NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung - Logo
SUCHE
Suchergebnis anzeigen!
RESSORTS
SERVICE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Aktueller Online-Flyer vom 29. März 2024  

zurück  
Druckversion

Globales
EU-Mehrheit gegen die deutsche Haltung - Protest gegen Botschafter Lindner
Deutsche Politiker wüten gegen Venezuela
Von amerika21.de

In der Europäischen Union wächst der Widerstand gegen die aggressive Haltung deutscher Diplomaten gegen die linksgerichtete Regierung von Venezuela. Nach vertraulichen EU-Dokumenten, die amerika21.de vorliegen, sind deutsche Diplomaten in Fachgremien des Europäischen Rates mit dem Versuch gescheitert, politische Sanktionen gegen das südamerikanische Land zu erlassen. Ungeachtet dieser deutlichen Niederlage setzten Hardliner weiter auf eine Eskalation: Walter Lindner, seit 2012 deutscher Botschafter in Caracas, provozierte mit indirekten Nazi-Vergleichen eine Protestnote des venezolanischen Außenministeriums. Am 2. April stand die Lage in Venezuela auf der Tagesordnung des Menschenrechtsausschusses des Bundestages…
 
Deutsche Diplomaten hatten einen Monat nach Beginn der Protestwelle von Teilen der venezolanischen Opposition in der EU-Ratsarbeitsgruppe für Lateinamerika für Furore gesorgt. In einem außerge-wöhnlich aggressiven Ton warfen sie der Führung in Venezuela Mitte März vor, die Proteste gewaltsam niederzuschlagen. "Die deutschen Vertreter ignorierten Hinweise, nach denen die Gewalt durchaus auch von Demonstranten ausgeht", sagte ein Diplomat eines südeuropäischen Landes, der ungenannt bleiben wollte. Vor allem Spanien, Portugal und Italien, die traditionell über enge Kontakte zu Venezuela verfügen, hätten dem deutschen Drängen auf eine Protestnote gegen Venezuela widersprochen, sagte der Diplomat in Übereinstimmung mit EU-Protokollen von dem Treffen. Am Ende hätten gerade einmal drei Staaten für die deutsche Linie votiert. Selbst Frankreich und die Niederlande stellten sich offen gegen Berlin.
 
Das deutsche Drängen auf eine Demarche gegen die Regierung von Präsident Nicolás Maduro in Venezuela sollte offenbar auch der Konter für eine Protestnote aus Caracas sein. Das dortige Außenministerium hatte sich laut diplomatischen Quellen bereits vor Wochen bei Außenminister Frank-Walter Steinmeier über den deutschen Botschafter Walter Lindner beschwert. Nach Ansicht des venezolanischen Außenamtes hatte der gebürtige Münchner in Interviews mit den regierungskritischen Tageszeitungen El Nacional und El Universal Vergleiche zwischen der aktuellen Lage in Venezuela und dem NSDAP-Regime gezogen. In Venezuela war das als Verstoß gegen die diplomatischen Gepflogenheiten gewertet worden. Die venezolanische Botschaft in Berlin wollte den Fall auf Nachfrage jedoch nicht weiter kommentieren.
 

Venezuelas Präsident Nicolás Maduro –
in den USA so unbeliebt wie sein Vorgänger
Hugo Chávez
NRhZ-Archiv
Bei einer Regierungspresse-konferenz am 28. März äußerte sich der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer, vorsichtiger über die politische Lage in Venezuela. Was dort geschehe, verstoße gegen die Menschenrechte, sagte Schäfer, der "extralegale Hinrichtungen" hervorhob, ohne allerdings zu sagen, wer damit gemeint ist. Nach einer detaillierten Aufstellung von amerika21.de sind die meisten der inzwischen fast 40 Toten unter Regierungsanhängern, Sicherheitskräften und Unbeteiligten zu beklagen. Dies scheint auch das Auswärtige Amt zu wissen. Informationen aus Venezuela seien "nicht geeignet, daraus klare Schuldvorwürfe herzuleiten", betonte der Außenamtssprecher.
 
Menschenrechtsaktivisten aus Venezuela kritisieren in einer detaillierten Studie die "Instrumentalisierung" des Menschenrechtsthemas. 42 Venezolanerinnen und Venezolaner, die über langjährige Erfahrung in Fragen der Menschenrechte verfügen, haben das Dokument, das amerika21.de vorliegt, namentlich unterzeichnet.
 
Einleitend warnen sie vor "der Desinformationskampagne, die zahlreiche nationale und internationale Medien" in Bezug auf die seit Februar andauernden Proteste und Ausschreitungen in Venezuela betrieben. Dabei sei die manipulative Verwendung des Themas der Menschenrechte eine Konstante. Die Unterzeichner stellen dabei keineswegs tatsächliche Fälle von Menschenrechtsverletzungen in Abrede, für die Ermittlungsansätze und teilweise bereits -ergebnisse die Verantwortung von Staatsbediensteten zeigten.
 
Allerdings würden die offiziellen Stellungnahmen, Einzelfallprüfungen, Maßnahmen zur Unterbindung von Misshandlungen durch Sicherheitskräfte und das konkrete Vorgehen der verschiedenen staatlichen Einrichtungen bei der Eindämmung der gewaltsamen Proteste einen klaren politischen Willen der staatlichen Institutionen zur Wahrung der Menschenrechte belegen. Die These von systematischen Menschenrechtsverletzungen seitens der Staatsmacht basiere nicht auf Tatsachen. Friedliche Demonstrationen würden trotz der schwierigen Sicherheitslage vom Staat weiter garantiert und fänden auch statt.
 
Gleichwohl rufen die Unterzeichner in allen Fällen eines Verdachts auf Menschenrechtsverletzungen nachdrücklich dazu auf, dass sich Betroffene oder Zeugen an die zuständigen Behörden wenden sollen. Eine besondere Schwierigkeit in Venezuela sei gegenwärtig, dass unzählige Vorwürfe gegen die staatlichen Akteure in sozialen Netzwerken oder anderen Medien verbreitet würden, von denen die meisten niemals bei den zuständigen Organen wie Staatsanwaltschaften oder Ombudsleuten vorgetragen würde.
 
Zudem würde das Kriterium der Einhaltung der Menschenrechte nicht auf die Verhaltensweisen der gewalttätigen Oppositionskräfte angewandt. Die Studie macht dies und kommt zum Schluss, dass quantitativ auf seiten der Opposition die Menschrechtsverletzungen deutlich überwiegen. Es gehe dabei um "Formen der Gewalt, wie etwa den Einsatz von Scharfschützen, 'Bewaffneter Streik', Sabotagen, gezielte Tötungen und sogar die Kennzeichnung von Häusern von Chavistas". Auch seien von den bislang zu beklagenden 39 Todesopfern "nur" vier durch Einwirkung von Sicherheitskräften gestorben.
 
Den rechten Flügel der deutschen Regierungsparteien ficht das nicht an. Die CDU-Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach hatte das Thema Venezuela am vergangenen Mittwoch auf die Tagesordnung des Menschenrechtsausschusses des Bundestags gesetzt. (PK)
 
Diesen Beitrag haben wir mit Dank von http://amerika21.de/2014/04/98855/ und http://amerika21.de/2014/04/98848/ übernommen
 


Online-Flyer Nr. 453  vom 09.04.2014

Druckversion     



Startseite           nach oben

KÖLNER KLAGEMAUER


Für Frieden und Völkerverständigung
FOTOGALERIE