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Aktueller Online-Flyer vom 26. April 2024  

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Globales
Wohin führt das hinterhältige Verhalten des Westens und vor allem Obamas?
Zu einer paneuropäischen Sicherheitsstruktur?
Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait

Aufgrund einer "Grundakte über gegenseitige Beziehungen, Zusammenarbeit und Sicherheit" von 1997 verpflichtete sich die NATO gegenüber Russland, auf massive Truppenpräsenz in neuen Mitgliedsländern zu verzichten. Dieselbe Grundakte enthält eine Absage an Gewaltanwendung. Diese Grundakte steht anlässlich des NATO-Gipfels in Wales wieder im Zentrum der Aufmerksamkeit. „Steht die NATO vor einem Bruch oder gar einer Aufkündigung der Grundakte?“ fragt sich zu Recht der Journalist Daniel Brössler in der Süddeutschen Zeitung ("Allzeit bereit", SZ, 3.9.).
 

Friedensnobelpreisträger Obama -
Rücksicht auf Europa?
NRhZ-Archiv
Die baltischen Staaten, Polen und auch Kanada sehen keine Grundlage für eine Zusammenarbeit mit Russland. Die überwiegende Mehrheit der NATO-Mitglieder, darunter Deutschland und die USA, will aber von einer solchen Aufkündigung nichts wissen. Ohnehin können Beschlüsse im Bündnis nur einstimmig gefasst werden. "Die NATO hält an der NATO-Russland-Grundakte fest", musste NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen versichern.
 
Die hinterhältige Konfrontation mit Russland hat keine Grundlage, weil Russland gegen die Grundakte nicht verstoßen hat. Gegenteilige Behauptungen sind absolut falsch. Daniel Brössler berichtet (SZ, 3.9.) von einer Meldung, <die NATO habe keine Absicht, keine Pläne und auch keinen Anlass, Atomwaffen in neuen Mitgliedstaaten zu stationieren. Dabei bleibt es. Die NATO habe keinerlei Absicht, Nuklearwaffen im Osten aufzustellen. 1997 hatte die Nato bekundet, die kollektive Verteidigung gewährleisten zu können, ohne "zusätzlich substantielle Kampftruppen dauerhaft" zu stationieren.>
 
Das Sicherheitsumfeld hat sich nicht verändert trotz des erschreckend dummen Geschreis aus Polen, aus dem Baltikum und trotz der gezielten Desinformation von aufgehetzten Medien, die ihre Vorgaben aus den USA mit ihren fabrizierten Lügen befolgen. Wenn sich also die NATO in Wales, wie angekündigt, für mehr Präsenz im östlichen Bündnisgebiet entscheidet, verursacht sie damit eine besorgniserregende Veränderung des Sicherheitsumfeldes in Europa, die von Russland als Bedrohung wahrgenommen wird. Die Reaktion Russlands ist nachvollziehbar. Eine hybride aggressive "Politik" des Westens in Camouflage der medialen Desinformation und propagandistischen Lügen führt bestimmt und zu Recht zu großem Misstrauen. Daniel Brössler informiert über das niederträchtige NATO-Vorhaben: "Um aber für einen möglichen russischen Angriff gewappnet zu sein, soll im Osten eine Infrastruktur entstehen mit einem größeren Hauptquartier womöglich im polnischen Stettin. Kleinere Basen im Baltikum und Rumänien sollen Ausrüstung sowie Bewaffnung vorrätig halten." Wichtiger sei das Signal, schreibt Daniel Brössler. Aber er muss sich Gedanken darüber machen, was für ein Signal ist das und wie dieses NATO-Signal von Russland wahrzunehmen ist, einem Land, dem der Westen haltlos unterstellt, ein potentieller Angreifer zu sein. Hier ist die bloßgestellte Infamie anzuführen. Wohin führt das hinterhältige Verhalten des Westens?
 
Der schwachsinnige Auftritt des Friedensnobelpreisträgers und US-Präsidenten Obama in Tallinn (3.9.), der anstatt für Entspannung zu wirken, sich als potentieller Angreifer gegen Russland präsentierte, hat seine Regierung völlig demaskiert: Washington nimmt absolut keine Rücksicht auf Europa. Genauso kaltblütig wie im Kalten Krieg ist das Weiße Haus bereit, die kriegerische Vernichtung Europas zu riskieren. Das ist umso abscheulicher, als derselbe Obama vor Tagen erklärte, dass die USA keinen Krieg gegen Russland führen würden (ARD/ZDF-Mittagsmagazin 29.8. um 13 Uhr). Niemand als der US-Präsident Obama ist sich dessen besser bewusst, dass die Anschuldigungen gegen seinen russischen Kollegen falsche Unterstellungen sind, die als gezielt orchestrierte, infame Propaganda von den USA/NATO stammen. Obama wurde gerade persönlich von einem hohen Kreis ehemaliger CIA-Agenten davor gewarnt. Ein verantwortungsvoller Staatsmann, ein anständiger und ehrenvoller Mann, sei dazu verpflichtet, die Wahrheit wiederherzustellen. Gerade Obama als US-Präsident hätte seine Autorität dafür einsetzen müssen, dass die Wahrheit und nicht weiter die grobe Lüge medial bekanntgegeben wird. So hätte er die unbegründeten "Ängste" in Estland und anderen baltischen Ländern zerstreuen können und müssen, Ängste, die sich aus der falschen medialen Kampagne ergeben. Heute ist die Manipulation der Medien durch eine Sprachpropaganda ohne Gleichen seitens der USA/EU allgemein bekannt. Aber die Wahrheit kommt früher oder später ans Licht. Die USA selbst haben enorme Summen zur Destabilisierung der Ukraine investiert. Obama weiß das, und er weiß auch, dass eine solche Einmischung nicht die erste ist, sondern chronische US-Regierungspraxis.
 
Diffamierungen und krasse Unterstellungen sind besorgniserregende, inakzeptable Untaten eines Staatsmannes wie Obama, der eine Supermacht regiert. Politiker und Journalisten lassen sich an ihren Worte messen. Das State Department der USA zog deshalb einige seiner unglücklichen Bezeichnungen zurück und korrigierte sie. Korrekturen dieser Art dienen den besseren Beziehungen zu andersdenkender Regierungen, zu andersdenkenden Menschen, denn hinter jeder Regierung sind Menschen zu achten. Also sind beleidigende Ausdrücke, Verleumdungen und Diffamierungen zu vermeiden und an ihrer Stelle sind Objektivität, Sachlichkeit angebracht.
 
Russland ist nicht in die Ukraine einmarschiert - trotz aller NATO-Provokationen. Die NATO/USA haben den östlichen Teil des Landes zielstrebig destabilisiert bis zum Krieg des Kiew- Regimes gegen seine eigene Bevölkerung. Obama kennt auch die US-Erpressung in Bezug auf die deutsche Einheit, eine Erpressung, die überhaupt nichts mit dem Völkerrecht zu tun hat. Das Diktat der USA hatte Deutschland seit der Öffnung der innerdeutschen Grenze am 8.11.1989 besonders unter Druck gesetzt. Der damalige Außenminister James Baker flog am 9.11. sofort nach Bonn und setzte die US-Bedingung für die deutsche Einheit: Das vereinte Deutschland "ist weiter der NATO verpflichtet - mit Respekt vor der rechtlichen Rolle und der Verantwortung der Besatzungsmächte" schrieb der Leiter eines amerikanischen Instituts in Berlin in der "SZ-Außenansicht" vor dem Beginn des NATO-Gipfel in Wales. Hier tut sich ein unbeachtetes, unbestelltes politisches Feld auf, eine merkwürdige Brache, die vor deutschen Augen nicht länger versteckt bleiben darf. Schließlich geht es dabei um die Souveränität Deutschlands und darum, dass Verträge, die unter erpresserischem Druck zustande kommen, gegenstandslos sind, null und nichtig.
 
US-Präsident Obama hat wieder den Mund voll von seiner strapazierten "Freiheit" und "Demokratie". Solche Codeworte dürfen keine Mahnung zur Durchführung aller Anweisungen der US- oder EU-Regierungen sein. Von "unserer Freiheit" sprach Obama und wollte damit eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf dem NATO-Gipfel in Wales erlangen. Die Bundesregierung indes will sich nicht unter Druck setzen lassen. Schon beim Treffen mit ihren NATO-Kollegen im Juni hatte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen solche Erwartungen gedämpft. Eine Erhöhung des etwa 32 Milliarden Euro starken Verteidigungsetats steht für sie nicht zur Debatte. Das Zwei-Prozent-Ziel bestrafe Wirtschaftswachstum. Die Bundesregierung verweist überdies darauf, der deutsche Etat werde besonders effizient eingesetzt. So die SZ vom 3.9. Amerikaner und Briten konnten sich deshalb nicht durchsetzen mit ihrer Forderung nach mehr Zahlung von Deutschland und andere sind ebenfalls keineswegs bereit, ihre Etats zu erhöhen. (SZ vom 6.9.)
 
Der damalige deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher sprach sich für eine Auflösung des Warschauer Paktes und zugleich für eine Auflösung der NATO zugunsten einer neuen paneuropäischen Sicherheitsstruktur aus. Sein sowjetischer Kollege Eduard Schewardnadse teilte den Vorschlag Genschers. Genschers Vision war selbstverständlich auch die Vision von Bundeskanzler Helmut Kohl und der damaligen christdemokratisch-liberalen Koalition CDU/CSU/FDP. Derweil wurde Bundeskanzler Kohl von Präsident George Bush Sr. nach Camp David eingeladen bzw. gerufen. Zurück in Berlin brachte jene Kohl-Regierung aber nicht mehr die Auflösung der NATO ins Gespräch. Am Ende kam nämlich alles anders.
 
Präsident Gorbatschow sah sich innenpolitisch einer breiten Front gegenüber, die eine Wiedervereinigung Deutschlands ablehnte. Aus Berlin empfahl ihm der russische Deutschland-Experte Valentin Falin, die Mauer wieder zu schließen und die sowjetische Besatzungszone notfalls mit militärischer Gewalt und bis zu einer Million Soldaten unter Kontrolle zu halten. Gorbatschow wies diesen Vorschlag zurück. Auch Außenminister Schewardnadse hielt nichts von einer derart katastrophalen Intervention. Intern verwies Schewardnadse auf die hohen Kosten der Besatzung - rund 25 Prozent des sowjetischen Bruttosozialprodukts. Letztendlich stimmte Gorbatschow der deutschen Wiedervereinigung unter dem Verbleib in der NATO zu.
 
<Russland, der Nachfolgestaat der UdSSR, verfügt heute nicht mehr über den damaligen Cordon sanitaire (in Form der vorgelagerten Bündnisstaaten), während der frühere Gegner, die NATO, ihm immer näher rückt. Dabei nehmen die neuen NATO-Mitglieder (insbesondere die baltischen Staaten, Polen und Rumänien) gegenüber Russland eine sehr viel unversöhnliche Position ein als die alten EU-Mitglieder. ... Die wichtigste Veränderung auf dem europäischen Schauplatz liegt darin, dass alle früheren imperialistischen Mächte (außer Russland) heute in einem Wirtschafts- und Militärblock vereinigt sind - was sie friedlich untereinander, aber nicht friedlich nach außen macht.> ("Feindbild Russland" von Peter Strutynski, Junge Welt, 1.9.)
 
Allein die Tatsache, dass sich die NATO trotz Auflösung des Warschauer Paktes nicht auflöste war plausibler Grund genug für Misstrauen seitens Moskau. Um solches Misstrauen zu beseitigen, strebte die NATO diplomatische Beziehungen mit Russland an, die letztlich im NATO-Russland-Vertrag geregelt wurden. Die NATO versicherte Russland mehrfach, dass sie keine Bedrohung für das Land darstelle; aber sie ist in der Tat bis heute eine Bedrohung geblieben, angesichts ihrer Nukleardoktrin, Militärstrategien der Vorwärtsverteidigung und der "flexible response", die früher klar auf Osteuropa und das sowjetische Territorium ausgelegt waren und unverändert geblieben sind - aber angesichts der Ost-Erweiterung gegen alle Abmachungen.
 
Wie wertlos NATO-Versprechen und -Parolen sind, zeigte sich unter dem erbärmlichen US-Präsidenten Bill Clinton. Unter ihm wurde die NATO zum Bomben-Werfer in Europa selbst, und zwar gegen Jugoslawien 1999. Die NATO/USA strebte dann zu ihrer Erweiterung und baute ihren größten Militärstützpunkt in der serbischen Provinz Kosovo. Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder gibt zwar inzwischen unumwunden zu, mit der NATO-Aggression 1999 gegen Jugoslawien internationales Recht verletzt zu haben, trotzdem hört man keine Revidierung, kein vernünftiges Echo diesbezüglich aus SPD-Kreisen. Die Weltstaatengemeinschaft stand vor einer Veränderung der Gebietshoheit eines souveränen Staates durch eine ausländische Aggression. Brigitte Queck von der Gruppe "Mütter gegen den Krieg" berichtete: <Im Kosovo haben USA und NATO zunächst eine Terrororganisation aufgebaut, bewaffnet und trainiert, reaktionäre islamistische Söldner eingeschleust und dann als Luftwaffe dieser Terrororganisation einen 79tägigen völkerrechtswidrigen Bombenkrieg gegen Jugoslawien geführt.> (Kapitel: "Völkerrecht: Krim und Kosovo" in dem Buch "Die Ukraine im Fokus der NATO - Russland, das eigentliche Ziel" von Brigitte Queck, Zambon Verlag 2014)
 
Sind diese bekannten besorgniserregenden Fakten nicht plausible Motive für das größte Misstrauen seitens Russlands gegenüber der NATO? Beziehungen Russlands mit der NATO haben nach diesen Ereignissen ohnehin keine zuverlässige Grundlage. Der Kreml fühlte sich zu Recht betrogen. Auch später, 2008, gab die NATO keine Ruhe und wollte Georgien und der Ukraine die Vorstufe zu einer NATO-Mitgliedschaft gewähren. Auf Druck von Kanzlerin Angela Merkel wurde diese Dreistigkeit, diese Torheit fallen gelassen. Aber schon der Vorschlag war ein Affront gegen Russland, was der Kreml natürlich wahrnahm.
 
Welche Bedrohung von Seiten Russlands meine man eigentlich, will Staatssekretär a.D. Walther Stützle (SPD) wissen. "Eine Bedrohung gegen die Atlantische Allianz vermag ich nicht zu erkennen", betont er. Erschwerend komme hinzu, dass das "erste Opfer" der schwerwiegenden Krise zuverlässige Informationen seien. Er würde gern wissen, "was wirklich geschieht zwischen Russland und der Ukraine – und die NATO hat dazu bisher leider nichts beigetragen", sagte der ehemalige Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk erklärte er: "Es gibt überhaupt keine Anzeichen in der russischen Politik, oder bei einzelnen russischen Politikern, dass sie so wahnsinnig sein könnten, ein Gebiet der atlantischen Allianz militärisch anzugreifen. Es gibt keinerlei Anzeichen. Es wird zwar ständig der Eindruck erweckt, aber der Eindruck ist durch keinerlei Tatsachen gedeckt."
 
Die derzeitige Diplomatie reicht nicht aus, um die Ukraine-Krise zu entschärfen. Der NATO-Russland-Rat ist einzuschalten, um Russland zu hören. Die derzeitigen Ängste in Polen und den baltischen Staaten seien historisch erklärbar, betont auch Stützle. Sie dürften aber nicht zu falschen Reaktionen führen. Ein Gefühl der Bedrohung sei im Übrigen subjektiv, sagt der intelligente SPD-Politiker. Es müsse dennoch korrigiert werden, sonst trieben alle Beteiligten immer weiter hinein in die Konfrontation.
 
In diesem Zusammenhang über westliche Demokratiewerte in NATO-Kreisen zu reden, ist geschmacklos und lächerlich. Dadurch zeigen sich westliche Regierungschefs noch heuchlerischer und unglaubwürdiger, als sie wirklich sind. Nach diesem belanglosen aber auch trügerischen NATO-Gipfel erscheint für europäische Politiker eine Kehrtwende zur Diplomatie und Politik weg von militärischer Gewalt unerlässlich. Das gilt für alle Europäer, die dem Festhalten an Abschreckungsillusionen mit Realismus entgegenwirken sollten. Es fällt auf, dass es auf dem NATO-Gipfel in Wales keinen gemeinsamen Beschluss gab, auch keine gemeinsame Presseerklärung. Die angelsächsischen Falken, US-Präsident Obama und der britische Premier David Cameron mussten das eklatante Scheitern ihrer intriganten offensiven Strategie gegen Russland schlucken. Dauerhafte militärische NATO-Präsenz im Baltikum oder in Polen wird es nicht geben. Deutschland und die Mehrheit der NATO-Staaten wollen die Brücke zu Russland nicht abbrechen.
 
Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte unterdessen schon vor dem Beginn des NATO-Gipfels eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine abgelehnt (Interview mit Bild am Sonntag am 31.8). Am selben Tag hatten ehemalige US-Geheimdienstler mit Blick auf den bevorstehenden NATO-Gipfel in Wales vom 4./5.9 einen offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel veröffentlicht, in dem sie - alarmiert durch die antirussische Hysterie, von der das offizielle Washington erfasst ist - davor warnen, Behauptungen über eine "russische Invasion" in der Ukraine Glauben zu schenken. In diesem Brief heißt es: <Diese Situation verlangt konzertierte Anstrengungen zum Erreichen eines Waffenstillstands, den Kiew bis jetzt hinauszögert. ... Poroschenko und Jazenjuk muss rundheraus klargemacht werden, dass die Mitgliedschaft in der NATO nicht auf der Tagesordnung steht - und dass die NATO nicht beabsichtigt, einen Stellvertreterkrieg gegen Russland zu führen, vor allem nicht zur Unterstützung der zusammengewürfelten Armee der Ukraine. Das gleiche muss auch anderen NATO-Mitgliedern erklärt werden.> (Junge Welt, 4.9.) Die kurz vor dem NATO-Gipfel erfolgte Veröffentlichung dieses Briefes erklärt, warum US-Außenminister John Kerry sich auf dem NATO-Gipfel fast unsichtbar machte. In eine Ecke zurückgezogen, versuchte er sich vor den Kameras der Öffentlichkeit zu verstecken, als ob er fürchtete, entblößt zu werden, denn seine böswillig angezettelten Lügen über Russland waren schon aufgedeckt und in die Luft geflogen.
 
Die Erklärung der Bundesverteidigungsministerin, die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine auszuschließen, war die zutreffende offizielle Reaktion Deutschlands auf den Hinweis des dreisten, dubiosen ukrainischen Regierungschef Arseni Jazenjuk (29.8.), sein Land werde die Mitgliedschaft in der Allianz anstreben. Diesem bekannten Nationalisten und seinen Milizen ist nicht zu trauen. Er handelt unter Anweisungen aus bestimmten Kreisen Washingtons und NATO-Brüssels.
 
Dem aggressiven angelsächsischen Kreis blieb nichts mehr übrig, als sich selbst zu zelebrieren und sich mit einem selbst inszenierten geschmacklosen Spektakel von Kriegsjets zu trösten, die sie vor laufenden Kameras über ihre Köpfe fliegen ließen. In der ARD-Tagesschau am 5.9. um 20 Uhr war zu sehen, wie sie (Obama, Cameron und Rasmussen) als Gruppe applaudierten, während von ihnen getrennt Bundeskanzlerin Angela Merkel an der Seite vom Frankreichs Präsident Holland ihr Erstaunen im Gesicht nicht verbergen konnte, als ob sie fragte: "Was soll das?" und dem törichten unsinnigen Spektakel mit Kriegsgeräten selbstverständlich nicht applaudierte. Die NATO ist tief gespalten. Die angelsächsischen Falken bleiben isoliert und geben sich deshalb als Retter Polens und der baltischen Staaten, um sich vor der Öffentlichkeit zu "rechtfertigen". Die Mehrheit ist aber ganz weit weg von diesem NATO-Unsinn. Realistisch fragte eine große Tageszeitung aus Prag am 5.9. in Bezug auf den NATO-Gipfel, ob diese Organisation nach 65 Jahren reif für die Rente sei.
 
Hinsichtlich der angekündigten neuen NATO-Eskapaden wie neuer NATO-Stützpunkte in Osteuropa und einer NATO-Eingreiftruppe stellt sich natürlich die Frage der Verteidigung Russlands gegen die erklärte Bedrohung. Von einer europäischen Verteidigung im Rahmen eines aggressiven Bündnisses zu sprechen, ist völliger Unfug und deplatziert. Es gibt keinen Grund zur Verteidigung gegenüber Russland, sondern umgekehrt: Russland hat sicherlich seine Maßnahmen zum Schutz vor einem aggressiven Bündnis zu treffen. Die NATO ist offenkundig auf Eskalationskurs. Aber Europa sollte sich von dieser NATO/USA-Aggressivität im Sinne seiner eigenen Sicherheitsinteressen entschlossen distanzieren. Russland gehört zu Europa und verdient Respekt und Rücksicht, anstatt andauernde aggressive Konfrontation und Diffamierung. Berlin muss die Medien zur Räson und Mäßigung bringen. Deutschland und Russland sind die Anker für eine paneuropäische Sicherheitsstruktur, die bisher nicht zustande gekommen ist. Die Vision von Hans-Dietrich Genscher bleibt gültig auf der Tagesordnung, und es liegt an Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihrer CDU/CSU/SPD- Regierung, sie zu verwirklichen.
 
Für die NATO zu sprechen, steht der neuen außenpolitischen EU-Sprecherin Federica Mogherini nicht zu. Dass sie gegen diese Selbstverständlichkeit gleich am Anfang ihrer Amtszeit bei der EU verstieß, zeigt die Schwäche der EU-Repräsentantin, eine überraschende Schwäche, die nicht zu der ehemaligen Außenministerin Italiens passt, und die sie zuvor niemals demonstrierte. Es ist deshalb sehr plausibel anzunehmen, dass die gravierende Entgleisung der Italienerin unter einem enormen Druck des NATO-Hauptquartiers zustande kam. Aber für ihren Gehorsam ist sie selbst verantwortlich, genauso wie alle NATO-Redakteure, die angeblich für eine freie Presse arbeiten, aber nur den NATO-Originalton an die Öffentlichkeit weiter geben.
 
Auf die törichte Erklärung von Federica Mogherini reagierte sofort der Außenminister Russlands, Sergej Lawrow, dessen klare Botschaft prägnant und präzis war. Er erklärte, die Ukraine untergrabe die diplomatischen Bemühungen, indem sie sich der NATO annähere. Leider werde diese Position der ukrainischen Regierung aus Washington, europäischen Hauptstädten und häufiger aus Brüssel und dem NATO-Hauptquartier angeheizt. (ARD-Tagesschau 2.9., 20 Uhr).
 
Der Auftritt von Obama in Tallin (3.9.) war eine miese Hetze, eine Propaganda-Schau von niedrigstem Niveau, die sich auch gegen deutsche Sicherheitsinteressen richtete. Die Bundeskanzlerin sah sich in der Pflicht, Ängste vor einer Konfrontation gegen Russland zu dämpfen. So der ARD-Fernsehsender "Phönix" während der unerträglichen Rede des Amerikaners.
 
Entscheidend konstruktiv hingegen war der vom russischen Präsidenten Wladimir Putin vorgelegte Sieben-Punkte-Friedensplan zur Ukraine. Während der deutsche Außenminister Walter Steinmeier zögerte und lavierte anstatt ihn entschlossen zu unterstützen, reagierte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko so: "Es gibt nur ein Ziel: Wie können wir gegen Frieden sein, wenn weitere Menschen sterben?" sagte er (ZDF 3.9., 19 Uhr). Geschossen wurde in der Ukraine aber am Wochenende trotzdem weiter, nicht so schlimm wie vor dem "Waffenstillstand", aber - wie die Medien berichten - vermutlich weiter von beiden Seiten. (PK)
 
Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait war eine chilenische Diplomatin und lebt seit dem Putsch gegen Salvador Allende in Deutschland. 
 


Online-Flyer Nr. 475  vom 10.09.2014

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