NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung - Logo
SUCHE
Suchergebnis anzeigen!
RESSORTS
SERVICE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Aktueller Online-Flyer vom 24. April 2024  

zurück  
Druckversion

Globales
Obama zeigt Putin die kalte Schulter
"Vor unseren Augen“
Von Thierry Meyssan

Während die westliche Presse die Annullierung des Obama-Putin-Gipfels als die schwerste diplomatische Krise seit dem Ende des Kalten Krieges beschreibt und die Standfestigkeit des Weißen Hauses begrüßt, sieht die chinesische Presse es als Schwächezeichen der USA gegenüber Russland. Für Thierry Meyssan ist dieser Fall im Grunde ohne Bedeutung. Es sei ein Gestikulieren der Medien und habe keinen Einfluss auf den Frieden im Nahen Osten.

 
Obama holt sich insgeheim Rat von seiner Kollegin Angela
Cartoon: Kostas Koufogiorgos
  
Mittwochmorgen vergangener Woche kündigte das Weiße Haus an, dass Präsident Barack Obama seine Reise nach Russland und jegliches bilaterale Treffen mit Präsident Putin abgesagt habe. Er reist wohl zum G20-Gipfel am 5. und 6. September in St. Petersburg, aber nur um an diesem internationalen Gipfel teilzunehmen, ohne ein ad-hoc-Treffen mit seinem russischen Amtskollegen. Dies ist das erste Mal seit dem Kalten Krieg, dass Washington so seine Unzufriedenheit mit Moskau manifestiert.
 
Laut US-Presse sind die beiden Präsidenten jetzt bei den meisten Themen so weit voneinander entfernt, als hätten sie sich nichts zu sagen. Die Kommentatoren bewerten das dem ehemaligen NSA-Berater Edward Snowden gewährte Asyl als das, was das Fass zum Überlaufen gebracht habe. Durch einen glücklichen Zufall war der Ankündigung vom Weißen-Haus ein Leitartikel in der New York Times vorausgegangen - eine von der Macht vollkommen unabhängige Zeitung, was sich von selbst versteht -, der genau zu diesem Boykott als Reaktion auf die Enthüllungen von Snowden aufrief.[1] Die Zeitung sprach von einer "provokativen Entscheidung" der russischen Behörden, einem Menschen Asyl zu gewähren, der nicht "für seine Rasse, Ethnie, Religion, Mitgliedschaft in einer sozialen oder politischen Gruppe oder für seine Überzeugungen“ verfolgt wird, sondern für einen "Verstoß gegen die Sicherheit des Staates" (sic). In Wirklichkeit wäre dieser Absage-Grund sehr lächerlich: er würde bedeuten, dass Washington Moskau bestraft, weil es sich gegen Spionage wehrt, deren Objekt es selbst gemeinsam mit dem Rest der Welt ist.
 
Der Gipfel sollte eigentlich den militärischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern gewidmet werden: der Verringerung der Arsenale und dem "Raketenschutzschild". Die beiden Großmächte konnten ihre Atomwaffenarsenale nicht wesentlich reduzieren und beide behalten genug, um den Planeten mehrmals in die Luft zu jagen. Trotz Budgetkürzungen weigern sich die Vereinigten Staaten, einen Teil ihrer Arsenale zu zerstören, während Russland - dessen konventionelle Armee viel weniger gut ausgestattet ist als die seines US-Partners - die Waffen als ein Ganzes denkt, und sich weigert, die Verhandlungen über nukleare Abrüstung getrennt von denen über die konventionellen Waffen zu führen.
 
Den Namen "Anti-Raketen-Schild" lehnt Moskau als irreführend ab und denunziert dies als offensives Waffensystem, das gegen Moskau gerichtet ist. Wladimir Putin hatte Washington beim Wort genommen und vorgeschlagen, dass dieses "Schild" unter ein gemeinsames Kommando gestellt werden solle und dass es beide Großmächte und ihre Verbündeten vor ein paar verrückten Diktatoren schützen solle. Barack Obama antwortete mit "No". Daraufhin forderte Putin, um seinen Verdacht aufzuheben, dass die Bereitstellung von diesem "Schild" diplomatischen Zusicherungen unterliegen solle, dass es nicht gegen Russland verwendet werde. Noch einmal antwortete Präsident Obama „No“.
 
Auf russischer Seite gibt es wenige Zweifel, dass Barack Obama mit leeren Händen zu diesem Gipfel gekommen wäre, nachdem er schon im Vorjahr vor seinem russischen Amtskollegen besonders befangen gewesen ist. Da er gerade drastische Ausgabenkürzungen im Pentagon verhängt hatte, habe er nicht mehr tun können und anstatt seine Schwäche zuzugeben daher die Snowden-Affäre benutzt, um sich abzumelden. Die Global Times, ein chinesisches Äquivalent der New York Times und tatsächlich offizieller Sprecher von Peking, stellt in einem Editorial fest, dass Russland aus dem Snowden-Spiel als Sieger hervorgehe und die Vereinigten Staaten keinen erheblichen Druck dagegen hätten [2].
 
Obamas Absage wird also für den Frieden im Nahen Osten ohne Bedeutung sein. In der Tat haben sich denn auch vergangenen Freitag die Minister für auswärtige Angelegenheiten und Verteidigung der beiden Länder diskret in die US-Hauptstadt getroffen. John Kerry und Chuck Hagel zeigten sich dabei sehr wenig betroffen über die Annullierung des Obama-Putin-Gipfels. Sie zogen mit ihren Kollegen eine Zwischenbilanz über Nordkorea und die Entwicklung des Iran unter Scheich Hassan Rohani. Vor allem diskutierten sie über "gemeinsame Ziele in Afghanistan" und eine "mögliche Zusammenarbeit in Syrien". (PK)
 
[1] “What’s the Point of a Summit?”, vom Redaktionsteam der New York Times, 6. August 2013.
[2] “Winners and losers in Snowden fiasco”, Leitartikel der Global Times, 8. August 2013.
 
Dieser Artikel von Thierry Meyssan erschien am 9. August in seinem Voltaire Netzwerk |. Übersetzung: Horst Frohlich


Online-Flyer Nr. 419  vom 14.08.2013

Druckversion     



Startseite           nach oben

KÖLNER KLAGEMAUER


Für Frieden und Völkerverständigung
FOTOGALERIE