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Aktueller Online-Flyer vom 14. Dezember 2024  

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Inland
Wirkliche Würdigung von Helmut Kohl:
Gesamteuropäische Sicherheitsstruktur errichten
Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait

Helmut Kohl tritt gewiss als Architekt der Einheit Deutschlands in die Geschichte ein, eine Einheit, die er als Schritt zur Integration Europas konzipierte. Daher seine Vision eines friedlichen Europas, die volle Integration des Kontinentes, wofür er seinen Außenminister Hans-Dietrich Genscher beauftragte, ein großes Nachkriegszeitsprojekt zu strukturieren, nämlich ein gesamtes Sicherheitssystem von Lissabon bis Wladiwostok. Sicherlich hatten Kohl und Genscher dieses große Projekt mit dem russischen Präsidenten Michail Gorbatschow persönlich diskutiert, denn Russland gehört zu Europa.

Großes Projekt im Sinne von Helmut Kohl für die vollständige Integration Europas mit eigener Sicherheitsordnung zusammen mit Russland vollenden

Dieses visionäre Projekt einer europäischen Sicherheitsordnung von Kanzler Helmut Kohl bleibt bisher unvollendet. Dies zu tun, liegt seit langem in den Händen seiner politischen Ziehkinder, Vertreter der damaligen jungen Generation von Christdemokraten, der Kanzler Helmut Kohl geholfen hat, nach oben zu kommen, wie Angela Merkel und Jean-Claude Juncker. Es liegt an ihnen, das große Projekt für die vollständige Integration Europas mit eigener Sicherheitsordnung zusammen mit Russland im Sinne von ihrem Mentor Helmut Kohl zu vollenden. Dies wäre die wahre, die wirkliche Würdigung für den CDU-Altbundeskanzler.

Vereinigung beider deutscher Staaten in ihrer Form, Frist und ihren Bedingungen nur in der Sphäre des Selbstbestimmungsrechtes des deutschen Volkes

Es war und ist immer noch allgemein akzeptiert, dass die deutsche Einheit , d.h. die Vereinigung beider deutscher Staaten in ihrer Form, Frist und ihren Bedingungen nur der Sphäre des Selbstbestimmungsrechtes des deutschen Volkes in der Bundesrepublik Deutschland und in der damaligen Deutschen Demokratischen Republik angehörte. Einhellig wurde damals und wird heute auch akzeptiert, dass der Annäherungs- und Einigungsprozess beider Staaten in den europäischen Einigungsprozess einbezogen werden musste. Aber was dies bedeutet und auf welche Weise dies zu geschehen hatte, ist bis heute immer noch nicht in politischen Führungskreisen geklärt worden.

Wirtschaftlich betrachtet wirkte die deutsche Einheit desaströs. Die Einführung der D-Mark und dann die Arbeit der westdeutsch kontrollierten staatlichen Treuhandgesellschaft zerstörte die Industrie und die Arbeitsplätze in der DDR mit der Folge einer Welle von Arbeitslosen. Oskar Lafontaine, damaliger SPD-Vorsitzender kritisierte gründlich die Art und Weise der Vereinnahmung der DDR durch die BRD. Die Idee einer Konföderation zweier deutscher Staaten wurde damals nicht entwickelt. Heute ist diese Idee immer noch lebendig, was Zentraleuropa betrifft: Polen, Österreich, Tschechien, Slowakei, Ungarn und Deutschland.

Schlüssel zur Einheit Europas in der Lösung der Sicherheitsfrage


Der Schlüssel der politischen Einigung Deutschlands als Prämisse der Einheit Europas und als Bestandteil einer neuen gesamteuropäischen Ordnung liegt in der Lösung der Sicherheitsfrage, d.h. in der Überwindung der damaligen gegensätzlichen Militärblöcke, um sie durch eine neue gesamteuropäische Sicherheitsstruktur zu ersetzen. Darin bestand die politische Vision für Europa von Kanzler Helmut Kohl. Die deutsche Einheit  musste zu diesem Ziel führen und durfte nicht gegen dieses Ziel gerichtet sein. Sonst würde sie nicht dem europäischen Einigungsprozess dienen.

Mitgliedschaft Gesamtdeutschlands in einer der konfrontativen, teilenden militärischen Allianzen ohne Absprache mit der deutschen Schwesterrepublik


Warum wurde der europäische Einigungsprozess gebremst trotz dieser fundamentalen Voraussetzung? Dazu gab es keine gemeinsame Stellungnahme, weder von einem der beiden deutschen Staaten allein, noch zusammen, auch nicht von ihren Nachbarländern, obwohl die Lösung der Sicherheitsfrage sie genau wie die Deutschen direkt betraf. Daher war es schädlich für die deutsche und europäische Sache und abzulehnen, dass eine der beiden deutschen Republiken, und zwar die westdeutsche Republik, sich anmaßte, allein voranzugehen. Ohne mit der anderen deutschen Schwesterrepublik und ohne mit den Nachbarländern eine gemeinsame Position in der wichtigsten Frage des Einigungsprozesses, nämlich die zukünftige Sicherheitslage in Europa, abgestimmt zu haben, sprach sich die westdeutsche Republik stattdessen für eine volle Mitgliedschaft Gesamtdeutschlands in einer der konfrontativen, teilenden militärischen Allianzen aus. Deutschland entstand so aus BRD und DDR unter der Regierung von Helmut Kohl, aber die deutsche Einheit war keine Wiedervereinigung, weil die Bürger der beiden deutschen Staaten ihr Selbstbestimmungsrecht nicht eindeutig ausübten. Der Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung Kurt Kister erkennt diese Realität und ihr Handicap in seinem Leitartikel “Helmut Kohl – Ein großer Kanzler“ (SZ 17.6.2017), aber er geht an der Ursache und den historischen Umständen vorbei.

Kein Politiker hatte damals die Befugnisse, für Gesamtdeutschland verbindlich zu sprechen und zu handeln, so auch nicht über eine zukünftige Zugehörigkeit zu einer Militärallianz zu entscheiden. Diese Aufgabe oblag nicht dem damaligen Bundeskanzler, auch keinem Bundesminister, sondern einzig und allein den Repräsentanten Gesamtdeutschlands eines zukünftigen deutschen Parlaments, den Abgeordneten beider deutscher Staaten in voller Übereinstimmung oder dem ganzen deutschen Volk selbst per Volksabstimmung.

US-Bedingung für die deutsche Einheit: Deutschlands Zugehörigkeit zur NATO

Nicht der Einheitskanzler Helmut Kohl sorgte dafür, dass das gesamte Deutschland fest in der NATO-Struktur verankert blieb, sondern Washington. Der damalige US-Außenminister James Baker reiste sofort nach Bonn am 9.11.1989, um die US-Bedingung für die deutsche Einheit zu diktieren, nämlich Deutschlands Zugehörigkeit zur NATO. Helmut Kohl beugte sich dem Druck aus Washington. Er wurde von der Regierung George Bush Sr. allein nach Camp David bestellt.

Helmut Kohl in Camp David in Abwesenheit seines Außenministers von USA genötigt

Warum fühlte sich damals Bundeskanzler Kohl in Camp David genötigt in Abwesenheit seines Außenministers, trotz Anwesenheit des amerikanischen Außenministers zur Frage der NATO-Mitgliedschaft eines zukünftigen Gesamtdeutschlands eine Erklärung abzugeben in Übereinstimmung mit dem US-Präsidenten Bush Sr., ohne vorher darüber mit der DDR-Regierung eine Absprache getroffen zu haben?

Es ist heute darauf aufmerksam zu machen und darf nicht vergessen werden, dass der Beitritt der westdeutschen Bundesrepublik in die NATO nicht freiwillig erfolgte, sondern gegen Wiedererlangung der Souveränität, auch wenn in einer eingeschränkten Form (Deutschlandvertrag und Vorbehaltsrechte). War vielleicht die Rückgabe der vollkommenen Souveränität an ein vereintes Deutschland an die Bedingung geknüpft, dass dieses Gesamtdeutschland dann Mitglied der NATO sein müsste, so wie es 1955 der Fall für die westdeutsche Bundesrepublik war? In dieser Hinsicht wäre es plausibel, dass der damalige Präsident Bush Sr. beabsichtigt hätte, auf den Friedensvertrag mit Deutschland zu verzichten und gleichzeitig die Vorbehaltsrechte formell aufzuheben. Das läge im amerikanischen Interesse, die Vision Kohls zu torpedieren, nämlich den europäischen Einigungsprozess mit Russland eingeschlossen zu verhindern und das könnte ein Gesprächspunkt auf Camp David zwischen Bush, Baker und Kohl gewesen sein.

Hier liegt das Handicap gegen die Souveränität Deutschlands, die Begrenzung, ja die Benachteilung einer eigenständigen deutschen Außenpolitik und die volle Integration Europas befreit vom US-NATO-Diktat. Deutschlands Mitgliedschaft in der NATO stellt bis heute noch das Haupthindernis für die angestrebte und erwünschte europäische Einheit in einer neuen Struktur europäischer Sicherheit dar. Welchen Interessen dient wirklich die Weiterexistenz der NATO? Heute wie damals ist sie darauf gerichtet, die Einheit Europas zu verhindern, indem sie als fremdes Hybrid gegen die europäische Einheit wirkt. Moskau war von Anfang an bereit, den Warschauer Pakt aufzulösen, was in der Tat geschah. Dazu lag sogar ein Vorschlag vor (Mai 1989). Die NATO aber war zur Auflösung nicht bereit. Bis heute nicht. Mit welchem Kalkül?

Deutschland und Europa befreien

Diese Verhältnisse zu überwinden, Deutschland und Europa zu befreien, bedeutet die größte Bewährungsprobe für Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre Regierung. Aber auch für den Präsidenten der EU-Kommission Jean-Claude Juncker. Helmut Kohl hat in seiner Zeit als Bundeskanzler diesen Prozess mitgestaltet so gut, wie er konnte. Seine CDU und die gesamte deutsche Gesellschaft muss sich heute vollkommen darüber bewusst werden, mit welchem inakzeptablen Druck von Seiten der US-Regierung, mit welcher US-„Erpressung“ die deutsche Politik zur staatlichen Einheit beeinträchtigt und behindert wurde, um heute eigenständig und frei den politischen Einigungsprozess Europas voranzutreiben. Das ist die wahre Würdigung, die der Altbundeskanzler von seiner Partei heute verdient.

NATO als Instrument der US-Herrschaft über Deutschland und Europa

Die alte CDU-Partei benötigt eine breite Aufklärung darüber, was die NATO als Instrument der US-Herrschaft über Deutschland und Europa von Anfang an bedeutet hat. Niemals war dieser Militärblock gerechtfertigt. Aus der Erfahrung mit der alten Sowjetunion kann Europa und die Welt eine praktische, eine pragmatische Lektion lernen. Auch zwischen gegensätzlichen Welten ist es immer möglich, eine realistische Annäherung zu erreichen. Annäherungen untereinander sind immer wünschenswert. Lessings Anliegen, den Menschen als solchen ohne Ansehen seiner Religion oder Weltanschauung in den Mittelpunkt zu stellen, ist nach wie vor hoch aktuell: „Sind Christ, Jude, Moslem eher Christ, Jude oder Moslem als Mensch?“ Die Philosophie von „Nathan der Weise“ setzt gewiss einen Maßstab für die menschliche Prägung der internationalen Beziehungen. Interessen und menschliche Werte sollten in den Vordergrund treten. Alles andere ist beiseite zu lassen.

NATO präjudiziert europäischen Integrationsprozess

Europa braucht dringend eine Sicherheitsstruktur, eine zeitgemäße Friedensordnung und eine Verfassung, die die politische Union institutionell gestaltet. Der Verbleib der Bundesrepublik in der NATO präjudizierte nicht nur die deutsche Einheit, sondern den ganzen europäischen Integrationsprozess. Ein bis auf die Zähne bewaffnetes Deutschland als Mitglied des militärischen Westblocks bedeutet kein Sicherheitsbeitrag zur künftigen Struktur Europas, deren Stärkung nicht im militärischen Bereich liegen kann, sondern nur in der politischen Integration aller europäischen Staaten auf der Grundlage einer gemeinsamen Verfassung. Deutschland darf auf keinen Fall ein Instabilitätsfaktor im europäischen Einigungsprozess sein, sondern es sollte durch die NATO-Auflösung oder durch seinen Austritt aus der NATO eine gesamteuropäische Friedensordnung und die Einheit Europas fördern und aufbauen. Dies liegt im Interesse der Deutschen selbst, die ihre politische Einheit und Souveränität wiedererlangen müssen. Ein vereinigtes Europa ohne einen fremd geführten Militärblock liegt auch im Interesse der ganzen Welt.

Vision von Helmut Kohl: Deutsche Einheit nur im Rahmen internationaler Vertrauensbildung


Auf keinen Fall hätte die Einheit Deutschland im Interesse der NATO entstehen dürfen, als wäre die NATO ein Selbstzweck. Die deutsche Einheit hätte nur im Rahmen internationaler Vertrauensbildung entstehen dürfen, um dem Frieden Europas und der Welt zu dienen und zu garantieren. Das war die Vision vom Altbundeskanzler Helmut Kohl, nicht das, was daraus entstand mit den unzähligen Aggressionen, Kriegen und dem katastrophalen US-NATO-Terror überall.


Verfasst am 18.6.2017 unter Bezugnahme auf ARD- und ZDF-Meldungen zum Tod von Helmut Kohl am 16.6.2017 und Leitartikel in Süddeutsche Zeitung vom 17.6.2017 „Helmut Kohl – Ein großer Kanzler“ von Kurt Kister


Luz María de Stéfano Zuloaga de Lenkait ist chilenische Rechtsanwältin und Diplomatin (a.D.). Sie war tätig im Außenministerium und wurde unter der Militärdiktatur aus dem Auswärtigen Dienst entlassen. In Deutschland hat sie sich öffentlich engagiert für den friedlichen Übergang der chilenischen Militärdiktatur zum freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat, u.a. mit Erstellen von Gutachten für Mitglieder des Deutschen Bundestages und Pressearbeit, die Einheit beider deutschen Staaten als ein Akt der Souveränität in Selbstbestimmung der beiden UN-Mitglieder frei von fremden Truppen und Militärbündnissen, einen respektvollen rechtmäßigen Umgang mit dem vormaligen Staatsoberhaupt der Deutschen Demokratischen Republik Erich Honecker im vereinten Deutschland, für die deutsche Friedensbewegung, für bessere Kenntnis des Völkerrechts und seine Einhaltung, vor allem bei Politikern, ihren Mitarbeitern und in Redaktionen. Publikationen von ihr sind in chilenischen Tageszeitungen erschienen (El Mercurio, La Epoca), im südamerikanischen Magazin “Perfiles Liberales”, und im Internet, u.a. bei Attac, Portal Amerika 21, Palästina-Portal. Einige ihrer Gutachten (so zum Irak-Krieg 1991) befinden sich in der Bibliothek des Deutschen Bundestages.


Online-Flyer Nr. 618  vom 21.06.2017

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