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Kommentar
Gleichbehandlung für alle Mütter bei Kindererziehungszeiten!
Ältere Mütter erheblich benachteiligt
Von Hanne Schweitzer

„Die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz und der Schutz vor Diskriminierung sind ein allgemeines Menschenrecht“, so steht es im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft. Für ältere Mütter gilt dieses Gleichheitsgebot nicht. Sie werden bei der Anrechnung der Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung erheblich benachteiligt.
Merkels Wahlgeschenke....


Quelle: www.familienbildung-wedel.de
 
Wer Kinder erzogen hat, die vor dem 1. Januar 1992 geboren wurden, erhält pro Kind einen Entgeltpunkt in der Rente als Anwartschaft gutgeschrieben. Im Westen sind das 28,07 Euro, im Osten 24,92 Euro pro Kind und Monat.
 
Für Kinder, die nach 1992 geboren wurden, gibt es dagegen für jedes Kind drei Entgeltpunkte. Das sind 84,21 Euro pro Kind im Westen bzw. 74,76 Euro pro Kind und Monat im Osten.
 
Ältere Mütter sind also deutlich schlechter gestellt als die jüngeren. Viele müssen ihre Rente aus der Grundsicherung aufstocken. Das belastet die Sozialkassen der Städte, Landkreise und Gemeinden. Eigentlich müssten also auch die Kommunen an der Gleichbehandlung der älteren Mütter interessiert sein.
 
Aber der Deutsche Städtetag interessiert sich nicht für das Thema und die Mehrheit der Parteien auch nicht.
 
•          Im Wahlprogramm der SPD steht kein Wort über eine Erhöhung der Rentenpunkte für Frauen, die vor 1992 Kinder erzogen haben.
•          Im Wahlprogramm der Piratenpartei kommt das Wort Kindererziehungszeiten nicht vor.
•          Im Wahlprogramm der FDP kommt das Wort Kindererziehungszeiten nicht vor.
•          Im Wahlprogramm der Grünen heißt es: „Kindererziehungszeiten stärker anrechnen”. Wann das erfolgen soll, steht nicht geschrieben, und ob es auch für die Mütter gelten soll, die schon in Rente sind, genauso wenig. Auch fehlt eine Aussage darüber, wie die „stärkere Anrechnung“ finanziert werden soll.
•          Im vorläufigen Wahlprogramm der Linken steht der Satz: “Zeiten der Kindererziehung müssen deutlich besser abgesichert werden, damit sie nicht zu Armutsrenten führen.“ (Bundesparteitag der Linkspartei am 14./15./16. Juni 2013.)
•          Im vorläufigen Wahlprogramm von CDU/CSU steht der Satz: “Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, (sollen) in Zukunft einen Rentenpunkt mehr erhalten.” Dazu muss man wissen: Die CSU hat vorgeschlagen, diese Erhöhung aus der Rentenkasse (!) zu finanzieren. Und das, obwohl die Steuerzuschüsse zur Rentenversicherung die versicherungsfremden Leistungen nicht decken und im Bundeshaushalt 2013 und im Finanzplan bis 2016 die Steuerzuschüsse um 4,75 Milliarden Euro gekürzt wurden! (Vorstellung des Regierungsprogramms von CDU/CSU am 24. Juni 2013.)
 
Zur Rechtfertigung der sachlichen Ungleichbehandlung älterer Mütter durch ein willkürlich gewähltes Stichjahr gibt es kein einziges Argument. Kindererziehung muss unabhängig davon, wann sie erfolgt ist, für jedes Kind mit drei Entgeltpunkten anerkannt werden. Nur so lassen sich die erheblichen Lücken in den Erwerbsbiografien, die vor allem den älteren Frauen im Westen durch die Erziehung von Kindern entstanden sind, mildern.

Am 28. Mai nutzte die Bundeskanzlerin im Gespräch mit CDU-Mitgliedern die Gelegenheit, sich zum Thema Kindererziehungszeiten zu äußern. Sie sagte: "Wir diskutieren und werden das in unser Wahlprogramm aufnehmen, dass wir für Kinder, die vor 92 geboren sind, die Mütterrente erhöhen wollen, d.h. die Anerkennung von Erziehungsjahren in der Rente verbessern wollen. Wir wissen, dass gerade Frauen, die vor Anfang der 90iger Jahre ihre Kinder bekommen haben, oft noch sehr viele Kinder haben. Und das wird eine deutliche Rentenaufbesserung sein. Wir wollen auch im zukünftigen Rentenrecht die Kindererziehungszeiten besser berücksichtigen."
 
Was von den Medien verkauft wurde, als sei für die Rentenansprüche der älteren Mütter nun alles in trockenen Tüchern, erweist sich als wenig konkret. Wie viele Rentenpunkte mehr sollen die älteren Mütter für jedes Kind erhalten? Wann soll diese Erhöhung erfolgen? Sollen auch Mütter berücksichtigt werden, die bereits in Rente sind? Wie und von wem soll die Erhöhung bezahlt werden?
 
Es gilt abzuwarten, ob die Aussagen im Wahlprogramm konkretisiert werden und es gilt weiter: Wahlprogramme sind Absichtserklärungen. (PK)

 
Die Journalistin Hanne Schweitzer ist Vorsitzende des in Köln ansässigen "Büro gegen Altersdiskriminierung", Kontakt: baldis@gmx.de



Online-Flyer Nr. 409  vom 05.06.2013

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