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Aktueller Online-Flyer vom 29. April 2024  

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Kultur und Wissen
Aufklärung ist dann erfolgreich, wenn das Bewusstsein des Menschen verändert werden kann
Menschen handeln morgen so wie sie heute denken
Von Rudolf Hänsel

In einer Zeit, in der die Menschheit bedroht wird, durch den Einsatz von Atombomben vernichtet zu werden, sind wir mehr denn je auf unabhängige und mutige Intellektuelle angewiesen, die die Menschen aufklären, sie lehren, was Wahrheit und was Lüge ist. Diese Aufklärung kann jedoch nur dann erfolgreich sein oder wirksam werden, wenn sie das Bewusstsein, das heißt, die Einstellungen des Menschen erreicht und seine Gefühle anspricht. Ansonsten bleibt sie als reine Information nur an der Oberfläche. Einige wenige Beispiele sollen das verdeutlichen. Ein Problem ist, dass den Menschen die individuellen und kollektiven Vorurteile nicht bewusst sind und sie deshalb auch nicht zur Verantwortung gezogen werden können. Um in die Lage zu kommen, diese Vorurteile aufzugeben, müssen sie durch eine Psychotherapie bewusst gemacht werden. Das ist jederzeit möglich.

Reinigung von individuellen und kollektiven Vorurteilen


Als Psychologe bin ich der Auffassung meines Lehrers Friedrich Liebling, der sich bereits vor einem halben Jahrhundert zum Problem der Aufklärung äußerte: „Die Politik wir in den Köpfen und Herzen der Menschen vorbereitet; die Menschen handeln morgen so, wie sie heute denken, darum ist die Aufklärung ein Anliegen, dessen Wichtigkeit nicht überschätzt werden kann. Der Sinn der aufklärerischen Bemühungen ist die Reinigung des menschlichen Bewusstseins von individuellen und kollektiven Vorurteilen. Die Zukunft unserer Kultur wird wesentlich davon abhängen, ob es genügend ‚Aufklärer‘ geben wird, die imstande sein werden, den bereiten Volksmassen jene Vorurteile zu nehmen, die der ideologische Hintergrund der Menschheitskatastrophen sind.“ (1)

Individuelle Vorurteile

Ein vielfach anzutreffendes Vorurteil ist zum Beispiel, dass mit den Menschen „nicht gut Kirschen essen ist“. Das soll heißen, dass der Mensch nicht gut oder sozial ist und man deshalb Angst vor ihm haben müsse. Doch diese Einstellung hat – wie viele andere Vorurteile auch – seinen Ursprung in der Kindheit. So kann eine gewalttätige Erziehung der Eltern und Lehrer dazu führen, dass sich beim Kind diese negative Auffassung vom Mitmenschen langsam entwickelt. Sie wird in der Regel bis ins Erwachsenenalter „mitgeschleppt“ und der Mensch handelt dann danach.

In Tat und Wahrheit – das zeigen die Forschungsergebnisse der Psychologie – ist der Mensch von Natur aus ein soziales, friedfertiges und vernunftbegabtes Lebewesen, dass sich gerne mit den Mitmenschen zusammenschließt. Seine Begabung ist nicht angeboren, sondern wird in der Kindheit erworben und kann deshalb zu jeder Zeit gefördert werden. Oft sind individuelle Vorurteile auch kollektive Vorurteile.

Kollektive Vorurteile

Kollektive Vorurteile, die in einer Gesellschaft mehrheitlich anzutreffen sind und zu den Menschheitskatastrophen führen, sind aus der Zeit der Kolonialisierung, aus den beiden Weltkriegen und ebenso aus den gegenwärtigen Kriegen in der Ukraine und dem Mittleren Osten hinlänglich bekannt und müssen deshalb im Einzelnen nicht aufgezählt werden. Sie werden von der politischen „Elite“ stets als „bewährtes“ Mittel angesehen und benutzt, Kriege gegen ein anderes Volk anzuzetteln.

Bewusstmachung durch Psychotherapie


Wie bereits erwähnt, ist es ein Problem, dass den Menschen die Vorurteile nicht bewusst sind und sie deshalb für deren verheerende Konsequenzen nicht verantwortlich gemacht werden können. Eine Ausnahme bilden Handlungen von skrupellosen mächtigen „Weltenlenkern“, denen die Vorurteile sehr wohl bewusst sind und die sie gegenüber dem Volk „gewinnbringend“ einsetzen.
 
Damit eine aufklärende Information nicht an der Oberfläche des menschlichen Bewusstseins ein Schattendasein fristet, ist es notwendig, dass sowohl die individuellen als auch die kollektiven Vorurteile in einer Psychotherapie bewusst gemacht werden.

Erst wenn das seelische Empfinden, das Gefühlsleben des Menschen angesprochen werden kann, wird er seine Vorurteile, die ihm im Vertrauensverhältnis zum Psychotherapeuten zu Bewusstsein gebracht wurden, in Frage stellen und aufgeben können. Dadurch wird er seiner Natur entsprechend beginnen, menschlich zu fühlen, zu denken – und zu handeln (2).


Literatur:

(1) Hänsel, Rudolf (2023). Sich die Ergebnisse der psychologischen Forschung zu eigen machen! Erkenntnisse aus der Begegnung mit dem Psychologen Friedrich Liebling und seiner freiheitlichen Psychotherapie. Gornji Milanovac
(2) A. a. O.



English version:
Enlightenment is successful when people's consciousness can be changed
People will act tomorrow the way they think today

By Dr. Rudolf Hänsel

At a time when humanity is threatened with annihilation through the use of nuclear bombs, we are more dependent than ever on independent and courageous intellectuals to enlighten people, to teach them what is truth and what is a lie. However, this enlightenment can only be successful or effective if it reaches people's consciousness, i.e. their attitudes and appeals to their emotions. Otherwise, as pure information, it only remains on the surface. A few examples will illustrate this. One problem is that people are not aware of individual and collective prejudices and therefore cannot be held accountable. In order to be able to give up these prejudices, they must be made conscious through psychotherapy. This is possible at any time.

Cleansing individual and collective prejudices

As a psychologist, I agree with my teacher Friedrich Liebling, who commented on the problem of enlightenment half a century ago: "Politics is prepared in people's minds and hearts; people will act tomorrow as they think today, which is why enlightenment is a concern whose importance cannot be overestimated. The purpose of Enlightenment endeavours is to purify human consciousness of individual and collective prejudices. The future of our culture will essentially depend on whether there will be enough 'enlighteners' who will be able to remove from the prepared masses those prejudices that are the ideological background of humanity's catastrophes." (1)

Individual prejudices

One common prejudice, for example, is that people are "not good to deal with". This means that people are not good or social and that we should therefore be afraid of them. However, this attitude - like many other prejudices - has its origins in childhood. A violent upbringing by parents and teachers can lead to a child slowly developing this negative view of other people. It is usually "dragged along" into adulthood and the person then acts accordingly.

In reality - as the results of psychological research show - humans are by nature social, peaceful and rational creatures who like to socialise with others. This talent is not innate, but is acquired in childhood and can therefore be encouraged at any time. Individual prejudices are often also collective prejudices.

Collective prejudices


Collective prejudices, which are found in the majority of a society and lead to human catastrophes, are well known from the time of colonisation, from the two world wars and also from the current wars in Ukraine and the Middle East and therefore do not need to be listed in detail. They are always seen and used by the political "elite" as a "tried and tested" means of instigating wars against another people.

Raising awareness through psychotherapy

As already mentioned, it is a problem that people are not aware of their prejudices and therefore cannot be held responsible for their devastating consequences. One exception is the actions of unscrupulous, powerful "world leaders", who are well aware of the prejudices and use them "profitably" against the people.
 
To ensure that enlightening information does not live a shadowy existence on the surface of human consciousness, it is necessary that both individual and collective prejudices are made conscious in psychotherapy.

Only when a person's emotional life can be addressed will they be able to question and abandon the prejudices they have been made aware of in their relationship of trust with the psychotherapist. As a result, he will begin to feel, think - and act - in accordance with his nature (2).


Literature:


(1) Hänsel, Rudolf (2023). Making the results of psychological research your own! Insights from an encounter with the psychologist Friedrich Liebling and his liberal psychotherapy. Gornji Milanovac
(2) A. a. O.



Dr. Rudolf Lothar Hänsel ist Schul-Rektor, Erziehungswissenschaftler und Diplom-Psychologe. Nach seinen Universitätsstudien wurde er wissenschaftlicher Lehrer in der Erwachsenenbildung. Als Pensionär arbeitete er als Psychotherapeut in eigener Praxis. In seinen Büchern und Fachartikeln fordert er eine bewusste ethisch-moralische Werteerziehung sowie eine Erziehung zu Gemeinsinn und Frieden.

Dr Rudolf Lothar Hänsel is a school rector, educationalist and qualified psychologist. After his university studies, he became an academic teacher in adult education. As a pensioner, he worked as a psychotherapist in his own practice. In his books and specialist articles, he calls for a conscious ethical and moral education of values as well as an education for public spirit and peace.



Online-Flyer Nr. 822  vom 01.12.2023

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