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Kommentar
Auf dem SÜDDEUTSCHEN Strich
Hitlers Wiedergänger
Von Ulrich Gellermann

Auf den Strich gehen: So nennt man jene Tätigkeit, bei der ein Mensch seinen Körper zum Zweck sexueller Ausbeutung gegen Geld verkauft. Wenn ein Mensch sein Gehirn verkauft, wie nennt man das? Kommt es zum Handel Körper gegen Geld, nennt man den, der den Handel organisiert, einen Zuhälter. Ein schmähender Ausdruck für jene, die am Handel mit Intellekt Geld verdienen, ist unbekannt. Am 27. Januar 1945 ist der Internationale Holocaust-Gedenktag. An dem Tag wird der sechs Millionen ermordeter europäischer Juden gedacht. An dem Tage hatten sowjetische Soldaten die Überlebenden des Vernichtungslagers Auschwitz befreit. Am 27. Januar 1944, endete die Hungerblockade der sowjetischen Stadt Leningrad durch deutsche Truppen. Rund eine Million Menschen starben bei dem bestialischen Versuch, die Leningrader und mit ihnen die Völker der Sowjetunion auf die Knie zu zwingen. Im Blick der Nazis, deren Erben die Deutschen sind – ob sie wollen oder nicht – hatten die Juden und die Sowjets, Russen genannt, eine Ähnlichkeit: Beide galten als Untermenschen, beide waren sie der Vernichtung preisgegeben. So weit und so lange die Macht der Nazis reichte.

Die ermordeten Juden finden sich in der Erinnerung der Deutschen wieder: Angela Merkel fordert in diesen Tagen "Null Toleranz gegen Antisemitismus". Es gibt Gedenkstunden, Kranzniederlegungen, und eine ganze Reihe deutscher Medien erinnern an das Verbrechen. Nur selten, und wenn doch, nur in einer Art Fußnote, ist davon die Rede, dass es ausgerechnet sowjetische Truppen waren, die mit der Befreiung von Auschwitz die Befreiung der Deutschen vom Nazi-Regime einläuteten.

Noch seltener ist die mediale Erinnerung an die Hungerblockade der Stadt Leningrad, die heute Sankt Petersburg heißt. Immerhin weiß der Berliner "Tagesspiegel" vom organisierten Hungertod der Leningrader zu schreiben, meint im selben Text aber auch: "Stalin, darin seinem Gegner gleich, befahl, jeden Meter sowjetischen Bodens zu halten." Damit setzt das Blatt den deutschen Aggressor mit dem russischen Verteidiger gleich. Die "Tagesschau" kann mit der Kanzlerin im Gedenken an den Holocaust sagen: "Dieser Tag lässt uns daran erinnern, was Rassenwahn, Hass und Menschenfeindlichkeit anrichten können". Dass die Vernichtung der Leningrader etwas mit Rassenwahn, Hass und Menschenfeindlichkeit zu tun haben könnte, will die öffentlich-rechtliche Nachrichten-Anstalt genauso wenig wissen, wie sie sich überhaupt an dieses Verbrechen der Nazis erinnern mag.

Jene deutschen Intellektuellen, die für Geld in den Redaktionen der Medien Meinungen verbreiten, haben einfach keine Meinung zu diesem alten Verbrechen in Russland, weil sie nichts davon wissen wollen. Und falls sie von dem Massenmord doch Notiz nehmen, wie im Fall "Tagesspiegel", dann müssen sie zwanghaft die Russen zumindest dafür mitverantwortlich machen. Oder die Journalisten überqueren sogar jenen Strich, der die Grenze zwischen Scham und Schamlosigkeit markiert, den Strich, der die Anständigen von den Unanständigen trennt, den Strich, auf den der Intellekt geht, wenn er käuflich ist. So wie jüngst die der "Süddeutsche Zeitung“, die mit der Überschrift "Moskau missbraucht das Gedenken an Leningrad" auf die Gräber der ermordeten Leningrader pisst.

Silke Bigalke heißt die Schreiberin der "Süddeutschen", die mit der Behauptung "75 Jahre nach der Befreiung verharmlost Russland den Hungertod von über einer Millionen Menschen" im Gefolge der Nazi-Barbarei pure Häme über die russischen Erben der verhungerten Leningrader ausgießt. Zur Militärparade im heutigen St. Petersburg zum 75. Jahrestag der Befreiung der Stadt fällt ihr ein: "Wieder einmal schicken die in Moskau Regierenden Soldaten statt Mitgefühl und verordnen Nationalstolz statt Gedenken." Und wer noch entsetzt von dieser Infamie weiter liest, stößt auf die primitive Gleichsetzung von Tätern und Opfern in dieser Zeile: "Deutschland verdrängte den Völkermord, Russland zensiert ihn." Und so grundiert die Frau den ideologisierten Schweine-Journalismus mit einer weiteren Unterstellung: "Die Stadtbehörden hätten sich sonst wohl viel früher fragen lassen müssen, warum sie damals so wenig für die Bürger taten."

Dass die Sowjets um ihr Überleben kämpften? Was kümmert es Silke Bigalke? Dass auf russische Gefangene die deutschen Vernichtungslager warteten, wenn sie in Leningrad und anderswo nicht den Marsch der Nazis stoppen würden, was will die korrumpierte Dame davon wissen? Und so verhöhnt sie die Toten, wenn sie das heutige russische Gedenken an sie karikiert: "Als sei ihr Tod so gerechtfertigt, als seien sie freiwillig verhungert. Dies verharmlost das Geschehene, und das ist gefährlich." Als hätten die Russen damals den Krieg gegen die Deutschen begonnen, als hätten die Russen den Hunger selbst erzwungen, als sei die Militärparade nicht Warnung sondern Gefährdung. Als stünde die Parade nicht im Gefolge jener Truppen, die das eingeschlossene Leningrad befreiten.

Man verdient gutes Geld mit und in den deutschen Redaktionen. Nicht selten ist es Schweige-Geld: Man tut so als wisse man nicht von den Nazi-Verbrechen gegen die Russen. Aber immer wieder ist es auch das Geld der Freier von der Rüstungsindustrie, die mit dem alten recycelten Feindbild des unwerten russischen Menschen den Lustgewinn erhöht, der augenscheinlich im Profit liegt: Ein böser Feind ist die Voraussetzung für mehr Rüstung.

Gutes Geld verdient auch Dieter Schaub, der die Medien Union GmbH besitzt, zu der Produkte wie die "Süddeutsche Zeitung" gehören. Schaub zählt zu den 100 reichsten Deutschen. Sein Vermögen wird auf 1,1 Milliarden US-Dollar geschätzt. Er gibt den Strichern, die ihren Ehrgeiz mit profitabler Russophobie befriedigen, ein komfortables Zuhause. Er alimentiert jenen Hass, jene Menschenfeindlichkeit, die dem Rüstungs-Etat Gründe zuführt. Auf diesem beliebten Weg der deutschen Wirtschaft hätte Hitler beinahe gesiegt. Er wurde vor Leningrad geschlagen. Seine Wiedergänger proben ihre Rollen.


Erstveröffentlichung am 28. Januar 2019 bei rationalgalerie.de – Eine Plattform für Nachdenker und Vorläufer

Top-Foto:
Ulrich Gellermann (aus Video-Interview: deutsch.rt.com)


Online-Flyer Nr. 690  vom 30.01.2019

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