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Wirtschaft und Umwelt
Fracking schiebt Ende des Ölzeitalters nicht auf
Die Gasblase
Von Harald Schauff
Das Fachjargon kennt die ‘hydraulische Frakturierung’ als übliches Verfahren zur Förderung ‘nicht-konventioneller fossiler Ressourcen’. Bekannter klingt der englische Name: ‘Fracking’: Eine Mixtur aus Wasser, Sand und Chemikalien wird mit Hochdruck in ein Bohrloch gepresst. Dies verursacht Risse im Gestein, durch welche Öl oder Gas nach oben strömen können.
In Deutschland ist diese Technik heftigst umstritten. Umwelt-schützer warnen vor einer Gefährdung des Grundwassers. Massiver Bürgerprotest hat an manchen Standorten bereits Probebohrungen verhindert. Zum Leidwesen der Energie-Konzerne. Diesen nahe stehende Wissen-schaftler beklagen, von Bürgerinitiativen an der ‘objektiven’ Untersuchung der Fördermethode gehindert zu werden. Presseorgane wie der SPIEGEL zeichnen ein eher positives Bild des Frackings und bieten dessen Lobby ein Forum. Fracking-Befürwortern schwebt das Vorbild USA vor Augen. Dort hat der Schiefergasboom hundert Tausende von Arbeitsplätzen geschaffen und die Hoffnung auf günstige Energie in unvorstellbaren Mengen genährt. Man träumt von einem Wirtschaftsaufschwung und der Unabhängigkeit von saudi-arabischem Erdöl.
Online-Flyer Nr. 414 vom 10.07.2013
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Wirtschaft und Umwelt
Fracking schiebt Ende des Ölzeitalters nicht auf
Die Gasblase
Von Harald Schauff
Das Fachjargon kennt die ‘hydraulische Frakturierung’ als übliches Verfahren zur Förderung ‘nicht-konventioneller fossiler Ressourcen’. Bekannter klingt der englische Name: ‘Fracking’: Eine Mixtur aus Wasser, Sand und Chemikalien wird mit Hochdruck in ein Bohrloch gepresst. Dies verursacht Risse im Gestein, durch welche Öl oder Gas nach oben strömen können.
Laut Bericht der Internationalen Energie-Agentur vom November 2012 sollen die USA bis 2017 Saudi-Arabien als weltgrößten Ölproduzenten sogar ablösen. Beim euphorischen Ritt auf der Gaswelle glaubt man auch das Problem des ‘Peak Oil’ gelöst. So nennt man den Punkt, ab dem geologische und wirtschaftliche Faktoren die Ölförderung drastisch erschweren und verteuern. Fracking soll diesen Punkt in die ferne Zukunft verschieben. Doch gibt es berechtigte Zweifel, dass es so kommt. Es mehren sich skeptische fachkundige Stimmen, die das Bohren nach Schiefergas nicht nur für ökologisch bedenklich, sondern auch für im Endeffekt komplett unwirtschaftlich erachten.
Le monde diplomatique von April 2013 hat in einem Beitrag zu diesem Thema mehrere skeptische Positionen angeführt. Titel: ‘Die nächste Blase.’ Autor: Der Leiter des ‘Institute for Policy Research and Development’ in Brighton, Nafeez Mosaddeq Ahmed. Dieser bezweifelt, dass der Schiefergas-Boom der Weltwirtschaft wirklich auf die Sprünge hilft. Vielmehr sieht er eine weitere Spekulationsblase entstehen. Schon im Juni 2011 hätten Geologen, Industrieanwälte und Marktanalysten in der ‘New York Times’ angedeutet, dass die Angaben der Ölfirmen zur Produktivität ihrer Bohrungen und Größe der Lagerstätten stark überhöht seien. Das Gas sei eben nicht so einfach und billig aus den tieferen Ölschieferschichten zu gewinnen, wie die Industrie behaupte. Der Neigung der Firmen, bei der Größe der Vorkommen zu übertreiben, hat die ‘US-Security and Exchange Commission’(SEC) Vorschub geleistet. Sie führte 2009 neue Regeln ein, nach denen Energieunternehmen ihre Zahlenangaben nicht mehr von unabhängigen Einrichtungen begutachten zu lassen brauchen. So wird die breite Öffentlichkeit quasi mit offiziellem Segen für dumm verkauft.
Widerstand gegen Fracking in New York
Quelle: http://inhabitat.com/nyc/
Vor allem soll von den Risiken des Frackings abgelenkt werden. Die Fördermethode ist nicht nur ökologisch bedenklich, sondern auch wirtschaftlich fragwürdig. Ein Riesenproblem: Die Quellen sind sehr schnell erschöpft, so dass immer wieder neue Bohrungen erforderlich werden. Fachleute wiesen in der Zeitschrift ‘nature’ darauf hin, dass sich die Förderleistung einer Bohrung im ersten Jahr um 60 bis 70 % verringere. Es braucht ständig neue Bohrungen, was entsprechend kostet. Allmählich verfliegt die Anfangseuphorie, die von zunächst hohen Produktionszahlen und der Schwäche der US-Konjunktur getragen wurde. Der anfängliche Boom drückte den Preis für Erdgas um beinahe zwei Drittel nach unten.
Das Dilemma mit der nachlassenden Förderleistung zeigt sich an der ‘Mutter aller Öl-schiefergebiete’, dem Eagle-Ford-Ölschieferfeld in Texas. Dort sinkt die Produktion jährlich um 42 %. Um die Gesamtfördermenge zu halten, ist man gezwungen, in demselben Fördergebiet jedes Jahr 1000 neue Bohrungen durchzuführen. Kostenpunkt: 10 bis 12 Mrd. Dollar für ein einziges Feld. Rechnete man alles zusammen, käme eine Summe heraus in der Höhe, wie sie zur Bankenrettung benötigt wurde, meint der Geologe Arthur Berman. Da versickert so einiges in den Bohrlöchern. Hinzu kommt: Der durch die Erdgasschwemme bedingte niedrige Preis nützt zwar den Verbrauchern. Jedoch schmälert er zum Leidwesen großer Firmen wie Exxon oder Shell deren Profite. Damit die Firmen ihre Schulden begleichen und den Milliardenaufwand bei den Bohrungen abdecken können, wären drastische Preiserhöhungen notwendig. In Zukunft könnten mehreren Ölkonzernen finanzielle Turbulenzen drohen. In der Folge käme es zu Insolvenzen oder Firmenübernahmen. Investoren würden ihr Kapital abziehen. Dem Fracking würde das Abwracken folgen.
Fracking kann die zu erwartende Verknappung und Verteuerung von Erdöl nicht aufschieben. Trotz anfänglich hoher Fördermengen von Schiefergas und -öl schrumpfen die weltweit bekannten Ölreserven kontinuierlich um jährlich 4,5 bis 6,7 %. Außerdem hat die Ölindustrie die Vorkommen fossiler Energieträger um etwa ein Drittel zu hoch angesetzt, wie eine in der Zeitschrift ‘Energy Policy’ veröffentlichte Studie ergab.
Die noch nicht erschlossenen Vorkommen mögen immer noch groß sein. Allerdings werden sie nicht mehr so einfach und günstig zu fördern sein wie bisher. Dieser vorhin bereits erwähnte ‘Peak Oil’ wird nicht mehr lange auf sich warten lassen. Laut einer 2012 veröffentlichten Studie der ‘New Economics Found-ation’ könnte der Wendepunkt bereits 2014 oder 2015 erreicht sein. Dann würden sich die Kosten der Ölförderung und -lieferung stark verteuern und eine ‘deutliche Störung der Wirtschaftstätigkeit’ eintreten.
Natürlich will die Öl-Lobby samt ihrer Gefolgschaft aus Wissenschaftlern, Politikern und Medien nichts von solchen kritischen Einschätzungen wissen. Doch so wie die Dinge liegen, wird in nicht ferner Zukunft die Schiefergas-Blase platzen und die Weltwirtschaft erschüttern. Der Sachverständigenrat der Bundesregierung weiß, warum er so vorsichtig war, keine Empfehlung für Fracking auszusprechen. (PK)
Harald Schauff hat diesen Beitrag in der Juli-Ausgabe der Kölner Selbsthilfe-Mitmachzeitung "Querkopf" veröffentlicht, der wir ihn mit Dank entnommen haben.
E-Mail kontakt@querkopf-koeln.de
Internet http://www.querkopf-koeln.de
Telefon 0221 800 51 09
Online-Flyer Nr. 414 vom 10.07.2013
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