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Aktueller Online-Flyer vom 25. April 2024  

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Kommentar
Terrorismus und Antisemitismus - die neuen Kampfwörter als Ablenkung!
Wer bestimmt eigentlich Terroristen und Antisemiten?
Von Evelyn Hecht-Galinski

Prism and Tempora, nein das sind keine Sushi und Tempura. Es sind die größten Schnüffelaktionen seit 9/11, immer im Namen von Terrorabwehr. Das Problem ist, dass wir alle den Umgang mit Informationen über und für uns viel zu leicht nehmen und benutzen. Wir sind leicht durchschaubare Individuen geworden, eine leichte Beute für die Schnüffler. Wir alle sind als Nutzer von Google, Facebook, I-Phones und sozialen Netzwerken aller Art zum Spielball der "Anzapfer" geworden.
 

Präsident Obama mit Kippa: "Yes I scan!"
NRhZ-Archiv
Da eilen sie von Gipfel zu Gipfel die Lauscher an der Wand, aber sie hören nicht ihre "Schand". Da kommt der Drohnenkönig und O-Bomber nach Berlin, es werden alle Gullys zugeschweißt, wer weiß wie viele Lauscher in diesen Gullys sitzen? "Yes I scan!" Obamas Schlachtruf brachte diesmal nur 4.500 eingeladene Zuschauer vor das Brandenburger Tor. Scheinbar traute man diesem Präsidenten nicht zu, die freiwilligen Menschenmassen anzulocken. So feierte man also lieber unter sich und trotzte der Hitze. Obama hielt eine schwammige Rede, vor seinem Panzerglas-Schutzwall. Eine Rede als Ablenkungsmanöver eines gescheiterten Hoffnungsträgers. In Wirklichkeit ist er der eiskalte Engel des Weißen Hauses, der sogar (laut WDR Magazin "Zapp") persönlich dafür gesorgt hat, dass ein kritischer jemenitischer Journalist, der über einen misslungenen Drohnenangriff der USA in Jemen berichtet hatte, noch immer widerrechtlich und ohne Anwalt in Haft sitzt. Dieser "Tuesday Drohnen-Killer Anordner", der allen Nationen erklären will, warum die USA als Führungsnation jeden potenziellen Feind bespitzeln können.
 
Es ist das Recht des Stärkeren, der sich alles nimmt, ganz in bekannter US-Manier. Wegsperren ohne Anklage, Guantanamo Häftlinge werden weiter in unmenschlicher Haft gehalten, fast alle befinden sich übrigens im Hungerstreik und werden zum Teil zwangsernährt. Davon spricht dieser Präsident natürlich ungern, wenn er ganz lässig mit Frau und Kindern in Berlin einschwebt und Kanzlerin Merkel küsst. Sind das die gleichen Werte die wir teilen, mit den USA und auch mit Israel, dem liebsten Verbündeten der USA?
 
Justizministerin Leutthäuser-Schnarrenberger weiß von nichts. Als die Abhöraktion bekannt wurde, war sie entsetzt! Was für ein erbärmlicher Zustand. Oder wird es eben hingenommen, weil es ja nur dem Kampf gegen Terrorismus und auch zu unserer eigenen Sicherheit dient? Terrorismus und Antisemitismus sind wichtige Schlagwörter in diesem Kampf geworden. Die Deiche sind geöffnet, die Datenflut darf fließen. Heute sind es die USA und Großbritannien, morgen sind es China und Israel. Alles ohne Skrupel. Terrorismus und Antisemitismus und "Nie wieder einen Holocaust" heiligen die Mittel. Ich frage mich allerdings, warum die Proteste der offiziellen Seite so verhalten sind. Klar doch, wer selbst im Glashaus sitzt... Sind wir nicht auch schon als Nachahmer der anderen Mächtigen gern im illustren Kreis der Lauscher? Sitzen nicht im Bundestag - wie auch im Kongress - die Lobbyisten und spielen die "Volksvertreter"? Welches Gesetz wird noch aus Interesse am Recht erlassen? Welche Eingabe wird noch von unabhängigen Personen verfasst? Nach der Lizenz zum Töten, jetzt die Lizenz zum grenzenlosen Abhören und Schnüffeln. Orwell war ein Vordenker und beschrieb es meisterhaft! Aber wie können wir diesen Lauschern entgehen? 
 
Ich bewundere das Volk in der Türkei, das aufbegehrt um sich gegen unliebsame Maßnahmen der Regierung zu wehren. Hier wird das zwar wohlwollend in unseren Medien gezeigt, aber die Politik hat wieder einen Grund gefunden, um der Türkei die Tür nach Europa zuzuschmeißen. Sie wären nicht reif für die EU, ein Witz! Weil das Volk seine demokratischen Rechte nutzt? Sie sind vielleicht reifer als manche "Christlichen Staaten", die wir in der EU haben.
 
Warum misst man wieder mit zweierlei Maß? Als hier die Stuttgart 21-Gegner unter die Wasserwerfer der Stuttgarter Polizei kamen - übrigens wegen einer Lappalie verglichen mit den Anliegen türkischen Bürger - hatte der Rechtsstaat natürlich das Recht sich zu verteidigen. Wenn in Brasilien die Bürger wegen der schrecklichen Zustände der Korruption und fehlenden Infrastruktur gegen den Staat aufbegehren, der 22 Milliarden Dollar lieber für FIFA und Fußball ausgibt, als für Bildung und Verkehr, dann hat man dafür mit Recht Verständnis.
 
Wir haben auch Verständnis, wenn man in Golf-Staaten wie Bahrein oder Saudi Arabien die eigene Bevölkerung mit unseren frisch gelieferten Panzern in Schach hält. Man vergisst auch gern, dass die Taliban, gegen die wir ja in Afghanistan die Freiheit am Hindukusch verteidigen, vor allen Dingen von Saudi Arabien aufgerüstet und unterstützt werden!
 
Ich bin ganz neidisch auf die Türkei: Haben wir jemals Tausende von Palästinensern in Deutschland oder in Europa so aufbegehren sehen, ohne Unterlass? Was wäre, wenn in den besetzten Gebieten, oder im Apartheid-Staat Israel die besetzten und unterdrückten Palästinenser wieder demonstrieren würden? Sie würden mit brutaler Macht der IDF (israelische Verteidigungsarmee) niedergewalzt werden, ganz ohne Kritik unsererseits. Israel darf das!
 
Inzwischen arbeiten allerdings die Palästinenser-Behörde und deren Sicherheitskräfte so gut mit den Israelis zusammen, dass man Demonstranten auch schon im Westjordanland in Besatzermanier niederknüppelt.
 
Die Hisbollah soll als Terrororganisation verboten werden, so fordern es die Israel Lobby und verschiedene Politiker. Gleiches gilt ja schon für die Hamas. Wer bestimmt eigentlich Terrorismus und Terroristen?
 
Was ist von einem Staatsterrorismus zu halten, der tausende palästinensische Kinder foltert und verhaftet? Was ist von einem Staat zu halten, der bis zu 40.000 Beduinen im Negev ihrer Heimat beraubt? Jeden Tag kommt eine neue Qual auf die Palästinenser zu, aber die Weltgemeinschaft nimmt es hin. Alles ist erlaubt im Namen von Terrorbekämpfung und Antisemitismusbekämpfung.
 
Es gibt allerdings auch positive Beispiele zu berichten: Der ehemalige südafrikanische Botschafter in Israel hat es abgelehnt, ein Zertifikat mit auf seinen Namen gepflanzten Bäumen des JNF (Jüdischer Nationalfond) anzunehmen, die auf dem von Israel geraubten und zerstörten ehemaligen palästinensischen Dorf El-Araqib gepflanzt wurden. So hätte auch die SPD handeln sollen, anstatt zu der unsäglichen Baumpflückaktion für den JNF ihre Mitglieder aufzurufen. Glücklicherweise ist diese Aktion ein Flop geworden. Die Mitglieder sind eben nicht so ungebildet, wie die mit sich selbst beschäftigte SPD-Führung.
 
So ist es auch nicht verwunderlich, dass dem israelischen Außenministerium oder anderen zionistischen Organisationen immer neue Ideen für die Öffentlichkeitsarbeit einfallen, um die Untaten des Jüdischen Staates besser zu verkaufen. Jeder Jude oder Israeli - soll ja bald kein Unterschied sein, geht es nach der israelischen Regierung - soll ein Botschafter für Israel sein. Diese Sayanim (Helfer) und Diasporabrigaden sollen durch "proaktives Handeln", vom Leserbrief bis zu allen möglichen anderen Werbemaßnahmen für Israel ein gutes Klima herstellen. Da haben sie wahrlich noch viel zu tun, denn die deutsche Bevölkerung ist im Gegensatz zur offiziellen Politik nicht mehr so unaufgeklärt und unkritisch gegenüber der israelischen Unrechtspolitik - das auch dank unserer fleißigen Aufklärungsarbeit, die inzwischen ihre Früchte trägt.
 
Hierzu passt auch der neue Hasbara Sender "i24News", der neue Nachrichtensender aus Israel - die "andere Stimme aus Nahost" - der ab 1. Juli in drei Sprachen senden wird. Ein ehemaliger Diplomat im französischen Außenministerium, Frank Melloul, ist Vorstandsvorsitzender, und finanziert wird der Sender von dem französischen Geschäftsmann Patrick Drahi, der auch schon beherrschender Gesellschafter des israelischen Kabelsenders Hot ist. Der Crif (französischer Zentralrat der Juden) und BHL (Bernard Henri Levy) werden die Champagnerkorken knallen lassen!
 
Die Wut steigt in mir hoch, wenn ich in der SZ die polemische Überschrift lese, "Angst vor dem Raketenhagel". 60.000 Geschosse der radikalislamischen (dieses Beiwort darf nicht fehlen!) Hisbollah-Miliz sollen (Konjunktiv) im Libanon auf Ziele in Israel gerichtet sein. Im Artikel heißt es dann weiter: "Im Kriegsfall, so wird befürchtet, müsste sich Israel darauf einstellen, dass die Hisbollah täglich 2.000 bis 3.000 Raketen abschießt".
 
Dann kommt es noch dicker: "Zum Vergleich: Im jüngsten Gaza- Krieg im November 2012 schickte die Hamas in einer Woche insgesamt 1.500 Raketen gen Israel. Das damals viel gelobte Raketenabwehrsystem Iron Dome wäre folglich bei einer Auseinandersetzung mit der Hisbollah komplett überfordert". 
 
Hier setzt sich die Hasbara-Propaganda der israelischen Lobby in der SZ fort. Es wird mit Ausdrücken und Konjunktiven gearbeitet, die nichts mehr mit unabhängiger Berichterstattung zu tun haben. Das gleiche Spiel fällt mir allerdings auch in der Syrien-Berichterstattung der SZ auf. Traurig diese Beispiele von "embedded journalism", gut das wir dieses Abonnement gekündigt haben.
 
Nachdem die "Freunde Syriens" so schnell wie möglich Material und Ausrüstung (Waffen?) an die Opposition liefern wollen, und die USA, wie jetzt bekannt wurde, schon seit 2012 Rebellen in Jordanien für den "Umsturz" in Syrien ausbilden und jetzt auch noch 1.000 Soldaten in Jordanien stationiert wurden, zeigt sich immer mehr, wer und was wirklich hinter diesem "Volksaufstand" steht.
 
Deutschland plant zwar keine Waffen zu liefern, aber wir wollen eine "Flüchtlings-Elite" von 5000 Menschen aus Syrien aufnehmen, vorwiegend natürlich christliche, passend zu unserem "Christlichen-Jüdischen Abendland".
 
Kommen wir noch zu den Wahlen in Iran. Auch hier hat das Volk gewählt und Hassan Rohani gewählt. Nichts Gutes lassen schon die Zeichen aus Israel vermuten. Ministerpräsident Netanjahu hatte nicht einmal den Anstand zur Wahl zu gratulieren, sondern brach gleich den Stab über Rohani. Auch die EU-Außenbeauftragte Ashton war nach ihrem Israel Besuch ganz auf "Linie" und meinte: "Ob die Wahl in Iran etwas bedeute, werde sich daran zeigen, wenn Iran seine Politik ändert und die gesamte Anreicherung (von Uran) beendet, das Spaltmaterial außer Landes bringt und die illegale Atomanlage in Ghom schließt".
 
Warum sollte Iran das tun? Um hilflos zuzusehen wie Israel angreift? Denn Netanjahu spielt weiter mit dem Gedanken, Iran bis Ende des Jahres doch noch anzugreifen, sollte es bei den Atomgesprächen nicht nach Israels Willen laufen. Alles im Kampf gegen Terrorismus und Antisemitismus und nie wieder einen Holocaust.
 
Wie sagte der "Irak-Krieger" und ehemalige britische Premier Tony Blair anlässlich von Präsident Peres' 90. Geburtstag: Besser einen "israelischen Angriff gegen Iran, als einen atombewaffneten Iran". So wurden uns auch schon die Lügen, die zum Irak Krieg führten, verkauft. Auch der ehemalige US-Präsident Clinton hielt eine schöne Propagandarede für eine Gage von 500.000 Dollar; welche Sponsoren die jetzt wohl bezahlten, nachdem die Jewish Agency nach Kritik ihr Angebot zurückgezogen hatte? Da fehlte eigentlich nur der Joschka Fischer, der als Redner ja von der Agentur von Madeleine Albright vermittelt wird. Fischer ist übrigens auch einer der fleißigsten Außenansicht-Schreiber der SZ, und da schließt sich wieder der Kreis der Philosemiten und Israel-Versteher.
 
Versuchen wir also noch kritischer in der Auswahl unserer Medien, unserer Daten-Preisgabe und in unserem Wahlverhalten zu sein. (PK)
 
Evelyn Hecht-Galinski ist Publizistin, Autorin und Tochter des 1992 verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Heinz Galinski. Ihre Kommentare für die NRhZ schreibt sie regelmäßig vom "Hochblauen", dem 1165 m hohen "Hausberg" im Badischen, wo sie mit ihrem Mann Benjamin Hecht lebt.
2012 kam ihr Buch "Das elfte Gebot: Israel darf alles" heraus. Erschienen im tz-Verlag ISBN 978-3940456-51-9 (print), Preis 17,89 Euro.    


Online-Flyer Nr. 412  vom 26.06.2013

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