NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung - Logo
SUCHE
Suchergebnis anzeigen!
RESSORTS
SERVICE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Aktueller Online-Flyer vom 26. April 2024  

zurück  
Druckversion

Kultur und Wissen
Wie die Kölner Zeitungen mit einer engagierten Kunstausstellung umgehen
Überfluss unterschlagen
Von Jan Henin

Vermutlich werden sie jetzt sagen, Kölns Kulturdezernent Prof. Georg Quander sei daran schuld. Da er die „Überfluss“-Thematik in seiner Eröffnungsrede zur 3. Internationalen Installations-Ausstellung „übermnfluss“ in der Deutzer Brücke nicht erwähnte, brauchten sie es natürlich auch nicht – die Damen und Herren Redakteure der Kölner DuMont-Presse.
Dabei waren hier bis zum 4. April Arbeiten einer jungen Gruppe internationaler KünstlerInnen zu sehen, die sowohl den Brückencharakter (über’m oder über’n Fluss), das abstrakte Naturerlebnis in einer beton'nen Umgebung, als auch das Symptom des konsumgesellschaftlichen Überflusses in origineller und eindringlicher Art behandelten.

kölschkästen
Reklame und Konsum kein Thema, denn: Verlage leben nun mal von Werbung
Foto: NRhZ-Archiv


Vollkommen ignoriert wurde der mehrdeutig angelegte Arbeitstitel des Projekts in einem „Kultur“-Teil-Artikel der Kölnischen Rundschau vom 24.3. Seine Verfasserin Hanna Styrie, ihres Zeichens Kulturredakteurin, machte aus einem eben auch politischen Statement der KünstlerInnengruppe ein  Happy Happening mit Spassfaktor, was die Auswahl des Fotos zum Artikel deutlich unterstrich: „'Kommuniziere mit der Wand“! und das wars... Angeblich soll sich die Redakteurin am Eröffnungstag mehr als zwei Stunden in den Räumen der Brücke aufgehalten haben.

Auf den Köln-Seiten des Sonntags-EXPRESS suchte man den Hinweis auf dieses einzigartige Brückenprojekt vergebens. Die Redakteurin hatte einen Artikel inklusive Foto schon für Samstag in Aussicht gestellt, dann auf Sonntag vertröstet und nun wird wahrscheinlich erst am Montag oder Dienstag, also kurz vor Schluß, ein fünf-Zeilen-Hinweis erschienen sein, der in keinster Weise dem Anspruch der Aktion gerecht würde.

Drei mal ausjespart op kölsche Art und drumerum jekommen sind die städtischen Vertreter und die schreibende Zunft des Neven-Dumont- Verlagshauses um die Behandlung (selbst-)kritischer Thesen, die just dahergelaufene kölner, bergische, düsseldorfer, schottische, englische, dänische, isländische, amerikanische, mexikanische, koreanische, japanische, chinesische, taiwanesische... junge KünstlerInnen wagten, durch ihre Installationsprojekte aufzustellen.

Doch wenigstens die Wirklichkeit griff den „überfluss“-Gedanken auf, nämlich durch eine zufällige Parallelinstallation mit dem möglichen Titel: „Wendemanöver eines überladenen Frachtschiffes mit anschliessender Havarie und Überbordrutschen von mind. 32 Containern“. Während fast einer Woche war Stille auf dem Rhein und unter der Deutzer Brücke, um wannenweise die giftigen Beiz- und Gerbmittel zur Herstellung von feinem Leder fachgerecht zu bergen und der Entsorgung zuzuführen.

Nachtrag des Autors per Mail kurz nach Redaktionsschluß:
heute, einen tag vor ende der aktion in der deutzer brücke erscheint schliesslich ein wenige zeilen umfassender hinweis auf finissage und abschlusskonzert im ÄXPRESS, wobei das foto der früh-kölsch-kästen-installation, die durchaus kritisch gemeint ist, eher ins auge springt als der text. wahrscheinlich haben dumont und früh eine ganze woche gemaggelt, wieviel wer an diesem artikel verdienen könnte. eigentlich müssten ja die ausstellungsmacher bzw. die künstlerInnen dieses geld bekommen. Im artikel wurde wieder lediglich ein brückenhappening gepriesen und nicht die tatsächliche künstlerische auseinandersetzung mit der thematik „überfluss“ aufgegriffen...

Online-Flyer Nr. 89  vom 04.04.2007

Druckversion     



Startseite           nach oben

KÖLNER KLAGEMAUER


Für Frieden und Völkerverständigung
FOTOGALERIE