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Aktueller Online-Flyer vom 28. März 2024  

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Kommentar
Bundestagswahl: Merkel und Schulz wollten Koalitions-Neuauflage nicht erschweren
Duell mit Wattebäuschchen
Von Rainer Rupp

Das angebliche "Duell" zwischen Kanzlerin Merkel und ihrem SPD-Chef Schulz am Sonntagabend sollte die letzten "heißen" Wochen vor der Wahl einläuten. Tatsächlich blieb nicht einmal ein Scheingefecht, sondern ein Sondierungsgespräch für die nächste Große Koalition (GroKo). Was die beiden so genannten Parteispitzen den Millionen Fernsehzuschauern am Sonntagabend geboten haben, war alles andere als ein Duell. Es war nicht einmal eine Kissenschlacht zwischen den beiden politischen Opponenten, wie man sie sich alle vier Jahre - der guten Form halber - in unseren Scheindemokratien liefert, um davon abzulenken, dass der "Tiefe Staat" schon lange vor der Wahl beschlossen hat, wie es nach der Wahl weiterzugehen hat, egal wer gewinnt.

Die Kurt Tucholsky zugeschriebene Feststellung drängt sich auf: Sie [die Regierungspolitiker] dachten, sie hätten die Macht, dabei stellten sie nur die Regierung. Das heißt, sie stellen die Regierung für die Leute, die im Hintergrund über die wirkliche Macht verfügen, nämlich über das Kapital.

Ein Infight im Stile eines Senioren-Tanzabends

In diesem Sinne lief auch die müde Wahl-Show-Veranstaltung zwischen den beiden Protagonisten ab, die die CDU/SPD-Einheitspartei als Kampfhühnchen und Kampfhahn in den Ring geschickt hatte. Aber diese weigerten sich sogar, dem Publikum auch nur einen Scheinkampf um politische Substanz zu liefern. Man war sich einfach auf allen angesprochenen Gebieten zu einig. Unterschiede gab es zwar hier und da, aber nur graduell, in unbedeutenden Nuancen. So entstand ein Bild von einem "Duell" zwischen Martin Merkel und Angela Schulz, die sich gegenseitig mit Wattebäuschchen bewarfen.

Und wenn ein Moderator dem einen oder der anderen tatsächlich mal eine sanft kritische Frage stellte, nahm sich das Doppelte Lottchen gegenüber dem Fragesteller gegenseitig in Schutz. Besonders deutlich wurde das in der Immigrations- und Flüchtlingspolitik. Kamen Fragen über Fehlentwicklungen oder gar gemachte Fehler, dann versteckten sich beide hinter den angeblich geltenden Gesetzen, vor allem hinter Völkerrecht und Grundgesetz. Dabei gibt es im Völkerrecht kein Recht auf besseres Leben für Migranten, sondern nur ein Schutz- und Aufnahmegebot für echte Flüchtlinge.

Vom Völkerrecht nehmen deutsche Regierungspolitiker hingegen keine Notiz, wenn um die Beteiligung der Bundeswehr an Angriffskriegen geht, z. B. am NATO-Überfall auf Serbien. Oder wenn es darum geht, dass deutsches Hoheitsgebiet den Amis als Plattform für ihre Drohnenkriege in aller Welt zur Verfügung gestellt wird. Dann haben CDU und SPD sogar plötzlich vergessen, dass es das Grundgesetz gibt, das ebenfalls sowas verbietet.

Verpflichtet die "Würde des Menschen" zu unkontrollierter Aufnahme von Einwanderern?

Das seltsame Duo Martin Merkel und Angela Schulz bemühte auch immer wieder die vom Grundgesetz gebotene "Würde des Menschen" als Rechtfertigung der Massenaufnahme von Migranten. Nicht zur Sprache kam jedoch die millionenfache, tägliche Missachtung der Würde des Menschen durch die demütigenden Disziplinierungsmaßnahmen und die überhaupt miserable Behandlung einheimischer Hartz-IV-Almosenempfänger. Thematisiert wurde auch nicht die Entwicklung zu immer mehr Hungerlöhnen, zu immer mehr arbeitenden Armen, zu zunehmender Leiharbeit, zur rapide wachsender Altersarmut, zu schwindender Chancengleichheit infolge wachsenden Bildungsnotstands in Schulen und Hochschulen, usw. usf. - Das alles fiel unter den Tisch.

Dabei geht der SPD-Zampano Schulz auch noch mit dem Wahlmotto hausieren: "Es ist Zeit für mehr soziale Gerechtigkeit." Aber in die Debatte eingebracht hat niemand diese Themen. Das hätte das Wahlvolk ja aufwecken können. Lieber gratulierten sich die beiden gegenseitig zu ihren gemeinsamen, grandiosen Leistungen in der Koalitionsregierung. Dabei schien vor allem Kandidat Schulz sehr bemüht zu sein, das Klima für die nächsten SPD/CDU/CSU-Koalitionsverhandlungen nicht durch eine vermeidbare Kontroverse zu verstimmen, nicht einmal zum Schein.


Mit freundlicher Genehmigung übernommen von RT Deutsch – Erstveröffentlichung am 08.09.2017

Online-Flyer Nr. 628  vom 13.09.2017

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