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Aktueller Online-Flyer vom 28. März 2024  

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Inland
Am 20.02.2022 auf dem Bebelplatz: Berliner Polizei bringt einen Juden zum Schweigen
Redeverbot für die Geschichte
Von Julia Westheimer und Corinna Laude – mit der unterbundenen Rede von Andrew Barr (Jews for Justice)

Der Bebelplatz ist ein Ort der Erinnerung - der Ort, an dem am 10. Mai 1933 die Nationalsozialisten (insbesondere die faschistische Studentenschaft) Bücher "undeutschen Geistes" verbrannten. Dort fand am 20.02.2022 die Kulturveranstaltung "Kinder der Zukunft! Was lehrt uns die Geschichte?" statt, an der internationale Gäste, darunter in Berlin lebende Israelis, mitwirkten. Die deutsche Polizei unterbrach – und verbot – während dieser Veranstaltung die Grußbotschaft eines britischen Juden an die Veranstalterinnen und Teilnehmer.


Screenshot aus Video 2 (über den Polizeieinsatz)

Die Grußbotschaft, die im Originalton mit deutscher Übersetzung vorgespielt wurde, sendete der Brite Andrew Barr, nach seiner Aussage Historiker für die Kulturgeschichte des Essens und Trinkens und Mitglied  einer Ende 2021 gegründeten britischen Gruppe namens „Jews for Justice“.

Mit größter Sorge betrachte die Gruppe die Entwicklung der Corona-Politik weltweit. Denn, so Andrew Barr, diese Entwicklung habe in den Mitgliedern der Gruppe die kollektive Erinnerung an die Geschichte Nazi-Deutschlands geweckt.

Einleitend machte er deutlich, dass der Holocaust und die menschenverachtenden Corona-Maßnahmen keineswegs parallelisiert werden könnten. Doch, so Barr, in Nazi-Deutschland habe die Judenvernichtung nicht mit dem Holocaust begonnen.

Eine ganze Folge von Ereignissen habe über Jahre hinweg schrittweise eine Gesellschaftsschicht von den Bürgerrechten und aus dem öffentlichen Leben ausgeschlossen. Damals sei das unter dem Deckmantel eines Notstands, unter dem Deckmantel einer Virenbekämpfung erfolgt.

Ähnliche Ausschluss-Erfahrungen machten nun die Ungeimpfte hierzulande in der „Corona-Virus-Panik“.

Auch Parallelen zum Verhalten der Leitmedien in den ersten Nazi-Jahren und den ersten beiden Jahren der Corona-Krise bereiten Andrew Barr Sorgen: Wurden einst die Juden als Gesundheitsgefährder von den Medien verunglimpft, seien es jetzt die Ungeimpften.

Und diejenigen, die gegen diese diskriminierende Corona-Politik protestierten, würden von den Medien ebenfalls verleumdet, indem sie als Nazis und Antisemiten verteufelt würden. Dabei seien es doch gerade sie, die die Erinnerung an den Holocaust wachhielten und sich der nicht abzuschließenden Aufgabe, aus der Geschichte zu lernen, bewusst seien. Die Massenmedien versuchten, diese Proteste zum Schweigen zu bringen.

Andrew Barr von den neu gegründeten „Jews for Justice“ wurde hier persönlich und sprach erneut von „us“, von unserem Protest.

Und genau an dieser Stelle unterbrach die Berliner Polizei seine Grußbotschaft. Trotz der Bemühungen der Organisatorinnen wurde ihr weiteres Abspielen mit folgender Begründung endgültig untersagt: Das sei ein „Vergleich zum Holocaust“ (Video 2, ab Minute 4:24). Passanten, darunter Touristen, könnten diese Worte für eine Verharmlosung des Holocaust halten.

Die Polizei hat also jenen einzigen Satz in Andrew Barrs Grußbotschaft gar nicht mehr gehört, der – vielleicht entgegen seiner ansonsten meist differenziert jede geschichtsverleugnende Parallelisierung verweigernden Rede – am Ende den Holocaust doch einmal mit dem aktuellen Geschehen zusammenbringt. Freilich als Lehre, die wir aus der Geschichte zu lernen haben, welche sich nie wiederholen dürfe: „We may already be reliving the experience of Nazi Germany, we can yet avoid reliving the Holocaust“. („Vielleicht erleben wir jetzt bereits wieder die Erfahrung Nazi-Deutschlands, doch wir können immer noch vermeiden, den Holocaust wieder zu erleben“.)

Am Ende seiner Ansprache, die nicht mehr öffentlich ertönen durfte, sagt Andrew Barr: „We must speak out! […] No one can tell us, we are not allowed to shout out loud about it!“ („Wir müssen unsere Stimme erheben! Niemand kann uns verbieten, lautstark davor zu warnen!“)

Genau daran aber hat die deutsche Polizei am 20.02.2022, auf dem Platz der Bücherverbrennung durch die Nazis, Andrew Barr mit ihrem Einschreiten gehindert!

Lehren aus dieser Geschichte

Wir erleben zur Zeit eine absichtsvolle Pervertierung des Gedenkens an den Nationalsozialismus. Es wird von einer politischen Kaste heuchlerisch instrumentalisiert, um Feindbilder aufzubauen und Andersdenkende im von oben verordneten ‚Kampf gegen Rechts‘ zu diffamieren und auszugrenzen.

Die Auseinandersetzung mit dem Faschismus soll gefälligst zu einer historisch-musealen Angelegenheit verkommen und darf keinesfalls hier und heute im Alltag auf der Straße und anhand realer, handelnder Personen (!) geschehen.

Und schon gar nicht darf es eine Legitimierung der kritischen Auseinandersetzung durch eben diese Opfer des Faschismus, oder ihre Angehörigen, geben.

Damit das keiner merkt, werden ab und zu von oben (Bundeszentrale für politische Bildung u.a.) kleine, folkloristisch-antifaschistische ‚Demos‘ (z.B. „Omas gegen Rechts“) organisiert.

Eine weitere zivilisatorische ‚rote Linie‘ ist also gefallen: Drittes Reich und Holocaust werden zu Instrumenten im Waffenarsenal des Systems.

Wer es wie Andrew Barr wagt, Parallelen zwischen dem allmählichen Schwinden der Humanität in Nazi-Deutschland und dem allmählichen Schwinden der Humanität in Corona-Deutschland zu benennen, wird zum Schweigen gebracht, indem man ihm unterstellt, er ziehe Parallelen zum Holocaust selbst.

Der Holocaust wird als eines der mächtigsten Einschüchterungsmittel der BRD des Jahres 2022 gegen die Bürger verwendet, denen Reflexion und Selbsterkenntnis angesichts der deutschen Geschichte mit diesem rhetorischen Manöver der Geschichtsverkürzung verwehrt werden.

Und die Opfer des Nationalsozialismus, insbesondere die Opfer des Holocaust, werden missbraucht, um legitime, geschichtsbewusste und demokratische Kritik am System zu diskreditieren: ‚Antisemiten‘ seien Menschen, die solches behaupten – vor allem ‚verharmlosten‘ sie den Holocaust.

Wenn wir von ‚Widerstand‘ und ‚Freiheit‘ sprächen, würden wir uns diese Begriffe ‚geschichtsrelativierend aneignen‘ …! (Vgl. z.B. die „Beobachtungen zu den sogenannten Montagsspaziergängen in Berlin“ der „mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus“.)

Dieser politisch-journalistische Sprachgebrauch, nein: diese bewusste Geschichtsvernichtung, Diskursvermüllung und Zerstörung bislang gültiger Definitionen dienen ganz offensichtlich nicht mehr der rationalen Kommunikation. Sie sind ein durchdachter Angriff auf die Urteilsfähigkeit, den Verstand und die freie Meinungsbildung – sie erzeugen ein Rauschen (Rainer Mausfeld), welches nach und nach seine Empfänger für Argumente unzugänglich macht.

Dies Rauschen ist inzwischen OHRENBETÄUBEND. Wir fragen alle: Was muss denn eigentlich noch passieren?


Fotos von Georg Manthey:


John-Lennon-Portrait der Berliner Künstlerin Monica Felgendreher


Monica Felgendreher: "Niemals wieder ist jetzt"


Auftritt von Basis-Band und -Chor


"Rettet unsere Kinder"


Video 1: Hier die Grußbotschaft von Andrew Barr in Gänze:
https://odysee.com/@freedomactivists:f/2022-02-20-Speech-Andrew-Barr-Jews-for-Justice:3

Video 2: Hier der Polizeieinsatz:
https://odysee.com/@freedomactivists:f/2022-02-20-Bebelplatz-Andrew-Barr-Jews-for-Justice-speech-interrupted-by-Police-Berlin:0

apolut Am Set: Unsere Kinder der Zukunft – Was können wir aus der Geschichte lernen?
https://apolut.net/am-set-unsere-kinder-der-zukunft-was-koennen-wir-aus-der-geschichte-lernen/

Interview von Monica Felgendreher mit Andrew Barr:
https://odysee.com/@freedomactivists:f/2022-02-16-Interview-Andrew-Barr-Jews-for-Justice:2


Dieser Artikel, den wir mit freundlicher Genehmigung der Verfasserinnen und des Fotografen publizieren, wurde zuerst am 26.02.2022 auf der Webseite der Freien Linken Berlin veröffentlicht


Anhang:

KINDER DER ZUKUNFT – Deutsche Übersetzung der Rede von Andrew Barr, Gründer der Jews for Justice (Juden für Gerechtigkeit)


Grüße aus London. Mein Name ist Andrew Barr und ich vertrete die Gruppe mit dem Namen "Juden für Gerechtigkeit". Wir sind alle Juden – und viele unserer Familien litten im Holocaust. Wir betrachten es daher als unsere moralische und tatsächlich heilige Pflicht - an alle Opfer des Holocaust -, dass wir vor der Gefahr einer Widerholung der Geschichte warnen sollten.

Was - in der gesamten entwickelten Welt - in den letzten zwei Jahren passiert ist, hat in uns das kollektive Gedächtnis der Geschichte von Nazi-Deutschlands wieder wachgerufen. Wir sagen nicht, dass das, was jetzt passiert, mit dem Holocaust selbst verglichen werden sollte, aber wir sagen, dass es mit der Abfolge von Ereignissen verglichen werden sollte, die zum Holocaust führten.

Niemand, der in den 1930er Jahren in Nazi-Deutschland lebte, ahnte, dass der Holocaust passieren würde. Niemand wusste, dass Millionen von Juden ausgerottet werden würden. Was die Leute aber wußten, war, dass ihre bürgerlichen Freiheiten unter dem Gebot eines Notfalls von ihnen weggenommen worden waren und dass eine ganze Gesellschaftsschicht vom öffentlichen Leben unter dem Vorwand des Kampfes gegen einen "Virus" ausgeschlossen worden war.

Ab 1935, nach zwei Jahren NS-Regime, wurden Juden von der Zivilgesellschaft formal gänzlich ausgeschlossen. Heute, nach zwei Jahren der Coronavirus-Panik, werden ungeimpfte Deutsche in ähnlicher Weise aus dem öffentlichen Leben ausgeschlossen - von öffentlichen Verkehrsmitteln, von Geschäften, Cafés und Restaurants.

Unter dem NS-Regime wurden Juden in den Medien als Bedrohung für die Gesundheit der deutschen Nation diffamiert. Heute werden die Ungeimpften auf genau dieselbe Weise in den Medien diffamiert.

Diejenigen, die gegen die Diskriminierung der Ungeimpften protestieren, werden von den Mainstreammedien als "Nazis" und "Antisemiten" verurteilt - was das genaue Gegenteil der Wahrheit ist. Diejenigen von uns, die gegen Diskriminierung protestieren, ehren hingegen tatsächlich die Erinnerung an den Holocaust; Diejenigen, die versuchen uns zum schweigen zu bringen, sind die wahren Holocaust-Leugner - weil sie uns unser Recht nehmen, aus der Geschichte zu lernen.

Die Mainstreammedien wollen uns zum Schweigen bringen und unsere Beiträge werden aus sozialen Medien entfernt, weil wir ihr Narrativ hinterfragen. Es ist kein Zufall, dass die heutige Veranstaltung auf dem Bebelplatz stattfindet, dem Ort der berüchtigten Verbrennung von angeblich “un-deutschen” Büchern, durch NAZI-Studenten im Jahr 1933. Wie es das Denkmal hier aufzeigt, gab es eine direkte Verbindung von dem Brennen der Bücher zur Verbrennung von Menschen.

Alle Kinder werden heutzutage in den Schulen über den Holocaust unterrichtet: dass es mit Diskriminierung und Zensur begann, und mit Völkermord endete. Nun, diese Lektion muss wieder unterrichtet werden – heute haben wir Diskriminierung und Zensur; zu was wird das morgen führen?

Um ein altes Sprichwort zu zitieren: "Diejenigen, die nicht aus der Geschichte lernen, sind verdammt, sie zu wiederholen."

Wir – die Juden für Gerechtigkeit - senden eine Warnung an die ganze Welt, dass wir aus der Geschichte lernen müssen. Möglicherweise erleben wir bereits wieder ein Nazi-Deutschland; aber jetzt können wir noch die Wiederholung eines Holocaust vermeiden. Wir müssen jetzt handeln, sonst kann es zu spät sein. Wir müssen unsere Stimme erheben.

Vor allem - müssen wir Juden unsere Stimmen erheben. Es ist unsere Geschichte; es ist unsere kollektive Erfahrung. Niemand darf uns sagen, dass wir darüber nicht aufschreien dürfen.

Vielen Dank, Kinder und Erwachsene von Berlin.


Englischsprachige Originalfassung der Rede von Andrew Barr, Gründer der Jews for Justice (Juden für Gerechtigkeit)

Greetings from London. My name is Andrew Barr, and I represent a group called Jews for Justice. We are all Jews – and many of our families suffered in the Holocaust. We therefore consider it as our moral and indeed sacred duty – to all the victims of the Holocaust – that we should warn against the danger of history repeating itself.

What has happened – across the developed world – in the last two years has evoked for us the collective memory of the history of Nazi Germany. We do not say that what is happening now should be compared to the Holocaust itself, but we do say that it should be compared to the sequence of events that led up to the Holocaust.

No-one living in Nazi Germany in the 1930s knew that the Holocaust was going to happen. No-one knew that millions of Jews were going to be exterminated. What people did know was that their civil liberties had been taken away from them under the guise of an emergency, and that a whole class of society had been excluded from public life under the guise of fighting a ‘virus’.

From 1935 onwards, two years into the Nazi regime, Jews were formally excluded from civil society; today, two years into the coronavirus panic, unvaccinated Germans are similarly excluded from public life – from public transport, from shops and cafes and restaurants.

Under the Nazi regime, Jews were vilified in the media as a threat to the health of the German nation; today, the unvaccinated are vilified in the media in exactly the same way.

Those who protest against the discrimination of the unvaccinated are condemned by the corporate media as ‘Nazis’ and ‘anti-Semites’ – which is the precise opposite of the truth. Those of us who protest against discrimination are in fact honouring the memory of the Holocaust; those who seek to silence us are the true Holocaust deniers – because they are denying us our right to learn from history.

The corporate media seek to silence us, and our posts are removed from social media because we question their narrative. It is no accident that today’s event is being held in the Bebelplatz, the site of a notorious conflagration of supposedly ‘un-German’ books by Nazi students in 1933. As the memorial here indicates, there was a direct line from the burning of books to the burning of people.

All children today are taught in school about the Holocaust: that it began with discrimination and censorship, and ended with genocide. Well, that lesson needs to be taught again – today we have discrimination and censorship; to what will they lead tomorrow?

To quote an old saying, ‘Those who do not learn from history are condemned to repeat it.’
 
We – Jews for Justice – are sending a warning to the entire world that we must learn from history. We may already be reliving the experience of Nazi Germany; we can yet avoid reliving the Holocaust. But we must act now, or it may be too late. We must speak out.

Above all, we Jews must speak out. It is our history; it is our collective experience. No-one can tell us that we are not allowed to shout out about it.

Thank you, children and adults of Berlin.

Online-Flyer Nr. 786  vom 28.02.2022

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