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Medien
Wie deutsche Leitmedien den neuen Sender "Stimme Russlands" begrüßen
Endlich – Fatwa gegen Russen-Propaganda!
Von Rüdiger Göbel

Darf der das, der Putin?! Seit Anfang November gibt es eine deutschsprachige Ausgabe des russischen Senders RT, früher Russia Today, im Internet. "Kreml-Propaganda" lautet die Warnung des medialen Wächterrats der BRD, "knallharte" noch dazu.


Im Studio von RT - Stimme Russlands
Foto: © RIA Novosti. Ilya Pitalev
 
"Süddeutsche Zeitung", "Handelsblatt", "Zeit", "Bild" und "taz", alle fallen sie über den jungen Sender und seine Macher her, selbst die ZDF-Satiresendung "Heute-Show" hat sich das Team schon zur Brust genommen. Die altehrwürdige "Frankfurter Allgemeine Zeitung" verhängt eine Art Bannfluch – "Fatwa" würde man dazu in Teheran sagen. In der ARD wird zur besten Sendezeit Putin mit Hitler verglichen: Dreimal raten, wer wohl schlimmer ist? Und wer sich alles nicht über derlei Hass-Propaganda aufregt.
Für das sachliche Interview mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin hatte die ARD von den Zuschauern reichlich Lob bekommen. Zur besten Sendezeit am 16. November in der Talksendung "Günther Jauch" gute 30 Minuten O-Ton Moskauer Sicht auf den Ukraine-Konflikt, die Ostausdehnung der Nato, die Weltwirtschaftskrise und die Arroganz des Westens.
Im Gegensatz zu den Zuschauern gab und gibt es von den Mainstreammedien reichlich Schelte – zu "unkritisch" geführt war das Gespräch, heißt es, letztlich hat das Erste dem "Kreml-Chef" eine "billige Plattform" für "platte Propaganda" gegeben. Und so weiter, und so fort. Ein Interview mit Putin, ruhig, sachlich, fair? Das wäre ja noch schöner.
Das Erste hat sich die Kollegenschelte zu Herzen genommen. In der jüngsten Russland-Debatte ("Antwort an Putin: Nachgeben oder Härte zeigen?") ging Wolf Biermann (Liedermacher) in die Vollen. Er bekundete offen, keine rechte Ahnung vom Ukraine-Konflikt zu haben: "Ich bin zu heftig in meinem Herzen und zu schwach in meinem Verstand." Sein Nichtwissen vertritt er umso lauter und radikaler. Wladimir Putin ist die "blutige Nachgeburt des Stalinismus" und also, in Anspielung auf den aktuellen "Spiegel"-Titel, "kein kalter, sondern ein heißer Krieger", ein Diktator, ein Diktator, ein Diktator. Dreimal wiederholt, damit es auch beim diesbezüglich eher zweifelnden Publikum hängen bleibt. Putin habe nicht nur Angst vor seinem eigenen Volk und sei der schlimmste Feind Russlands, weiß Biermann, sondern  sei "nicht mal fähig, wie Hitler eine Autobahn von Moskau nach Petersburg zu bauen".
Moderator Jauch dankt für das schöne Schlusswort, die übrigen Medien schweigen den Autobahn-Unfall weitestgehend tot. Wer den schrägen Hitler-Vergleich kritisiert, setzt sich schließlich dem Vorwurf aus, "Putin-Versteher" zu sein. Gott bewahre.
Die Mitarbeiter von RT Deutsch können dieser Tage ein Lied von Häme und Hass der lieben Journalistenkollegen singen. "Das Echo von Medien wie "FAZ", "Zeit", "Handelsblatt" oder "Süddeutsche" ist eindeutig: RT Deutsch ist knallharte Putin-Propaganda im Mantel der Gegenaufklärung", fasst das Portal meedia.de die Unisonoreaktionen in einer "Zwischenbilanz" zusammen.
Die Schelte ist dabei wenig kreativ. Im Internetportal der "Zeit" wettert Carsten Luther in einem ausführlichen Rundumschlag über RT Deutsch: "Insgesamt ist es haarsträubend, was dort als Journalismus verkauft wird, nun auch auf Deutsch (…). Propaganda mit dem Holzhammer." Bei Michael Hanfeld von der "FAZ" liest sich das so: "Wer bei RT Deutsch länger und genau hinschaut, kann erkennen, mit welch kunterbuntem Holzhammer man hier ein geschlossenes Weltbild zimmert." Es folgen die Kampfbegriffe "verschwörungsselig", "antiamerikanisch" und "antisemitisch", letzteres eingeschränkt "in ersten Ansätzen erkennbar" – in jedem Fall "komplett anschlussfähig sowohl für die AfD wie für die Altstalinisten in der Linkspartei".
Olaf Sundermeyer schließlich war im Vorhof der Hölle, pardon: "im Studio von RT Deutsch". In der "FAZ" leistet der Fußball- und Rechtsextremismus-Experte Abbitte über seinen "Auftritt bei Putins Propagandasender", das Ganze wiederholt er im RBB-Radio und für die Eidgenossen in der Schweiz. "Was hätte ich machen sollen, als RT Deutsch anrief, um mit mir über Rechtsextremismus im Fußball zu sprechen? Hingehen oder nicht? Manche Kollegen rieten mir ab, andere zu. Ich war dann doch da."
Gab es im Nachgang Ärger von den Arbeitgebern des freien Journalisten? Sundermeyer jedenfalls distanziert sich wortreich von seinem kurzen, harmlosen Interviewauftritt: "Auf den Bildern im Netz sehe ich später die Skepsis in meinem Gesicht, die ich nicht verbergen wollte. In diesem Augenblick entscheide ich, keiner Einladung von RT Deutsch mehr nachzukommen, und jedem zu empfehlen, es ebenso zu halten, der auf seine journalistische, politische oder wissenschaftliche Integrität Wert legt.
"Das ist weniger "Empfehlung" als unverhohlene Drohung an den Kollegenkreis im Medienmainstream. (PK)

Rüdiger Göbel hat diesen Artikel zuerst hier veröffentlicht:
http://german.ruvr.ru




Online-Flyer Nr. 487  vom 03.12.2014

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