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Aktueller Online-Flyer vom 19. April 2024  

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Medien
Beschwerden gegen manipulierende Berichterstattung von ARD-aktuell mit ihrer Tagesschau
Gegen die Macht um Acht
Von Volker Bräutigam und Friedhelm Klinkhammer

ARD-aktuell bringt in Zusammenhang mit dem angekündigten Austritt von USA und Israel aus der UNESCO kontextlose US-Propaganda statt Information und betreibt auch im Fall China propagandistischen und regierungsnahen Journalismus. Darum geht es in dieser Woche bei den Programmbeschwerden, die Volker Bräutigam und Friedhelm Klinkhammer beim NDR-Rundfunkrat eingereicht haben. "Die ARD-Nachrichten sind der Taktgeber für die meisten Medien der Bundesrepublik Deutschland. Wer sich kritisch mit ihnen auseinandersetzt, der kritisiert den Kern des deutschen Journalismus. Die Tagesschau-Maschine ist weder verlässlich noch neutral und keinesfalls seriös. Sie ist nur wenig Anderes als eben fünfzehn Minuten Staatsfunk." So heißt es im Vorwort des im Mai 2017 erschienenen Buches "Die Macht um acht - Der Faktor Tagesschau" von Uli Gellermann, Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam. Die eingereichten Programmbeschwerden sind zu den "fünfzehn Minuten Staatsfunk" ein notwendiger Kontrapunkt.

Kontextlose US-Propaganda statt Information – Programmbeschwerde gegen die 20-Uhr-Tagesschau vom 12.10.2017 - eingereicht am 15.10.2017


Screenshot aus der 20-Uhr-Tagesschau vom 12.10.2017

Sehr geehrte Rundfunkräte, wie seriöser und staatsvertragskonformer Journalismus ein weltpolitisches Ereignis unter gar keinen Umständen darstellt, nämlich ausschließlich aus parteiischem Blickwinkel, dafür bot ARD-aktuell mit o.g. Tagesschau-Beitrag ein Musterbeispiel.

Studiotext: "Die USA ziehen die Konsequenzen aus einem seit Jahren schwelenden Streit mit der UNESCO. Die Regierung von US-Präsident Trump gab ihren Austritt bekannt. Auch Israel kündigte seinen Rückzug an. Als Grund nannten beide unter anderem die anti-israelische Haltung der UN-Kulturorganisation."

Damit wird die angebliche „anti-israelische Haltung“ der UNESCO zum Fakt erhoben und als generell Gegebenes dargestellt. Es wird nicht kenntlich gemacht, dass die USA (und Israel) der UNESCO eine solche grundsätzlich feindselige Haltung lediglich unterstellen und dass sie dafür kaum tragfähige faktische Argumente, wohl aber politische Motive und Interessen haben. Es wäre als Minimum journalistischen Bemühens um informatorische Hygiene notwendig gewesen, die Beschuldigungen der USA in indirekter Rede zu zitieren: „...die UNESCO habe eine anti-israelische Haltung...“ oder die Aussage mit einem „angeblich“ als eine lediglich für den Urheber gültige Behauptung zu relativieren.

Die an die Meldung anschließenden Beiträge zum Thema, eine grafisch unterstützte redaktionelle Erläuterung der UNESCO und ihrer Arbeit sowie ein Reporterbeitrag über die Rückzugserklärungen der USA und Israels, zeigen die ganze transatlantische, USA-hörige und pro-israelische Voreingenommenheit der ARD-aktuell-Redaktion. Da wird zwar erwähnt, dass die sieben Jahre zurückliegende Aufnahme der Palästinenser in die UNESCO der vorgebliche Grund für Washington und Jerusalem sind, sich nunmehr aus der Weltkulturorganisation zurückzuziehen. Die tatsächlichen aktuellen Motive, Zusammenhänge und Hintergründe werden aber sorgfältig außen vor gelassen:

Für den Rückzug gibt es keinerlei rechtfertigenden aktuellen Anlass. US-Präsident Trump macht mit diesem Schritt den Israelis nur ein politisches Zugeständnis, das ihn im Machtkampf mit seinen Gegnern (in der eigenen Partei, in den Geheimdiensten, im Verteidigungsministerium und mit den Gegnern der Demokratischen Partei) entlasten soll. Es ist ein Geschenk an AIPAC, das äußert einflussreiche American Israel Public Affairs Committee, eine Lobby-Organisation jüdischer US-Amerikaner, zumeist im Bunde mit der Demokratischen Partei. Trumps Aktion positioniert die USA wieder einmal demonstrativ auf Seiten Israels in dessen Konflikt mit Palästina. Trumps Rückzug aus der UNESCO ist zugleich ein politisches Geschenk an Israel, es soll den USA weiterhin als ein sicherer Verbündeter in ihren Hegemonialkriegen dienen, in denen sie in Nahost derzeit deutlich auf der Verliererstraße sind.

Trumps Entscheidung gegen die UNESCO ist nur dann halbwegs sachgerecht zu verstehen und einzuordnen, wenn zugleich darauf hingewiesen wird, dass Israel seit Jahrzehnten alle Palästina-Resolutionen der UNO ignoriert, seinen Landraub, Zerstörungen und gewaltsame Übergriffe in den besetzten palästinensischen Gebieten – vulgo: israelische Siedlungspolitik – unvermindert fortsetzt und dass Jerusalem wegen dieser Rechtsbrüche nur deshalb nicht verurteilt werden kann, weil die USA das mit ihrer Veto-Macht im UN-Sicherheitsrat verhindern. Vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag kann die Regierung in Jerusalem nicht gebracht werden, weil sie keine internationale Gerichtsbarkeit in eigener Sache anerkennt.

Wenn nun die USA und Israel die UNESCO einer „anti-israelischen“ Haltung bezichtigen, so hat das viel von unverschämtem Rollentausch zwischen Tätern und Opfern. Dass ARD-aktuell dieses Spiel medial mitmacht, ist propagandistische Fälscherarbeit.

Notwendige Erläuterungen und Hinweise auf den (historischen) Kontext hat ARD-aktuell unterlassen. Die schräge Formulierung der Studiomeldung deutet nicht nur auf eine redaktionelle Unaufmerksamkeit und sprachliche Schlamperei hin, sondern auf Absicht.

Laut Staatsvertrag ist sicherzustellen, dass das Programm „nicht einseitig einer Partei, einer Interessengemeinschaft oder Weltanschauung" dient. Es hat einen „umfassenden Überblick“ zu liefern, zur „Friedenssicherung“ beizutragen und zur „Völkerverständigung“ – und es soll Hilfen zur sachgerechten „Einordnung“ der Berichte geben und dabei die "journalistischen Grundsätze" wahren.

Wir stellen fest: Die Vorgaben wurden mit dem Beitrag samt und sonders ignoriert.


Eingabe zur ARD-aktuell-China-Berichterstattung - Programmbeschwerde gegen den Beitrag "China baut digitale Mauer aus" vom 20.10.2017 - eingereicht am 22.10.2017


Screenshot aus der website "tagesschau.de"

Sehr geehrte Rundfunkräte, der Beitrag "China baut digitale Mauer aus" ist ein typisches Beispiel für propagandistischen und regierungsnahen Journalismus.

Diesmal wird als Bezugsahmen das Internet gewählt und Chinas Führung als "Zensor", "Überwacher", "Kontrolleur", kurz als "Menschenrechtsfeind" dämonisiert, als ob die Situation in der "Westlichen Wertegemeinschaft“ grundsätzlich anders aussähe (siehe das Schicksal von E. Snowden, Assange oder die Maas-Aktionen gegen User der sozialen Medien).

Die Sicherheitschecks im Zuge des Parteikongresses werden besonders hervorgehoben, ein Vergleich mit Deutschland und dessen wesentlich umfangreichere Sicherheitsaktionen und Übergriffe (G 20 in Hamburg) lassen die chinesischen Behörden harmlos erscheinen. Und es wird so getan, oder als ob Sicherheitsmaßnahmen nicht zur Alltagsroutine zählten (siehe Totalchecks bei Flughafenkontrollen). Das Hervorheben dieser überall auf der Welt praktizierten Selbstverständlichkeiten als eine vorgeblich chinesische autoritäre Besonderheit soll den Eindruck zu verstärken, China sei ein bedauernswert totalitär regiertes Land, dessen nach Freiheit dürstende Menschen nur darauf warten, ins Paradies der "Westlichen Wertegemeinschaft" geholt zu werden. Blanke Propaganda eben.

Vorzugeben, das Abschalten von Whatsapp sei ein Schlag gegen die Meinungsfreiheit in der VRCh ist fast schon lächerlich. Bei einer Gesamtbevölkerung von 1,2 MRD Menschen verwenden nahezu 0,8 MRD, das heißt fast die komplette Medien nutzende Bevölkerung, das gleichartige chinesische System WeChat. Der Grund, es bietet technisch weiter entwickelte Möglichkeiten als Whatsapp. Und: Sich mediale Konkurrenten und Kritiker vom Halse zu schaffen ist internationaler Standard. In Falle der Ukraine (Programmbeschwerde vom 19.5.2017) hat das bei ARD-akuell vergleichsweise keine Aufregung ausgelöst, über den Rauswurf von Russland Today aus den USA ist überhaupt nicht berichtet worden.

Gniffkes Hauptabteilung hebt im Bezug auf China also Geschehnisse hervor, die, wenn sie sich in Deutschland oder befreundeten Ländern – also bei den "Guten" ereignen, eine völlig nachgeordnete Gewichtung erfahren. Das hat selbstverständlich Gründe.

Der Publizist Prof. Dr. Teusch hat in seiner Analyse „Lückenpresse" über die Mainstreammedien die Linien dieser inadäquaten Berichterstattung treffend umschrieben, sie sind auch in diesem Fall deutlich sichtbar:

"Jedes Medium ist angesichts des gigantischen Nachrichtenangebotes gezwungen, eine kleine, oft winzig kleine Auswahl zu treffen. Die Frage ist, wie und nach welchen Kriterien diese Auswahl vorgenommen wird. Und da ist...im Mainstream...Folgendes zu beobachten: Erstens werden Nachrichten in ganz bestimmter Weise gewichtet. Zweitens werden Nachrichten gezielt unterdrückt. Drittens werden Nachrichten in tendenziöser Weise bewertet, das heisst es wird mit zweierlei Maß gemessen, es gibt "Doppelstandards“. Alle drei Aspekte hängen eng zusammen und verstärken sich wechselseitig. Wenn sie auf bestimmten Themenfeldern lange genug und mit ausreichender Intensität wirken, entstehen dominante Narrative, also große journalistische Erzählungen oder Deutungsmuster, in die dann alle neu einlaufenden Informationen eingeordnet werden können – oder eben auch nicht, so sie denn nicht ins Narrativ passen".

Im Hinblick auf China hat ARD-aktuell das Narrativ entwickelt, die kommunistische Regierung verstoße ständig und äußerst schmerzhaft gegen Demokratie und Menschenrechte und verfolge lediglich egoistische Wirtschaftsinteressen. Nur Nachrichten, die in dieses Raster passen, finden Berücksichtigung.

Hinzu kommt die bekannte Regierungshörigkeit von ARD-aktuell. Getragen von deutscher Überheblichkeit sorgte die Bundesregierung jährlich dafür, dass eine rituell negative EU-Stellungnahme zur Menschenrechtslage in China beim UN-Menschenrechtsrat eingereicht wurde.

Im Juni hatte Athen sich erstmals geweigert, den Ritus zu befolgen. Der Grund: China hatte den Athener Hafen Piräus übernommen und den Warenumschlag dort innerhalb kurzer Zeit um das Vierfache gesteigert und entsprechende Arbeitsplätze für die von der Bundesregierung geprügelten Griechen geschaffen.. Die griechische Regierung hielt es offensichtlich – im Gegensatz zu Berlin und ARD-aktuell - nicht mehr für angebracht, sich dreist in innere chinesische Angelegenheiten einzumischen. Der Berliner Vorstoß in der EU scheiterte. Der deutsche Botschafter in Bejing ist natürlich verstimmt darüber und schwadroniert nun von chinesischem „Kontrollwahn"; das abgehörte Telefon seiner Kanzlerin und die großflächige Schnüffelpraxis der USA in Deutschland sowie der Überwachungswahn unserer Politiker und der deutschen „Dienste“ war ihm dabei offenkundig aus dem Blick geraten. ARD-aktuell hatte sich dennoch nicht verkniffen, den Botschafter besonders zu zitieren. Zugleich erlaubte das, die eigene aggressiven Werturteile ("Kontrollwahn") als von einem Dritten gekommen zu tarnen und sich damit den Rücken frei zu halten. Als ob indirekt vermittelte Propagandasprüche weniger widerwärtige Propaganda wären als direkte..

Die Verengung des Blickwinkels auf Wirtschafts- vermeintliche Menschenrechtsfragen ist für ARD-aktuell typisch. Die manipulative Themenauswahl dient dazu, dem deutschen Fernsehpublikum ein Negativ-Bild von der VR China zu vermitteln.

Das Ergebnis ist mit dem der agitatorischen Russlandberichterstattung vergleichbar: Die Deutschen haben europaweit die schlechteste Meinung von den Chinesen. So glauben 70 Prozent der Bundesbürger, dass die chinesische Regierung auf Interessen anderer Nationen pfeift. 87 Prozent sind außerdem davon überzeugt, dass Peking die Rechte seiner Bürger nicht achtet. Natürlich wurden derartige undifferenzierte Negativ-Meinungen von den Medien (ARD-aktuell inklusive) geschaffen, von wem denn sonst?

Die Auswahl und Gestaltung der Beiträge der ARD-aktuell über China verstoßen gegen gesetzliche Bestimmungen (NDR- und Rundfunkstaatsvertrag):

"Die Programme und Angebote der ARD haben der Allgemeinheit einen umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. Die ARD soll hierdurch die internationale Verständigung, die europäische Integration und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Bund und Ländern fördern."

Online-Flyer Nr. 634  vom 25.10.2017

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