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Wirtschaft und Umwelt
Für Monsanto - ein Dämpfer und zwei Rückschläge
Syngenta-Übernahme gescheitert
Von Georges Hallermayer

Monsanto – der Name steht weltweit für Pestizide und genmanipuliertes, patentiertes Saatgut – mühte sich die letzten Monate, Syngenta, einen seiner größten Konkurrenten zu schlucken. Monsanto (USA), DuPont (USA) und Syngenta (Schweiz), diese drei Giganten vertreiben weltweit mehr als die Hälfte des genmanipuliert-patentierten Saatguts. Die sogenannten Analysten dachten „nach industrieller Logik“ sei der Schweizer multinationale Agrarkonzern „der ideale Partner“. Nach einer Studie der kanadischen ETC Group von 2011 kontrolliert Monsanto allein 27 Prozent des weltweiten kommerziellen Saatgutmarktes, Syngenta kommt auf 9 Prozent. Der allerdings wehrte sich erfolgreich gegen die feindliche Übernahme. Als Marktführer im Bereich Pflanzenschutz und größter Konkurrent im Saatgut-Geschäft war Syngenta das Angebot selbst nachgebessert zu niedrig, wie der Präsident von Syngenta, Michel Demaré erklärte.
 

Michel Demaré
NRhZ-Archiv
Ende August gab der amerikanische Chemie- Riese auf. Die zwei Monopolkapitalisten werden sich also weiterhin bekriegen und sich zu übertreffen suchen, genmanipulierte Samen zu patentieren, industrielle Monokulturen und damit land-grabbing zu fördern, weiterhin Hunderttausende von Kleinbauern in den Ruin zu treiben und die „grüne Revolution“ auf dem Weltmarkt für sich zu entscheiden - bis der Protest dagegen, am 23. Mai in über 400 Städten in 14 Ländern von Rio über Ouagadougou bis Paris von Tausenden auf die Straße gebracht, ein Millionen umspannendes Echo erfährt.
 
Einfallstor nach Westafrika zugeschlagen
 
Noch 2012 waren fast die Hälfte der Landwirtschafts- und Wissenschaftsminister Afrikas (24 von 54) dafür, genverändertes Saatgut zuzulassen. In Südafrika, Ägypten, Sudan ist und Burkina Faso war dies der Fall. In Südafrika ist bereits über die Hälfte des angebauten Mais genmanipuliert. Versuchsweise pflanzt Monsanto bereits in acht afrikanischen Ländern wie Kenia, Tansania, Mosambik und Uganda gentechnisch veränderte Baumwolle, Zuckerrohr, Tomaten und Bananen an. COMESA, die Wirtschaftsgemeinschaft aus 19 Ländern des östlichen und südlichen Afrikas, hat im September 2013 mit einer Regelung, dass nur geprüftes und patentiertes Saatgut verkauft werden darf, den Multinationalen Konzernen den Saatgutmarkt weit geöffnet. Viele Kleinbauern und Agrarkooperativen können so nicht mehr ihr eigenes gesammeltes Saatgut verkaufen.
Ganz im Unterschied zur Ukraine, wo - wie wikileaks 2013 aufdeckte - sich selbst das US-Außenministerium für Monsantos „GMO Food Crops“ einsetzte, hatten sich die Bauern im westafrikanischen Burkina Faso in diesem Sommer entschieden, die genmanipulierten Samen von Monsanto nicht mehr zu kaufen. Eine schwere Schlappe für den Chemieriesen. Das Einfallstor nach Westafrika war damit zugeschlagen. Burkina Faso war das einzige westafrikanische Land, in dem Monsanto im offenen Feldversuch experimentieren konnte. Und nachdem der Militärputsch zusammengebrochen ist, wird sich daran vorläufig auch nichts ändern. „Burkina Faso ist wichtig innerhalb der Afrika-Strategie“, räumte der lokale Direktor von Monsanto ein.

Vertrag aufgekündigt

Auch die burkinische „Interprofession“, die in der Branche tätigen Unternehmen (Sofitex, FasoCoton und Socoma, Tochter der französischen Geocoton) haben beschlossen, die Verwendung des 2008 von Monsanto (teils unter Polizeischutz) eingeführten genmanipulierten Saatguts Bollgard II für Baumwolle schrittweise einzuschränken und bis in drei Jahren einzustellen. Der Vertrag wurde aufgekündigt, weil der Ernteertrag, der um 20 Prozent steigen sollte, über die Jahre viel geringer ausfiel als zugesagt, aber auch die Qualität der Baumwolle zu wünschen übrig ließ, sodass die Betroffenen jetzt eine Klage vorbereiten und den Schaden berechnen lassen, der ihnen seit 2008 durch die Verwendung des gentechnisch veränderten Saatguts entstanden war. Nach einer sozioökonomischen Studie des burkinischen staatlichen Forschungsinstituts INERA aus dem Jahr 2014 hätten 53 Prozent der Monsantos Saatgut verwendenden Produzenten einen Gewinn realisieren können. Hinter dieser Zahl – denn fast die Hälfte hatte Verluste - verbirgt sich eine bäuerliche Katastrophe, die in den letzten Jahren Zehntausende kleine Bauern in Indien in den Selbstmord trieb. Die Kleinbauern in Burkina Faso wollen den Weg in den Ruin vermeiden.
 
Zu Schadensersatz verurteilt

Mitte September ging die Nachricht im main-stream der Flüchtlingswelle unter: Der kleine französische Getreidebauer Paul Francois hat den Chemiegiganten in die Knie gezwungen. Der amerikanische Chemie-Konzern wurde zum Schadensersatz verurteilt, auch wenn Monsanto in einer Revision das Urteil des Berufungsgerichts in Lyon anfechten will. Der Landwirt hatte 2004 beim Reinigen der Spritzapparatur Dämpfe des Monsanto-Pflanzenschutzmittels „Lasso“ eingeatmet, spuckte daraufhin Blut und kam sofort ins Krankenhaus. Die Folgen der Vergiftung wirken bis heute, mehrere Male mussten Ärzte um sein Leben kämpfen. Monsanto leugnete, verantwortlich zu sein, doch der Bauer konnte exakt den Nachweis erbringen. Seit 2007 ist das Herbizid in Frankreich verboten. Das Gericht erkannte 2012 auf Schadensersatz, was nunmehr bestätigt wurde. Wie der Anwalt von Paul Francois betonte, öffne das Urteil „eine Bresche“ für tausende geschädigter Bauern. Allein die von Paul Francois gegründete Opfer-Assoziation vereinigt 150 verletzte Berufskollegen. Die Geschädigten hoffen nunmehr, Schadensersatz zu bekommen, und fordern von Monsanto die Einrichtung eines Entschädigungsfonds.(PK)

Georges Hallermayer, Sarreguemines, war nach dem Studium der Geschichte, Politik, Germanistik fürs Lehramt an Gymnasien und dem darauffolgenden Berufsverbot 25 Jahre bei den Carl Duisberg Centren in der Entwicklungszusammenarbeit tätig. Mitglied im Landesvorstand Saar der GEW. Mitglied im Vorstand der Marx-Engels-Stiftung. Veröffentlichungen in Junge Welt, Letzeburger Vollek u.a.

 

 
 


Online-Flyer Nr. 531  vom 07.10.2015

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