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Globales
Der Panamakanal bekommt Konkurrenz
Pazifik-Atlantik-Kanal spaltet Nicaragua
Von Monika und Michael Höhn

Ein zweiter Durchstich durch Mittelamerika soll in Nicaragua Atlantik und Pazifik verbinden. Doch die Auswirkungen auf die phänomenale Wasserwelt des Nicaraguasees sind scher zu kalkulieren. Am 22.12.2014 begann der symbolische Spatenstich, um den Gran Canal Interoceano zu unterstreichen. Ein Batallion von Mammutbaggern und Planierrauben rückten an. Das größte Bauvorhaben in der Geschichte, so der chinesische Milliardär Wang Jing, der das Projekt gemeinsam mit einem Konsortium finanzieren will. Der Kanal soll ein beispielloses Wirtschaftswachstum bewirken und das Bruttosozialprodukt in diesem Armenhaus der Region verdoppeln.


Grober Verlauf des Pazifik-Atlantik-Kanals in Nicaragua (Grafik: NRhZ)

Nicht alle stimmen in den Chor der Jubelnden mit ein: Fischer, Menschenrechtler, juristische Repräsentantinnen der betroffenen indigenen Bevölkerung oder auch Naturschützer sagen ein eindeutiges NEIN.

Der 280 km lange Kanal wird auf einer Länge von 100 km den Nicaragua-See durchqueren, das größte Süß-Wasserreservoir Mittelamerikas und eine Trinkwasserquelle für zweihunderttausend Anwohner.

Weil der See jedoch zu flach ist, muss ein dreißig Meter tiefer und zweihundert Meter breiter Graben ausgebaggert und aus dem Seegrund herausgesprengt werden.

Welche Folgen Wirbel und Erdbeben dabei haben können, oder ob über die Schleusen Salzwasser eindringen kann, oder der Wasserspiegel steigen oder sinken wird, das alles sind noch offene Fragen, die nicht beantwortet worden sind.

Auf dem Nicaragua-See fahren kaum Schiffe, nur eine Fähre – ein kaum bekanntes Naturwunder mit seinen beiden Vulkanen Maderas und Concepción auf der Insel Ometepe mit ihren Regenwäldern und Naturschutzgebieten. Sie sind bedroht, ebenso die Wasserqualität und der Artenreichtum.


Auf dem Binnensee mit der Vulkan-Insel Ometepe demnächst statt Fährboote Ozean-Schiffe? (Foto: ometepe-projekt-nicaragua.de)

Auch die Umsiedlung von tausenden von Anwohnern, in Lateinamerika häufig ein Synonym für Vertreibung und Enteignung, kommt von offizieller Seite selten zu Sprache.

Dennoch wird von mindestens fünftausend Schiffen gesprochen, die den Kanal pro Jahr passieren und eines Tages 5 Prozent des Welthandels auf dieser Route abwickeln sollen.

Dass der 40 bis 50 Milliarden Dollar teure Bau zügig voranschreitet und die versprochenen 50.000 Arbeitsplätze für Nicaraguaner entstehen, halten viele für ebenso unwahrscheinlich wie die geplante Fertigstellung im Jahr 2019.

Es wurde gemunkelt, dass es dem Präsidenten-Clan und anderen einflussreichen Familien erst einmal darauf ankomme, sich die langfristige Bereicherung am dem Projekt juristisch zu sichern und das hinter dem Unternehmen Wang Jing der chinesische Staat stehe, der mit der Kontrolle über den Kanal ein geopolitisches Kalkül verbinde.

Online-Flyer Nr. 548  vom 10.02.2016

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