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Aktueller Online-Flyer vom 19. April 2024  

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Kommentar
Eine aktuelle Frage
Gibt es eine Brüderwirtschaft Scholz?
Von Yavuz Özoguz

Als Vetternwirtschaft oder Nepotismus wird laut Wikipedia eine übermäßige Vorteilsbeschaffung durch und für Familienangehörige oder andere Verwandte oder enge Freunde bezeichnet. Inwieweit das auch für zwei spezielle Brüder in der Bundesrepublik gelten könnte, müssen andere erkunden, die an bessere Daten herankommen. Das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) erhielt laut Tagesschau mit 11,7 Millionen Euro zusammen mit einem anderen Krankenhaus die meisten Zuschüsse bundesweit für den Aufbau von 234 Intensivbetten während der Corona-Krise [1]. Tatsächlich gab es vor der Pandemie am UKSH 172 Intensivbetten, und zum Zeitpunkt des Tagesschau-Berichtes 240 Betten. Die übrigen 166 Betten seien als Reserve zu verstehen. Allerdings sei man in der Lage, die hohe Zahl „notfalls innerhalb weniger Tage zu betreiben“, so zitiert die Tagesschau das Klinikum.

Was auf den ersten Blick etwas „merkwürdig“ klingt, wird zudem durch eine Frage noch merkwürdiger, die zwar nicht gestellt aber von dem Tagesschau-Bericht dennoch vorsorglich beantwortet wurde. Denn selbst wenn man innerhalb weniger Tage in der Lage wäre, 166 Intensivbetten zu „aktivieren“, woher wird das zum Betrieb von Intensivbetten notwenige speziell ausgebildete Personal hergezaubert? Die Antwort lautete: „Wäre die Corona-Lage dramatisch schlimmer geworden, hätte man eben Pflegepersonal aus Nicht-Intensivbereichen, OP-Personal und Medizinstudierende entsprechend geschult und eingesetzt.“ So fragt die Tagesschau aber etwas anderes: „Bleibt also die Frage zum Beispiel des Bundesrechnungshofes, ob es bei so mancher Klinik auch Mitnahme-Effekte bei dieser Förderung gab.“

Bereits im April 2021 wurden von leeren Corona-Betten in Schleswig-Holstein berichtet. Und als Fazit heißt es: „Rückblickend wird deutlich: ein Bedarf an Intensivbetten in der vorgehaltenen Höhe bestand zu keinem Zeitpunkt.“ [2] Doch ausgerechnet in einer Zeit, in der die Nachfragen bezüglich der Rekordsumme an Förderung für mutmaßlich, potentiell bereitstehende Intensivbetten in Fahrt hätte kommen können, gab es medienträchtig die Aufnahme von 6 (in Worten sechs) Intensivpatienten aus Frankreich [3]. Der medialen Hofberichterstattung ist dabei nicht aufgefallen, dass der nördliche Teil von Schleswig-Holstein nicht unbedingt die allernächsten freien Bettenkapazitäten der Bundesrepublik für Frankreich stellt. Und als im Herbst wieder einige Nachfragen kamen, wurden 19 Patienten aus Rumänien aufgenommen [4]. Auf solch eine Idee muss man erst einmal kommen angesichts der Tatsache, dass weit und breit in der Nähe von Rumänien keine näher gelegenen Intensiv-Patientenkapazitäten zu finden gewesen sein sollen als ausgerechnet in Schleswig Holstein.

Diese medial zwar nicht ganz unterdrückbare aber auch nicht zu heiß gekochte Auffälligkeit des UKSH war nicht die erste Auffälligkeit. Monate Vorher hatte die Sendung Panorama über einen arbeitsrechtlichen Skandal an Uniklinik Lübeck berichtet [5]. Jener Skandal ereignete sich, nachdem durch intensive jahrelange Bemühungen der Keim-Skandal von 2015 überwunden schien [6].

Die Recherchen von ANA LOGO unter anderem beim UKSH führten zu dem Schluss: „So vertuschen Schleswig-Holsteins Krankenhäuser die Covid-19-Zahlen“ [7]. Da der Skandal um die Intensivbetten im Sommer 2021 auch an der Hofberichterstattung nicht ganz vorbeigehen konnte und einige Journalisten mit ihrem inzwischen bundesweit verbreiteten Ruf als Presstituierte offensichtlich nicht glücklich wurden, drang immer mehr durch. So sah sich unter anderem der Bundesverband Deutscher Privatkliniken e.V. dazu genötigt eine Art Gegendarstellung auf der eigenen Homepage zu veröffentlichen mit dem Titel: „Intensivbetten: Konstruierter Skandal.“ [8]

Pikant bei diesem Skandal ist allerdings ein Detail, mit dem der Rekordhalter bei Zuschüssen UKSH gegenüber den anderen Zuschussempfängern heraussticht, was merkwürdigerweise kaum thematisiert wurde. Der Leiter des UKSH ist seit 2009 Prof. Dr. Jens Scholz, kein geringere als der jüngere Bruder des damaligen Finanzministers und jetzigen Bundeskanzlern Olaf Scholz. Nun ist es sicherlich kein Verbrechen, der äußerst gebildete jüngere Bruder des Bundesfinanzministers zu sein. Doch wenn dann die Institution, die man leitet, Rekordhalter bei Bundeszuschüssen ist, liegen zumindest einige Nachfragen nicht fern.

Doch selbst die intensivsten Nachfragen würden weder den Bundeskanzler noch das UKSH erschüttern, sprechen wir doch von einem Bundeskanzler, der als Finanzminister den größten Finanzskandal der Bundesrepublik Deutschland mit weißer Weste überstanden hat, obwohl sein Ministerium als Aufsichtsbehörde involviert war. Daher ist davon auszugehen, dass auch solch ein Bericht kaum irgendeine Wirkung entfalten wird. Und ob der andere Bruder namens Ingo Scholz, tätig bei einem führenden Hamburger IT-Unternehmen mit Rekordergebnissen in den Corona-Jahren 2019 und 2020 irgendetwas mit dem Finanzministerium zu tun hatte, wage ich gar nicht zu fragen.

So bliebe abschließend die Frage an mich selbst: Warum schreibe ich so etwas, was einige hundert Leser lesen werden und mehr oder weniger niemanden ernsthaft interessieren wird. Die Antwort ist sehr einfach: Ich möchte, dass eines Tages einige Deutsche, die zurückblicken werden auf den größten Finanzskandal der Bundesrepublik Deutschland und möglicherweise danach den größten Medizinskandal der Menschheitsgeschichte, wissen, dass es Deutsche gab, die im Rahmen ihrer bescheidenen Möglichkeiten sich gewehrt haben. Und das ist das Mindeste, was ich meinen Enkeln auch vor allem dem mit von Gott anvertrauten Geist im Herzen schuldig bin.


Fußnoten:

[1] https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/intensivbetten-113.html
[2] https://2020news.de/wo-sind-die-corona-patienten/
[3] https://www.uksh.de/Das+UKSH/Presse/Presseinformationen/2020/UKSH+nimmt+COVID_19_Patienten+aus+Frankreich+auf-p-183887.html
[4] https://www.uksh.de/Service/Presse/Presseinformationen/2021/UKSH+nimmt+Covid_19_Patientinnen+und+_Patienten+aus+Rum%C3%A4nien+auf-p-191455.html
[5] https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama3/Arbeitsrechtlicher-Skandal-an-Uniklinik-Luebeck,uksh574.html
[6] https://www.shz.de/regionales/hamburg/meldungen/asklepios-klinik-und-uke-kaempfen-gegen-multiresistente-keime-id8891046.html
[7] https://analogo.de/2020/05/24/so-vertuschen-schleswig-holsteins-krankenhaeuser-die-covid-19-zahlen-der-grosse-ana-logo-report/
[8] https://www.bdpk.de/newsroom/news/artikel/intensivbetten-konstruierter-skandal
[9] https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Teilnehmern_an_Bilderberg-Konferenzen


Erstveröffentlichung am 18.12.2021 bei muslim-markt-forum.de

Online-Flyer Nr. 783  vom 22.12.2021

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