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Globales
Frankreich: Attentat in katholischer Kirche in St. Etienne-du-Rouvray
Zäsur vornehmen
Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait

Frankreich ist erneut Schauplatz eines terroristischen Attentats, jetzt innerhalb einer katholischen Kirche in St.Etienne-du-Rouvray in der Normandie. Alle führenden Medien berichten ausführlich über dieses erneute Schreckensereignis. Feige und grausam töteten die Mörder den 86-jährigen Priester, der sehr beliebt in der Gemeinde war, auch bei den dortigen Muslimen, was viele Fragen offen lässt. Die mörderische Untat während eines Gottesdienstes verletzt die Seele aller Katholiken nicht nur in Frankreich, sondern in der ganzen Welt. Kardinal Marx hat darauf aufmerksam gemacht und davor gewarnt (ZDF-Heute um 19 Uhr), in religiöse Konfrontation zwischen Christen und Muslimen zu verfallen. Muslime und ihre Religion, der Islam, sind nicht zu kriminalisieren. Verbrecher sind sowohl bei Christen als auch bei Muslimen zu bestrafen. Alle diese Angreifer, egal wo sie ihre abscheulichen Verbrechen verüben, haben keine Beziehung zum Islam oder zum Christentum. Christen und Muslime sind sich darüber einig. In diesem Zusammenhang sind die Worte von Präsident Hollande zutreffend: Der Anschlag darf Frankreich nicht weiter in Angst versetzen und die Religionsgruppen gegeneinander aufbringen. Wer hat Interesse daran, Christen gegen Muslime gegeneinander auszuspielen?

Vereint bleiben

Der Aufruf zum Zusammenhalt ist richtig und vernünftig. Außenminister Jean-Marc Ayrault appellierte an die Menschen in Frankreich: „In dieser Lage gibt es nur eine Botschaft: Lasst uns vereint bleiben.“ Und der Bischof von Rouen, Dominique Lebrun: „Die katholische Kirche kann keine andere Waffen einsetzen als das Gebet und die Brüderlichkeit“.

Sarkozy mit seinem „totalen Krieg“ hinter Gitter

Vom Krieg zu sprechen ist am törichsten. Gerade Paris muss sich von dieser verhängnisvollen Finte lossagen. Die Göbbel-Rhetorik eines korrupten unverbesserlichen Sarkozy zu erfahren, der Frankreich „im totalen Krieg“ sehen will, war schon unerhört und unverfroren genug! Der Mann gehört hinter Gitter.

Anschlag auf benediktinisches Kloster in Genezareth ohne konsequente Reaktion

Eigentlich ist das Verbrechen in St. Etienne nicht das erste gegen Christen. Die nicht neue, gleichwohl immer wieder erschreckende Botschaft des Hasses war Mitte Juni 2015 am Ufer des Sees Genezareth in Galilea zu vernehmen: Extremistische jüdische Israelis  verübten einen Brandschlag auf ein benediktinisches Kloster, alarmierender Beweis dafür, dass der Hass von jüdischen israelischen Extremisten sich nicht nur gegen Palästinenser, sondern auch gegen Christen richtet. Nach dem Brandanschlag auf jenes benediktinische Kloster in Genezareth war auch die ganze katholische Christenheit betroffen. Das war neu und forderte eine konsequente Reaktion von Christen und ihren politischen Vertretern, die aber ausblieb. Meldeten ARD und ZDF jemals dieses abscheuliche Attentat? Erstaunlich, dass ZDF und ARD damals keine Sonder-Sendung zu dieser Hass-Aktion jüdisch-israelischer Extremisten brachten, jedoch fast immer, wenn es islamische Anschläge sind.

In einem Land der chronischen Verwüstung wie das von Israel besetzte Palästina sind häufiger Moscheen das Ziel solchen Wahnsinns. Aber Mitte Juni 2015 war es ein katholisches christliches Kloster, das in Brand gesteckt wurde. "Das Feuer wurde offenbar an mindestens zwei Stellen gleichzeitig mit krimineller Energie gelegt". Eine ernsthafte offizielle Antwort, wie die vom benediktinischen Abt erbeten, blieb aus; "bislang ist nichts passiert... alle polizeilichen Nachforschungen sind bisher im Sand verlaufen", berichtet Peter Münch (SZ, 19.6.2015: "Botschaft des Hasses"). Was bedeutet das?

Schweigen in den Medien zu syrischen Opfern illegaler französischer Bombenangriffe

Hinsichtlich der Anschläge in Frankreich bleibt völlig außer Acht, dass sich die Regierung von Präsident Hollande zuvor auch als Attentäter schuldig machte, nämlich gegen alle rechtstaatlichen internationalen Grundsätze bei den illegalen französischen Luftangriffen auf syrisches Territorium, jüngst (Meldung vom 19.7.16) mit über hundertzwanzig zivilen Opfern, darunter Frauen, Kinder und ältere Menschen. Darüber herrscht generelles Schweigen in den Medien, obwohl der UN-Sicherheitsrat diesbezüglich von der syrischen Regierung eingeschaltet wurde und Paris und Washington unter anderen direkt beschuldigt wurden (SANA,19.7.2016).

Motive für grausame Attentate in Außenpolitik Frankreichs

Die Außenpolitik Frankreichs, seit Jahrzehnten an der Seite von Gewalt und Terror, gibt uns eine beschämende Antwort auf die Motive der grausamen Attentate, die jetzt französische Christen als Opfer erleiden. Hat die katholische Kirche Frankreichs jemals die mörderischen Attentate der französischen Regierung verurteilt? Nachdem Papst Franziskus den Krieg gegen Syrien verurteilte und mehrmals die europäische Christenheit zu Frieden aufrief, gab es keine Verurteilung oder Mahnung aus den Katholischen Kirchen Europas zu vernehmen hinsichtlich der kriminellen Handlungen der westlichen Regierungen. Eine mörderische Außenpolitik, die sich in gewalttätigen Überfällen auf ein fremdes Land manifestiert, ist absolut konträr zu christlichen Prinzipien, zum Christentum überhaupt, das Frankreich und die Katholische Kirche hochhalten. Sollte Europa zu seinen christlichen Wurzeln zurückkehren, muss es an erster Stelle seine gewalttätige Intervention in andere Länder, diese seine mörderische Außenpolitik, stoppen. Das Töten und der Überfall im Ausland haben aufzuhören. Normalität durch normale Beziehungen mit allen Staaten der Welt sollte auch für jeden Staat in Europa möglich sein.

Irrweg verlassen und sich an internationale Rechtstaatlichkeit halten

Blutvergießen bringt bloß weiteres Blutvergießen. Noch nie war das Verbreiten von Propagandalügen so einfach - und die Bereitschaft, sie zu hinterfragen, so gering. Frankreich spielt seit Jahrzehnten in die Hände der kriminellen Außenpolitik der USA. Unverzeihlich in einem Land, das als Hort der Aufklärung und als rechtstaatliche Demokratie bekannt und weltweit dafür bewundert wird. Auf der Grundlage dieser Aufklärung muss jetzt der Präsident Hollande eine Zäsur vornehmen und seinen Irrweg dezidiert verlassen. Ist er bereit, seinen entgleisten Kurs zu korrigieren und sich an die internationale Rechtstaatlichkeit zu halten, das heißt, mit allen Ländern normale Beziehungen zu pflegen? Der erste Schritt für ihn sollte sein, sich mit dem syrischen Präsidenten zu verständigen, ein gewählter und wiedergewählter Präsident, der sein Land gegen westliche Aggressoren - darunter Frankreich – verteidigen muss, Aggressoren, die in Komplizenschaft mit Terroristen Syrien täglich verwüsten und zerstören in einem niemals dagewesenen Ausmaß. Zusammen und in vollem Einverständnis mit Syrien sollte Frankreich den Kampf gegen alle Extremisten und Terroristen führen, genauso wie es schon Russland in einer Koalition mit Syrien erfolgreich tut, um dem kleinen arabischen Land dabei zu helfen, sich von Gewalt und Terror endgültig zu befreien.

Frankreich wieder auf die richtige Bahn lenken

Niemand hat das Recht zu töten. Kein Staat, keine Regierung. Menschen in anderen Ländern, in denen die US-Regierung ihren erklärten „Krieg gegen den Terror“ führt, werden zu Tausenden von der US-Regierung und ihrem Komplizen Frankreich willkürlich umgebracht. Straflos und ohne Konsequenzen. In diesem entsetzlichen unerwünschten internationalen Kontext ereignen sich die abscheulichen Attentate in Nizza und in St. Etienne. So entsetzlich und feige sie sind, so sind es auch die Attentate und Luftangriffe Frankreichs in Syrien mit tausenden zivilen Opfern. Hollande sollte den Mut aufbringen, Frankreich schnell wieder auf die richtige Bahn zu lenken gemäß aller Grundsätze der internationalen Rechtstaatlichkeit, die Paris einmal würdevoll anerkannte und hochhielt.

Keine absolute Sicherheit, aber mehr Vorsichtsmaßnahmen möglich

Was die generelle Sicherheit der Bürger betrifft, kann die Politik keine absolute Sicherheit garantieren. Diese Forderung ist illusorisch und naiv. Spekulationen über Soldaten oder Abschiebung von Flüchtlingen sind abstrus und deplatziert. Kein Attentat hat mit den Flüchtlingen zu tun. Hier müssen die Medien aufhören, Falsch-Information oder Sensationsmeldungen undifferenziert mit irreführenden Pauschalurteilen zu verbreiten. Eine Vorsichtsmaßnahme aus dem Innenministerium wäre, in einer Krisen-Lage bestimmte Boulevard-Medien am Erscheinen zu hindern oder irreführende, hetzende Redakteure vor ihrem Posten zu entfernen und als Unruhe-Stifter vor ein Gericht zu stellen.

Vorsicht geht vor Nachsicht

Für die eigene Sicherheit ist an erster Stelle jeder Bürger selbst verantwortlich. Wenn während eines Unwetters ein Passant vom Blitz getroffen wird, ist nicht die Politik für den Blitzschlag zu verantworten, sondern der Bürger selbst, der das Risiko auf sich nimmt, dann unterwegs zu sein. Also Vorsicht geht vor Nachsicht. Das bedeutet keine Panik, keine Übertreibung. Eines sollte einem bewusst sein: Das Verbrechen existiert seit dem Anfang der Menschheitsgeschichte. Im Laufe der Geschichte haben sich aber Rechtsinstitutionen und Rechtsprinzipien entwickelt, auf die sich die Staatsangehörigen verlassen dürfen, denn solche Insitutionen sind in unserer Rechtsordnung beauftragt, Sicherheit und Ordnung im Land zu schaffen. In diesem Zusammenhang schreibt Joachim Käppner völlig richtig: <Bei keinem der Anschläge dieser Tage ist freilich erkennbar, was die Armee eigentlich hätte ausrichten sollen, oder was sie tun kann, das die Polizei nicht könnte....weder die Bundeswehr noch die Polizei wünschen sich den Militäreinsatz im Inneren.... Wer ständig nach der Bundeswehr ruft, suggeriert den Leuten, die Polizei könne sie nicht mehr beschützen, obwohl das nicht stimmt. Man nennt das Populismus.> („Amok-Angriffe – Wer die Bundeswehr ruft ...“ von Joachim Käppner, SZ am 27.7.2016) Es sind Stimmen aus dem Rechtsextremismus, die Verwirrung und Verunsicherung stiften. Die Polizei, die Ordnungskräfte haben sich hoch professionell und handlungsfähig bewiesen, in einer Krisen-Lage wirksam und erfolgreich zu agieren.

Außenpolitik thematisieren

Natürlich war es ein Fehler, Personal bei der Polizei einzusparen. Umso dringender ist es jetzt, das Personal der Polizei aufzustocken. Soldaten können nicht die Funktion der Polizei ersetzen. Mit oder ohne Soldaten werden Verbrecher weiter agieren. Wichtig ist die Ursache der Verbrechen mit terroristischem Hintergrund zu thematisieren, nämlich die Außenpolitik, worauf die Vorsitzende der Partei DIE LINKE in ihrem hervorragenden ZDF-Sommerinterview vom 24.7.2016 aufmerksam machte.


Luz María de Stéfano Zuloaga de Lenkait ist chilenische Rechtsanwältin und Diplomatin (a.D.). Sie war jüngstes Mitglied im Außenministerium und wurde unter der Militärdiktatur aus dem Auswärtigen Dienst entlassen. In Deutschland hat sie sich öffentlich engagiert für den friedlichen Übergang der chilenischen Militärdiktatur zum freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat, u.a. mit Erstellen von Gutachten für Mitglieder des Deutschen Bundestages und Pressearbeit, die Einheit beider deutschen Staaten als ein Akt der Souveränität in Selbstbestimmung der beiden UN-Mitglieder frei von fremden Truppen und Militärbündnissen, einen respektvollen rechtmäßigen Umgang mit dem vormaligen Staatsoberhaupt der Deutschen Demokratischen Republik Erich Honecker im vereinten Deutschland, für die deutsche Friedensbewegung, für bessere Kenntnis des Völkerrechts und seine Einhaltung, vor allem bei Politikern, ihren Mitarbeitern und in Redaktionen. Publikationen von ihr sind in chilenischen Tageszeitungen erschienen (El Mercurio, La Epoca), im südamerikanischen Magazin “Perfiles Liberales”, und im Internet, u.a. bei Attac, Portal Amerika 21, Palästina-Portal. Einige ihrer Gutachten (so zum Irak-Krieg 1991) befinden sich in der Bibliothek des Deutschen Bundestages.


Online-Flyer Nr. 573  vom 03.08.2016

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