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Aktueller Online-Flyer vom 18. April 2024  

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Krieg und Frieden
Ein unerwünschter Meinungsbetrag aus der Friedensbewegung
Solidarität mit Flüchtenden statt Querfrontdebatten
Von Karl-Heinz Peil

Karl-Heinz Peil, Mitglied des Bundesausschusses Friedensratschlag und verantwortlicher Redakteur des zweimonatlich erscheinenden Friedensjournals, hat einer linken Tageszeitung einen Meinungsbeitrag aus der Friedensbewegung angeboten. Nach Aussage des verantwortlichen Redakteurs war der Artikel am 14. März 2016 fest eingeplant. Doch er erschien nicht. Er wurde mit wechselnden, hinhaltenden Begründungen in die Warteschleife gestellt. Das haben wiederholte Nachfragen ergeben. Er ist mittlerweile auf der website des Friedensratschlags erschienen. Und wir veröffentlichen ihn hier.

"Alle Wege des Marxismus führen nach Moskau". So stand es auf einem CDU-Wahlplakat zur Bundestagswahl 1953. Gerichtet war dieses Plakat damals gegen die diesbezüglich noch verdächtige SPD. In der Zeit des Kalten Krieges gab es eine starke Polarisierung bei fortschrittlichen Kräften zwischen pro- und anti-sowjetischer Haltung bzw. Weltanschauung. Es ist aus heutiger Sicht erstaunlich, dass dieses breite politische Spektrum sich in den 60er Jahren als Ostermarschbewegung zusammen fand. Anfang der 80er Jahre erreichte die deutsche Friedensbewegung eine historische Stärke durch den gemeinsamen Kampf von Friedensbewegten, die teilweise "einseitig" gegen die Stationierung von US-Atomraketen auftraten und solchen, die auf Äquidistanz auch zur sowjetischen (Rüstungs-)Politik bedacht waren. Aktuell hat sich ein neuer Kalter Krieg entwickelt, der auch in der Friedensbewegung zu kontroversen Sichtweisen der russischen Politik führt, was aber auch viel mit den widersprüchlichen strategischen Interessen von USA, NATO, EU und Deutschland gegenüber Russland zu tun hat. Damit ergeben sich vielfältig differenzierte Analysen, die aber kein Potenzial zu einer Spaltung bieten.

Innerhalb der Friedensbewegung ist die Abgrenzung nach rechts auch in der zurück liegenden Mahnwachen-Debatte kein Thema gewesen, denn für alle Friedensbewegten gilt: Faschismus bedeutet Krieg. Der politische Diskurs hat sich nun gegenüber der mit dem Russland-Ukraine-Konflikt aufgekommenen Mahnwachen-Debatte grundlegend geändert: Flüchtlingsabwehr oder Solidarität mit Flüchtenden? Die aktuelle gesellschaftliche Polarisierung durch diese Frage erlaubt keine Spielräume für Querfront-Aktivisten.

Dort, wo aus politischer Unerfahrenheit tatsächlich Berührungspunkte zwischen einzelnen Akteuren in der Friedensbewegung und Aktivisten in der rechten Szene auftreten, sollte mit solidarischer Kritik anstatt Diffamierungen vorgegangen werden. Wer hingegen in vermeintlichen Parallelen zu rechten Plattitüden mit "nationaler Souveränität" gegen die USA eine Querfront wittert, kennt nicht die Geschichte der Friedensbewegung und deren aktuelle Bandbreite an Einzelthemen. Alle Friedensaktivist*innen haben eigene Schwerpunkte, meistens aufgrund persönlicher, lokaler und regionaler Bezüge. Damit ergeben sich natürlich auch unterschiedliche „Einseitigkeiten“ und Adressaten von Forderungen. Aber auch bei der laufenden Aktionsplanung der Ramstein-Kampagne, die mit einer Zuspitzung gegen den dortigen US-Stützpunkt mobilisiert, wird die deutsche Politik als Mitverursacher der Fluchtbewegungen thematisiert. Die Bekämpfung von Fluchtursachen ist heute eine Grundforderung in der Friedensbewegung, mit der gegen die stark gestiegene globale Kriegsgefahr mobilisiert werden muss. Lähmend wirken hingegen selbst ernannte Sittenwächter des "richtigen" Antifaschismus.


Friedensjournal-Titelseite der Ausgabe April/Mai 2016 (Ausschnitt)

Bei meiner Arbeit als Redakteur habe ich kürzlich ein Foto für Titelseiten-tauglich befunden, das meine Kasseler Friedensfreund*innen auf der jüngsten Demo gegen die Siko in München mit dem Banner des Friedensratschlages zeigt. Fünf Meter dahinter im Bild-Hintergrund fiel mir erst auf den zweiten Blick ein Detail ins Auge: Ein Schild mit der Aufschrift "Ami go home". Das Indiz für eine neue Querfront? Ganz sicher nicht.

Online-Flyer Nr. 557  vom 13.04.2016

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