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Aktueller Online-Flyer vom 11. Mai 2024  

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Globales
Nach dem US-NATO-Angriff auf Jugoslawien von 1999 wieder Krieg in Europa
Vor diesem Hintergrund das Attentat in Paris
Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait

Altkanzler Gerhard Schröder wirft der Europäischen Union zutreffend eine verfehlte Ukraine-Politik vor. Das angestrebte EU-Assoziierungsabkommen ohne Einbindung Russlands sei der falsche Weg gewesen. Sinnvoller wäre ein gemeinsames Abkommen mit Russland und der Ukraine: Ein Anhaltspunkt für eine solide Verständigung und weitere Zusammenarbeit mit dem Kreml. Die EU-Kommission sei derzeit personell in einem "miserablen Zustand". So Gerhard Schröder. Er selbst habe als Kanzler beim Jugoslawienkonflikt ... gegen das Völkerrecht verstoßen. ("Der Westen droht Putin – vergeblich.") Bisher sind deutsche Medien nicht bereit, diesen gravierenden Verstoß zu erkennen, der schon einen Angriffskrieg der NATO-USA mitten in Europa 1999 entfesselte.

 

Gerhard Schröder
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Nicht einmal kriminelle Neulinge hinterlassen ihren Ausweis, um identifiziert und gefangen zu werden. Einer der mutmaßlichen Attentäter von Paris, die erfahrene Kriminelle waren, hat seinen Ausweis hinterlassen, heißt es. Wieso? Der Fall erinnert an den 11/9, als Sündenböcke sofort identifiziert wurden mit dem verheerenden Zweck, einen "Krieg gegen den Terror" zu initiieren, einen Krieg, der lange geplant war und unter einem hinterhältigen kriminellen Vorwand aus der Schublade des Pentagons gezogen wurde.
 
Der Krieg in der Ukraine, gesteuert und finanziert von Washington, hat den europäischen Kontinent weiter gefährdet - vor allem angesichts eines Putsch-Regimes in Kiew im Februar 2014, das Faschisten in höchsten Positionen stellte. Das Terror-Attentat in Paris am 7.1. ist ein weiterer Markstein einer Kette von Attentaten gegen Europa. Unüberlegte unachtsame deutsche Redaktionen führender Medien lassen sich in den großen Wirbel darauf einwickeln, ohne den Zusammenhang eines solchen merkwürdigen kriminellen Tathergangs mit der höchst kritischen Lage Europas abzuwägen.
 
Vorsicht und harter Widerstand gegen die US-Regierung ist erforderlich, vor allem nachdem Obama eine Konfrontation mit Russland anstrebt und damit weiter die Irrationalität der US-Außenpolitik bloßstellt. Zweifellos muss sich Europa von den USA emanzipieren. Das haben die Amis einfach zu akzeptieren. Und deutsche Redaktionen auch. Ihre infantile US-Abhängigkeit lässt sie als kleine Kinder wahrnehmen, die nie gelernt haben, allein, ohne elterliche Hilfe zu denken und zu schreiben.
 
Frankreichs Präsident François Hollande spielt nicht weiter als Gallionsfigur der USA. Ganz anders als die bedauerlichen und auffälligen Widersprüche, die das Taktieren der Bundeskanzlerin kennzeichnen, ist die Sprache des Präsidenten Frankreichs und die Sprache seines Protokolls, wie schon im vergangenen Juni 2014 beim Treffen in der Normandie bemerkenswert. Paris hielt sich strikt an das, was grundsätzlich in den Beziehungen von Staaten das Protokoll bedeutet: Mit seinem sturen und törichten Beharren auf einem Nein zu einem Treffen mit dem Präsidenten Russlands schloss sich US-Präsident Barack Obama selbst von dem Bankett im Palast Elysée aus und musste das Abendessen in einem Pariser Restaurant allein verbringen (ARD-Tagesschau vom 5.6.2014), während sein russischer Kollege Wladimir Putin im Elysée-Palast von Hollande zum Bankett empfangen wurde. Auch der britische Premier David Cameron beteiligte sich daran.
 
Mit der Irrationalität und Sturheit der USA hat Präsident Hollande gebrochen. Welchen rationalen Sinn, welches konstruktive Ziel hat in den heiklen gegenwärtigen außenpolitischen Zeiten eine angebliche "Kritik" an Russland, die ohne Grund nicht einmal haltbar ist? Das ist keine Diplomatie, das ist schiere außenpolitische Inkompetenz, die eine unerwünschte und törichte Konfrontation und Paralyse bedeutet und eine weitere Eskalation der Krise in sich birgt. Die Bundeskanzlerin muss sich besinnen und aufhören, die Arbeit ihres Außenministers Walter Steinmeier weiter zu erschweren.
 
Ungeachtet der medialen Hetze gegen Russland, gesteuert von der US-NATO, hat der französische Präsident im Dezember 2014 Moskau besucht, um persönlich mit Putin einen konstruktiven Dialog zu führen. Wie Paris muss auch Berlin aus dieser Sackgasse umkehren. Frankreich und Russland haben den Willen, eine Lösung zu finden. Also sind auch Berlin und Kiew aufgerufen wie Paris und Moskau zusammenzuarbeiten. So Frankreichs Präsident aus Moskau laut ZDF-heute und ARD-Tagesschau vom 6.12.2014. Der Besuch des französischen Präsidenten in Moskau hat zum Ärger der USA jedenfalls die infame mediale Hetzerei gegen den russischen Präsidenten durchbrochen.
 
Doch die USA fahren fort, die Kiewer Verbrecher-Regierung skrupellos weiter zu bewaffnen und zu finanzieren. Damit ihr ganzes Geld nicht in dunklen Kanälen der korrupten Verwaltung versickert, hat Washington eigene Leute auf Ministerposten gehievt, so ins Schlüsselministerium für Finanzen. Nicht umsonst ist das US-hörige Regime in Kiew von Faschisten durchsetzt.
 
Die unsinnigen Sanktionen gegen Russland sind aufzuheben. Zu dieser vernünftigen Entscheidung muss auch die SPD umkehren. Zu Recht bröckelt die Einigkeit der europäischen Länder an diesem Kreuzungspunkt. Frankreich hat schon eine "Roadmap" für die Aufhebung der Russland-Sanktionen gefordert. Wenn die Bundesregierung ihre Haltung im Ukraine-Konflikt nicht ändere, werde sich Russland künftig bevorzugt auf Frankreich orientieren. So las man aus dem Kreml unter dem Titel "NATO rüstet Kiew auf" von Reinhard Lauterbach, Junge Welt vom 6.1.15: <Die Wirtschafts- und Finanzblockade des Westens gegen Russland geht nach hinten los. ... Während dies den Deutschen spät dämmerte... hatten die Vertreter anderer Länder bessere Sicht. Und weniger Angst als die Merkel-Regierung, dies offen auszusprechen. Das Interview von Romano Prodi in der Tageszeitung Il Messaggero ist hoch aktuell in dieser Hinsicht. Darin stellt der ehemalige italienische Regierungschef und Expräsident der Europäischen Kommission fest, dass "die schwächere russische Wirtschaft für Italien äußerst kostspielig ist".... Genau in diese Nachdenkphase platzte jetzt eine russische Offerte. Die EU solle auf das Freihandelsabkommen TTIP mit den USA verzichten und stattdessen eine Partnerschaft mit der neugeschaffenen Eurasischen Wirtschaftsunion eingehen. So der russische Botschafter bei der EU, Wladimir Schischow, in einem Interview mit dem EU-Observer am 3./4.1.15: "Ist es wirklich weise, soviel politische Energie in eine Freihandelszone mit den USA zu stecken, wenn man natürlichere Partner ganz in der Nähe hat?". (Die Frage des russischen Botschafters ist sonnenklar berechtigt): "Der gesunde Menschenverstand rät uns, die Möglichkeit der Schaffung eines gemeinsamen Wirtschaftsraumes in der eurasischen Region in Angriff zu nehmen, einschließlich der Schwerpunktländer der Östlichen Partnerschaft. ... Wir könnten uns eine Freihandelszone zwischen allen interessierten Parteien in Eurasien vorstellen. Wir behandeln unsere Hühner jedenfalls nicht mit Chlor."
 
Der Vertrag zur Gründung der Eurasischen Union trat am 1. Januar in Kraft. Sie umfasst bisher Armenien, Belarus (Weißrussland), Kasachstan und die Russische Föderation, Kirgisien wird im Mai beitreten. <Tatsächlich besteht für den EU-Handel mit den aufstrebenden, rohstoffreichen Ländern der Region ein weitaus höheres Wachstumspotential als mit der reifen Volkswirtschaft USA, in der Massennachfrage wegen der zunehmender Verarmung immer größerer Bevölkerungsschichten rückläufig ist. Auch das „Transatlantic Trade and Investment Partnership“ (TTIP) würde daran nichts ändern. Vielmehr besteht die Gefahr, dass durch TTIP nicht nur die niedrigen Sozial- und Umweltstandards der USA in die EU "exportiert" werden, sondern auch Arbeitsplätze in der EU verlorengehen. Profiteur von TTIP wären einer Studie zufolge vor allem die USA. Das wirklich unmoralische Angebot kommt aus den USA.> ("Unmoralisches Angebot" von Rainer Rupp, Junge Welt, 6.1.) 
 
Berlin kann nicht länger an der Seite eines faschistischen Kiewer Regimes stehen, das unsinnig weiter auf Konfrontationskurs gegen Russland geht. Ein ukrainischer Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk, der hemmungslos und unverschämt die Sprache Washingtons reproduziert und alle Bemühungen um eine dauerhafte Lösung der Krise blockieren will, ist nicht weiter zu unterstützen, am wenigsten von Berlin zu hofieren. Die harschen Töne des radikalen Ukrainer erschweren die aktuellen Bemühungen Berlins, die Krise zu entschärfen. Das Treffen des Staatschefs aus Russland, der Ukraine, Frankreich und Deutschland in Kasachstan am 15.1. ist eine Pariser Initiative. Frankreichs Präsident François Hollande hat dieses Treffen als Normandie-Format 2014 ins Leben gerufen. Aber die französische Initiative, die von Moskau begrüßt und unterstützt worden ist, weckt Misstrauen bei Störländern wie Polen und den USA. 
 
Vor diesem aktuellen Hintergrund geschah das Attentat in Paris (7.1.), das die mediale Aufmerksamkeit einseitig gegen islamische Täter lenkt, auch wenn nicht einmal klar ist, was dahinter steckt. Symptomatisch ist es auch, dass bei einer Selbstmordattentäterin am Tag zuvor in Istanbul am 6.1. ebenso ein hinterlassener Ausweis gefunden wurde und zwar intakt. Ein russischer Pass soll es gewesen sein. Die Operationen der USA/CIA sind für ihre Niederträchtigkeit bekannt. Diesmal ist Europa das Ziel eines hinterhältigen bösartigen Krieges. Das verdeckte Ziel Washingtons besteht darin, in Europa Verwirrung zu stiften und zu stören, so dass Europa desintegriert und gespalten bleibt, damit die USA es leicht unter ihrer Kontrolle halten können. Dr. Sabine Schiffer, Leiterin des Instituts für Medienverantwortung, sagte richtig die Liquidierung der vermeintlichen islamischen Täter voraus, Tage bevor sie geschah. Ohne Recherche, ohne dass eine polizeiliche Vernehmung stattfand, wussten die führenden Medien sofort, dass "Islamisten" die Täter von Paris sind. ("Da wurden kaum Gegenfragen gestellt". Ein Gespräch mit Sabine Schiffer, Interview: Markus Bernhardt, Junge Welt von 9.1.15) 
 
Washington schaut zunehmend auf die besondere deutsche Rolle, aber auch auf die französische, denn bei der militaristischen NATO-Kriegsfraktion ist eine Achse Paris-Berlin-Moskau unerwünscht . "Der Anschlag von Paris und seine Folgen enthalten Stoff für eine gewaltige gesellschaftliche Krise. Man muss in Frankreichs Geschichte lange zurückgehen, vielleicht bis zur Affäre Dreyfus, um eine ähnliche Situation zu finden". Diese Überlegung des Journalisten Rudolph Chimelli ist erhellend zutreffend. Die Ultra-Rechte spielt in Frankreich immer noch eine verheerende Rolle. Bei der Dreyfus-Affäre (1894) wurden die Vertuschung, die Inszenierung, die Fälschung von Spuren auf Anordnung von höchster Stelle des Militärs konstruiert, um den wahren Täter bzw. den Verräter zu decken und einen Unschuldigen (einen Juden) zu verurteilen. Das hinterhältige Manöver der damaligen Regierung Frankreichs geschah hinter der Kulisse von Hasstiraden gegen den Juden, und schuf eine hässliche anti-jüdische Stimmung mitten in der Gesellschaft Frankreichs.
 
Böse, hinterhältige Äußerungen oder Zeichnungen, Beschimpfungen von Religionen schaffen Spannungen in einer multikulturellen offenen Gesellschaft, denn sie beleidigen Gefühle religiöser Menschen. Beleidigende Hetzerei spricht nicht für eine Aufklärung des Westens. Im Gegenteil. Sie gehört keineswegs zur Vernunft der Freiheit, sondern sie zeigt eine Andersartigkeit und Hasshaltung, die eine offene demokratische pluralistische Gesellschaft verhöhnt. Eine Fremden- und Islamfeindlichkeit ist in Europa inakzeptabel und an den Pranger zu stellen. Europäische Islamhasser wie Thilo Sarrazin und seine bösen Bücher wurden schon einmal medial angeheizt. Eine Dummheit und eine hochgefährliche Verantwortungslosigkeit zugleich, denn "so wird das beginnende Miteinander der Kulturen und Religionen zerstört; es wird zu einem giftigen Nebeneinander". Diese Warnung von Heribert Prantl von der SZ ist absolut zutreffend. Wer ist daran interessiert? Deutschland ist glücklicherweise kein "Charlie". Und Europa darf es keineswegs werden. Es ist die Stunde für verantwortungsvolle besonnene Stimmen, sowohl aus der Politik als auch aus Redaktionen. Öl ins Feuer zu gießen, ist zu vermeiden - als Gebot der reinen Vernunft.
 
Es ist an der Zeit für die Bundesregierung, aufzuwachen und die NATO-Kriegsfraktion in ihre Schranken zu weisen, um weitere Destruktionen zu verhindern, nicht nur in Europa, sondern auch und vor allem im Nahen Osten. Gerade im Nahen Osten haben angebliche "westliche Aufklärer" einen Krieg angezettelt durch Bewaffnung und Finanzierung von terroristischen Aktionen, die in Syrien und im Irak maßlosen Mord und Zerstörung betreiben. Deutsche Redaktionen wirken als Cover für die verbrecherische westliche Interventionsclique.
 
Willy Wimmer bringt die Sache auf den Punkt: "In dem Maße, wie wir die Opfer in Paris beklagen, dürfen wir nicht verkennen, in welch erschreckendem Umfang wir zu Massenmorden rund um die Welt beitragen" ("Gegen den Terror" von Willy Wimmer, Junge Welt, 9.1.). Redakteure sollten sich zuerst über den westlichen Massenmord und über die westlichen Massenmörder persönlich Klarheit verschaffen. Berlin muss klare Worte finden und die USA so fern wie möglich halten. Der neue Faschismus ist der neue Alliierte der USA in Europa, nämlich die Missachtung von Recht und Gesetz und die Wiederkehr der hegemonialen Kanonenbootpolitik. Dieser neue Faschismus ist viel gefährlicher, viel menschenverachtender und verbrecherischer als der alte bekannte europäische Faschismus des 20. Jahrhunderts. Ihn durch propagandistische hinterhältige Lügen und konstruierte Erfindungen in die Öffentlichkeit zu tragen, ist Volksverhetzung, die selbstverständlich strafrechtlich verfolgt und bestraft gehört.
 
In diesen Sumpf immer tiefer einsinkend geben die USA keine Signale von Vernunft und Normalität. Rationalität ist bei der Führung in Washington nicht mehr zu erkennen. Trotz der schwersten finanziellen Krise, die ihre Bevölkerung am härtesten trifft, verharrt die US-Regierung dabei, weitere gigantische Ressourcen in unproduktive Rüstungsprojekte und weltweit in über 800 US-Militärstützpunkte und diverse Kriegsaktivitäten zu vergeuden. Ein irrsinniger katastrophaler Weg! Es ist eine Zumutung, auch nur daran zu denken, Deutschland und Europa sollten mit eigener Geldverschwendung dabei helfen. (PK)
 
Luz María de Stéfano Zuloaga de Lenkait war chilenische Rechtsanwältin und Diplomatin. Seit dem Putsch gegen Salvador Allende und dem Beginn der Militärdiktatur in Chile lebt sie in Deutschland.


Online-Flyer Nr. 493  vom 14.01.2015

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