NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung - Logo
SUCHE
Suchergebnis anzeigen!
RESSORTS
SERVICE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Aktueller Online-Flyer vom 27. April 2024  

zurück  
Druckversion

Kommentar
Wozu brauchen wir eigentlich noch die GRÜNEN?
Köln-Mülheimer "Gebäude 9" abbrechen?
Von Heinz Weinhausen

Vor wenigen Tagen erreichte die Mülheimer mal wieder eine Schreckensnachricht. Die Stadt Köln plant eines der ältesten und wichtigsten selbstverwalteten Projekte im Rechtsrheinischen, das "Gebäude 9" und den angrenzenden Kunst- und Gewerbehof, abzubrechen. Ein Musikort mit renommierten Auftritten, weit über Köln bekannt und geschätzt, steht vor dem Aus. Existenzen vieler Selbstständiger im Gewerbehof sind bedroht.
 
Gleichzeitig wurde bekannt, dass zwei der drei Vertreter der grünen Fraktion in der Bezirksvertretung Mülheim dem Abbruch zugestimmt haben, gemeinsam mit SPD, CDU und FDP. Eine Diskussion zu diesem Beschluss hat es, wie grüne Parteimitglieder berichten, in den letzten Monaten in keiner Mitgliederversammlung des Ortsverbandes gegeben. Es steht zu befürchten, dass der Abbruch zwischen Barbara Moritz (Grüne) und Martin Börschel (SPD) schon seit langem vereinbart worden ist, ohne dass die grüne Basis oder die Selbsthilfegruppen im Viertel, als deren Sprachrohr sich die Grünen gern bezeichnen, davon Kenntnis bekommen hätten. Das endgültige Aus im Liegenschaftsausschuss scheint schon ausgemacht.
 
Während der gleichen BV-Sitzung protestierten aufgebrachte Bürger aus dem Viertel mit Flugblättern und Transparenten im Sitzungssaal. Sie forderten konkrete, einfach durchführbare Sofortmaßnahmen zur lange versprochenen Verkehrsberuhigung im Bereich Deutz-Mülheimer Straße, Mülheimer Freiheit und Dünnwalder Straße, um den Durchgangsverkehr einzudämmen. (Die NRHZ berichtete.) Die grünen Vertreter, Andrea Restle, Winfried Seldschopf und Ursula Schlömer blätterten derweil in ihren Akten und überließen das Gespräch mit den Bürgern ihrem Kooperationspartner Bezirksbürgermeister Norbert Fuchs von der SPD. Dabei hatten sich die Anwohner vorher direkt an die grüne Fraktion gewandt mit der Bitte, ihre Anliegen als Dringlichkeitsantrag einzubringen. Nichts geschah. So wurde schließlich das Begehren der Anwohner abgemeiert und als Bürgerantrag in die Verwaltungsmühlen geschickt. Folge: Der Ausbau der schmalen Verbindungsstraße durch die Mülheimer Altstadt Richtung Autobahn schreitet fort. Schon drei Tage nach der Sitzung wurde am Clevischen Ring ein neuer Linksabbieger eingerichtet und damit die Direktverbindung von der Messe zur Autobahn A3 eröffnet.
 
Auch beim Mülheim 2020-Veedelsbeirat machten es die Grünen, wie es bei der SPD so üblich ist. Dieser Beirat wurde vom Fördergeber installiert, um den Bürgern die Möglichkeit zu geben, ihre Interessen zu artikulieren. Deswegen soll der Beirat alle Bevölkerungsgruppen berücksichtigen. Den Grünen stand zu, zwei Vertreter zu benennen. Es sind, oh Wunder – dieselben wie schon in der Bezirksvertretung: Winfried Seldschopf und Ursula Schlömer. Beide sitzen auch noch im Vorstand des Ortsverbandes und kontrollieren so, besser gesagt, blockieren alle Ebenen. Die Mülheimer Grünen trugen damit maßgeblich dazu bei, dass unter den Mitgliedern des Veedelsbeirates kein einziger Migrant und unter deren Stellvertretern keine einzige Migrantin sitzt. Soviel zur Frauenquote und zur Vielfalt bei den Mülheimer Grünen.
 
Beim Mülheim 2020 - Programm selbst boten die Grünen ebenfalls ein trauriges Bild. Nachdem sich kein Träger auf die Ausschreibung zur Sprachförderung in den KITAS beworben hatte, wurde das Projekt im Veedelsbeirat beerdigt. Dies war dann Thema auf der kurz darauffolgenden Mitgliederversammlung der Grünen. Dort brachten sachkundige Bürger ein, wie das Projekt zu retten sei, nämlich durch die Möglichkeit einer Bieterverhandlung. Aber alles wurde abgetan, sogar die Anregung, ein eigenes Gutachten einzuholen. Die Grünen verharrten in Passivität. Kaum wird es schwierig, verlieren sie ihr Herz für Kinder. Schließlich wurde ein engagierter Bürger selbst aktiv und brachte einen Bürgerantrag ein. Anfang 2013 konnte das wichtige Projekt dann tatsächlich an den Start und wurde jüngst im Veedelsbeirat als Erfolg gefeiert.
 
Aber auch für die Arbeitslosen und Langzeitarbeitslosen zeigten die GRÜNEN kein Herz. Sie schauten dem Treiben der SPD-geführten Verwaltung bei der (Nicht-) Umsetzung des Mülheim 2020-Förderbereiches »Lokale Ökonomie« tatenlos zu. Wie die NRhZ unlängst aufdeckte, wurden bei dem Integrierten Handlungskonzept 12 Millionen Euro bei den Arbeitslosen eingespart. Dieses Geld wurde teils in den Ausbau der Geschäftsstraßen investiert, teilweise an die EU zurückgegeben. Die Grünen haben dabei in allen Punkten zugestimmt. Vertreter Winfried Seldschopf bezeichnete - unisono mit SPD-Fuchs - MÜLHEIM 2020 als »Erfolg«.
 
Bei der Neugestaltung der größten Mülheimer Geschäftsstraße, der Frankfurter Straße, mutierten die Grünen in Köln gar zur Autopartei. Sie winkten den Antrag der SPD auf Tempo 50 mit durch, sowohl in der Mülheimer Bezirksvertretung, als auch im Verkehrsausschuss und im Liegenschaftsausschuss.
 
Seit Jahren lässt es sich immer weniger verdrängen: Den Grünen kommt ihre grüne Farbe der Hoffnung immer mehr abhanden. Sie nähern sich den Herrschaftlichen immer mehr an. Der engagierte Bürger fragt sich, warum die Grünen eigentlich nicht direkt bei der SPD eintreten. Willkommen sind sie längst.
 
Wenn die GRÜNEN nicht mehr zu gebrauchen sind...
 
…, dann steht nun, wie in vielen anderen gesellschaftlichen Bereichen auch, die Selbsthilfe an. Dann braucht es jetzt auch noch die politische Selbsthilfe, und die Bürgerinnen und Bürger müssen sich selbst in Wählerlisten organisieren und sich neben dem Engagement in den Bürgerinitiativen parlamentarisch vor Ort einmischen.
 
In Mülheim hat sich deswegen die Mülheimer Bürgerliste gegründet. Zehn Kandidatinnen und Kandidaten treten zur Wahl in die Mülheimer Bezirksvertretung an. (PK)

Infomationen und Petition zum Erhalt von Gebäude 9 und des Kunst- und
Gewerbehofes:
https://www.facebook.com/rettetdasgebaeude9
https://www.change.org/de/Petitionen/horst-noack-erhalten-sie-den-klub-geb%C3%A4ude-9-und-den-kunst-und-gewerbehof-am-jetzigen-standort
 
 


Online-Flyer Nr. 452  vom 02.04.2014

Druckversion     



Startseite           nach oben

KÖLNER KLAGEMAUER


Für Frieden und Völkerverständigung
FOTOGALERIE