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Aktueller Online-Flyer vom 28. März 2024  

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Kommentar
Kommentar vom Hochblauen
Das Land, wo der Rassismus blüht
Von Evelyn Hecht-Galinski

Bereits seit Jahrzehnten ist der Rassismus im "jüdischen Staat" etabliert und toleriert. Allein schon die Begriffe "Jüdischer Staat" und "Demokratie" sind nicht vereinbar. Nehmen wir als Beispiel das so genannte "Rückkehrgesetz", das Herzstück des Zionismus, das jedem Juden weltweit die "Rückkehr" in den "Jüdischen Staat" gestattet. Als 1929, also zwanzig Jahre vor Staatsgründung Israels, die Jewish Agency for Palestine gegründet wurde, die heute Jewish Agency for Israel heißt, da war es von Beginn an klar, worum es geht, nämlich um die Judaisierung von Palästina.

"Rückkehr" der "Juden" durch Vertreibung der Palästinenser ist rassistisch

Das Rückkehrgesetz, 1950 verabschiedet, garantiert allen Juden in der Welt die israelische Staatsbürgerschaft. Dieses Gesetz, beruht auf einem jüdischen "Alleinvertretungsanspruch" in Palästina, der nur Juden berücksichtigt und nur mit der Vertreibung der Palästinenser aus ihrer Heimat zu machen war. Während also allen Juden, ihren Kindern und Kindeskindern dieses Rückkehrrecht ermöglicht wurde, sie geradezu ermuntert wurden, "zurückzukehren", war die Folge die systematische Vertreibung der Palästinenser aus Palästina.

Die  Nichtregierungsorganisation Adalah (Gerechtigkeit) prangert die soziale und rechtliche Benachteiligung der palästinensischen Minderheit in Israel an, die in Anbetracht der mehr als 31 rassistischen Gesetze, darunter das Rückkehr-Gesetz mit seiner Garantie der israelischen Staatsbürgerschaft nur für Juden, alle Nicht-Juden Israels diskriminiert. Schon dieses erste Gesetz also markiert den Weg des "Jüdischen Staates" als eine Theokratie nur für Juden.

Dieser exklusive Zugang zur israelischen Staatsbürgerschaft, um die jüdische Mehrheit im Land zu bewahren, ist nicht nur fragwürdig, sondern durch und durch rassistisch. Dies fügt sich nahtlos ein in die vielen andern rassistischen Gesetze im "Jüdischen Staat".

Immer perfider wurden diese Gesetze in Bezug auf die Familienzusammenführung. Beispiel: Heiratet ein israelischer Palästinenser eine Palästinenserin aus den von Israel besetzten Gebieten, so erhält diese Partnerin nur eine befristete Aufenthaltsgenehmigung, die zudem noch ständig erneuert werden muss und die immer öfter dank neuer Schikanen verwehrt wird, so dass viele dieser Paare gezwungen waren, Israel zu verlassen.

Die jüdische Diskriminierung der Palästinenser in ihrem eigenen Land wird immer dreister; so wird die bei Staatsgründung 1948 begonnene Enteignung palästinensischen Landes immer massiver und die Umwandlung palästinensischen Besitzes in israelisches Staatseigentum immer ungehemmter betrieben, ganz zu schweigen von der Unmöglichkeit für Palästinenser, Land zu erwerben.

Vertreibung der Palästinenser, indem ihnen das Leben zur Hölle gemacht wird

So versucht das zionistische Regime 70 Jahre nach der Nakba, den "Feinden im Lande", der "Fünften Kolonne", mit immer stärkeren diskriminierenden Methoden das Leben zu Hölle zu machen und sie endgültig aus dem Land zu vertreiben.

Auch im jüdischen Parlament, der Knesset, wird den palästinensischen Abgeordneten das Leben immer schwerer gemacht. Sie werden wie Aussätzige behandelt und einige von ihnen wurden auch schon zu Haftstrafen verurteilt, wie Hanin Zoabi von der Balad-Partei. 2016 beabsichtigte die Netanjahu-Regierung, palästinensische Abgeordnete aus der Knesset auszuschließen, weil sie sich weigerten, Israels Existenz als "Jüdischer Staat" anzuerkennen und weil sie sich mit "Terroristen" getroffen hätten. Dieses Gesetz sollte das Parlament ermächtigen, Abgeordnete auszuschließen, die den "Terrorismus unterstützen". Also ein "Ermächtigungsgesetz", das mit einer Demokratie nichts zu tun hat, sondern willkürlich nach dem Motto handelt "wer Terrorist ist, entscheiden wir".

Ganz schlimm wird es, wenn wir uns Jerusalem anschauen, wo auf die illegale Annektierung/Besatzung der unhaltbare US-Botschaftsumzug nach der US-amerikanischen Anerkennung von Jerusalem als „ewig ungeteilte Hauptstadt“ des "Jüdischen Staates" folgte. Dieser Zustand reiht sich in die Provokationen auf dem Haram al-Sharif und dem völlig undemokratischen und rassistischen Status der palästinensischen Bürger Jerusalems als "ständige Bewohner", denen zudem das Wahlrecht zur Knesset verweigert wird.

Den etwa 20 Prozent der palästinensischen Bevölkerung im "Jüdischen Staat" gehören nur noch etwa 3 Prozent ihres Landes- der klägliche Rest des "gesetzlichen" zionistischen Landraubs. Sie spielen keine Rolle mehr für das Netanjahu-Regime und bekommen das täglich mehr zu spüren. Man unterdrückt die Palästinenser im Kernland, im besetzten Westjordanland und in Gaza mit einer Brutalität, die an deutsche Besatzung anderer Völker erinnert.

"Jüdischer Staat": aufgebaut auf den Grundpfeilern der Diskriminierung

Dieser "Jüdische Staat" ist auf den Grundpfeilern der Diskriminierung aufgebaut, allerdings ist dieses wacklige Fundament auf Dauer mehr als einsturzgefährdet und nicht haltbar.

Ein Staat, der jeden "Nicht-Juden" als fundamentalen Gefährder und demographische Bedrohung sieht, wo Palästinenser als Abfall der jüdischen Gesellschaft diskriminiert, und Flüchtlinge als Infiltranten und Gastarbeiter nur geduldet werden, um fehlende Arbeitskräfte auszubeuten, der aber alle diese Gruppen niemals in das jüdische Staatsbürgersystem als „gleichwertig“ eingliedern will, ist auf lange Sicht zum Scheitern verurteilt.

Dieser Staat ist nicht nur einmalig als "Jüdischer Staat", sondern auch in der Auslegung seiner Einwanderungs- und Einbürgerungsgesetze, die ganz nach Gutdünken der ideologischen Richtung der Regierung ausgelegt werden können. So kann ein Rechtssystem ausgehöhlt werden, das man daher eigentlich auch nicht als Rechtssystem bezeichnen kann, sondern als undemokratisches System, das danach trachtet, die Ansiedlung der nicht-jüdischen, speziell palästinensischen Einwanderer/Rückkehrer für immer zu verhindern und deren Rechtsansprüche für immer auszuschließen. Bis zum heutigen Tag gab es noch nicht eine Regierung, die nach einem anderen, also demokratischen Prinzip vorging.

Einen Staat mit mehr als 33 rassistischen Gesetzen anerkennen?

Wie also kann man, frage ich, einen Staat anerkennen, der nicht nur keine definierten Grenzen hat, sondern auch keine Verfassung, aber dafür mehr als 33 rassistische Gesetze zum Zweck der Diskriminierung, die nur ein Ziel haben, das Niederlassen von nicht-jüdischen Gruppen zu verhindern, von integrieren ganz zu schweigen. Ein Staat, der einmalig in der Welt, seit Jahrzehnten eine illegale Besatzung aufrecht erhält, Gaza als abgeriegeltes Konzentrationslager hält und verzweifelte Gegenwehr, also legitimen Widerstand als „militanten Terror“ mit Massakern und Bomben beantwortet.

Dieser Staat sieht nicht nur alle seine Nachbarn als Bedrohung an und verletzt willkürlich deren Souveränität, er ermuntert auch noch andere Staaten dazu, Kriege für ihn zu führen. Dazu sieht er als eine der Hauptbedrohungen die jüdische Mehrheit durch die Geburtenrate der Palästinenser im Kernland Israel gefährdet, also nach dem "Feind von außen", bekämpft  er auch noch den "Feind im Innern". Das betrifft die etwa 1,7 Millionen Palästinenser, die unter der Armutsgrenze als "Ausgegrenzte"  im Jüdischen Staat" leben, sowie Muslime, Christen, Beduinen und Drusen, eben Nicht-Juden.

Wenn jetzt noch der leicht veränderte Entwurf des Diskriminierungsgesetzes aus dem Jahr 2014 umgesetzt werden sollte, dann wird die Diskriminierung gesetzlich verankert und den Kommunen erlaubt, ihren "exklusiven Charakter" beizubehalten, die die Palästinenser demnächst noch mehr ausgrenzen können. Eine Trump-lässt-grüßen-Politik des "Jewish First". Die Anerkennung von Hebräisch als alleiniger Amtssprache und dem Arabisch einen "besonderen Status" zu geben, dieses Gesetz wird auf alle Juden in der Diaspora zurückfallen, wenn sie zu diesem Gesetz schweigen und sich nicht wehren, dass ein "Jüdischer Staat" auf solchen Spuren wandelt.

Vom rassistischen Krebs zerfressener Apartheidstaat gehört nach Den Haag

Dieser jüdische Apartheidstaat, der alle Werte längst hinter sich gelassen hat, sollte er sie jemals gehabt haben, und  der immer wieder darauf pocht, die "einzige" Demokratie im Nahen Osten zu sein, aber zulässt, das Scharfschützen Kinder an der Grenze zu Gaza ermordet, die nichts verbrochen haben, außer für Ihr Recht auf Freiheit zu demonstrieren, der mitleidlos Razzien und Sippen- und Administrativhaft ausführt, vor außergerichtlichen Hinrichtungen und Mossad-Morden nicht zurückschreckt, Kriegsverbrechen und Massaker der schlimmsten Art ausführt, der vom rassistischen Krebs zerfressen wird, sollte endlich vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag landen. Dies wird nicht geschehen, solange er sich der Konsequenzlosigkeit der westlichen Politik gewiss sein kann.

Diese perverse Kultur der Straflosigkeit gegen den "Jüdischen Staat" muss ein Ende haben und die internationale Justiz, deren Glaubwürdigkeit schon längst ihren Glanz verloren hat, muss endlich ein Verfahren einleiten gegen die verantwortlichen Täter im "Jüdischen Staat". Auch das Argument, mit dem sich Israel einer Strafverfolgung zu entziehen versucht, zieht nicht mehr. Israel, das dem Internationalen Gerichtshof nicht angehört, kann trotzdem verurteilt werden, wenn die Anklage nur will und das Verfahren beginnt. Nicht die Hamas sind die Terroristen, sondern es sind die israelischen Staatsterroristen unter dem Netanjahu-Regime.

Genug mit der Gehirnwäsche, die uns weismachen will, dass der "Jüdische Staat" unsere Werte vertritt und uns vor Terror schützt. Genau das Gegenteil ist der Fall: Israel schafft durch seine Politik Krieg und Flüchtlinge und gesellt sich in den Kreis der globalen Werteheuchler, die nichts anderes wollen, als ihre tödliche Rüstungsindustrie am Laufen zu halten, mit allen Mitteln.

Das Land, wo der Rassismus blüht, per BDS vom Rassismus befreien

Solange den Palästinensern ihr legales Rückkehrrecht nach Palästina verweigert wird und solange ihr legaler Widerstand gegen die illegale Besatzung in Politik und Medien kriminalisiert wird, solange ist es wichtig, die BDS-Kampagne zu unterstützen.

Das Land, wo der Rassismus blüht, braucht keine blinde Solidarität, sondern endlich eine Politik, die Freiheit für Palästina bringt. Aber davon sind wir weiter entfernt als je zuvor.


Evelyn Hecht-Galinski, Tochter des ehemaligen Zentralratsvorsitzenden der Juden in Deutschland, Heinz Galinski, ist Publizistin und Autorin. Ihre Kommentare für die NRhZ schreibt sie regelmäßig vom "Hochblauen", dem 1165 m hohen "Hausberg" im Badischen, wo sie mit ihrem Ehemann Benjamin Hecht lebt. (http://sicht-vom-hochblauen.de/) 2012 kam ihr Buch "Das elfte Gebot: Israel darf alles" heraus. Erschienen im tz-Verlag, ISBN 978-3940456-51-9 (print), Preis 17,89 Euro. Am 28. September 2014 wurde sie von der NRhZ mit dem vierten "Kölner Karls-Preis für engagierte Literatur und Publizistik" ausgezeichnet.

Online-Flyer Nr. 668  vom 18.07.2018

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