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Aktueller Online-Flyer vom 19. April 2024  

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Inland
Für Carl von Ossietzky, Julian Assange und Michael Ballweg
Frieden, Freiheit, Demokratie: Eine Fantasie von vorgestern?
Von Irene Eckert

„Die Krise des Jahres 1923 hatte den deutschen Volkskörper bis ins Mark erschüttert.“ Das lesen wir so beim österreichischen Publizisten Bruno Frei in seiner 1978 erschienen Ossietzky-Biografie – verfasst zum 40sten Todesjahr seines Kollegen. Für uns Heutige liegen zu Beginn des Jahres 2023 immerhin drei Jahre Freiheitsberaubung und massiver Demokratieverlust hinter uns. Auch für den Krieg wird längst wieder unablässig getrommelt. Alle Reserven werden für diesen unrühmlichen Zweck locker gemacht, und 24 Stunden täglich wird Hass versprüht gegen ein europäisches Nachbarland, dem wir viel zu verdanken haben.

Pazifismus und Antimilitarismus nur für Friedenszeiten?

Das freie antimilitaristische Wort Carl von Ossietzkys ist – über 100 lange Jahre kriegerischer Zeiten hinweg – scheinbar echolos verhallt. Wer von den Jungen kennt wohl heute noch das einst renommierte linksbürgerliche Wochenblatt „Die Weltbühne“, deren Chefredakteur Ossietzky einst war? Der ihm verspätet zugeteilte Nobelpreis von 1936 nutzte dem zuletzt am 28.02.1933 inhaftierten, verleumdeten und schwer gequälten Weimarer Journalisten und Friedenspatrioten nichts mehr. Das Preisgeld unterschlugen die Nazis. Ihr misshandeltes Opfer verschied bald nach der Scheinfreilassung sang- und klanglos unter den stets argwöhnischen Augen seiner Gestapo-Bewacher. Der Meisterjournalist der Weimarer Jahre hatte sich in der KZ-Haft eine offene Tuberkulose zugezogen, die unter den verordneten Bedingungen nicht mehr auszukurieren war.

Eine auf dem linken Auge blinde Justiz nur in Weimar?

Es waren allerdings Weimarer Richter, die den eloquenten Verfechter des freien Wortes vorverurteilt hatten. Wegen vorgeblichem Landesverrat und „Beleidigung der Reichswehr“ musste der Whistleblower von damals schon zu Republikzeiten „sitzen“. Dabei hatte er sich nur kämpferisch vor seine Autoren gestellt, die sich ihrerseits rechtzeitig ins Ausland abgesetzt hatten. Der bekannteste unter ihnen, Kurt Tucholsky hatte in der „Weltbühne“ das Wort gewagt: „Soldaten sind Mörder“. Ein Walter Kreiser hatte am selben Ort „Windiges aus der Deutschen Luftfahrt“ zu verzeichnen gehabt und die illegale Aufrüstung der Reichswehr einem breiteren Publikum offenbart. „Der Kampf gegen die Seuche des Militarismus war allerdings für Ossietzky die patriotischste aller Aufgaben“, so Frei. Darin war er sich mit Tucholsky, seinem Mitherausgeber durchaus einig. Beide hatten die Realität des Völkermordens als Soldaten im Ersten Weltkrieg anschaulich miterlebt. Der ehemalige Kriegsteilnehmer Ossietzky war der aus Frankreich herüberschwappenden Antikriegsbewegung des Henri Barbusse „Guerre a la Guerre“ – „Krieg dem Kriege“ – gefolgt und setzte sich seit 1919 schon für die deutsch-französische Aussöhnung ein. Das Jahr 1921 sah ihn mit an der Spitze des Aktionsausschuss „Nie wieder Krieg!“. Das temporäre Friedensbündnis hat es verstanden, im Berliner Lustgarten große Menschenmassen zu mobilisieren. Der Federfuchs Ossietzky gehörte zu jenen wenigen unter den Pazifisten, die „schärfsten Protest gegen die Weltblockade Sowjetrusslands einlegten“. Auf seinem Weg vom Pazifisten zum Antimilitaristen forderte der spätere Weltbühnenherausgeber mit Nachdruck: „Der Pazifismus muss politisch werden!“

Während der 1889 in Hamburg geborene Journalist Carl von Ossietzky, trotz seines Adelstitels übrigens ein Kind sehr kleiner Verhältnisse, noch mit den Füßen im 19. Jahrhundert wurzelt, liegen zwischen ihm und seinem Kollegen im Geiste, Julian Assange fast 100 Jahre, scheinbar eine ganze Epoche.

Sein nachgeborener Kollege Assange kommt 1971 in Queensland in „Down Under“ zur Welt. Er beherrscht die Mathematik und die Computersprache. Eines Tages bekommt er „Windiges über US-amerikanische Kriegsverbrechen“ zugespielt. Wie sein europäischer Vorgänger Ossietzky hat er ein pochendes Gewissen, ein überdeutliches Gespür für das Menschenrecht und einen glasklaren Verstand. Er nutzt seine Fähigkeiten, genau wie vor ihm ein Ossietzky am anderen Weltende zu einer anderen Zeit die Printmedien genutzt hatte. Er nutzt die Plattform des weltumspannenden digitalen Netzes, um Dokumente über menschenunwürdige, kriegerische Kardinalverbrechen der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Als freiheitsliebender, freisinniger Mensch kann er sich offenbar noch nicht vorstellen, wie gewaltig, wie gewaltsam und wie hinterhältig die Maschinerie der fortbestehenden, kriegerischen Tiefenstaatstrukturen tatsächlich sind. In seiner politischen Naivität sieht Assange vielleicht, so wenig wie vor ihm Ossietzky, dass diese Kräfte alle, die ihnen in die Suppe spucken, zermalmen wollen.

Rufmord – ein altbewährtes Mittel der Vorverurteilung

Zunächst werden dem Computergenie Sexualdelikte angedichtet, sein persönlicher Ruf wird zerstört. Bald aber wird klar und deutlich, dass auch er sich mit dem Vorwurf der Spionage und des Hochverrates konfrontiert sieht. Wie einst Ossietzky wird er zunächst verleumdet, dann seiner Freiheit beraubt. Während sich allerdings der Weimarer Zeitungsmann standhaft, wider besseren Rat, weigert zu fliehen, entzieht sich Assange zunächst durch seine „Flucht“ in die ecuadorianische Botschaft dem ungerechtfertigten Haftbefehl. Ossietzkys Ehre gebot es ihm dagegen, als patriotisches Vorbild zu wirken. Herr Hitler war für ihn nur ein „Winterkönig“. Aber auch für den gewitzteren Assange gab es im demokratisch verfassten, wertebasierten Westen kein Entkommen. Keine machtvolle internationale Solidaritätsbewegung konnte bisher sein Leiden verkürzen oder auch nur abmildern.

Fünf Jahre währte der bittere Leidensweg Ossietzkys. Der Australier Julian Assange aber erduldet nun schon seit über zehn Jahren die unmenschliche Isolationshaft. Inzwischen sitzt er in einem britischen Gefängnis für Schwerverbrecher. Ohne Urteil, auf Geheiß der US-amerikanischen Justiz ist er im Londoner Belmarsh Hochsicherheitstrakt unter Bedingungen untergebracht, die der ehemalige Foltersonderbeauftragte des UN-Menschenrechtsrates Nils Melzer als menschen- und völkerrechtswidrig angeprangert hat.

Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit – Wegwerfprodukte im „Werte gebundenen Westen“?

Presse- und Meinungsfreiheit gelten zwar nominell als höchstgeschätzte Rechtsgüter im kollektiven, sich als Demokratien drapierenden westlichen „Werteverbund“. Strengsten verurteilt wird ihre Verletzung aber vor allem außerhalb der NATO-“Verteidungsgemeinschaft“. Nicht nur Exekutive und Judikative, auch die journalistische Zunft tut sich mit dem Kollegen Assange schwer. Sein Beispiel wirkt einschüchternd, schließlich wird an ihm stellvertretend für alle ein Exempel statuiert und die Pressefreiheit mal ebenso zu Grabe getragen, Meinungsfreiheit hat schließlich ihre Grenzen. Und so ist es denn nur konsequent, wenn erst recht keine Feder des Aufschreis für einen inhaftierten deutschen Patrioten namens Michael Ballweg gerührt wird. Der neuesten Diffamierungsmethode gemäß wurde dieser Stuttgarter Unternehmer und Familienvater schon frühzeitig mit dem immer wirkenden Geschmäckle des Rechtsradikalismus belegt. Das geht im Zeitalter der regierenden Antifa leicht und funktioniert ganz nach dem Motto “Etwas bleibt immer haften“.


Michael Ballweg am 29. August 2020 in Berlin vor Hunderttausenden bei der Kundgebung "Berlin invites Europe – Fest für Freiheit und Frieden" an der Siegessäule (Foto: arbeiterfotografie.com)

Michael Ballwegs Name darf ja nicht in einem Atemzug mit Assange genannt werden, gilt er doch als zwielichtige Gestalt. Er soll sich früh mit dem ominösen, höchst staatsgefährdenden Reichsbürgerclub zusammengetan haben, als keine Seele ihm mehr einen Versammlungsort vermieten wollte. Und wozu sollte ein solcher Ort dem Herrn Ballweg auch gedient haben, wo doch zwei Jahre lang sämtliche Versammlungen überhaupt "Pandemie"-bedingt verboten waren, besonders wenn sie von selbsternannten „Querdenkern“ organisiert waren. Da haben die sich zwar pausenlos aufs Grundgesetz berufen und wollten sogar die Demokratie noch verbessern, aber das haben schon ganz andere vor ihnen versucht. Das konnte nun einmal nicht geduldet werden aus Gründen der staatserhaltenden Gesundung des Gesundheitswesens.

Das konnte nicht geduldet werden, denn dieser Mann hat freihändig aus dem Stand hunderttausende Mitbürger zu mobilisieren gewusst, Menschen wie er aus der Mitte unserer demokratisch verfassten, prosperierenden Gesellschaft heraus. Die Massen strömten friedlich, fröhlich und frei auf seinen Ruf hin in die Landeshauptstadt um ein Ende der Maulkorberlasse zu fordern, ein Ende der jegliches Geschäft schädigenden, jegliches Persönlichkeitsrecht verletzenden Maßnahmen. Sie forderten die Rücknahme der gesundheitspolitisch begründeten Blitzgesetze. Sie spendeten reichlich Tatkraft und finanzielle Mittel, um mutig ihrem Demokratieverständnis Ausdruck zu verleihen. Auch von Hundestaffeln und Wasserwerfern ließen sie sich nicht einschüchtern, denn es stand viel auf dem Spiel, und sie traten für eine gerechte Bürgersache ein. Selbst der Neffe John F. Kennedys war Ballwegs Ruf gefolgt, um mitten im Herzen Berlins, an der Siegessäule zu bekunden, dass sich hier keine Neonazis zusammengerottet hatten, ganz im Gegenteil.

Das neueste Exempel heißt Michael Ballweg

Julian Assange zu verteidigen, für ihn einzutreten, für ihn auf die Straße zu gehen bleibt unsere Sache, die Sache jedes entschiedenen Demokraten und bewussten Kriegsgegners. Vergessen wir aber über Assange nicht, was gerade heute in nächster Nähe geschieht. Es handelt sich um Unrecht, begangen an einem friedliebenden, freundlichen, treuen Steuerzahler, Mitbürger und engagierten Verfechter demokratischer Rechte.

Auch an ihm wird derzeit ein Exempel statuiert, auf dass sich keiner mehr traue, Widerspruch einzulegen gegen Regierungsmaßnahmen, die für untragbar erachtet werden.

Seit über sechs Monaten wird direkt in unserer Mitte, nebenan, an dem ehemaligen Betriebswirt und IT-Unternehmer aus Stuttgart, Michael Ballweg, ein düsteres Exempel statuiert. Es handelt sich um einen deutschen Patrioten, um einen, der sich für Bürger- und Menschenrechte einsetzte, einen Mann, der für die Verteidigung demokratisch verbriefter Rechte, gutgläubig auf unser Grundgesetz vertrauend, alles aufs Spiel setzte.

Die Augsburger Allgemeine Zeitung berichtet: „Michael Ballweg, Gründer und Gesicht der bundesweiten Querdenken-Bewegung sitzt seit über einem halben Jahr in Stuttgart Stammheim. Der in einem bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart wegen des Verdachts des Betrugs und der Geldwäsche geführten Ermittlungsverfahren festgenommene Tatverdächtige befindet sich in Untersuchungshaft.“ Weil sich bei der Durchsuchung konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben hätten, dass sich der Tatverdächtige mit seinen Vermögenswerten ins Ausland begeben wollte, sei Haftbefehl wegen Fluchtgefahr beantragt und vom Haftrichter beim Haftprüfungstermin auch erlassen worden.

Trotz des Protests seiner Anwälte bleibt "Querdenken"-Initiator Michael Ballweg auch über die Frist von einem halben Jahr in Untersuchungshaft. Das ordnete das Oberlandesgericht Stuttgart an. Nach aktueller Sach- und Beweislage sei der Beschuldigte bei bestehender Fluchtgefahr weiterhin des versuchten gewerbsmäßigen Betruges und der Geldwäsche dringend verdächtig, erklärte eine Sprecherin. Auch habe die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen seit der Festnahme am 29. Juni 2022 „durchweg mit der gebotenen Beschleunigung zügig geführt“. Somit lägen die Voraussetzungen dafür vor, dass der 48-Jährige über sechs Monate hinaus in Untersuchungshaft bleibt.

Der ehemalige Betriebswirt und Unternehmer Ballweg kandidierte 2020 für das Oberbürgermeisteramt in Stuttgart. Seine Leitideen: Eigenverantwortung, Selbstbestimmung, Liebe, Freiheit, Frieden und Wahrheit.

„Die Krise des Jahres 1923 hatte den deutschen Volkskörper bis ins Mark erschüttert“ schrieb Bruno Frei in seiner Ossietzky-Biografie. Was aber wird uns das Jahr 2023 bringen? Was sind wir Bürger einer noch demokratisch verfassten Republik bereit zu geben, um auch unseren Enkeln ein Leben in Frieden, Freiheit und Demokratie zu sichern?


Siehe auch:

Aus der Quartalsschrift DAS KROKODIL, Ausgabe 41
Vorhang auf für Michael Ballweg
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
NRhZ 795 vom 20.07.2022
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=28179

Aus der Quartalsschrift DAS KROKODIL, Ausgabe 43
Vorhang auf für Martin Niemöller
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
NRhZ 805 vom 23.01.2023
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=28423

Nach mehr als sechs Monaten "Untersuchungshaft"
Solidarität mit Michael Ballweg
Von Elke Zwinge-Makamizile
NRhZ 805 vom 23.01.2023
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=28426

Justiz gegen Demokratiebewegung
Freiheit für Ballweg
Von Ulrich Gellermann
NRhZ 805 vom 23.01.2023
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=28428



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