenbürgers und zum 80sten soeben noch einmal besonders geehrten Geburtstagskindes Alfred Neven DuMont natürlich nicht. Denn erstens lebt dessen Verlag von Anzeigen, auch von denen des profitablen „Pascha“, die manchmal – inklusive der dazu gestellten Fotos – wie redaktionelle Artikel aussehen. Und zweitens wird ja auch auf der „im Auftrag der Stadt Köln“ von NetCologne betriebenen Internetzeitung Koeln.de redaktionell – sogar mit einem Foto – ebenfalls kräftig Werbung fürs „Pascha“ als Ort des „Internationalen Kulturfestivals“ gemacht, obwohl Kölns Oberbürgermeister Schramma heißt und CDU-Mitglied ist.

Hinweise auf die längst über das ATELIER THEATER hinausgehenden Proteste wie von Lobby für Mädchen e.V. (www.maedchenhauskoeln.de), vom Kölner Notruf für vergewaltigte Frauen – Frauen gegen Gewalt e.V. (www.notruf-koeln.de) oder im Kölner Frauenkalender (www.koelner-frauenkalender.de) sucht man sowohl bei der MDS-Presse wie auch bei Schrammas Koeln.de natürlich vergeblich. Vielleicht redet Kardinal Meisner dem Verleger mal ins Gewissen. Bei seinem Geburtstagsglückwunsch stand die aktuelle „Pascha“-Köln-Festvial-Beteiligung ja noch nicht in der Diskussion.


Online-Flyer Nr. 90  vom 11.04.2007

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