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Globales
Teilung Palästinas eine große Fehlentscheidung
Nach 70 Jahren Teilung von Palästina
Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait

Am 29. November sind 70 Jahre Teilung Palästinas vergangen, die zur Sondergründung des Pseudostaates Israel führte, was wiederholte Aggressionen und Kriege im Nahen Osten mit sich brachte. Der so genannte Staat Israel entstand gegen den Willen der arabischen Staaten, gegen den Willen der einheimischen Bevölkerung Palästinas. Diese überrumpelnde Staatsgründung, ungewollt von der einheimischen Bevölkerung, führte seitdem zu endlosen Kriegen, Krisen und Destabilisierung der ganzen Region. Bis heute noch.

Ein kurzer Blick auf die so genannte Staatsgründung Israels genügt, das heutige Problem Israel zu begreifen: Washington beauftragte die Vollversammlung der Vereinten Nationen (UN), sich weiter mit dem Problem Palästina zu befassen. Am 29. November 1947 billigten die Vereinten Nationen die Teilung Palästinas in einen arabischen und einen jüdischen Staat. Am Tag zuvor legte Großbritannien sein Palästina-Mandat offiziell nieder. Wenige Wochen danach sah Washington ein, dass die Teilung eine große Fehlentscheidung war, angesichts der Ablehnung und wachsender Unruhe unter den in der Region lebenden Arabern, die die Mehrheit der ansässigen Bevölkerung darstellten. Die arabischen Staaten lehnten den Teilungsplan offiziell ab. Folgerichtig beauftragte Washington die UN-Vollversammlung, sich weiter mit dem Problem Palästina zu befassen. Die USA zogen ihre Zustimmung zum Teilungsplan zurück (19.3.1948). US-Präsident Harry Truman schlug vor, Palästina unter den Schutz der Vereinten Nationen (UN) zu stellen, sollte Großbritannien abziehen. Schlimmerweise kam Israel den USA in die Quere und setzte sich über den Willen der Weltstaatengemeinschaft hinweg: Israel wurde als unabhängiger und souveräner Staat (14. Mai 1948) ausgerufen trotz der speziellen Démarche der UN, die Unabhängigkeitserklärung zu verschieben.

Terrorattentate seitens extremistischer zionistischer Banden im Kontext der Staatsgründung Israels


Zu beachten ist, dass Israel gerade dann gegründet wird, als die UN-Vollversammlung auf ausdrücklichem Wunsch der USA sich weiter mit dem Problem Palästina befassen wollte und sollte, denn Washington revidierte seine Position und erklärte sich gegen die Teilung (30.3.1948), als es offensichtlich war, dass sie einen Bürgerkrieg in Palästina hervorbringen würde, was dann auch eintraf. US-amerikanische und britische Delegationen in Jerusalem erlitten sogar Terrorattentate seitens extremistischer zionistischer Banden.

Missverhältnis bei Teilung Palästinas immer weiter zugunsten Israels verschoben


Mit der Teilung des Landes, die von den Vereinten Nationen 1948 vorgenommen wurde, bekamen jüdische Siedler (= nur 31% der Bevölkerung) 55% des Landes und Palästinenser (= 60% der Bevölkerung) 44% zugewiesen. Dieses Missverhältnis wurde in den darauf folgenden Jahren immer weiter zugunsten Israels verschoben und dessen Landanteil vermehrt. Nach dem 6-Tage-Krieg 1967 betrug es 78% Landanteil für Israel und 22% für Palästina (Westjordanland und Gaza-Streifen) und hat sich seitdem weiter auf 88% zu 12% zu Lasten Palästinas verschlechtert.

Heute kein zusammenhängendes Siedlungsgebiet für Palästinenser

Von dem kleinen Gaza-Streifen abgesehen, gibt es aufgrund der Siedlungspolitik heute praktisch kein zusammenhängendes Gebiet Palästinas mehr. Die Siedlungspolitik, die als wilde Kolonisierung zu bezeichnen ist, verstößt gegen alle UN-Resolutionen und veranlasste eine starke Verurteilung Israels durch den UN-Sicherheitsrat am 24.12.2016. Aber Israel hat nicht davor zurückgeschreckt, mit einer Mauer die weitere Landnahme palästinensischen Bodens zu manifestieren.

Balfour-Erklärung: Keim des heutigen Konfliktes

1917 versprach der britische Außenminister Balfour den Juden „a national home“ - keinen Staat - in Palästina (Balfour-Erklärung). Damit war der Keim des heutigen Konfliktes gelegt. Der britische Außenminister, Lord Curzon, zusammen mit den Regierungen Italiens und Frankreichs lehnten damals jeden offiziellen Text ab, der den Wortlaut „der Anspruch der Juden, um Palästina in eine nationale Heimat zu verwandeln“ enthielt. Das Palästina-Komitee empfahl dem Foreign Office, jede Erwähnung vom angeblichen „jüdischen Anspruch“ wegzulassen, ja wegzuwischen. Die Alliierten hatten den historischen Zusammenhang im Vertrag von Sèvres (1920) anerkannt, aber „keinen jüdischen legalen Anspruch“. Vor allem Winston Churchill, damals Großbritanniens Kolonial-Sekretär, war sich im Klaren, dass jeder Keim eines möglichen Problems von Anfang an zu vermeiden war. Deshalb wollte er vom angeblichen „legalen Anspruch“ der Juden auf Palästina nichts wissen. Die Alliierten hatten verstanden, dass alles, was für das jüdische Volk getan werden müsste, allein aus Gefühlsgründen zu tun war. Also war es notwendig, den Zionisten Raum in Palästina zu ermöglichen, aber dies bedeutete nicht, die Lage so zu ändern, als ob das ganze Land ihre Heimat wäre.

Mythos vom „jüdischen Volk“

Evelyn Hecht-Galinski bringt die Sachlage auf den Punkt, wenn sie die Balfour-Erklärung scharf und präzis kritisiert: "Hier wurde auch der Grundstein dafür gelegt, dass sich der Mythos vom 'jüdischen Volk' bildete, indem die religiöse jüdische Gemeinschaft zu einem jüdischen 'Volk' deklariert wurde, um die 'nationale Heimat' zu legitimieren. Damit hatte sich auch der schreckliche Traum Theodor Herzls vom 'Judenstaat' und der 'modernen' Lösung der Judenfrage erfüllt. Lord Lionel Walter Rothschild, das zionistische Aushängeschild Großbritanniens, schwärmte von dem Abkommen als das 'größte Ereignis' in der jüdischen Geschichte der letzten 1.800 Jahre. Erkaufte Rothschild mit der Unterstützung von Balfour im Wahlkampf dessen politische Zukunft und der Preis war die Deklaration? Mit der Balfour-Erklärung wurde Palästina dem 'Jüdischen Volk' als 'nationale Heimstätte' versprochen. Heute haben wir das gleiche Phänomen, indem der 'Jüdische Staat' als Bollwerk des Westens im Nahen Osten gilt und die 'jüdisch -christlichen Werte', gegen den Islam verteidigen soll... Von Anfang an wurden die Rechte der 'bestehenden nicht-jüdischen Gemeinschaften in Palästina' missachtet. Schließlich hatten die britischen Kolonialherren genau die gleichen Ideen wie die jüdischen Kolonialisten. Diesen Zionisten sollte es ermöglicht werden, Palästina zu kolonialisieren. ... Es war dieser jüdische Hochmut gegenüber den Palästinensern, den ich schon damals verabscheute. Die Briten sollten sich für dieses Desaster endlich entschuldigen, anstatt es zu feiern. Tatsächlich wurde mit der Balfour-Deklaration der Grundstein für die ethnische Säuberung und illegale Besatzung Palästinas gelegt... Warum wird heute immer wieder der entscheidende Satz nicht erwähnt. 'Nichts soll getan werden, was die zivilen und religiösen Rechte der existierenden nicht-jüdischen Bevölkerung in Palästina infrage stellen könnte'." (“Es gibt NICHTS zu feiern“ von Evelyn Hecht-Galinski, 8.11.2017)

Orient nach Kolonialherrenart aufgeteilt

Der Orient wurde nach Kolonialherrenart aufgeteilt: Die angestammte Region von Syrien zerstückelt. Frankreich bekam das „Mandat“ für jenes Gebiet, das die heutigen Staaten Libanon und Syrien umfasst. Großbritannien bekam das heutige Jordanien sowie Palästina. Nach der Gründung der „Arabischen Liga“ (22. März 1945) betrachteten die arabischen Staaten Palästina als Teil oder Verlängerung von Transjordanien ganz selbstverständlich als Teil der arabischen Welt. Es begann ein Krieg, der dazu führte, dass rund 80 Prozent der in Israel lebenden Araber (Palästinenser) vertrieben wurde oder floh. Jahrzehnte des Leidens und des Terrors, der Gewalt und Gegengewalt.

Sanktionen gegen Israel bei Beharren auf Verstoß gegen das Völkerrecht

Doch inzwischen hat sich endlich die Selbstbestimmung der Palästinenser ausdrücken können, indem auf der UN-Vollversammlung im September 2012 der Staat Palästina ausgerufen wurde. Dafür gab es die erforderliche Zustimmung einer Zwei-Drittel-Mehrheit der Weltstaatengemeinschaft. Die blockfreien Staaten unterstützten einstimmig die Gründung des Staates Palästinas. Damit ist die Staatsgründung Palästinas legitim und legal zustande gekommen, ohne Fremdbestimmung. Nun ist der Weg dafür geebnet, dass die schwierigsten und heikelsten Fragen nicht mehr ohne weiteres blockiert werden und auf der Tagesordnung der Vereinten Nationen erscheinen können, nämlich die Räumung der illegalen Siedlungen, die Anerkennung Palästinas als ungeteiltes Land und gemeinsamer Staat für alle seine Einwohner, die Unterstützung Palästinas von allen zivilisierten Länder, die Verschrottung sämtlicher Atomwaffen und anderer Massenvernichtungswaffen in der Region, über die Israel verfügt. Sanktionen müssen gegen Israel bis hin zu seinem Ausschluss aus den Vereinten Nationen erfolgen, solange es darauf beharrt, gegen das Völkerrecht zu verstoßen. Es sollte Vorrang haben, die Arabische Union zu fördern. Mit einer arabischen Union wäre es besser möglich, Israel, der westliche Vorposten im Nahen Osten, wirksam in seine Schranken zu weisen.

UN-Bedingungen von Israel zu erfüllen, sonst Israel aus UN auszuschließen

Israel wurde als Mitglied der Vereinten Nationen (11.5.1949) lediglich unter der Bedingung zugelassen, den vertriebenen Palästinensern ihre Eigentümer zurückzugeben oder sie zu entschädigen und ihnen zu erlauben, nach Palästina zurückzukehren. Die Vereinten Nationen bestätigten in wiederholten Resolutionen diesen fairen Standpunkt. Die Weigerung Israels führte zu einem vollständigen Impasse. Die Hälfte der Palästinenser wurde zu Flüchtlingen. Unsicherheit für alle Bewohner war die unmittelbare Folge. Bleiben die UN-Bedingungen unerfüllt, ist der Ausschluss Israels aus den Vereinten Nationen völkerrechtlich völlig begründet und ein berechtigtes Anliegen für die Weltöffentlichkeit.

Keine Verhandlungen ohne glaubwürdige zuverlässige Basis

Israel ist ein großes Problem für die Weltstaatengemeinschaft geworden. Solange die Abnormität der israelischen Besatzung weiter besteht, wird es keinen Friedensprozess im Nahen Osten geben. Die gleiche Situation, die gleichen Probleme verlangen heute eine entscheidende Lösung. Der neue israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, im Amt seit dem 6.2.2009, ist nicht nur als militärischer Hardliner bekannt, sondern auch als politischer Gegner eines jeden Friedensprozesses im Nahen Osten. Deshalb ist das Misstrauen der Palästinenser völlig begründet sowie ihre Entscheidung, keine Verhandlungen mit Israel aufzunehmen, solange der israelische Siedlungsbau in den besetzten Gebiete nicht gestoppt worden ist. Was bringen Verhandlungen, wenn es keine glaubwürdige zuverlässige Basis dafür gibt? Die Palästinenser hatten die Obama-Administration aufgefordert, weiter Druck auf Israel auszuüben und die Palästinensische Autonomiebehörde zu stärken. Darüber hinaus wird auch eine Einigung mit Hamas gesucht. Keineswegs wollen sie auf angebliche Zugeständnisse oder faule „Kompromisse“ aus Tel-Aviv eingehen.


Verfasst am 25.11.2017


Luz María de Stéfano Zuloaga de Lenkait ist chilenische Rechtsanwältin und Diplomatin (a.D.). Sie war tätig im Außenministerium und wurde unter der Militärdiktatur aus dem Auswärtigen Dienst entlassen. In Deutschland hat sie sich öffentlich engagiert für den friedlichen Übergang der chilenischen Militärdiktatur zum freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat, u.a. mit Erstellen von Gutachten für Mitglieder des Deutschen Bundestages und Pressearbeit, die Einheit beider deutschen Staaten als ein Akt der Souveränität in Selbstbestimmung der beiden UN-Mitglieder frei von fremden Truppen und Militärbündnissen, einen respektvollen rechtmäßigen Umgang mit dem vormaligen Staatsoberhaupt der Deutschen Demokratischen Republik Erich Honecker im vereinten Deutschland, für die deutsche Friedensbewegung, für bessere Kenntnis des Völkerrechts und seine Einhaltung, vor allem bei Politikern, ihren Mitarbeitern und in Redaktionen. Publikationen von ihr sind in chilenischen Tageszeitungen erschienen (El Mercurio, La Epoca), im südamerikanischen Magazin “Perfiles Liberales”, und im Internet, u.a. bei Attac, Portal Amerika 21, Palästina-Portal. Einige ihrer Gutachten (so zum Irak-Krieg 1991) befinden sich in der Bibliothek des Deutschen Bundestages.


Online-Flyer Nr. 639  vom 29.11.2017

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