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Globales
Bombardierung Gazas vor zwei, Urteil gegen Israels Mauer vor zwölf Jahren
Bittere Jahrestage
Von Karin Leukefeld

Zwei Jahrestage haben die Palästinenser am Wochenende des 9./10. Juli 2016 genutzt, um auf die seit 50 Jahren andauernde Besatzung ihres Landes durch Israel und das damit verbundene Unrecht hinzuweisen. Am 8. Juli 2014 hatte die israelische Armee begonnen, aus der Luft, vom Land und von See her ihre mörderischen Waffen auf das »größte Gefängnis der Welt«, wie die Einwohner des Gazastreifens sagen, abzufeuern. 51 Tage dauerte das Morden für die Palästinenser in einem Gebiet, aus dem niemand fliehen konnte und in dem es keine Luftschutzbunker gab. Das Schrecken erlebten auch die ebenfalls von Raketen bedrohten Israelis jenseits der Grenze.


Protest gegen Israels Gaza-Massaker, Berlin, 2014 (Foto: arbeiterfotografie.com)

Bei dem von Israel als »Operation Starker Fels« bezeichneten Angriff wurden mindestens 1.462 palästinensische Zivilisten getötet, erinnerte das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) anlässlich des Jahrestages. Ein Drittel der Opfer waren Kinder. Bis heute warten mehr als 3.800 damals schwer Verletzte auf notwendige Operationen. 900 dauerhaft behinderte Menschen sind auf medizinische Hilfe angewiesen, die es kaum gibt, auch weil Kliniken ganz oder teilweise zerstört worden waren. Das gezielt zerbombte Al-Wafa-Krankenhaus ist bis heute außer Betrieb, weil das Geld für den Wiederaufbau fehlt.

Nach Angaben der UNO wird der belagerte Gazastreifen im Jahr 2020 »unbewohnbar« sein. Die 1,8 Millionen Menschen dort seien völlig verarmt, die zehnjährige israelische Blockade verhindere eine wirtschaftliche Entwicklung, die durch die wiederholten Angriffe zerstörte Infrastruktur werde nicht mehr aufgebaut. Allein im letzten Krieg 2014 hätten 75.000 Menschen ihr Zuhause verloren.


Demonstration am Ort des Internationalen Gerichtshofs, der sich mit der israelischen Mauer befasst, Den Haag, 2004

Die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) erinnerte am Wochenende auch an einen weiteren Jahrestag. Am 9. Juli 2004, vor zwölf Jahren, erklärte der Internationale Gerichtshof, dass die von Israel im Westjordanland und in Jerusalem errichtete Mauer gegen das Völkerrecht verstoße und »illegal« sei. Die Besatzungsmacht sollte den Bau sofort stoppen und die dadurch betroffenen Palästinenser finanziell entschädigen, forderten die Richter. Tel Aviv, das die Mauer als »Sperranlage gegen Terrorismus« bezeichnet, ignorierte das Urteil und baute weiter. Heute schlängeln sich 62 Prozent des auf 760 Kilometer angelegten, bis zu acht Meter hohen Betonmonsters durch palästinensisches Land. Die Mauer trennt Nachbarn und Familien, schließt Ortschaften ein und kappt fruchtbare Ländereien von ihren palästinensischen Besitzern.

Die PLO kritisierte, dass die »internationale Gemeinschaft« nichts gegen die anhaltende Besatzung palästinensischen Territoriums unternehme. Die israelische Menschenrechtsgruppe B’Tselem ihrerseits wies darauf hin, dass durch die Mauer acht palästinensische Wohnviertel vom Rest Jerusalems abgetrennt wurden. Ostjerusalem soll die Hauptstadt eines palästinensischen Staates werden, wie es in den Oslo-Abkommen I und II festgeschrieben ist. Stattdessen trennt Israel die palästinensischen Gebiete von ihrer zukünftigen Hauptstadt ab.

»Der Weg zum Frieden ist Gerechtigkeit, nicht Straflosigkeit«, heißt es in der PLO-Erklärung. »Wenn die internationale Gemeinschaft weiterhin die 50 Jahre währende Besatzung und Kolonisierung Palästinas durch Israel duldet«, missachte sie das Selbstbestimmungsrecht des palästinensischen Volkes, dem sich die UNO verpflichtet habe.

Die israelische Regierung machte derweil deutlich, dass sie ihren Kurs nicht ändern will. Sie genehmigte den Ausbau der völkerrechtswidrig auf besetztem Gebiet errichteten jüdischen Siedlungen. So sollen 140 neue Wohnungen in Ostjerusalem und 100 weitere Unterkünfte südöstlich der Stadt gebaut werden. In der Siedlung Maale Adumim sind 560 neue Wohnungen geplant. Deren Territorium will Israel offiziell annektieren.

Internationalen Widerstand dagegen gibt es kaum, obwohl das »Nahostquartett« aus USA, Russland, EU und UNO erst kürzlich wieder den Stopp des Siedlungsausbaus gefordert hat. Niemand wolle sich offen mit Israel anlegen, zitierte die Nachrichtenagentur Reuters einen namentlich nicht genannten EU-Diplomaten.


Mit freundlicher Genehmigung von Karin Leukefeld übernommen aus "junge Welt" vom 11.07.2016

Online-Flyer Nr. 570  vom 13.07.2016

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