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Bundeswehr will hitlertreuen Wehrmachtsoffizieren weiter Ehre erweisen
Ulla Jelpke verurteilt "Mölders-Feier" am Sonntag
Von Peter Kleinert

"Die Bundeswehr will sich von ihren Traditionssträngen zur Wehrmacht noch immer nicht lösen", sagt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, mit Blick auf die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (BT-Drucksache 18/6653) nach Ehrenbekundungen für verstorbene Wehrmachtsoffiziere. Demzufolge richtet die Bundeswehr weiterhin Ehrengeleite bzw. Abordnungen bei Beerdigungen von Wehrmachtsangehörigen aus.

 



Jagdflieger-Oberst Werner Mölders 1941
Quelle: Bundesarchiv

 

Ulla Jelpke weiter: "Sechs ehemalige Offiziere und zwei Gefreite, bis auf einen allesamt Träger des Ritterkreuzes bzw. des Eisernen Kreuzes, sind seit 2012 unter Ehrenbekundungen der Bundeswehr zu Grabe getragen worden. Die Bundesregierung stellt klar, dass sie an dieser Praxis auch in Zukunft festhalten will, und zwar unabhängig davon, ob die Verstorbenen der Wehrmachtsopposition angehört haben oder bis zum Kriegsende loyal zur Naziführung standen.

Eine Prüfung, ob die Einheiten, denen die Verstorbenen angehört hatten, an Kriegsverbrechen beteiligt gewesen waren, findet allenfalls kursorisch statt. Die Bundesregierung verweist darauf, dass hierfür 'umfangreiche Recherchen' nötig wären, die sie aber für einen 'nicht vertretbaren Aufwand' hält. Mit Verweis auf das militärische Brauchtum erklärt die Bundesregierung, es entspreche der 'Achtung vor Toten', Bitten der Hinterbliebenen nach Ehrenbekundungen nicht 'pauschal zu verwehren, nur weil der Verstorbene Angehöriger der Wehrmacht war'.

Damit übersieht sie allerdings, dass es sich bei den Offizieren um Männer gehandelt hat, die sich als Berufssoldaten freiwillig am Raub- und Vernichtungskrieg der Nazis beteiligt haben. Die Achtung vor Toten gebietet noch lange nicht, dass die Bundeswehr an ihren Gräbern aufmarschiert und strammsteht. Ehrenbekundungen sind keine Privatangelegenheit, sondern ein Politikum. Es ist nicht einzusehen, dass die Bundeswehr den Tätern und Helfern der faschistischen Tyrannei irgendeine Ehre erweist."

An diesem Sonntag finde auf der Luftwaffenbasis Zell in Bayern wieder einmal die "Mölders-Feier" statt, aus Anlass des 74. Todestages des Wehrmacht-Jagdfliegers durch dessen Flug zu einem Staatsbegräbnis. Auch damit enttarne sich die Traditionspolitik der Bundeswehr. 

Werner Mölders, geboren 1913 in Gelsenkirchen, gestorben am 22. November 1941 beim Absturz auf dessen Flug zu einem Staatsbegräbnis in Breslau, war zunächst Luftwaffenoffizier im Spanischen Bürgerkrieg und danach im Zweiten Weltkrieg. In der Zeit des Nationalsozialismus war er einer der höchstdekorierten Soldaten der deutschen Luftwaffe. 

Ein vom britischen Geheimdienst lancierter Brief, der eine angebliche Distanzierung Mölders’ vom Nationalsozialismus aus "christlichen Beweggründen" zum Ausdruck brachte, verschaffte ihm auch nach 1945 eine gewisse Popularität und wurde erst 1962 eindeutig als Fälschung identifiziert. Die Bundesmarine benannte sogar den Zerstörer "Mölders" nach ihm. Kontroversen um die Ehrung Mölders’ im Rahmen der militärischen Traditionspflege der Bundeswehr dauern bis in die Gegenwart an. Erst 2005 beschloss der Bundesminister der Verteidigung Peter Struck (SPD), Bundeswehreinrichtungen nicht weiter den Namen Mölders tragen zu lassen. Zur Begründung wurden unter anderem eine fehlende Distanz zum Nationalsozialismus sowie Mölders’ Rolle in der "Legion Condor" (1) herangezogen. 

Nach bestandenem Abitur hatte sich Mölders freiwillig zur Reichswehr gemeldet. Nach seiner Ausbildung zum Pionieroffizier meldete er sich als Oberfähnrich, als Deutschland heimlich begonnen hatte, seine Luftwaffe aufzubauen. Der 1935 in die Luftwaffe übernommene Pionierleutnant meldete sich zur "Legion Condor" (1), übernahm ab April 1938 die 3. Staffel der Jagdgruppe 88, die auf der Seite Francisco Francos in den Spanischen Bürgerkrieg eingriff. Die Messerschmitt-Flieger dieser Jagdgruppe hatten einen großen Anteil an der entscheidenden Niederlage der Truppen der gewählten linken Volksfrontregierung der spanischen Republik unter Präsident Manuel Azaña gegen die putschenden Nationalisten. Mit 14 bestätigten Abschüssen wurde er der erfolgreichste auf nationalistischer Seite kämpfende Jagdpilot, wurde vorzeitig, mit 25 Jahren, zum Hauptmann befördert und erhielt das "Spanienkreuz in Gold mit Brillanten". 

Den Beginn des Zweiten Weltkrieges erlebte Mölders als Staffelkapitän der 1. Staffel des Jagdgeschwaders 53 „Pik As“. Nach sieben Luftsiegen erhielt er im April 1940 das "Eiserne Kreuz I. Klasse", Ende Mai bereits als erster deutscher Jagdflieger nach 20 Luftsiegen das "Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes". Während des "Westfeldzugs" wurde er am 5. Juni 1940 über Frankreich abgeschossen, geriet in Kriegsgefangenschaft, kam aber nach dem Waffenstillstand von Compiègne am 22. Juni 1940 wieder frei. 

Zum Major befördert, übernahm Mölders am 20. Juli 1940 als Kommandant das Jagdgeschwader 51 in St. Inglevert. Dieses Geschwader trug die Hauptlast in der Luftschlacht um England. Seinen 40. Luftsieg errang Mölders am 21. September des gleichen Jahres. Er war damit der erste Jagdflieger im Zweiten Weltkrieg, der diese Zahl erreichte, und erhielt als zweiter Soldat der Wehrmacht das "Eichenlaub zum Ritterkreuz". Sein Geschwader war zu diesem Zeitpunkt das erfolgreichste der Luftwaffe. Im Oktober 1940 erzielte er den 50. Luftsieg und wurde zum Oberstleutnant befördert. 

Unmittelbar vor Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion wurde sein Geschwader nach Polen verlegt. Mölders' Geschwader gehörte zur Luftflotte 2, die im Abschnitt der Heeresgruppe Mitte eingesetzt war. Zu den Aufgaben der Piloten gehörte neben dem Begleitschutz für die Bomberstaffeln und der sogenannten "freien Jagd“ auch die Bekämpfung von Bodenzielen mit Bordwaffen und Bomben. 

Am ersten Tag des Feldzugs gegen die Sowjetunion besiegte Mölders vier Gegner im Luftkampf, woraufhin ihm als zweitem Soldaten der Wehrmacht nach Adolf Galland die "Schwerter zum Ritterkreuz mit Eichenlaub" verliehen wurden. Es waren seine Luftsiege 69 bis 72. Am 15. Juli 1941 erzielte er fünf weitere Luftsiege, steigerte die Zahl seiner Abschüsse auf inzwischen 101 und übertraf so den bis dahin erfolgreichsten Jagdflieger Manfred von Richthofen. Als erster Offizier der Wehrmacht wurde er daraufhin von Adolf Hitler mit der (damals) höchsten deutschen Tapferkeitsauszeichnung, den "Brillanten zum Ritterkreuz mit Eichenlaub und Schwertern", ausgezeichnet und mit 28 Jahren zum Oberst befördert. 

Im Herbst 1941 erhielt er den Auftrag, den Jagdschutz der zum Angriff auf die Halbinsel Krim angetretenen Verbände zu führen. Während einer Inspektionsreise an die Ostfront erhielt Mölders den Befehl, sich zum Staatsbegräbnis des Generalluftzeugmeisters Udet nach Berlin zu begeben. Auf dem Flug von der Ostfront nach Berlin am 22. November 1941 fiel der linke Motor der Heinkel He 111, in der er als Passagier mitflog, kurz vor Breslau aus. Als beim Landeanflug auf den Flugplatz Breslau-Schöngarten auch der rechte Motor ausfiel, stürzte die Maschine ab. Mölders und der Pilot kamen bei dem Absturz ums Leben. Sein Adjutant Paul Wenzel und der Bordfunker überlebten den Unfall. Nach einem Staatsakt im Ehrensaal des Reichsluftfahrtministeriums wurde Mölders’ Sarg in einem Trauerzug durch die Stadt Berlin zum Invalidenfriedhof überführt. Er wurde neben Ernst Udet und Manfred von Richthofen, den beiden erfolgreichsten Jagdfliegern des Ersten Weltkrieges, sowie Wolff von Stutterheim beigesetzt. Mit seiner Funktion als General der Jagdflieger wurde nun Adolf Galland betraut. Sein altes Geschwader, das JG 51, erhielt den Namen "Jagdgeschwader Mölders“ und wurde so zu einem Traditionsgeschwader, dessen Angehörige das entsprechende Ärmelband tragen durften. (PK) 

(1) Die "Legion Condor" war eine "verdeckte Operation", das heißt eine ohne deutsche Uniformen oder Hoheitszeichen, operierende Einheit der deutschen Wehrmacht im Spanischen Bürgerkrieg. Sie wurde 1936 unter strengster Geheimhaltung ins Leben gerufen, griff in alle bedeutenden Schlachten ein und hatte entscheidenden Anteil am Sieg der Putschisten unter General Franco über Spaniens demokratisch gewählte Regierung. Ihre Existenz wurde bis 1939 geleugnet.



Online-Flyer Nr. 537  vom 20.11.2015

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