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Lokales
Erfolgsgeschichte der Kölner Oppenheim-Bank
Geheime Parteispenden heute Arisierungen in der Nazizeit
Von Werner Rügemer - Teil III

Alfred Freiherr von Oppenheim und seinen fleißigen Mitarbeitern ist nach dem Bekanntwerden des Köln-Arena-Deals offenbar klar geworden, dass die Chancen der Partei ihres neuen Geschäftsführers in der Oppenheim-Esch-Holding, Lothar Ruschmeier (SPD), bei den folgenden Kommunalwahlen nicht mehr so gut waren. Hinzu kam, dass Klaus Heugel, Ruschmeiers Nachfolger als Oberstadtdirektor und OB-Kandidat der SPD, bei einem dummen Insider-Geschäft von der "Kölner Woche" erwischt worden war. Eine der zahlreichen Oppenheim-Banktöchter, diesmal die Neptuno Verwaltungs- und Treuhandgesellschaft, spendete deshalb im Vorfeld der folgenden Wahlen der CDU 200.000 Mark, sehr diskret natürlich.

Die Kalkulation ging auf und die neue christdemokratische Mehrheit im Kölner Stadtrat verschaffte der Bank einen Auftrag: Sie durfte das Gutachten für den Verkauf der 42.000 städtischen GAG-Wohnungen erstellen. Damit folgte die CDU einem Vorschlag Oppenheims, der beim Neujahrsempfang der Industrie- und Handelskammer zur Sanierung des städtischen Haushalts den Verkauf städtischen Eigentums dringend angemahnt hatte.

In ihrem gut honorierten Privatisierungs-Gutachten empfahl die Bank dem Stadtrat, im Kaufangebot an die Investoren die Stellung der Mieter möglichst schwach zu gestalten. Begründung: "Sozialklauseln bringen für den Erwerber grundsätzlich Beschränkungen der Vermarktungsmöglichkeiten mit sich". Den Ratsmitgliedern schrieben die Bank-Mitarbeiter folgende Mahnung in die Beschlussvorlage: "Sehr negativ auf den Kaufpreis wirkt sich auch der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen aus". In die Sprache gewöhnlicher Sterblicher oder Mieter übersetzt heißt das: Der Verkaufspreis steigt noch einmal, je mehr Beschäftigte der städtischen Wohnungsbaugesellschaft der Investor entlassen kann. Nach diesem Kölner Muster betätigt sich die Bank mittlerweile auch in Berlin, Münster, Bonn und Hanau.

CDU-Schlagbaumspringer Leisler Kiep

Bespendet hat in der längsten Zeit, in der Oppenheim die Bank leitete, diese vor allem die so genannte christliche Partei, worüber wir eigentlich nichts wüssten, wenn es nicht Zeugen gäbe. Zum Beispiel den in Teil II schon erwähnten Walther Leisler Kiep. Der galt in der Bundesrepublik lange Zeit als der unkonventionellste Politiker. Er war ein Liebling des gebildeten bürgerlichen Publikums. Sein Foto, auf dem er im Nadelstreifenanzug mit einem schwarzen Lederkoffer fröhlich über einen Schlagbaum springt, wurde in der "ZEIT" wie im "Kölner Stadt-Anzeiger" häufig abgebildet, ebenso natürlich in der ersten und zweiten Lieblingszeitung des Verstorbenen, in "Welt am Sonntag" und "Welt".

Der Schlagbaumspringer war zwei Jahrzehnte lang Schatzmeister der Bundes-CDU unter dem Vorsitzenden Helmut Kohl. Und er war, wie wir in Teil II berichteten, einer der von der Bank vermögensbetreuten Kunden und einer der 77 fleißigen Inhaber der KölnArena und des neuen Kölner Rathauses - neben Alfred Neven DuMont und dem Boxer Henry Maske.

1999 veröffentlichte er seine Lebenserinnerungen: "Was bleibt ist große Zuversicht. Ein politisches Tagebuch". Auf der Titelseite prangt das unvermeidliche Foto, auf dem er im Nadelstreifenanzug und mit schwarzem Geldkoffer mutig einen Schlagbaum überspringt. Als CDU-Schatzmeister, so berichtet er, hatte er die Aufgabe, Gelder für christliche Politik zu beschaffen und rekapituliert zugleich die Geschichte der Parteienfinanzierung in der Bundesrepublik: Mithilfe eines Netzes aus Briefkastenfirmen in Liechtenstein und in der Schweiz hätten seit den 50er Jahren große deutsche Unternehmen den staatstragenden Parteien viel Geld "diskret, geheimer noch als geheim" zur Verfügung gestellt. Bis in die 70er Jahre etwa 220 Millionen Mark.

Kiep schreibt, wie die Oppenheim-Bank diesen Geheim-Mechanismus mitgestaltet hat. Zusammen mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie, BDI, gründeten 1954 zwei Oppenheim-Teilhaber die sagenhafte Mutter aller späteren Spendenwaschanlagen, die "Staatsbürgerliche Vereinigung Köln e.V." Einer ihrer Mitgründer und Bank-Teilhaber war Graf Strasoldo. Der zweite war Robert Pferdmenges, seit 1931 Teilhaber der Oppenheim-Bank und nach dem Ende des Nationalsozialismus auch der Finanzberater des CDU-Vorsitzenden und Bundeskanzlers Konrad Adenauer.

Adenauer-Berater Robert Pferdmenges

Pferdmenges Beratung sah so aus, dass die als Staatsbürger verkleideten Unternehmen ihre Millionen an die als gemeinnützig dargestellte "Staatsbürgerliche Vereinigung" zahlten. Diese stellte Spendenquittungen aus, mit denen die Unternehmen ihre Steuern verkürzen konnten, weil sie die Spenden als Betriebsausgaben deklarierten. Um das diskret hinzutricksen, wurden die von Walther Leisler Kiep genannten Briefkastenfirmen in Liechtenstein und der Schweiz gegründet. Zahlreiche Spenden liefen über das Bankhaus Oppenheim.

Kiep, der die Bank seit den 50er Jahren kennt, berichtet unter dem 14. Juli 1980 über eine Fahrt von der damaligen Bundeshauptstadt Bonn nach Köln: "Fahrt nach Köln bei herrlichem Wetter zur Bank Oppenheim, Harald Kühnen. Thema: Parteifinanzen". Harald Kühnen war damals gemeinsam mit Oppenheim persönlich haftender Gesellschafter der Bank und bis zu seinem Tode 2002 Ehrenvorsitzender. Die Fahrt war erfolgreich. Einige Zeit später überbrachte die Bank dem damaligen CDU-Vorsitzenden Helmut Kohl 1,3 Millionen Deutsche Mark, die in keinem Rechenschaftsbericht auftauchen.

1,3 Millionen an Helmut Kohl

Sie tauchten aber an anderer Stelle auf. Jedenfalls gab es bei dieser Übergabe einen beteiligten Dritten. Dieser notierte zeitnah: "17. Dezember 1980: Dr. Lüthje teilt dem K. mit, dass er von einer männlichen Person namens von Oppenheim 1,3 erhalten hat." Der Geheimdienst eines damaligen anderen Staates hatte nämlich das Autotelefon der CDU-Bundesgeschäftsstelle mitgehört. Der telefonierende Dr. Lüthje, der die 1,3 in Empfang genommen hat, war damals Assistent von Leisler Kiep. Der erwähnte Dr. K. war der CDU-Vorsitzende Dr. Helmut Kohl, der die sozialdemokratisch geführte Bundesregierung ablösen wollte und sollte. Und als "männliche Person namens von Oppenheim" kommt nur der Verstorbene infrage. Er dürfte in der Bank derjenige gewesen sein, der eine so große Summe Schwarzgeldes zu handhaben berechtigt war.

Zeuge Kiep berichtet, dass er im Jahre 1980 auch bei anderen von der Bank Oppenheim schon damals vermögensbetreuten Kunden in Sachen geheimer Parteispenden unterwegs war. Nach einem "Herrenessen alter Art" bei der Familie Werhahn in Neuss habe diese 100.000 Mark in bar übergeben. Otto Wolff von Amerongen habe man aufgesucht, ebenfalls Alfred Neven DuMont. Im "Goldenen Pflug" in Köln-Mehrheim habe er, Kiep, der bei der Veröffentlichung seines Berichts schon Mitinhaber des neuen Kölner Rathauses war, mit den Schwarze-Kasse-Verwaltern Lüthje und Weyrauch gespeist, bevor man gestärkt erneut Harald Kühnen bei der Bank Oppenheim aufsuchte.

Gegen die Wehrmachtsausstellung

Vor einigen Jahren hatte der Kölner Stadtrat beschlossen, die Ausstellung zu den Verbrechen der deutschen Wehrmacht im Stadtmuseum zu zeigen. Oppenheim wandte sich gegen diese Ausstellung: "Angebliche Tatsachen" würden da gezeigt. Die heutige Bundeswehr werde "diskreditiert", was auch dadurch deutlich werde, dass im Beiprogramm "antimilitaristische und pazifistische Vereinigungen" zu Wort kämen. Die Schuld für die wenigen Verbrechen der Wehrmacht, die er schließlich doch nicht leugnen konnte, schrieb er der Gegenseite zu, nämlich der "extrem grausamen Kampfführung der Roten Armee". Die Rote Armee habe "von vornherein einen Boden geschaffen, auf dem die schlimme Saat auch bei der Wehrmacht zumindest teilweise zwangsläufig aufgehen musste."

Der vom Verstorbenen vermögensbetreute Verleger stellte seinen "Stadt-Anzeiger" für diese Wehrmachts-Entschuldigung zur Verfügung. Nach der Ausstellung, die er nicht hatte verhindern können, durfte Oppenheim sich in derselben Zeitung weiter auslassen: "Soll man sich schämen", so schrieb er, "dass die Kölner Verantwortlichen in einem friedlichen, rechtlichen Umfeld, abgesichert durch den Beamtenstatus, nicht die Zivilcourage aufbrachten, die sie so vollmundig von den Verantwortlichen vor mehr als 50 Jahren in einer Zeit der brutalen Repression einfordern?"

Sein historisches Denken stellte Oppenheim auch durch eine Ausstellung unter Beweis, die kürzlich in Köln gezeigt wurde. Sie galt dem Familienmitglied Max von Oppenheim, der sich seit Ende des 19. Jahrhunderts im Vorderen Orient als Archäologe betätigte - und als Geheimdienstler im Auswärtigen Amt des Wilhelminischen Reiches. Er erkundete die Stimmung in arabischen Stämmen und sollte sie zum Djihad aufreizen, zum Heiligen Krieg gegen den Erzfeind des Deutschen Reiches, England. Eine Kritik an dieser Ausstellung äußerte Oppenheim natürlich nicht, sondern förderte sie über seine Stiftung.

Gegen das Holocaust-Denkmal

"Unpassend" und einen "Ort der Unruhe und Provokation" nannte er dagegen das Holocaust-Denkmal in Berlin, betonte aber gleichzeitig die jüdische Herkunft seines Bankhauses. In Köln hatte er vor einigen Jahren bekannt gegeben, dass sein Vater in der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem als "Gerechter unter den Völkern" geehrt worden sei, weil er jüdische Menschen vor dem Holocaust gerettet habe. Die Erklärung für diesen Widerspruch liegt in der Geschichte der Bank selbst, in dem Teil, den der Historiker des Hauses, Professor Michael Stürmer, zum 200jährigen Jubiläum der Bank, offenbar auftragsgemäß unterschlagen hat.

In hohen Ehren hielt Oppenheim schon immer den oben genannten ehemaligen Bankteilhaber Robert Pferdmenges. Der war ein erfolgreicher Bankier, evangelischer Christ und ein Bewunderer Adolf Hitlers, noch bevor dieser deutscher Reichskanzler wurde. Auch heute ist an der Eingangspforte des evangelischen Gemeindehauses von Köln-Marienburg das Relief Hitlers zu sehen. Neben ihm prangen Reichsadler und Hakenkreuz. Ein Kernsatz Hitlers ist im Portal eingemeißelt.

Denn Pferdmenges war Kirchmeister in der evangelischen Gemeinde von Marienburg. Zu der gehörten auch die Oppenheims. Pferdmenges, der ebenfalls hier wohnte und damals auch Teilhaber der Bank war, sorgte dafür, dass die Symbole des neuen Reiches am Gemeindehaus verewigt wurden. Nach seiner Begrüßungsrede am 22. Oktober 1933 leitete Pferdmenges über zum "Kampfchor der Deutschen Christen" und zum Sprechchor des Jungvolks. Nach 1945 wurden die Symbole nur oberflächlich abgekratzt. Sie sind deutlich zu erkennen. Hitlers Kernsatz blieb unversehrt, bis heute.

Für die Nazis "kriegswichtig"

1931 war Pferdmenges Teilhaber der Oppenheim-Bank geworden. 1938 wurde sie in Bank Pferdmenges umbenannt, doch die beiden bisherigen Oppenheim-Teilhaber blieben auch weiter offizielle Teilhaber. Die Bank wurde vom NS-Regime als "kriegswichtig" eingestuft. Die Oppenheims und Pferdmenges behielten Dutzende von Aufsichtsratsmandaten in deutschen Unternehmen, darunter auch im Flick-Konzern, wo Kriegsgefangene und Häftlinge, auch jüdische, zur Sklavenarbeit gezwungen wurden. Deshalb führte Pferdmenges, der auch nach 1945 Bankteilhaber blieb, als Treuhänder die Geschäfte von Friedrich Flick, als dieser vom Nürnberger Militärtribunal wegen seiner Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt wurde und eine Gefängnisstrafe absaß.

Die Bank der Oppenheims und des Pferdmenges beteiligte sich auch an Arisierungen, zum Beispiel beim jüdischen Warenhausunternehmen Wertheim. Federführend bei dieser Arisierung 1937 war ein Georg von Stauß, Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Bank, gleichzeitig Vizepräsident des Deutschen Reichstages. Ein gewisser Karl Haus wurde stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender und Miteigentümer von Wertheim. Karl Haus war damals für die Bank Oppenheim im Vorstand ihrer Colonia-Versicherung. Am 6. April 1945, als das Deutsche Reich schon in Trümmern lag, leitete Haus in Berlin die letzte Aufsichtsratssitzung des arisierten Warenhauses, um die Aktien rechtlich so zu verändern, dass sie vor einer möglichen Enteignung sicher wären. Nach 1945 stieg Haus in der Bank Oppenheim zum Teilhaber und zum Aufsichtsratsvorsitzenden der Colonia auf. Und Alfred Freiherrn von Oppenheims Privatvermögen betrug bei seinem Tod im Jahr 2005 - möglicherweise unterschätzt - knapp drei Milliarden Euro.

Online-Flyer Nr. 05  vom 29.08.2005

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