NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung - Logo
SUCHE
Suchergebnis anzeigen!
RESSORTS
SERVICE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Aktueller Online-Flyer vom 26. April 2024  

zurück  
Druckversion

Globales
Französische Präsidentschaftswahlen 2017
Macron wurde "erkoren" – Milliardäre und Banker jubeln
Von Diana Johnstone

Großer Jubel herrschte am Wahlabend an Orten, die an Jubel gewöhnt sind. Der beste Champagner dürfte wohl dort geflossen sein, wo man reichlich davon besitzt. Bei Bernard Arnault zum Beispiel, dem reichsten Unternehmer Frankreichs, (elfreichstem der Welt), Besitzer – unter vielem Anderen – auch der Zeitungen Parisien, Aujourd’hui France und Echos, den glühenden Unterstützern von Emmanuel Macron. Die Gläser dürften auch geklungen haben, wo immer sich Patrick Drahi gerade befand. Dieser reiselustige Milliardär, der in Marokko geboren wurde, die Staatsbürgerschaft Frankreichs und Israels besitzt, in der Schweiz residiert, ein riesiges Medien- und Telekommunikations-Imperium sein eigen nennt, einschließlich des Boulevardblattes Libération, dem Inbegriff des post-Mai-68iger Opportunismus. Mit großer Schlagzeile hatte dieses Blatt noch zur Wahl Macrons aufgerufen – einen Tag nachdem die öffentliche Wahlkampagne gesetzlich bereits geschlossen war.

Die Liste der Milliardäre, Banker und Gestalten aus dem Establishment ist lang, die berechtigterweise über den außerordentlichen Erfolg eines Kandidaten jubeln, der zum Präsidenten der französischen Republik gewählt wurde, weil er behauptete ein "Außenseiter" zu sein. Allerdings erhielt noch nie jemand in der Geschichte eine derart einmütige Unterstützung von allen erdenklichen Insidern.

Zufriedenheit dürfte auch in den Botschaften all jener Länder herrschen, deren Regierungen sich ganz offen in die französischen Wahlen einmischten – natürlich die USA, aber u.a. auch Deutschland, Belgien, Italien und Kanada, die allen Ernstes die Franzosen ermahnten, die richtige Wahl zu treffen: Macron natürlich. All diese Verfechter der westlichen Demokratie können sich nun ergötzen am Misserfolg einer nicht existenten Einmischung Russlands, für die jeglicher Beweis fehlt. Russen der Einmischung zu beschuldigen, gehört heutzutage zum Zeitvertreib in den Wahlkämpfen eines NATO-Landes.

Bei den französischen Wahlen hat die Enthaltungsrate beinahe den Rekord gebrochen: Auf der linken Seite konnten viele wohl kaum den selbsternannten Gegner der Arbeitsgesetze wählen, wagten aber auch nicht ihre Stimme der Oppositionskandidatin Marine Le Pen zu geben. Man kann ja schlecht für eine Person stimmen, die in einer unglaublichen Verleumdungskampagne als "rechtsextrem" oder gar "faschistisch" bezeichnet wurde, obwohl es bei ihr kein sichtbares Anzeichen von Faschismus gab, und ihr Wahlprogramm sich doch eher für Menschen mit geringem Einkommen und Weltfrieden einsetzte. Solche Worte zeigen ihre Wirkung in Frankreich, denn die Angst, eine Schuld wie im zweiten Weltkrieg auf sich zu laden, ist enorm.

Laut Umfragen gaben 40 Prozent der Wähler Macrons ihm ihre Stimme, um die angebliche Gefahr einer Wahl von Marine Le Pen zu "blockieren". Andere Linke wählten ihn und schworen öffentlich "ihn zu bekämpfen" wenn er gewählt wird. Na dann viel Glück.

Möglicherweise wird es in den kommenden Monaten Demonstrationen geben, aber sie werden kaum Einfluss haben auf Macrons Ankündigung, das französische Arbeitsgesetz per Dekret abzuschaffen. Dann können Lohnabhängige und Management ganz frei ihre Probleme unter sich auskämpfen. Und das zu einer Zeit, in der sich das Management Dank der Delokalisierungen in einer starken Position befindet und die Lohnabhängigen desorganisiert und durch die verschiedenen Auswirkungen der Globalisierung geschwächt sind.

Wie Jean Bricmont es formulierte: Der scheidende französische Präsident (der "Sozialist" Hollande) verdient den Nobelpreis für politische Manipulation.

Zu einer Zeit, in der Hollande und seine Regierung derart unpopulär waren, dass sich alle danach sehnten, sie durch die Wahlen loszuwerden, gelang es ihm – mit zielstrebiger Unterstützung der großen Medien, leitenden Banken und allerlei Oligarchen – für seinen wenig bekannten Wirtschaftsberater zu werben. Er präsentierte ihn als den Kandidaten des "Wandels", weder links noch rechts, als den frischen, neuen politischen Star – unterstützt von genau jenen alten Politikern, die das Volk loswerden wollte.

Dieser Vorgang zeigt in ganz erstaunlichem Maße die Macht der "Kommunikation" in der heutigen Gesellschaft. Es ist ein Triumph für die Werbeindustrie, die Mainstream-Medien, und ein Triumph für die Milliardäre, die all das besitzen.

Frankreich galt als potentiell schwaches Glied im Plan der Globalisierer, die nationale Souveränität zugunsten der unbegrenzten Herrschaft des Kapitals zu beseitigen. Dank der außergewöhnlichen Anstrengungen wurde diese Gefahr gebannt. Zumindest für den Augenblick.


Erstveröffentlichung bei mez-berlin.de in der Übersetzung von Doris Pumphrey. Der Artikel erschien am 8. Mai 2017 in Englisch auf global research.

Diana Johnstone lebt in Paris. Sie ist Journalistin und Autorin mehrerer Bücher, darunter "Die Chaos Königin".



Siehe auch:

Nach den Präsidentschaftswahlen in Frankreich
Champagner auf Macron
Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann in NRhZ vom 17.05.2017
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=23800

Online-Flyer Nr. 613  vom 17.05.2017

Druckversion     



Startseite           nach oben

KÖLNER KLAGEMAUER


Für Frieden und Völkerverständigung
FOTOGALERIE