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Aktueller Online-Flyer vom 19. April 2024  

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Medien
Fragen eines Bürgerfunkers an die CDU-FDP-Landesregierung:
Was haben Ihnen die Verleger versprochen?
Von Don Franco

Anlässlich der Anhörung zur Novellierung des Landesmediengesetzes für NRW, durch das nach dem Willen der Landesregierung die Rundfunkfreiheit für die unabhängigen Radios zerstört werden soll (siehe u.a. NRhZ 83, 86, 87) kam im Plenum des Düsseldorfer Landtags auch der engagierte Kölner Bürgerfunker Don Franco zu Wort. Hier seine Rede an die regierende CDU-FDP-Koalition. Die Redaktion.
Sehr geehrte Damen und Herren
der noch amtierenden Regierungskoalition!

Meine Kollegen haben die sachlichen Argumente noch mal vorgetragen, die gegen diese geplante unsägliche Novellierung des Landesmediengesetzes sprechen. Ich möchte deshalb nun mal über Sie sprechen, meine Damen und Herren Politiker, und versuchen, die dahinter stehenden Motive ihres Handelns in den Vordergrund meiner Analyse zu rücken. Man kann dem Bürgerfunk nicht einerseits „haute cuisine“ versprechen und ihn gleichzeitig auf Nulldiät setzen! Ich behaupte, all die Argumente, die gegen diese Novellierung sprechen, sind Ihnen längst klar, denn ich unterstelle Ihnen, dass es Ihnen von vorneherein nicht um eine Optimierung des Bürgerfunks ging, sondern schlichtweg darum, einseitig die Interessen der Verleger zu bedienen und den Bürgerfunk kaputt zu machen.

Thorsten Schick MdL
Thorsten Schick - CDU-MdL und Radio Märkischer Kreis
Foto: NRhZ-Archiv


MdL Schick wird von den Nutznießern bezahlt

In Kölle säht mo dozo och Klüngelswetschaff! Da sitzt z.B. ein Herr Thorsten Schick von der CDU in der Novellierungskommission, obwohl er gleichzeitig für den Lokalfunk im Märkischen Kreis arbeitet, also sozusagen von den potentiellen Nutznießern der geplanten Novellierung bezahlt. Gleichzeitig tritt hier sein Chefredakteur beim „Radio Märkischen Kreis“ Andreas Heine in der Anhörung auch noch als Sprecher des „Vereins der Chefredakteure“ auf, dem ein paar sehr wichtige Redakteure erst gar nicht angehören.  Das ist ein Skandal, der unter normalen Umständen die Headlines der Boulevardpresse schmücken würde. Darauf angesprochen, zuckt der Mensch jedoch nur mit den Schultern und bagatellisiert diese Tätigkeit, da er noch nicht erkannt hat, dass dies für ihn auch noch ein juristisches Nachspiel haben könnte. Wir Bürger mussten ja stellvertretend für ihn diesen Interessenkonflikt schon beim Landtagspräsidenten anzeigen. Des  Weiteren haben Sie, meine Damen und Herren, die Volpers-Studie völlig aus dem Zusammenhang gerissen dazu benutzt, im Zusammenspiel mit den Verlagen gegen den Bürgerfunk eine öffentliche Diffamierungskampagne anzuleiern. Die hatte nur leider landesweit eindeutig denselben Wortlaut, was ich gemäß der unterschiedlichen Regionen und Werkstätten eine Manipulation von Öffentlichkeit und eine Verzerrung meinungsbildender Prozesse nenne.

Andreas Heine
Andreas Heine – Chefredakteur von Thorsten Schick
Foto: NRhZ-Archiv


Als Gegenleistung Beraterverträge?

Ich frage mich: Was hat man Ihnen von Seiten der Verlage dafür versprochen, oder anders gefragt, was erwarten Sie als Gegenleistung dafür, etwa Beraterverträge nach ihrer Abwahl oder eine positive Presse, selbst dann, wenn sie grundgesetzwidrige Gesetze erlassen und überall Formen von demokratischer Mitbestimmung abbauen?

Was für eine Milchmädchenrechung! Verleger und Journalisten sind doch keine Parteisoldaten, die sich gemäß ihrer Rolle als 4. Gewalt im Staat auf Dauer vereinnahmen lassen. Da können Sie sich als Landeregierung den Medien als verlässlicher Partner öffentlich so oft anbiedern, wie sie wollen - den Schaden, den Sie sich selbst damit zufügen, haben Sie offenbar bis heute noch nicht erkannt.

Auch in Köln wollte man die Gunst des Medienzaren kaufen

Auch in Köln gab es mal kurz eine CDU/FDP- Regierung, die glaubte z.B., dass man mit der Ernennung des lokalen Medienzaren zum Ehrenbürger sich seine Gunst erkaufen könnte. Ich muss Sie aber enttäuschen, werte Landesregierung. Die Parteien, die das versuchten, sitzen mangels überzeugender Politik und Klüngelwirtschaft in Köln heute wieder in der Opposition und sind froh, wenn sie über den lokalen Bürgerfunk zuweilen öffentlich noch mal was Geistreiches vermelden können.

Wahrheit ist doch in unserer Mediokratie, dass bisher nur der Bürgerfunk in diesem kommerziellen Pudding immer wieder für eine unabhängige Gegenöffentlichkeit im lokalen Umfeld gesorgt hat. Und ironischerweise haben ausgerechnet die Katholiken bereits angekündigt, im Falle dieser von Ihnen geplanten Gesetzesnovellierung ihre Radiowerkstätten direkt zu schließen - womit dann der CDU landesweit ein wichtiges Medium verloren ginge, das dieser selbst dann noch nahe stand, wenn Ihre Politik ansonsten nirgendwo mehr auf positive Resonanz stieß.

Wenn Sie sich für ihr Vorhaben auf die repräsentative Demokratie berufen, anstatt Basisdemokratie und politische Partizipation zu fördern, hatten wir jedenfalls auf unserer  Protestveranstaltung in Köln am 17. März die repräsentative Mehrheit gegen Sie bei uns auf der Bühne stehen.

Demontage unserer lebendigen Demokratie

Machen sie also ihre Hausaufgaben, und lernen und begreifen Sie, dass die kommerziellen Medien zwangsläufig ein Teil der globalisierten Industrie sind, von der sie sich als Politiker zuweilen zu politischen Schnellschüssen erpressen lassen. Anstatt aber den Wert eines von Quoten und Werbung unabhängigen Mediums wie den Bürgerfunk zu schätzen und es als Ideal vor den eigenen Karren zu spannen, betreiben Sie mit Ihrer Politik die Demontage unserer lebendigen Demokratie und tragen langfristig zur weiteren Entmachtung der Politik zu Gunsten einer Konzerndiktatur bei. Schon jetzt konkurrieren wir uns doch auf dem freien Markt gegenseitig zu Tode und produzieren an den eigentlichen Bedürfnissen der Menschen vorbei, weil die Politik als marktwirtschaftliches Regulativ versagt.

Ich sage Ihnen: Bei der von Ihnen geplanten Novellierung des Bürgerfunks ist etwas faul, und die Bürger werden - angesichts eines derart unsachlichen Vorschlags, der nicht der Allgemeinheit dient - jedenfalls ihr Medium nicht kampflos aufgeben. Das kostet Sie jetzt schon verdammt viel Sympathie in der Bürgerschaft.

Bürger und Bundesverfassungsgericht werden Sie stoppen

Lenken Sie also ein, bevor wir als nächsten Schritt mit den Bürgern, Vereinen, Kirchen, Gewerkschaften, Oppositionsparteien, sogar mit CDU-nahen Verbänden, Juristen und Kulturschaffenden den Widerstand weiter verschärfen und hier vor den Toren des Landtages auftauchen. Das werden dann nicht einmal die Medien ignorieren können, für die Sie das Gesetz auf diese Weise ändern wollen. Und eines müsste Ihnen eigentlich auch klar sein: Wenn Sie das nicht lassen, werden Sie spätestens vom Bundesverfassungsgericht  endgültig gestoppt werden.

Über viele Wochen sind die Hörer bereits über Ihr Vorhaben informiert worden. Wir Bürgerfunker müssten Ihnen für diese kostenlosen Werbewochen inzwischen ja schon regelrecht dankbar sein.

Kloppen Sie diesen Plan in die Tonne!

Ich fordere Sie also auf: kloppen Sie diesen Plan einfach in die Tonne, wo er hingehört, weil er zudem auch noch handwerklich so schlecht gemacht ist, dass die Landesanstalt für Medien und hinter vorgehaltener Hand selbst Lokalsender und einige Verleger mangels Umsetzbarkeit nur noch mit dem Kopf schütteln. Das heißt: Auch einige ihrer Handvoll Claqueure haben inzwischen Bauchschmerzen und bemängeln den handwerklichen Dilettantismus, weil das so gar nicht umsetzbar ist.

Und das sollte sich insbesondere die FDP hinter die Ohren schreiben: noch bevor die Namen der Verlage in den Fokus unseres öffentlichen Widerstands rücken, die da bei Ihnen als Lobbyisten im Gebüsch stecken, während einige Verleger nur mit dem Kopf schütteln.

Sorgen Sie für einen gangbaren Kompromiß!

Ich fordere die Landesregierung auf, sorgen Sie für einen gangbaren Kompromiss mit den Bürgerfunkern. Die konkreten Wünsche, Hoffnungen und Forderungen des IGR liegen hier schriftlich vor.

Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit
ich grüße Sie im Namen der Bürger, ihrer Kinder
und auch im Namen aller Inder.

Wer die Rede im Original hören will, kann sie unter diesem LINK bei Radio Flok downloden:
www.flok.de.../24-Clemens.mp3

Anmerkung von Don Franco zum Link :
Die Qualität der Redneranlage im Plenarsaal des Landtages NRW ist so grottenschlecht, das es niemanden wundern darf, wenn diese Politk keiner mehr versteht, denn die verstehen sich ja selbst untereinander kaum noch. Zwischenruf eines Bürgerfunkers dazu vor Ort: "Bei uns in den Bürgerfunkstudios haben wir aber einen besseren Sound, werte Poltiker"
 
 



Don Franco
Bürgerfunker Don Franco, Foto: NRhZ-Archiv

Don Franco von Radio Flok macht das Bürgerfunk Magazin „Vorsicht Kölsch“ immer samstags zwischen 19.04 und 20.00 Uhr über RADIO KÖLN 107,1
Zur Anhörung im Landtag schreibt Rainer Stach einige Anmerkungen in dieser NRhZ-Ausgabe.


Online-Flyer Nr. 89  vom 04.04.2007

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