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Lokales
Geld gab sie für Gutes und Göttliches gar, Spenden in Köln und Jerusalem – Ehrung in Gerolstein und auch Berlin
Die Kölner Mäzenin Laura Oelbermann
Von Udo W. Hombach

Vor 90 Jahren, im Juni 1929, starb Laura Oelbermann, eine der bemerkenswerten Persönlichkeiten in der Geschichte Kölner Frauen. Ihr Name steht für Geldadel, aber auch für evangelisches Engagement und soziale Arbeit. Ihre Aktivitäten unterstützten die sozialpolitischen Bemühungen Wilhelm II. und seiner Frau in Köln, aber auch den Bau der Auguste Victoria-Stiftung in Jerusalem. Udo W. Hombach befasst sich seit Jahren mit der kaiserlichen Kirchenbautätigkeit.

Viel Geld für Jerusalem

Das größte Projekt Wilhelm II. und seiner Frau in Palästina war der Bau der Auguste Victoria-Stiftung auf dem Ölberg. Wer weiß schon, dass rund 40 Prozent der Finanzmittel, die für diesen Bau aufgebracht wurden, aus Köln kamen? Und zwar als Spende der Kölner Bürgerin Laura Oelbermann. 1906 gab sie eine Million Reichsmark für das Krankenhaus auf dem Ölberg. Das heißt, sie zahlte doppelt so viel wie das Kaiserpaar und brachte damit das Unternehmen überhaupt erst in Gang. Insgesamt verschlang der Bau 2.225.000 Reichsmark. In der „an Kaisers Geburtstag am 27. Januar 1907 im Königlichen Schlosse in Berlin gegebene(n) Stiftungsurkunde für die Kaiserin Auguste Victoria=Stiftung auf dem Oelberge bei Jerusalem“ heißt es: „Am Geburtstage des Kaisers 1906 [27.1.] machte unser Mitglied Frau Laura Oelbermann in Cöln, die Vorsitzende der Evangelischen Frauenhülfe der Rheinprovinz [im Evangelisch-Kirchlichen Hülfsverein (1, S. 122)], eine hochherzige Stiftung, die es ermöglichte, mit den Bauten zu beginnen“ (1, S. 119f.). Dafür wurde sie mit dem preußischen Ölberg-Orden geehrt. Dieser besteht aus einem Jerusalem-Kreuz, einem roten Krückenkreuz, in dem vier kleine schwarze griechische Kreuze unterkommen, und einem über dem Zentrum liegenden weißen Johanniter-Kreuz. (Geschichte und Bedeutung werden ausführlich beschrieben in 1, S. 124ff.)


Bild 1: Das Ölbergkreuz (Mosaik in der Erlöserkirche Gerolstein)

Auch der Luisen-Orden wurde ihr verliehen, die höchste Auszeichnung für Frauen damals – und noch andere Verdienstorden. Die Ölberg-Stiftung in Jerusalem umfasst neben einem Krankenhaus auch die evangelische Himmelfahrtkirche. Daselbst wurde ihr am 8. April 1910 als kaiserliche Auszeichnung „eine Bronzebüste Sr. Majestät des Kaisers (1, S. 23) überreicht).

Das Evangelische Krankenhaus Köln Weyertal

Wer war diese Frau, die auch maßgeblich an der Gründung des Evangelischen Krankenhauses Köln Weyertal beteiligt war? Zu dessen Errichtung gewann sie die Protektion der Kaiserin Auguste Victoria (2). 1902 wurde es eröffnet.


Bild 2: Stiftertafel mit Laura Oelbermann


Bild 3: Auf den insgesamt vier Tafeln war die Crème de la Crème des damaligen protestantischen Kölner Geldadels versammelt

Zur inneren Einrichtung gehörte eine „Kapelle. Stifterin: Frau E. Oelbermann“ (2, S. 31). Das Krankenhaus „liegt im Südwesten Cölns, etwa 10 Minuten vom mittleren Teile des Hohenstaufenrings [wo die Oelbermann-Villa stand]. Es grenzt südöstlich [eigentlich im Süden] an den … alten evangelischen Friedhof, welcher als Parkanlage hergerichtet, jetzt den Rekonvaleszenten zu Spaziergängen dient“ (2, S. 11).


Bild 4: Der Geusenfriedhof

Der „Alte evangelische Friedhof (Geusenfriedhof)“ ist „ein Kronjuwel der Kölner Kirchen-, Stadt- und Kunstgeschichte. Der 1576 außerhalb der Freien Reichsstadt Köln angelegte alte evangelische Friedhof im Weyertal diente den reformierten und lutherischen Gemeinden bis 1829 als Begräbnisstätte. Seinen besonderen Charakter erhält der Friedhof durch die zahlreich erhaltenen liegenden Grabplatten, auf denen Familienwappen, Lebensdaten und Berufsbezeichnungen abgebildet sind. Auch die mit symbolischen und allegorischen Darstellungen geschmückten Stelen, Säulen und Obelisken belegen die große künstlerische wie handwerkliche Arbeit. Handwerker, Handelsleute und Rheinschiffer fanden hier ihr Andenken verewigt. Seit 1981 stehen die Grabmale unter Denkmalschutz “ (Evangelische Gemeinde Köln, Aushang am nördlichen Eingang). Der Friedhof wurde lange Zeit betreut vom Enkel und Urenkel früherer Kölner Schatzmeister beim Syrischen Waisenhaus.




Bild 5,6: Auf dem Geusenfriedhof

Die superreiche Witwe

Wer also war Laura Oelbermann? 1846 in Köln geboren und evangelisch in einfachen Verhältnissen aufgewachsen, heiratete sie 1868 den reichen Kaufmann Emil Oelbermann. Der machte erfolgreiche Geschäfte in den USA und wurde noch reicher. Er verdiente sein Geld im Versicherungsgewerbe und arbeitete nach seiner Rückkehr als Versicherungskaufmann bei der Kölner Rück. Er war sogar Mitgründer dieser Versicherung. Üblicherweise wird der Kaufmann Emil Oelbermann nur der Textilbranche zugeordnet. (Die Hinweise auf Emil als Versicherungskaufmann verdanke ich den Archivaren des Evangelischen Stadtkirchenverbands und der Kölner Rück.) Emil starb 1897 – und 1899 auch der letzte der fünf Söhne. Die Gewinne ihrer „Männer“ machten Laura zu einer von immensem Reichtum gesegneten Witwe. 1913 wurde ihr Vermögen auf 16 bis 17 Millionen Reichsmark geschätzt und ihr Jahreseinkommen auf 850.000 Reichsmark.

    Exkurs: Lebte sie heute in Basel, gehörte sie wohl zu den „Ladies First“, wie sich eine dortige Gruppe superreicher Geldgeberinnen nennt. Eine von ihnen bat ich 2011 (leider vergeblich) um eine Spende für die Restaurierung des Mosaikschmucks am Schneller-Altar in Jerusalem, der bis 2009 im Gebäude des Syrischen Waisenhauses gestanden hatte. Eine Ahnin dieser „First Lady“ hatte 100 Jahre zuvor schon für die Entstehung dieses Altars gespendet.

Laura widmete ihren Geldsegen der evangelischen Gemeinde, städtischen Institutionen und Wohlfahrtsvereinigungen. Die Multimillionärin leistete auch persönlich soziale Arbeit und Fürsorge; sie war sich nicht zu schade, bedürftige Familien in ihren Wohnungen zu besuchen, ihnen Lebensmittel zu bringen und sie in ihrer Haushaltsführung praktisch zu unterstützen. 1900 hatte sie die Gründung der „Frauenhilfe des Evangelisch-Kirchlichen Hilfsvereins Köln“ initiiert, „in dem sie bald den Vorsitz übernimmt“ (3, S. 69). Sie folgte damit dem Vorbild des Kaiserpaars, das sich mit dem „Evangelisch-Kirchlichen Hilfsverein“ um die Armut im Reich kümmerte. Damit sollten die Armen davor bewahrt werden, in die Arme der Sozialdemokraten zu fallen.


Bild 7: Villa Oelbermann, Hohenstaufenring 57 (um 1895, Fotograf unbekannt, gemeinfrei)

Die Oelbermanns bewohnten eine Villa am „Hohenstaufenring“ an der Grenze zur Kölner Innenstadt. (Die Villa Oelbermann von außen und der Festsaal sind abgebildet in 11, S. 126.) Das Gebäude war in mancherlei Hinsicht ein Prestige-Projekt. Der Architekt Hermann Otto Pflaume war in der Altstadt schon tätig geworden, bevorzugt von der gehobenen Schicht, hatte seinen Schwerpunkt aber mit elf Gebäuden an der Ringstraße (die, wie der Name sagt, die Innenstadt umringt, beginnend und endend am Rhein) und die überwiegend nach deutschen Kaisergeschlechtern benannt ist. Im Unterschied zu der ansonsten geschlossenen Bebauung der Ringe entstand für Oelbermanns 1889/90 eine Villa im Renaissance-Stil, dreistöckig, von einem Park umgeben. Der Luxus des Anwesens bestand nicht nur in der Opulenz des Gebäudes, sondern darin, im Umkreis dieser geschlossenen Bebauung freistehend soviel Raum einzunehmen. Im Süden gab es einen eingeschossigen Anbau mit einem terrassenartigen Austritt oben, um die (wahrscheinlich lichtdurchlässige) Flachkuppel herum. Daran schloss sich noch eine kleine Loggia oder Vorhalle an, von der eine Treppe hinunter zum Park führte. An der Strassenseite des Anbaus war ein Reliefstein in die Mauer eingelassen, links und rechts davon zwei Statuen in Nischen mit Muschel-Kalotten. Das dritte Geschoss des Hauptgebäudes, deutlich niedriger als die beiden unteren, oben mit einer Balustrade versehen, enthielt an der Straßenseite anstelle von Fenstern auf voller Länge einen Relief-Fries mit zahlreichen allegorischen Figuren. Insgesamt präsentiert das Haus das Formenrepertoire einer italienischen Villa.

Nach Lauras Tod am 3. Juni 1929 „werden die gesamten Kunstwerke ihrem Wunsch gemäß versteigert. [Der Katalog umfasst vier Bände.] In ihrem Testament hatte sie nicht nur soziale Einrichtungen, Bedürftige und ihre Bediensteten reichlich bedacht, sondern auch verfügt, dass ihre Villa als Wohn- und Aufenthaltsort für erwerbstätige Mädchen und Versammlungsraum für evangelische Jungfrauenvereine umgebaut wurde. Bis Ende der 1960er-Jahre wohnen hier berufstätige Frauen, und bis in die Gegenwart hinein kommt eine ‚Laura-Oelbermann-Stiftung’ evangelischen Kindern und Jugendlichen zugute“ (3, S. 70). Die Evangelische Gemeinde Köln verwaltet diese Gelder und betreibt, mit den Zinsen finanziert, ein Mädchencafé in der Südstadt. Im „Internetcafé Girlspace“ wird medienpädagogische Beratung angeboten. Neben dieser Stiftung gibt es auch eine „Emil und Laura Oelbermann-Stiftung“ beim Stadtkirchenverband, deren Gelder aus dem Verkaufserlös der Villa stammen. Das gesamte Inventar des Hauses wurde im Dezember 1929 vom Kölner Kunsthaus Lempertz versteigert. Erst Anfang der 1980er Jahre wurde die Villa Oelbermann abgerissen (11, S. 128).Lauras Residenz lag nur einen Katzensprung von der Synagoge in der Roonstraße entfernt. Hatte sie Kontakt zur jüdischen Gemeinde?


Bild 8: Das „Girlspace“ gehört zur Kartäuserkirche

Im „Haus der Evangelischen Kirche“ neben der Kartäuserkirche gibt es einen „Laura-Oelbermann-Raum“. Ein Porträt von Laura, ein Ölgemälde von W. Herz (11, S. 125) befindet sich auch in dem Gebäude, allerdings derzeit versteckt.

Das Grab der Familie Oelbermann

Für ihre Verdienste wurde Laura noch 1918 geadelt und hieß nun „von“ Oelbermann. Ihre Grabstätte auf dem altehrwürdigen Kölner Melaten-Friedhof liegt an der so genannten Millionärsmeile in der Nachbarschaft anderer Kölner Honoratioren.


Bild 9: Grabstätte der Familie Oelbermann

Ursprünglich war die Frauenfigur mit Engelsflügeln versehen; diese fielen im Zweiten Weltkrieg einer in der Nähe niedergegangenen Bombe zum Opfer. Heute steht in einer Ecke, leicht übersehbar, ein winziger Engel mit großen Flügeln, ein Kind auf dem Schoß, das den Kopf auf die linke Hand stützt. Bei diesem Miniaturengel liegen die Flügel am Körper; die im Krieg verloren gegangenen reckten sich stolz gen Himmel.


Bild 10: Der kleine Engel

Bemerkenswert ist, dass auf der Grabstätte der Familie Oelbermann das Kreuz als zentrales christliches Symbol fehlt. Vom ursprünglichen Engel ist für Uneingeweihte nur eine Frauengestalt zu sehen. Diese steht vor einem steinernen Sarkophag. Erhobenen Hauptes blickt sie nach rechts oben, während sie mit der linken Hand den schweren Stoff über den Sarkophag zieht – oder von ihm wegzieht?


Bild 11: Der stolze Engel – ohne Flügel

Die Körperhaltung, die einen gewissen Stolz zeigt, scheint nicht danach ausgerichtet zu sein, was sie mit der linken Hand tut – als ob sie das nur so nebenbei erledigte. Interessant ist die Kleidung der steinernen Dame. Ein Busenband lässt das Kleid am Bauch glatt aufliegen. Ungewöhnlich: Um die linke Hüfte schmiegt sich ein weiteres Band, über welchem das ansonsten üppig fallende Kleid ein wenig nach oben gerafft ist.


Bild 12: Der in Stein gehauene schwere Stoff ist mit exotischen Blüten geschmückt.

Als „verdienstvoller“ Bürgerin steht Laura Oelbermann ein „städtisches Pflegegrab“ zu. Es gibt Verhandlungen, das Grab in die Obhut einer privaten Patenschaft zu übergeben. In der Tat bräuchte es eine Auffrischung. Von den insgesamt sieben Grabtafeln sind die von Laura und Emil besonders verwittert, so dass die Inschriften nur schwer gelesen werden können. Sie lauten folgendermaßen:




Bild 13: Lauras Grabtafel

Wer heute durch die Gender-Diskussion sensibilisiert ist, wird bei den ersten Zeilen der Inschrift stutzen: sie beginnt mit Lauras Rolle als (Ehe-)Frau, gefolgt vom Vornamen ihres Mannes, dann von ihrem Familiennamen (von Oelbermann), und danach erst erscheint ihr eigener Vorname. Laura hatte in ihrem Testament verfügt, dass das Grab an Allerheiligen, am Totensonntag und an ihrem Sterbetag geschmückt werden sollte. (Ob das wohl geschehen ist?)


Bild 14: An Lauras 173. Geburtstag: Rosen von privat

Ende April 2019 erfuhr ich, dass sich die evangelische Gemeinde Köln mit dem Gedanken trägt, die Oelbermann-Grabstätte zu renovieren. Dazu hat sie Verhandlungen mit einer Steinmetzfirma aufgenommen, die am Melatenfriedhof ansässig ist. In einem Flyer mit „berühmten Grabstätten auf historischen Friedhöfen in Deutschland“ (4), hier auf dem „Friedhof Melaten Köln“, taucht Lauras Name nicht auf – wohl aber unter 24 anderen der Name des Kölner Entertainers Dirk Bach. Doch ist sie in Köln keineswegs vergessen, weder in der evangelischen Gemeinde, noch im „Kölner Frauengeschichtsverein“, der das Gedenken an sie aufrechterhält. Am Rheinufer in der südlichen Altstadt ist die „Laura-von-Oelbermann-Promenade“ nach ihr benannt. Dieser Weg verläuft in der Nähe des historischen „Bayenturms“, der heute nach seiner Nutzung FrauenMediaTurm genannt wird. Eine sehr persönlich gehaltene Würdigung erfährt Laura Oelbermann in einer Ansprache von Ellen von Rautenstrauch, ca. 1960 (5). (Heute noch ist ein Mitglied der Familie von Rautenstrauch im Stiftungsrat der Emil und Laura Oelbermann-Stiftung.) Ellen von Rautenstrauch betont die Freundschaft und Zuneigung zwischen Laura und der Kaiser-Gemahlin Auguste Viktoria. Nach ihr ist nicht nur die Ölberg-Stiftung in Jerusalem benannt, sondern auch das damalige evangelische Säuglingsheim in der Kölner Overstolzenstraße. Natürlich gibt es in Deutschland weitere Einrichtungen, die den Namen der Kaiserin tragen, z.B. in Barmen. Das dortige Auguste-Victoria-Heim war „der Mittelpunkt der Frauenhülfe im Rheinland“. Die „Frauenhülfe“ gehörte zum 1889 gegründeten „Evangelisch-Kirchlichen Hülfsverein“ (6, S. 193).

Eine „Oelbermann-Gedächtniskirche“ in Berlin?

Wie nahe Laura dem Kaiserhaus stand, bezeugt ein Wandmosaik in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche Berlin. Es befindet sich in der einstigen Eingangshalle, heute Gedenkhalle genannt, im Turm der alten Kirche, neben dem mittleren Eingang, schräg unterhalb eines preußischen Herolds mit den Insignien der preußischen Könige. Auf der Tafel ehrt Laura Gott, Wilhelm I. und alle ihre „Männer“.


Bild 15: Die „Oelbermann-Gedächtnistafel“ in der Gedächtniskirche (Foto: Vanja Sisek)

Die Inschrift lautet:
GOTT ZUR EHRE
ZUM RUHME DES
GROSSEN KAISERS
DEM GELIEBTESTEN
GATTEN U. DEN TEU
REN DREI SOEHNEN
ZUM GEDAECHTNIS
LAURA OELBERMANN
27. FEBRUAR 1906

(Insgesamt hatte Laura fünf Kinder zur Welt gebracht; zwei waren schon sehr früh gestorben.)


Bild 16: Das Pendant zu Lauras Mosaiktafel auf der anderen Seite des Eingangs, floral ornamentiert

Auf dem Schriftband unter Lauras Tafel tauchen die Namen Roon, Bismarck und Moltke auf. Es ist wohl ein Zufall, dass drei Straßen in der Kölner Neustadt, nicht weit entfernt von der Oelbermann-Villa, nach diesen Herren benannt sind. (Bismarck und Moltke sind heute noch Ehrenbürger der Stadt Köln.) Unterhalb des Schriftbandes befindet sich ein Relief, das eine Frauengestalt mit Ähren zeigt.


Bild 17: Die Frauengestalt unter Lauras Tafel

Sie symbolisiert, umgeben von stilisierten Kornblumen, den „Frieden“ (14, S. 34).

    Exkurs: Die Frauengestalt mit Ähren lässt auch an die griechische Göttin Demeter (römisch Ceres) denken, Göttin des Erdsegens, des Korns und der Fruchtbarkeit. Ihr zu Ehren wurden das weibliche Fruchtbarkeitsfest und ein Erntedankfest gefeiert. Sie verkörpert mit ihren Accessoires einen alten Mutter-Archetyp. Ceres war ursprünglich die alt-italische Göttin der Ackerfrüchte, im Kult eng verbunden mit der Erdgottheit Tellus, seit dem 6. Jh. v. Chr. mit Demeter gleichgesetzt. Ihr Fest waren die “Cerealien“ – das, was biobewusste Besserwisser unter den Besseressern heute gerne verfrühstücken. (Siehe auch dtv-Lexikon 1990)

In der großen Monografie über die Gedächtniskirche (7) ist die Oelbermann-Tafel zwar mehrfach zu sehen (S. 191, 244 und 273), doch taucht Lauras Name nicht im Personenregister auf. Dass Laura Oelbermann sich in der bedeutungsträchtigsten wilhelminischen Kirche verewigen konnte, spricht für die Wertschätzung, die ihr seitens des Kaiserpaars entgegengebracht wurde. Wie in Jerusalem hat Laura sich diese Wertschätzung auch in Berlin nicht ohne harte Währung erworben: Sie war es, die die Mosaizierung der Vorhalle finanzierte! Diese Mosaiken sind, nur leicht lädiert, erhalten. Laura wird als „Stifterin“, aber nicht mit Namen genannt (14, S. 28). Ihre Tafel wurde elf Jahre nach der Einweihung der Kirche angebracht; die gesamte Innendekoration der Vorhalle wurde erst zu dieser Zeit fertig. Worauf weist das Datum „27.2.1906“ hin? Es war der Tag der Silberhochzeit (7, S. 331) des Kaiserpaars. Und so kam es, dass die Berliner Kirche auch eine Oelbermannsche „Gedächtniskirche“ wurde – für eine Familie aus Köln! (Umgekehrt befindet sich seit 1966 auch ein Stück der Berliner Kirche in Köln: und zwar der Kopf eines Petrus-Mosaiks im Brunnen vor der Oper. Siehe auch: www.udo-w-hombach.de Rubrik Opernbrunnen.)

Laura und Auguste Victoria

Wie entstand eigentlich der Kontakt zwischen den beiden Frauen, die als Wohltäterinnen wesensverwandt waren? 1880 wurde der Kölner Dom eingeweiht. Seine Vollendung nach 632 Jahren unterbrochenen Bauens wurde von Berlin aus betrieben, weil man den gotischen Stil für den genuin deutschen Baustil hielt. Der gotische Kölner Dom wurde so zu einem deutschen Nationaldenkmal. Ende des 19. Jahrhunderts bemerkte man die Fälschlichkeit dieser Annahme und erklärte, promoviert von Ernst Freiherr von Mirbach, den romanischen zum genuin deutschen Baustil (was natürlich auch fraglich ist). Die Bauten Wilhelms II. wurden vor diesem Hintergrund historistisch; der Kaiser entwickelte daraus einen quasi wilhelminischen Stil.

Wilhelm II. und sicher auch Auguste Victoria kamen zur Einweihung des Doms nach Köln. Doch verärgerten sie zunächst das Domkapitel und die Kölner Katholiken, weil sie zuerst einen Gottesdienst in der Trinitatiskirche, dem „evangelischen Dom“, besuchten und danach erst zum Dom aufbrachen. In der Trinitatiskirche war sicherlich die evangelische Kölner Hautevolee versammelt, im Dom die gesamte Kölner Oberschicht. Es ist denkbar, dass der persönliche Kontakt zwischen Laura und Auguste Victoria im Rahmen dieses Ereignisses zustande kam. Wahrscheinlich hat auch Pfarrer Ludwig Schneller aus Köln, der Vorsitzende des Trägervereins für das Syrische Waisenhaus in Jerusalem, zum Kontaktnetz von Laura Oelbermann gehört. Beide nahmen jedenfalls an der großen kaiserlichen Reise nach Jerusalem 1910 teil. Vor allem bei Laura kein Wunder, hatte sie doch die Ölberg-Stiftung wie niemand sonst gefördert. Anfang Mai konnte ich das „Fremdenbuch“ (Gästebuch) von Ludwig Schneller einsehen, das sich noch in Kölner Privatbesitz befindet. Den Namen Oelbermann habe ich darin aber nicht gefunden.

Es spielte vielleicht auch eine Rolle, dass Lauras Ehemann Emil bei der Kölnischen Rückversicherung arbeitete, und zwar an führender Stelle im Aufsichtsrat. Das Großprojekt Dom könnte wohl versicherungsrechtlich geschützt worden sein, sodass Emil zunächst beruflich in die Sphäre des Kaiserhauses eintauchte. Es ist denkbar, dass aus diesem Kontakt (spätestens bei der Einweihung des Doms) auch ein persönlicher wurde, in dem dann auch beide Ehefrauen (miteinander) ins Spiel kamen. Nach Rücksprache mit dem Archivar der Versicherung kann die Hypothese einer solchen Kontaktanbahnung aber nicht belegt werden. Ein anderer Weg ist möglich.

Ernst Freiherr von Mirbach, das umtriebige Berliner Faktotum, verwaltete als Kammerherr und Oberhofmeister die Finanzen der Kaiserin. Die rheinischen Wurzeln seiner Familie im Eifeldorf Mirbach und sein Status als Adeliger machten ihn zum geeigneten Agenten für die Bemühungen des Berliner Hofs, (über Stiftungen) die Sympathie der Bevölkerung im Rheinland zu gewinnen und mit der Oberschicht in Kontakt zu kommen. Mirbach wurde 1844 in Düsseldorf als Sohn eines preußischen Beamten geboren; er wuchs u.a. in Trier auf. Sein Vater zog im Alter nach Bonn. Mirbach hatte schon 1898 als Oberhofmeister das Kaiserpaar nach Jerusalem zur Einweihung der Erlöserkirche begleitet „und gab … über diese Reise ein reich bebildertes Buch mit dem Titel ‚Das Deutsche Kaiserpaar im Heiligen Lande’ heraus, das minutiös die für die verschiedenen Projekte verwendeten Spendengelder aufführt … Der Erlös kam wiederum dem Kirchenbauverein zugute, ebenso wie der von einem Buch über die Einweihung der ‚Kaiserin Auguste Victoria Stiftung’ auf dem Jerusalemer Ölberg im Jahre 1910. Diese Einrichtung diente als Erholungsheim für Diakonissen, Geistliche und deutsche Beamte mit Familien, umfasste aber auch Einrichtungen zur Ausbildung junger Mädchen in häuslichen Fertigkeiten. Die Institution stand unter dem Schutz des Johanniterordens“ (8, S. 149).

Die Ehe der Kaiserin – und die des Kaisers

Auguste Victoria war weniger Staatsfrau als Ehefrau und Mutter. („Frau und Mutter“ hieß noch nach dem Zweiten Weltkrieg das Mitteilungsblatt der Frauenhilfe in der Evangelischen Kirche im Rheinland. Deren territoriale Gestalt entspricht der ehemaligen preußischen Rheinprovinz.) Fürsorge für Bedürftige war eine wichtige Triebfeder der Kaiserin. So gab es eine geistige Verwandtschaft mit Laura.

Führten Kaisers eigentlich eine gute Ehe? Die Aufzeichnungen einer Hofdame der Kaiserin werfen ein flackerndes Licht auf die (zum Teil) gespielte Ehe-Idylle des Kaiserpaars: Es wäre vielleicht ungerecht, „zu sagen, dass Wilhelm seine Frau im gewöhnlichen Sinne des Wortes vernachlässigt; denn im allgemeinen hält er den Schein aufrecht, und ich habe Ursache, zu glauben, daß er seine Frau liebt. Doch hat er die Gewohnheit, ihre Existenz zu vergessen, jedesmal, wenn er denkt, daß er allein besser daran ist, und das ist für Auguste Victoria sehr schmerzlich“ (9, S. 81f.). 1893/94: „Von den dreihundertfünfundsechzig Tagen brachte der Kaiser einhundertneunzig von seiner offiziellen Wohnung entfernt zu“ (9, S. 127).

Wilhelm II. leistete sich gerne Amouren. Doch übersah Auguste Victoria die Seitensprünge ihres kaiserlichen Herrn Gemahls geflissentlich; vielleicht wusste sie aber auch nicht davon. Eine Österreicherin wurde vom Kaiser zwei Winter lang in Berlin ausgehalten. Der habsburgische Kronprinz hatte den Kontakt mit der Mätresse über eine Kupplerin hergestellt (10, S. 195). Konkubinate waren in aristokratischen Kreisen nichts Ungewöhnliches (12, S. 112). (Selbst Luther hatte mal einem verheirateten Landadligen eine zusätzliche Liaison erlaubt, mit der Begründung: wenn denn die Triebe so stark seien…)

Elizza Erbstößer zeichnet zwar ein insgesamt überaus positives Bild vom „Eheleben“ des Kaiserpaars (12, S. 97ff.). Doch bestätigt sie auch die „Untreue“ Wilhelms (12, S. 110ff.) und stellt seine Amouren detailliert dar. Der Sohn Bismarcks empfahl gar ein Kebsweib: „… man solle für Wilhelm eine Mätresse besorgen, dann entkomme er dem Einfluss seiner Frau und sei leichter zu handhaben“ (12, S. 112). (Auguste Victoria was probably not amused...) Wilhelm empfand wenig Sympathie für Rudolf von Habsburg, war aber trotzdem erpicht, an dessen Herbstjagden teilzunehmen. „Als Grund wird sein Interesse an der Verbindung des Jagd- mit dem Prostituiertenvergnügen genannt“ (12, S. 112). Elizza Erbstößer berichtet aber auch, dass der Kaiser im Verlauf seines Ehelebens zunehmend braver wurde.

    Exkurs: Im Zusammenhang mit den kaiserlichen Liebschaften könnte ein Fund interessant sein, der vor einigen Jahren in Jerusalem nach gut einem Jahrhundert im wörtlichen Sinne wieder ans Tageslicht kam. Die Ölberg-Stiftung war zwar das pompöseste Kaiser-Projekt in Palästina. Die Erlöserkirche in der Altstadt von Jerusalem ist aber ideologisch bedeutsamer. Im Rahmen archäologischer Grabungen wurde dort der Grundstein geöffnet. Überraschenderweise beinhaltete er neben den erwarteten Utensilien eine Haarlocke, weiblich, aber wohl nicht von der Kaiserin. „Von welcher Frau stammt sie? … Berichtet wird in den Quellen davon gar nicht. Doch spekuliert werden darf! Für sachdienliche Hinweise, die zur Aufstellung einer brauchbaren und überzeugenden Theorie führen, steht im DEI [Deutsches Evangelisches Institut für Altertumsforschung im Heiligen Land, gegründet von Wilhelm II.] ein wertvoller Sachpreis bereit!“ (13, S. 30ff)

Frau „Oelber(g)mann“ und die Festtage in Jerusalem

Die Feierlichkeiten am 9. und 10. April 1910 zur Einweihung der Ölberg-Stiftung und der wichtigsten deutsch-katholischen Kirche in Palästina, der „Dormitio Mariae“, wurden gezielt zu einem gemeinsamen „deutsch-nationalen Feste in Jerusalem“ (1, S. 1) ausgestaltet. Die Marienkirche auf dem Zionsberg war durch die Vermittlung des Kaisers beim Sultan ermöglicht worden. Sie birgt viele Bezüge nach Köln.

Zu den Gästen „in dem Hospiz auf dem Oelberge“ gehörte auch Laura Oelbermann als Mitglied „von dem Hülfskommittee der Oelberg-Stiftung“ (1, S. 11). Nicht überraschend auch die Teilnahme von „Pfarrer [Ludwig] Schneller, Cöln“ (1, S. 54). Laura gehörte zum inneren Zirkel im Umkreis der Ölberg-Stiftung. Nicht umsonst wurde ihr die Kaiser-Büste überreicht. Laura gehörte schon dem „Kuratorium der Auguste Victoria=Pfingsthaus=Stiftung [in Potsdam] an, [dem ersten großen paradigmatischen Projekt des Kaiserpaars 1894,] und [natürlich] der Kaiserin Auguste Victoria=Stiftung auf dem Oelberge“ (1, S. 122). (Beide Gebäudekomplexe stehen sich in der Erlöserkirche Gerolstein als Mosaikbilder gegenüber!) Ein zusätzlicher „Oelberg-Verein zur Unterstützung der Kaiserin Auguste Victoria=Stiftung auf dem Oelberg bei Jerusalem“ verzeichnet als Mitglied auch „Oelbermann, Frau Laura, Cöln“ (1, S. 139)

Laura Oelbermann, obwohl eine Schwester Auguste Victorias im Geiste, wird jedoch von Elizza Erbstößer nicht erwähnt, weder beim „Evangelischen Hilfsverein“, der „Evangelischen Frauenhilfe“, beim „Evangelischen Kirchenbauverein“ und nicht einmal im Zusammenhang mit der „Kaiserin-Auguste-Victoria-Stiftung auf dem Ölberg“ (12, S. 183ff).

Doch – auch wenn Laura hier erwähnt wäre: Ihre Arbeit würde wohl ähnlich realistisch-kritisch eingeschätzt werden wie die der Kaiserin selbst. „Die Kaiserin hatte sich durch fast vierzig Jahre bemüht, die Lebensbedingungen der Menschen auf der Schattenseite im materiellen, sozialen und emotionalen Bereich zu verbessern, jedoch ohne grundsätzlich in Frage zu stellen, dass die ‚unteren Schichten’ untere Schichten sind und selbst durch Verbesserung ihrer Lage auch bleiben. Demokratie oder Chancengleichheit waren nicht Ziel ihrer sozialen Aktivitäten“ (12, S. 188).

Lauras Wappen in Gerolstein

Der Löwenanteil von Lauras Geldern für Jerusalem ging auf den Ölberg (doch profitierte auch das Syrische Waisenhaus davon). Nicht zufällig ist eines der Wappenfenster in der Himmelfahrtkirche ihr gewidmet. Es enthält ihre Initialen L und O. Die Buchstaben in Gold, ineinander verschlungen, stehen auf einem blauen Wappenschild. Dieser ist von goldenem Fensterglas umgeben und enthält unten noch einmal den Namen „L. OELBERMANN“.


Bild 18: Die Himmelfahrtkirche als Mosaik in Gerolstein

Die „Ölbergstiftung“ insgesamt ist in der Erlöserkirche Gerolstein als Mosaik abgebildet (siehe: www.udo-w-hombach.de/Bilder). Und auch ein Wappen von Laura Oelbermann findet sich in Gerolstein. Es ist ein Mosaikbild in der goldenen Mosaikfläche auf der Südseite des westlichen Querarms. Anders als in der Himmelfahrtkirche enthält Lauras Wappen in Gerolstein bildliche Darstellungen. Es zeigt im Hauptfeld auf rotem Untergrund einen nach rechts springenden Hirsch, einen Zehnender. Das Schildhaupt ist überwiegend blau grundiert. Rechts und links sind zwei goldene Kreuze, deren Form keiner geläufigen entspricht, aber am ehesten noch einem Tatzenkreuz ähnelt. In der Mitte des Schildhaupts wächst eine grüne Pflanze aus einem grünen Streifen unten. Die Platzierung von Lauras Wappen in Gerolstein ist durchaus prominent. Es befindet sich neben dem Wappen von Franz Heinrich Schwechten, dem Erbauer der Gerolsteiner Kirche und überhaupt dem Lieblingsarchitekten des Kaisers. (Schwechten war übrigens gebürtiger Kölner.) Wenn man das Kircheninnere betritt und den Blick leicht nach rechts oben richtet, läuft man geradezu auf Lauras Wappen zu.


Bild 19: Erlöserkirche Gerolstein, westlicher Querarm


Bild 20: Erlöserkirche Gerolstein, Wappen von Laura Oelbermann

Lauras Wappen in Gerolstein und Jerusalem wurden von der Berliner Glasmosaikanstalt Puhl & Wagner gefertigt. Puhl & Wagner hinterließen auch in Köln einige Arbeiten. Das begann während des Ersten Weltkriegs mit der Nikolauskirche im Stadtteil Sülz und endete 1966 mit dem Brunnen auf dem Offenbachplatz vor dem Opernhaus. Aus der Berliner Werkstatt stammt auch das Wandmosaik „Die Geburt des Menschen“ von Otto Freundlich. Es war von Josef Feinhals beauftragt, aber nicht in seinem Haus angebracht worden. Es stand bis nach dem Zweiten Weltkrieg im Lager der Kölner Mosaikfirma Peter Beyer, von wo aus es einen Platz im Foyer des Opernhauses fand. Im Archiv der Berliner Firma existiert eine Korrespondenz zwischen Joh. [gemeint ist wohl Josef] Feinhals sowie Otto Freundlich mit Gottfried Heinersdorff, dem damaligen Mitinhaber der Mosaikfirma. Darin wird die „Wwe Emil Oelbermann“ erwähnt. Laura Oelbermann muss ja wohl schon vor dem Ersten Weltkrieg Kontakt mit Puhl&Wagner gehabt haben, bezüglich ihrer Wappen in Gerolstein und Jerusalem sowie ihrer Tafel in Berlin.

Der „Oelbermann-Park“ in Köln

Zu der Villa Oelbermann am Hohenstaufenring (heute stehen dort moderne Bauten) gehörte ein großer Park. Teile des Parks sind erhalten, aber öffentlich nicht zugänglich. Den Wuchs der Bäume und Pflanzen überlässt man möglichst der Natur; und so wirkt diese grüne Oase in der Stadt wie ein verwunschenes Stück Urwald.


Bild 21: Ein alter Baum vor den Neubauten


Bild 22: Im Frühjahr schmückt sich die uralte Riesenkastanie mit dem hellen Grün frischer Blätter


Bild 23: Der alte Baum lässt neben den Neubauten auch wieder altes Gemäuer aufscheinen (Montage)

Im überall wuchernden Efeu verborgen liegen einige behauene Steine, darunter ein recht großer mit einem Relief: links und rechts zwei Löwen, auf ein Wappen in der Mitte blickend und es mit je einer Pfote haltend, das drei herausgehobene Rechtecke enthält.


Bild 24: Bausteine im Efeu


Bild 25: Der Reliefstein


Bild 26: Das Wappen auf dem Reliefstein

Die Steine liegen nur wenige Meter entfernt von einem roten Eisenzaun auf der südlichen Mauer. In diese Mauer sind zehn große, fahrbare Müllcontainer eingelassen. Üblicherweise wird der Park also nur zur Müllentsorgung betreten.




Bild 27,28: Die alte Mauer aus roten Ziegelsteinen (denkmalgeschützt?)

Was könnte man vielleicht noch tun?

Warum Lauras Wappen in Jerusalem und Gerolstein so verschieden sind und das Wappen auf dem Kölner Reliefstein, der ja höchstwahrscheinlich zu der Villa Oelbermann gehört hatte, noch mal völlig anders aussieht, wie auch die Frage, welche Bedeutung die Wappen in Gerolstein und Köln haben – das zu beantworten wäre Sache der Heraldiker und Familienforscher. Unmittelbare Hinweise dazu scheint es im Berliner Archiv von Puhl & Wagner nicht zu geben. Genauere Recherchen würden sich aber vielleicht lohnen: Das Gerolsteiner Wappen und die Berliner Gedenktafel können kaum ohne Absprache zwischen Laura und der Firma entstanden sein.

Im Mai 2021 jährt sich Lauras Geburtstag zum 175. Mal. Spätestens dieses Datum sollte Anlass dazu geben, die Grabstätte wieder herzurichten – und vielleicht auch dazu, aus den im Oelbermann-Park liegenden Steinen ein Denkmal zu gestalten, zumindest aber dem Reliefstein einen angemesseneren Platz zuzuweisen. (2021 ist auch der einhundertste Todestag von Auguste Victoria.)

Laura Oelbermann hätte durchaus eine besondere Ehrung auch noch einmal in Köln, ihrer Heimatstadt und Hauptwirkungsstätte, verdient. Diese Frau zeigte menschliche Größe: Nach dem Tod ihrer ganzen Familie fing sie nicht an, Trübsal zu blasen (auch wenn die Posaune auf dem Grabmal als Symbol des Todes nach unten gerichtet ist), sondern verwendete ihren Reichtum, um, auch persönlich, die Not von Menschen zu lindern, die Hilfe gut gebrauchen konnten. Ihre Großspende für die neostaufisch-wilhelminische Auguste Victoria-Stiftung auf dem Ölberg in Jerusalem ist aber wohl kaum ohne ein Prestigedenken innerhalb der Aura um das Kaiserpaar zu verstehen. Eine deutsch-evangelische Johanniter-Ordensburg, hoch über Jerusalem gelegen, diente weniger wirklich Bedürftigen als ohnehin schon eher privilegierten Deutschen in der Provinz Palästina im Osmanischen Reich. Allerdings: spätestens seit 1948 ist das Krankenhaus auf dem Ölberg (getragen vom Lutherischen Weltbund) ein Segen für die Palästinenser in Ost-Jerusalem geworden.


Fotos soweit nicht anders angegeben: Udo W. Hombach
Siehe auch: www.udo-w-hombach.de, Rubrik „Gerolstein – Jerusalem“
(Dieser Artikel erscheint gekürzt auch in gedruckter Form: in „Jerusalem, Gemeindebrief – Stiftungsjournal“ und in Köln, „Rheinische Heimatpflege“.)



Literaturhinweise:

1. E. Freiherr von Mirbach (Hg.): Die deutschen Festtage im April 1910 in Jerusalem. Die Einweihung der Auguste Victoria=Stiftung mit der Himmelfahrt=Kirche auf dem Oelberge und der Kirche Mariä Heimgang auf dem Zion. Potsdam 1911
2. Das Evangelische Krankenhaus Cöln – Unter dem Protektorate der Kaiserin und Königin Auguste Victoria, hrsg. von der Krankenhausleitung. Bonn 1903
3. Klaus Schmidt: Aufstieg einer Minderheit – 500 Jahre Protestanten in Köln, Berlin 2016
4. entwickelt von „HORTEC“ in Berlin
5. Typoskript im Archiv des Ev. Stadtkirchenverbands, Köln
6. Ernst Evers: Auguste Victoria – Das Lebensbild der deutschen Kaiserin. Potsdam 1908
7. Vera Frowein-Ziroff: Die Kaiser Wilhelm-Gedächtniskirche. Berlin 1982
8. Ernst Dietrich Baron von Mirbach: Oberhofmeister Ernst Freiherr von Mirbach und seine Beziehungen nach Godesberg. In: Godesberger Heimatblätter/54. 2016, S. 140-153
9. Anonym (Hofdame der Kaiserin): Das Geheimleben des Berliner Hofes – Das Privatleben Kaiser Wilhelms II. und seiner Gemahlin. Berlin 1918 (englische Ausgaben, London 1904-1909)
10. Karin Feuerstein-Praßer: Die deutschen Kaiserinnen: 1871-1918. Regensburg 1997
11. Anne Sass: Mehr als nur „Kwartier Latäng“ – Leben am Rathenauplatz, Köln 1994
12. Elizza Erbstößer: Kaiserin Auguste Victoria (1858 bis 1921). Versuch einer Biografie. Dissertation an der Johann Wolfgang Goethe-Universität zu Frankfurt am Main, 2007
13. Dieter Vieweger und Jutta Häser: Der Grundstein der Erlöserkirche aus dem Jahr 1893 und sein ganz eigenes Geheimnis. In: „Jerusalem Gemeindebrief-Stiftungsjournal“, September 2011
14. Erwin Gerlach: Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche Berlin. Regensburg 1997

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