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Aktueller Online-Flyer vom 26. April 2024  

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Inland
Gewerkschaft ver.di kritisiert das geplante EU-Freihandelsabkommen mit den USA
Sonderrechte für Multis
Von Rolf-Henning Hintze

Erstmals hat sich eine deutsche Gewerkschaft in die wachsende Zahl von Kritikern des geplanten Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und den USA eingereiht. Eine 15seitige Stellungnahme der ver.di-Bundesverwaltung warnt insbesondere vor den vorgesehenen Sonderklagerechten von Konzernen gegen Staaten. Das Verhandlungsmandat der EU-Kommission, das diese Sonderrechte einschließt, ist als geheim deklariert. Die darin enthaltenen Sonderrechte sehen vor, daß Schiedsstellen aus drei privaten Wirtschaftsanwälten über Schadenersatzzahlungen von Unternehmen entscheiden.
 

Ehemaliger Bundesverfassungs-
richter Winfried Hassemer
NRhZ-Archiv
Für ver.di sind die Schiedsgerichte »keine Institutionen des demokratischen Rechtsstaats, sondern agieren auf der Basis von Handels- und Investitionsschutzverträgen außerhalb nationalstaatlicher Rechtssysteme«. Eine Berufungsinstanz, die eine solche Entscheidung widerrufen könnte, gibt es nicht. Bedenken gegen diese Schiedsstellen hatte laut der Zeit unlängst auch der frühere Bundesverfassungsrichter Winfried Hassemer geäußert. ATTAC spricht von einer Privatisierung der Justiz.
 
Alarmierend findet ver.di das geplante Abkommen mit dem Kürzel TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) aber auch hinsichtlich der Auswirkungen auf Löhne und Sozialstaat. Die USA hätten bisher nur zwei der acht wichtigsten Arbeitsnormen der internationalen Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen (ILO) unterzeichnet. Deshalb sei die Vereinigungsfreiheit eingeschränkt. Als Beispiel wird der Konzern T-Mobile USA genannt, der gewerkschaftliche Interessenvertretung zu verhindern versuche. »In den USA gibt es in den Betrieben und Verwaltungen vordemokratische Verhältnisse«, heißt es in dem Papier. Auch wenn im Mandat der EU-Kommission festgehalten sei, daß nationale Arbeits- und Sozialstandards erhalten bleiben sollen, bestehe dennoch die Gefahr, daß es im Rahmen einer transatlantischen Freihandelszone zu einer »Abwärtsspirale bei den Standards« kommt.
 
Das ver.di-Papier verweist auch auf die Gefahr möglicher Einschränkungen beim Umwelt- und Verbraucherschutz. Den US-Exportinteressen liefen die europäischen Nachhaltigkeitsstandards bei Biokraftstoffen, die angeblich zu langsame Zulassung und Kennzeichnung von Gentechnik-Lebensmitteln, die Weiterentwicklung der EU-Chemikalienrichtlinie REACH und die EURO-Norm für Auto-Emissionswerte zuwider.
 
In den vergangenen Monaten haben sich rund 25 deutsche Nichtregierungsorganisationen, darunter ATTAC, BUND, der Deutsche Naturschutzring und das Forum Umwelt und Entwicklung zu einem Bündnis gegen das TTIP-Abkommen zusammengeschlossen. (PK)
 
 
Diesen Artikel haben wir mit Dank aus der Zeitung "junge Welt" übernommen


Online-Flyer Nr. 439  vom 01.01.2014

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